Digitalisierung meets Personalführung

Zehn Tipps für besseres Personalmanagement

23.02.2017 von Dirk Lippold
Die Verbesserungspotenziale im Personalmanagement sind angesichts der fortschreitenden Digitalisierung gewaltig. Hier lesen Sie, welche Maßnahmen dringend angeraten sind.
  • Recruiter sollten keine Zeit mit der Suche nach Universalgenies vergeuden.
  • Attraktive und effiziente Arbeitsbedingungen locken und binden Mitarbeiter.
  • Personalentwicklungsmaßnahmen müssen besser auf Frauen abgestimmt werden.

Das Personalmanagement wird vom hohen Veränderungstempo besonders herausgefordert, verfügt aber nicht zuletzt aufgrund der fortschreitenden digitalen Transformation wie kein anderer Managementbereich über viele Verbesserungspotenziale.

Ein Gedankenaustausch unter Kollegen muss nicht immer in Meeting-Räumen stattfinden.
Foto: Robert Kneschke - shutterstock.com

Eigentlich sind es "nur" zwei Ziele, die ein Personalmanager verfolgen muss:

1. Durch eine entsprechende Attraktivitätswirkung auf dem externen Arbeitsmarkt bedarfsgerechte Mitarbeiter gewinnen.

2. Durch mitarbeitergerechte und effiziente Gestaltung der Arbeitsbedingungen wertvolle Ressourcen an das Unternehmen binden.

Werden beiden Ziele erfüllt, wird auch die personale Wertschöpfung optimiert.

Ein gutes Verständnis bietet dazu die zweigeteilte Personalmarketing-Gleichung, die genau diese beiden Zielsetzungen widerspiegelt (siehe Abb.). Analysiert man anhand der Grafik die beiden HR-Wertschöpfungsketten "Personalbeschaffung" und "Personalbetreuung" mit ihren einzelnen Prozessschritten, lässt sich für nahezu jeden Prozessschritt ein durchgreifender Verbesserungsvorschlag entwickeln.

Zunächst also ein Blick auf den ersten Schritt der Personalbeschaffungskette - die Personalsuche.

Die zweitegeilte Personalmarketing-Gleichung
Foto: Dirk Lippold

Suche nach Universalgenies ist Zeitverschwendung

Die Personalsuche wird in sehr vielen Fällen mit einer falschen Voraussetzung begonnen, nämlich der Stellenbeschreibung. Dahinter verbirgt sich die Frage: Welcher Kandidat passt am besten zu der offenen Stelle? Angesichts der wirtschaftlichen Dynamik innovativer Märkte - und das gilt ja wohl für nahezu alle Unternehmen - bleibt auf mittlere Sicht kaum eine Stelle unverändert. Insofern kommen viele Betriebe ohnehin nicht damit nach, ihre Stellenbeschreibungen ständig auf dem neuesten Stand zu halten.

Die Frage muss also lauten: Welche Persönlichkeit passt am besten zu unseren zukünftigen Anforderungen? Es ist also ratsam, von Assignments und nicht von Stellen zu sprechen. Stellen sind starr, unbeweglich und statisch. Stellenbeschreibungen sind dementsprechend überflüssig wie ein Kropf. Wichtig ist dagegen das Anforderungsprofil (Job Specification), das als Sollprofil der gesuchten Qualifikation besonders auch zur bewerbergerechten Segmentierung des Arbeitsmarktes dient.

Mit der Stellenbeschreibung hängt eine zweite Überlegung zusammen. Recruiter sollten sich die Suche nach dem Universalgenie aus dem Kopf schlagen. Die eierlegende Wollmilchsau, die sich durch umfangreiches Fachwissen, Branchenerfahrung sowie zahlreiche Auslandspraktika auszeichnet und gleichzeitig durchsetzungsstark, entscheidungsfreudig, visionär, begeisterungsfähig, sozial kompetent engagiert, empathisch, multikulturell, teamorientiert und auch noch jung ist, gibt es kaum. Auf so ein Universalgenie zu treffen, ist seltener als ein Hauptgewinn im Lotto. Trotzdem werden Stellenanzeigen mit der Zielgruppe "Führungsnachwuchs" so oder so ähnlich immer wieder formuliert. Eigentlich nicht schlimm, aber gerade im "People Business" sollte Glaubwürdigkeit statt Übertreibung vorherrschen.

Kein Tunnelblick auf Noten

Natürlich sind Noten nicht unwichtig, sie aber als einziges Zulassungskriterium für Vorstellungsgespräche zu missbrauchen, ist kurzsichtig und wenig dienlich, um die richtigen Kandidaten für den ausgeschriebenen Job zu finden. Sportliche Leistungen, zwei Masterabschlüsse in verschiedenen Bereichen, ein selbstfinanziertes Studium vielleicht sogar auf dem zweiten Bildungsweg oder berufsbegleitend, ein Engagement als Schul- oder Studierendensprecher, Praktika oder Auslandsaufenthalte, die allesamt vielleicht zu einer etwas schlechteren Durchschnittsnote, aber auch zur Entwicklung der individuellen Persönlichkeit beigetragen haben, sollten Unternehmen mindestens genau so viel Wert sein wie Noten mit einer Eins vor dem Komma. Die Lösung: Laden Sie doppelt so viele Kandidaten zu einem Vorstellungsgespräch ein und berücksichtigen Sie dabei schwerpunktmäßig solche BewerberInnen, die sich durch eine ganz besondere Vita auszeichnen.

Die Entgegnung, dass dann der Auswahlprozess auch doppelt so teuer wird, kann - ganz abgesehen von der spürbar besseren Qualität der Kandidaten - auch dadurch leicht entkräftet werden, dass der Bewerbungsprozess aufgrund des zunehmenden Wegfalls von kostspieligen Print-Anzeigen ohnehin deutlich preiswerter geworden ist. Zudem lässt sich eine solche Vorauswahl auch wunderbar outsourcen. Personalberater mit Erfahrungspotenzial und Menschenkenntnis gibt es zur Genüge.

Im Einstellungsgespräch zählt nur noch Persönlichkeit

Das Einstellungsgespräch lässt sich mit einem Eisberg vergleichen. Bestimmte Eigenschaften sind offensichtlich und befinden sich über der Wasseroberfläche. Die Mehrzahl der Eigenschaften liegt aber unter der Oberfläche. Die offensichtlichen Attribute wie Ausbildung, Noten, Erfahrung und Wissen gehen aus den Bewerbungsunterlagen hervor und sollten daher nicht nochmals abgefragt werden. Wichtiger als Sachkenntnisse sind in diesem Gespräch jene Skills, die das Unternehmen erst später zu spüren bekommt. Dazu zählen Einstellungen, Werte, Motivation, Verhaltensmuster, Sensibilitäten oder Loyalität. Erst bei diesen Merkmalen entscheidet sich, ob die (spätere) Führungskraft einen substanziellen Beitrag zur Weiterentwicklung des Unternehmens liefern wird.

Die 11 wichtigsten Soft Skills
1. Kommunikative Kompetenz
Ihre Kommunikationsfähigkeit hilft Ihnen, Konsens herzustellen und Verständnis für Ihre Ziele und Wünsche zu erzeugen.
2. Selbstbewusstsein
Selbstbewusst bedeutet unter anderem, sich selbst bewusst wahrzunehmen, die eigenen Stärken und Schwächen zu kennen.
3. Einfühlungsvermögen
Wer empathisch ist, kann andere leichter von seiner Sache überzeugen.
4. Teamfähigkeit
In jeder Stellenanzeige ist Teamfähigkeit gefordert. Teamfähig zu sein bedeutet unter anderem, seine Rolle im Team zu erkennen und sich entsprechend der an diese geknüpften Erwartungen zu verhalten.
5. Kritikfähigkeit
Kritikfähig zu sein bedeutet nicht nur, Kritik zu üben (fair, sachlich), sondern auch Kritik annehmen, reflektieren und entsprechend umsetzen zu können. Besonders in Teams, Projekten und in Führungssituationen spielt der Umgang mit Kritik eine entscheidende Rolle.
6. Analytische Kompetenz
Wenn Sie Ihre analytischen Fähigkeiten trainieren, sind Sie in der Lage, Situationen rasch zu erfassen und entsprechend schnell zu reagieren.
7. Vertrauenswürdigkeit
Vertrauen ist die Erwartung, sich in kritischen Situationen auf den anderen verlassen zu können.
8. Selbstdisziplin/Selbstbeherrschung
Wer sich nicht selbst beherrscht, bleibt immer Knecht. Nur wer sich selbst im Griff hat, kann andere überzeugen.
9. Neugierde
Neugierde ist die Voraussetzung für Kreativität.
10. Konfliktfähigkeit
Nur wenn Sie andere Auffassungen akzeptieren können und sich offen mit Ihren Mitmenschen auseinander setzen, leben Sie ein selbstbestimmtes Leben.
11. Durchsetzungsvermögen
Sich angemessen durchzusetzen bedeutet zu überzeugen, statt zu überreden - oder zu zwingen. Überzeugt folgen Ihnen andere gern auf Ihrem Weg.
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Mehr Budgets für die Personalauswahl

Seit Jahren stehen Führungskräfteentwicklung und Talentmanagement ganz oben auf der Agenda der Personalmanager - und das zu Recht. Die Frage ist nur, ob die damit verbundenen Investitionen in Zeit und Geld für die Führungs- und Führungsnachwuchsentwicklung dort auch richtig angesiedelt sind. Unternehmen sollten einmal darüber nachdenken, ob nicht ein Teil des Personalentwicklungsbudgets besser in einen effektiveren Personalauswahlprozess anstatt in spätere, oft mühsame Personalentwicklungsmaßnahmen mit Reparaturcharakter investiert werden sollte. Meine Empfehlung: Schichten Sie einen Teil der Personalentwicklungsgelder in die Personalauswahl um.

Onboarding schafft Vertrauen und Bindung

Der erste Arbeitstag ist der wichtigste Tag für einen neuen Mitarbeiter. Eine gelungene Integration ist der Grundstein dafür, dass der Neuling von Beginn an die an ihn gestellten Erwartungen erfüllt. Gleichzeitig erwartet aber auch der Neueinsteiger, dass seine Erwartungshaltung gefestigt wird. Die Erfahrungen der Integrationsphase entscheiden sehr häufig über die zukünftige Einstellung sowie Loyalität zum Unternehmen und prägen den weiteren Werdegang als Mitarbeiter. Daher sollte dem Neuling speziell in der ersten Zeit ein hohes Maß an Aufmerksamkeit geschenkt werden. Übrigens: Es sind immer die ersten zwei bis drei Tage bei einem neuen Arbeitgeber, die einem besonders im Gedächtnis bleiben.

Eine der wirksamsten Maßnahmen ist es, den neuen Mitarbeiter am ersten Tag nicht direkt an seinen neuen Arbeitsplatz "zu setzen", sondern ihn im Rahmen eines Einführungsseminars zusammen mit anderen neuen Mitarbeitern willkommen zu heißen und über die besonderen Vorzüge des Betriebs nachhaltig zu informieren. Das speziell für neue Mitarbeiter ausgerichtete Einführungsseminar wird von international orientierten Unternehmen sehr häufig als Onboarding bezeichnet.

Ein solches Onboarding kann durchaus mehrere Tage umfassen und sollte von der Geschäftsleitung und dem Personalmanagement begleitet werden. Die neuen Mitarbeiter erfahren dadurch eine besondere Anerkennung, werden in ihrer Auswahlentscheidung bestärkt, können die kognitive Dissonanz abbauen und sind für die weitere Arbeitsphase motiviert. Es vermittelt Kontakte über die Grenzen der eigenen Abteilung hinaus und fördert ein besseres Verständnis der Zusammenhänge von Personen und Prozessen im Unternehmen. So können bereits frühzeitig über Abteilungsgrenzen hinweg Netzwerke gebildet werden. Und das Beste: Sie vermeiden hohe Fluktuationskosten.

In ein gerechtes Gehaltssystem investieren

Das Gehaltssystem ist der größte Hygienefaktor eines Unternehmens. Wenn es von den Mitarbeitern nicht als gerecht empfunden, hat das Management ein Problem, das ihm mindestens einmal im Jahr auf die Füße fällt. Die faire Vergütung im Vergleich zu Kollegen zählt zu den Top-Treibern der Mitarbeiterbindung und ist zweifellos der entscheidende Erfolgsfaktor aller Anreiz- und Vergütungssysteme. Doch was heißt "fair" und was bedeutet "gerecht"? Absolute Gerechtigkeit wird es nicht geben, aber wenn das Gehaltssystem mindestens drei sogenannte Gerechtigkeitsprinzipien enthält, dann ist schon sehr viel gewonnen. Folgende drei Kernprinzipien der Entgeltgerechtigkeit sind für die Zusammensetzung der Gehaltsstruktur maßgeblich:

• Anforderungsgerechtigkeit (im Hinblick auf Qualität, Schwierigkeitsgrad oder Verantwortungsbereich des Jobs beziehungsweise der jeweiligen Position. Das heißt der Geschäftsführer sollte mehr verdienen als die Empfangsdame).

• Marktgerechtigkeit (im Hinblick auf die Vergütungsstruktur der Branche beziehungsweise des Wettbewerbs).

• Leistungs- beziehungsweise Erfolgsgerechtigkeit (im Hinblick auf die Leistung oder den Erfolg des Mitarbeiters/der Führungskraft einerseits und des Unternehmens andererseits).

Allerdings fallen die Prinzipien der Entgeltgerechtigkeit nicht vom Himmel. Sie müssen für jedes Unternehmen individuell definiert und in die jeweiligen - sofern vorhanden - Karrierestufenmodelle sowie in das Gehaltsbandbreitensystem und in die variablen Vergütungskomponenten eingebracht werden. Hier lohnt es sich, in ein modernes "Compensation & Benefit-System" zu investieren. Der Return on Investment ist überraschend!

Zehn Tipps für das perfekte Personalmanagement
Zehn Tipps für das perfekte Personalmanagement
Die Digitalisierung birgt viele Verbesserungspotenziale im Personalmanagement. Professor Dirk Lippold, dessen Lehrtätigkeit auch Personal & Organisation umfasst, nennt zehn Maßnahmen, wie Unternehmen ihr Personalwesen optimieren können.
Suche nach Universalgenies ist Zeitverschwendung
Die Personalsuche wird in sehr vielen Fällen mit einer falschen Voraussetzung begonnen, nämlich der Stellenbeschreibung. Der Grund: Angesichts der wirtschaftlichen Dynamik innovativer Märkte bleibt auf mittlere Sicht kaum eine Stelle unverändert. Viel wichtiger ist also das Anforderungsprofil, das als Sollprofil der gesuchten Qualifikation besonders auch zur bewerbergerechten Segmentierung des Arbeitsmarktes dient. Aber Vorsicht: Recruiter sollten sich trotz hoher Anforderung die Suche nach dem Universalgenie abschminken.
Kein Tunnelblick auf Noten
Noten sind natürlich von Bedeutung. Personaler neigen jedoch dazu, sie als Zulassungskriterium für Vorstellungsgespräche zu stark zu bewerten. Das ist kurzsichtig und wenig hilfreich, um die richtigen Kandidaten für den ausgeschriebenen Job zu finden.
Im Einstellungsgespräch zählt nur noch Persönlichkeit
Im Einstellungsgespräch sollte das Augenmerk vorranig auf die Persönlichkeit des Kandidaten gerichtet werden. Noch wichtiger als Sachkenntnisse sind nämlich jene Skills, die für das Unternehmen erst später sichtbar werden. Dazu zählen Einstellungen, Werte, Motivation, Verhaltensmuster, Sensibilitäten und Loyalität.
Mehr Budget für die Personalauswahl
Unternehmen sollten einen Teil der Budgetgelder von der Personalentwicklung auf die Personalauswahl umschichten.
Onboarding schafft Vertrauen und Bindung
Neuen Mitarbeitern sollten speziell in der Anfangszeit im Zuge des Onboardings ein hohes Maß an Aufmerksamkeit zuteil werden. Eine wirksame Maßnahme ist, den Neuling am ersten Tag nicht nur an seinen neuen Arbeitsplatz „zu setzen“, sondern ihn im Rahmen eines Einführungsseminars zusammen mit anderen neuen Beschäftigten willkommen zu heißen und über den Betrieb nachhaltig zu informieren. Ein solches Onboarding kann durchaus mehrere Tage umfassen und sollte von der Geschäftsleitung und dem Personalmanagement begleitet werden.
In ein gerechtes Gehaltssystem investieren
Das Gehaltssystem ist der größte Hygienefaktor eines Unternehmens. Wird es von den Mitarbeitern als ungerecht empfunden, hat das Management ein Problem, das ihm mindestens einmal im Jahr auf die Füße fällt.
Das Management braucht digitales Know-how
Digitale Transformation wird ohne die richtige Unternehmensführung nicht funktionieren. Das heißt, dass auch Manager sich weiterbilden müsssen, denn ohne digitales Know-how sind out.
Talentmanagement ist out – Talentpool ist in
In vielen Unternehmen ist das Talentmanagement darauf ausgerichtet, standardisierte Führungsklone als künftige Vorgesetzte zu produzieren. Im Hinblick auf die digitale Transformation ist es aber ratsam, Führungskräfte hinsichtlich der Eignung für den virtuellen Kontext auszuwählen beziehungsweise entsprechende Personalentwicklungsangebote (Beziehungstraining) anzubieten.
Weibliche Führungsnachwuchskräfte aufbauen
Die High Potentials unter den weiblichen Arbeitnehmern werden immer wichtiger für alle Unternehmen. Um Frauen an den Betrieb zu binden und besser zu integrieren, ist neben einer familienfreundlichen Gestaltung der Arbeitszeiten gezielt auf die Förderung der Karriere von weiblichen Arbeitnehmern zu achten.
Entlassungsgespräche nicht ans Personalmanagement delegieren
Viele Vorgesetzte sind der Meinung, Entlassungen seien Aufgabe der Personalabteilung. Doch das ist ein Irrtum! Die Führungskraft – und niemand sonst – muss hier Flagge zeigen und Verantwortung übernehmen.

Das Management braucht digitales Know-how

Wenn die digitale Transformation immer wichtiger und das Veränderungstempo immer schneller werden, müssen auch Vorstände und Geschäftsführer stets auf dem Laufenden bleiben, um Auswirkungen auf ihr Unternehmen und ihr Geschäftsmodell frühzeitig zu erkennen. Digitalisierung verspricht Unternehmen Effizienz, Weiterentwicklung und Wettbewerbsvorteile in angestammten und in neuen Märkten. Dazu muss in den Betrieben die gesamte Wertschöpfungskette überarbeitet werden. Das beginnt bei der Beobachtung des Marktes und der Ermittlung der Kundenbedürfnisse.

Das Erfassen von Kundendaten bildet die Grundlage für ein personalisiertes Marketing. Die Kommunikation mit potenziellen Käufern muss deshalb sehr früh beginnen. Eine Webseite mit der Darstellung des Unternehmens reicht heute nicht mehr aus. Digitale Informationen müssen gesammelt, verarbeitet und in marktfähige Angebote übertragen werden. Hier ist eine Unternehmensführung gefragt, die diesen Prozess versteht und ihn anstoßen, steuern und überwachen kann. Mit anderen Worten: Digitale Transformation wird ohne die richtige Unternehmensführung nicht funktionieren. Manager ohne digitales Know-how sind out.

Talentmanagement ist out - Talentpool ist in

Unternehmen sollten das falsche Konstrukt des Talentmanagements beseitigen, mit dem heute immer noch standardisierte Führungsklone als künftige Vorgesetzte produziert werden sollen. Im Hinblick auf die digitale Transformation ist es vielmehr ratsam, Führungskräfte hinsichtlich der Eignung für den virtuellen Kontext auszuwählen beziehungsweise entsprechende Personalentwicklungsangebote (Beziehungstraining) anzubieten.

Damit gehört nicht nur die Integration neuer Mitarbeiter (Onboarding), sondern auch das Halten und Binden der vorhandenen Talente zu den vorzüglichsten Aufgaben des Personalmanagements. Firmen sollten sich bei der Suche nach solchen potenziellen Führungsnachwuchskräften an folgenden drei Kriterien orientieren:

1. Vielfalt statt Konformität: Gefragt sind keine "abgerundeten" Persönlichkeiten, die keine Schwächen, aber eben auch keine Stärken haben. Unternehmen sollten Kandidaten mit Ecken und Kanten bevorzugen, die eine ausgeprägte Stärke für Führungsaufgaben haben und an deren Ecken und Kanten auch einmal wirksame Vorschläge hängen bleiben.

2. Performance statt Potenzial: Potenziale sind zunächst immer nur vage Hoffnungen auf Leistungen, die der Aspirant später einmal erbringen könnte - oder auch nicht. Firmen sollten sich besser auf solche Führungsnachwuchskräfte konzentrieren, die Leistungen und Ergebnisse gezeigt haben. Das sind zumeist solche Kandidaten, die in ihren Lebensläufen Ergebnisse und nicht Positionen angegeben haben.

3. Einstellungen statt Fachwissen: Betriebe sollten nicht nach den fachlichen Fähigkeiten fragen. Wichtiger als Fachkenntnisse sind für eine potenzielle Führungskraft deren Sensibilitäten, Werte, Verhaltensmuster, Prägungen und die innere Einstellung zur Selbstverantwortung. Hierdurch entscheidet sich, ob die Führungskraft einen substanziellen Beitrag zur Weiterentwicklung des Unternehmens liefern wird oder nicht.

Weibliche Führungsnachwuchskräfte aufbauen

Es ist eine Tatsache, dass Frauen aus familiären Gründen häufiger Abstriche in Bezug auf den eigenen Beruf und die eigene Karriere machen als Männer. Aber besonders die High Potentials unter den weiblichen Arbeitnehmern werden immer wichtiger und damit begehrter für alle Unternehmen. Um weibliche Arbeitnehmer an den Betrieb zu binden und besser zu integrieren, ist neben einer familienfreundlichen Gestaltung der Arbeitszeiten gezielt auf die Förderung der Karriere von Frauen zu achten.

Besonders interessant ist die Erfahrung, dass Maßnahmen zur Personalentwicklung, die gezielt auf Frauen und ihre vielfältigen Lebensmuster zugeschnitten sind, sich in aller Regel auch als optimal für Männer erweisen. Das Management in der Personalentwicklung darf und soll sich sogar an den Frauen orientieren, wenn sie für beide Geschlechter Gültigkeit haben sollen. Überhaupt kann durch geschlechtergemischte Fortbildungen die Zusammenarbeit von Frauen und Männern gefördert werden. Weibliche und männliche Teilnehmer können so voneinander lernen. Die Unterschiede in den Verhaltens- und Denkweisen können während einer solchen Maßnahme thematisiert und einander näher gebracht werden.

Es geht aber nicht nur darum, auf welche Personalentwicklungsmaßnahmen Frauen am besten ansprechen. Vielmehr sollten die Rahmenbedingungen so angepasst werden, dass mehr Frauen die Teilnahme an solchen Maßnahmen ermöglicht wird. So werden Weiterbildungen häufig nicht für Teilzeitstellen angeboten, obwohl gerade diese vielfach von Frauen besetzt sind. Fortbildungen, die weit entfernt vom Arbeitsplatz oder Wohnort stattfinden oder gar eine Übernachtung erfordern, eignen sich schlecht für berufstätige Mütter. Unternehmen, die hier die richtigen Rahmenbedingungen nachhaltig vorweisen können, werden künftig über einen der wichtigsten Erfolgsfaktoren für das Personalmanagement verfügen.

Frauen müssen sich besser verkaufen
Frauen verkaufen sich bei der Bewerbung (und im Job) oft unter Wert
Die Personalexpertin Dr. Birgit Zimmer-Wagner verrät, wie Frauen besser Karriere machen.
Birgit Zimmer-Wagner von Bewerber Consult
... hat fünf Thesen, warum Frauen in der Karriere schwerer vorankommen.
Frauen ...
... sind zu kritisch mit sich selbst.
Frauen ...
... trauen sich nicht, ihren eigenen Standpunkt zu vertreten.
Frauen ...
... sind konfliktscheu und zu konsensbetont.
Frauen ...
... fällt es schwer, Forderungen zu stellen.
Frauen ...
... übernehmen oft zu viel Verantwortung, ohne daß die Rahmenbedingungen stimmen.
Was können Frauen tun, damit es mit der Karriere besser klappt?
Überlegen Sie sich gründlich: Was kann ich, was will ich und was ist möglich? Bevor Sie sich nach einer Karriere-Chance in einem anderen Unternehmen umschauen, überprüfen Sie zunächst die Aufstiegschancen bei Ihrem jetzigen Arbeitgeber und bewerben Sie sich! Nehmen Sie aber auch in Kauf, dass das eventuell nicht klappt.
Verlassen Sie die klassische Bewerberautobahn, sprich: nur nach Stellenanzeigen gucken
Stellenanzeigen machen nur 30 Prozent aller vakanten Stellen aus. Überlegen Sie sich, welche Messen interessant sein könnten, gehen Sie Initiativbewerbungen an, aktivieren Sie Ihr Netzwerk. Dann bekommen Sie auch Einladungen zum Vorstellungsgespräch. Oft klappt das über das Einholen von Referenzen. Unter der Hand bekommen Sie dann oft Tipps, wo es gerade offene Positionen gibt.

Entlassungsgespräche nicht ans Personalmanagement delegieren

Führungsaufgaben und deren zeitliche Abfolge sind kein Wunschkonzert. In Zeiten kaum mehr überschaubarer Technologien und ständiger Veränderungen steht das Management von Konflikt- und Krisensituationen immer häufiger auf der Tagesordnung des Managers. Ein solches Konflikt- und Krisenmanagement erfordert hohe Belastungsfähigkeit, Sensibilität, soziale Kompetenz und eine hoch entwickelte Dialogfähigkeit. Leider alles Eigenschaften, die dem klassischen Laufbahnmanager, der sich wahrscheinlich mehr durch Fach- als Führungskompetenz empfohlen hat, oft fremd sind. Schlimmer noch: Wenn Vorgesetzte gezwungen sind, Entlassungen vorzunehmen, dann verkriechen sie sich hinter dem Schreibtisch und überlassen die "Drecksarbeit" der Personalabteilung.

In der Tat zählt die Entlassung von Mitarbeitern - aus welchem Grunde auch immer - zu den schlimmsten Aufgaben, die ein Personalverantwortlicher wahrnehmen muss. Doch Kündigungen gehören zum Führungsgeschäft - genauso wie Einstellungen. Die Frage ist allerdings, wie diese Aufgabe anzugehen ist. Wer seine Führungsfunktion ernst nimmt und sich und vor allem dem Image des Unternehmens nicht schaden will, muss sich persönlich mit den Betroffenen einlassen, so schwer es auch fällt. Im Rahmen von Entlassungen erleiden beide Seiten in aller Regel materielle und ideelle Schäden. So geht mit der Entlassung eines Mitarbeiters wertvolles Know-how verloren, welches bei einem Wiederanstieg des Personalbedarfs durch aufwendige Beschaffungs- und Entwicklungsmaßnahmen neu erworben werden muss. Auch kann ein unfair geführter Freistellungsprozess zu einer nicht unbeachtlichen Rufschädigung für den Arbeitgeber führen.

Wie gesagt, allzu viele Vorgesetzte sind der Meinung, Entlassungen seien Aufgabe der Personalabteilung. Doch das ist ein Irrtum! Die Führungskraft - und niemand sonst - muss hier Flagge zeigen und Verantwortung übernehmen. Es ist ihre vornehmste Aufgabe. Sie muss das Entlassungsgespräch fair, aufrichtig und ohne geliehene Autorität so führen, dass ihr Gegenüber das Gesicht nicht verliert.

Zusätzliche Informationen zu diesen Themen finden Sie in "Die Personalmarketing-Gleichung. Einführung in das wert- und prozessorientierte Personalmanagement".