Software für Banken

Zehn Core-Banking-Systeme im Vergleich

25.01.2011 von Andrea Wirth und Franz Nees
Eine Studie vergleicht die Systeme von CSC, Fiducia, Kordoba, Pass, SAP, B+S, Alldata, Misys, EFDIS und Bavaria.

Bankensoftware ist ein schwieriges Thema. Wer früh investiert hat, hat heute mit überalterten Infrastrukturen zu kämpfen, die immer wieder punktuell angepasst und erweitert, aber nie grundsätzlich neu ausgerichtet wurden. Neue architektonische Ansätze wie Service-orientierte Architekturen regen dazu an, die eingesetzte Software zu hinterfragen und langfristig auszurichten.

Fusionen und Übernahmen unter den Softwarehäusern tragen ebenfalls dazu bei, dass sich Banken über ihre Software Gedanken machen. Umbrüche gibt es aber auch bei den Banken und Sparkassen selbst. Sogar für die Sparkassen könnten sich in absehbarer Zeit die Eigentümerstrukturen verändern.

Welche Software nutzen die Banken?

Während große Banken in ihren Kernbereichen überwiegend auf eigenentwickelte Individualsoftware setzen und nur für spezielle Themen auf Standardprodukte zurückgreifen, setzen kleine und mittlere Banken auch für das Kerngeschäft auf Software von kommerziellen Softwarehäusern (Core-Banking-Systeme). Es fragt sich, ob es nicht zukünftig zu einer Emanzipation der Banken von ihren Softwarelieferanten kommt.

Definitionen: Woraus besteht ein Core-Banking-System?

Der Begriff Core-Banking-System wird nicht einheitlich gebraucht. Im Wesentlichen gibt es zwei Begriffsverwendungen: Eine Interpretation des Begriffs versteht darunter ein umfassendes Bankensystem, das prinzipiell alle Produkte, Vertriebskanäle sowie die Berichts- und Steuerungsmodule umfasst.

Andere verstehen unter einem Core-Banking-System dagegen nur den klassischen Produktbereich von Zahlungsverkehr und Aktiv-Passiv-Geschäft sowie die gesetzlich vorgeschriebenen Berichte und eine Basisunterstützung für die Vertriebswege. Der vorliegende Beitrag folgt der ersten Definition.

Entscheidungshilfen für Banken

Der Markt für Core-Banking-Systeme ist nicht sehr transparent. Das wäre für den Käufer aber wünschenswert, denn der bindet sich durch den Erwerb einer Lösung langfristig an den Hersteller. Hier setzt die vorliegende Studie an, die den Status quo im Markt für Core-Banking-Systeme erhebt. Schwerpunkte sind sowohl funktionale Ausprägungen als auch architektonische Strukturen der Systeme. Die Ermittlung von Stärken und Schwächen der angebotenen Software soll Banken bei der Auswahl helfen. Gleichzeitig ergeben sich für die Hersteller damit Ansatzpunkte, wie sie ihre Software verbessern können. Zudem geht es der Studie um Prognosen der weiteren Marktentwicklung.

Bewertung der Core-Banking-Systeme

Insbesondere in der Gesamtbewertung werden die Produkte an einer möglichst vollständigen Abdeckung des Bankgeschäfts gemessen. Dazu wurde über einen strukturierten Fragebogen erhoben, wie die Hersteller selbst ihre Systeme einschätzen.

Vergleich des Gesamtergebnisses auf der Anbieterseite.

Ausgewertet wurden auch Aussagen von Referenzkunden. Den Autoren ist bewusst, dass nicht alle Anwender eine funktional umfassende Lösung aus einer Hand suchen. Für die Interessenten, die sich an der zweiten Interpretation des Core-Banking-Begriffs orientieren wollen, werden in der Studie für jedes Produkt sowohl die Abdeckungsgrade der Software gemessen an einer hundertprozentigen Lösung als auch eine zusätzliche Bewertung auf Basis der tatsächlich realisierten Module angegeben. Diese Bewertungen sind dann aber nicht mehr zwischen den verschiedenen Herstellern vergleichbar, da sie auf unterschiedlichen Funktionsumfängen basieren. In der Langfassung der Studie werden ferner im Detail die Leistungen der Produkte analysiert und dokumentiert. So findet der Leser auf jeden Fall die passenden Auskünfte, egal wie er den Core-Banking-Begriff versteht.

Realisierungsgrad mit und ohne Anpassung

Die Studie vergleicht die Produkte der Softwarehersteller anhand aller Anforderungen im Core-Banking. Das ist die höchste Verdichtung, mit der sicher ein Verlust an Differenzierung einhergeht. Heraus kommt dabei aber jeweils eine Kennzahl, die einen schnellen Vergleich zwischen allen Anbietern ermöglicht. Getroffen wird eine Aussage, in welchem Grad das jeweilige System die Kundenanforderungen ohne Anpassungen, also mit dem Standardlieferumfang, abdeckt, und in welchem Grad das mit Anpassungen geschieht, also zum Beispiel durch Erweiterungen seitens der Anwender, durch Drittprodukte oder Prozess-Outsourcing.

Fiducia, Kordoba, Pass und SAP liegen vorn

Wie in der Grafik "Vergleich des Gesamtergebnisses auf Anbieterseite" zu sehen ist, gibt es eine breite Spitzengruppe, in der die Bewertung nur leicht differiert. Aus den Details geht hervor, dass bei den Kernbankfunktionen die Hersteller Fiducia, Kordoba, Pass und SAP führend sind, die sich durch die Breite ihres Produktspektrums profilieren. Hier lohnt sich für die Banken ein Blick in die Details der Studie, denn dort sind die Unterschiede größer.

Bewertung der funktionalen Vollständigkeit.

Da kein Hersteller in allen Kategorien auf dem ersten Platz liegt, nivellieren sich diese Unterschiede im Gesamtergebnis. Hervorzuheben ist, dass nicht nur die reine Funktionalität, sondern auch Erweiterungsmöglichkeiten über Partnerprodukte berücksichtigt wurden. Sowohl die Realisierung allein durch die Software als auch inklusive der Anpassungsmöglichkeiten wurde berücksichtigt.

Partnerprodukte und Erweiterungen gleichen fehlende Funktionen aus. Die Hersteller, die Core-Banking-Systeme im engeren Sinne (gemäß der zweiten Definition) anbieten, erreichen wegen dadurch fehlender Funktionen eine etwas schwächere Gesamtwertung. Die Abbildung "Funktionale Vollständigkeit" veranschaulicht aus diesem Grund die funktionale Abdeckung durch die einzelnen Produkte. Der Vergleich der beiden Grafiken "Gesamtergebnis" und "Funktionen" zeigt auch, dass kleinere Anbieter, die sich auf Teile des Kernbankspektrums konzentriert haben, ihre Produkte überproportional durch Erweiterungsmöglichkeiten oder Partnerlösungen verbessern.

Kunden- versus Anbietereinschätzung

Die Studie sollte auch die Selbsteinschätzungen der Hersteller mit den Bewertungen ihrer Kunden vergleichen. Aus Sicht der Autoren war bedauerlich, dass nur sechs Anbieter Referenzkunden benannten. Hätten alle Anbieter sich dazu bereitgefunden, ließe sich die Marktakzeptanz der einzelnen Lösungen noch verdeutlichen.

Einschätzung der Softwareanbieter im Vergleich zu den Referenzkunden.

Bei den Herstellern, die keine Gesamtbanklösung anbieten (Alldata, B+S und CSC) und deren Produkte daher einen geringeren funktionalen Abdeckungsgrad aufweisen, übertraf die Beurteilung ihrer Referenzkunden die eigene Einschätzung (siehe Grafik "Einschätzung …"). Offenbar setzen die Kunden gerade diese nicht umfassenden Produkte sehr gezielt ein. So gleichen diese Anbieter ihre etwas schlechtere Gesamtbewertung aus. Insgesamt schätzten sich die besagten Hersteller durchaus konservativ ein, um nichts Falsches zu versprechen.

Best-of-Breed versus Banken-Suite

Die Studie ergab darüber hinaus, dass die Banken als Kunden in zwei Gruppen zerfallen: die Standardsoftware- und die Komponentennutzer. Anwender von Standardsoftware suchen eine Komplettlösung aus einer Hand und damit verbunden einen Ansprechpartner, der die Verantwortung für die Lösung übernimmt. Diese Banken verfügen über wenig bis keine IT-Kompetenz. Wenn das Gesamtpaket stimmt, nehmen sie auch gewisse Schwachpunkte in Kauf.

Im Gegensatz dazu wählen Komponentennutzer für alle Bereiche jeweils das beste Modul aus und stellen sich die Lösung selbst zusammen. Dazu ist ein bestimmtes Maß an IT-Kompetenz nötig, da die Gesamtverantwortung für die entstehende DV-Landschaft beim Anwender liegt. Das hat auch zur Folge, dass sich auf der Herstellerseite Universalspezialisten und Modulspezialisten gegenüberstehen, die diese beiden Kundengruppen bedienen.

Doch nicht nur funktionale Aspekte von Core-Banking-Software sind erwähnenswert. Sondern auch deren künftige Entwicklung. Die modernen Lösungen nutzen aktuelle Softwareplattformen und Architekturen. Im Bereich der Programmiersprachen geht der Trend eindeutig zur Integration von Java-Elementen, die auf der Frontend-Seite das Maß der Dinge sind.

Durch modernere Technik werden die Systeme modularer, was es Anwendern leichter macht, ihre Lösung aus verschiedenen Bausteinen zusammenzustellen. Dies wird auch die Marktposition der Hersteller verändern, da sich durch Integrationsszenarien neue Chancen für die Komponentenanbieter eröffnen. So werden die Ansprüche an die Komplettanbieter steigen, da diese immer mehr mit den Komponentenanbietern konkurrieren müssen.

Hersteller, die technischen Wandel nicht nachvollziehen, werden vom Markt verschwinden. Was ein modernes Core-Banking-System auszeichnet, ist ein komfortables und attraktives User Interface, Skalierbarkeit und Offenheit.

Die Marktstudie "Core Banking Systeme" kann bezogen werden unter Mailto:corebanking@stw.de.