Ministerinterview

"Youtube für den Unterricht finde ich gut"

14.10.2008 von Jan-Bernd Meyer
Armin Laschet, Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, findet, dass nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene mehr über neue Medien lernen müssen.

CW: Sie sind Schirmherr der Initiative "Eltern LAN". Worum geht es Ihnen dabei?

Armin Laschet, Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration in Nordrhein-Westfalen kann sich Youtube durchaus in Klassenzimmern vorstellen
Foto: Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen

Laschet: Eltern-LAN willdie bei uns Erwachsenen häufig vorhandene Unsicherheit gegenüber den Medien unserer Kinder, nämlich den Computer- und Videospielen, abbauen. Obwohl Computerspiele für unsere Kinder zum Alltag gehören, wissen wir Erwachsene häufig gar nicht, was sie dort spielen. Eltern-LAN setzt genau bei dieser Unsicherheit an. Spiele werden vorgestellt und dann auch gemeinsam gespielt, so dass die Erwachsenen selbst in diese virtuellen Welten eintreten. Aber auch Informationen über den Jugendmedienschutz oder die Alterskennzeichnung und deren Bedeutung werden erläutert.

Unsere Kinder sind in der Tat clever, gerade im Umgang mit technischen und medialen Geräten und deren Möglichkeiten. Welche Gefahren sich jedoch im Internet beispielsweise in Chatrooms verbergen können, welche persönliche Angaben man im Internet preisgeben sollte und welche lieber nicht, das sind Fragen, über die sich Kinder leider häufig keine Gedanken machen.

CW: Sie betonen die Gefahren, aber auch Möglichkeiten, die sich hinter Computerspielen für Kinder verbergen. Was meinen Sie konkret?

Laschet: Als wesentliche Gefahr sehe ich, dass Kinder und Jugendliche häufig noch an Spiele herankommen, die für ihr Alter nicht bestimmt sind. Wenn ein 10-Jähriger oft gewalthaltige Spiele spielt, die nur für Erwachsene freigegeben wurden, dann besteht das Risiko, dass er in seiner Entwicklung emotional beeinträchtigt wird. Es können sich Ängste entwickeln. Auch sehe ich eine Gefahr darin, wenn Kinder und Jugendliche in ihrer Freizeit fast ausschließlich vor dem Computer sitzen. Exzessive Computernutzung über eine längere Dauer ist sicher nicht gut für die soziale Einbindung junger Menschen. Dies gilt vor allem dann, wenn sie in der Folge die Schule vernachlässigen.

Andererseits können Computerspiele aber auch den sozialen Zusammenhalt und das Verständnis gesellschaftlicher Probleme verbessern. Dezidiert teamorientierte Spiele helfen dabei, kooperative Fähigkeiten zu entwickeln. Simulationen - etwa Wirtschaftssimulationen - können helfen, Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge spielerisch aufzubauen.

CW: Wie lassen sich Heranwachsende zu verantwortungs- und sinnvollem Umgang mit dem Internet erziehen?

Laschet: Im Internet ist eine Kontrolle der Inhalte viel schwieriger als bei Datenträgern mit Filmen oder Spielen. Daher kommt es in erster Linie darauf an, Kinder und Jugendliche schon frühzeitig zu einem verantwortlichen Umgang mit dem Internet zu erziehen. Aber Medienkompetenz allein reicht nicht aus. Kontrollen und wenn nötig Verbote von Inhalten im Internet sind ebenso wichtig. Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein. Auch hier muss gelten: Beleidigungen und persönliche Verunglimpfungen müssen sanktioniert, Betrug bestraft werden.

Das gilt auch für die rechtlichen Regelungen des Kinder- und Jugendschutzes: wer im Internet Kindern Medieninhalte wie Pornographie anbietet oder es zulässt, dass Kinder diese nutzen muss bestraft werden. Ich bin daher dafür, dass die Kontrollen im Internet, die unter anderem von der von den Jugendministern der Länder gegründeten Stelle Jugendschutznet durchgeführt werden, durchaus verstärkt werden.

CW: Müssten nicht eher die Kinder die Eltern und Lehrer über die Möglichkeiten des Internet heranbilden?

Laschet: Es ist sicher richtig, dass viele Jugendliche die Technik besser beherrschen als ihre Eltern. Aber bei der Medienkompetenz geht es eben auch darum, die Inhalte bewerten zu können - und hier können Eltern ihren Kindern helfen. Sie können erklären, dass der Wahrheitsgehalt eines Blogs nicht mit dem eines Lexikons vergleichbar ist. Sie können auch erklären, dass die Tatsache, dass ein Video bei Youtube ganz oben in der Gunst der Nutzer steht, nicht bedeutet, dass es tatsächlich von sagen wir mal gesellschaftlicher Relevanz ist. Was ich meine ist: Medienkompetenz beinhaltet neben der technischen auch die inhaltliche Seite.

CW: Es gibt ja erste Forderungen, ein Medium wie Youtube in den Schulunterricht einzubinden. Wie sehen Sie solche Überlegungen?

Laschet: Ich halte viel davon und ich weiß, dass es auch Lehrerinnen und Lehrer gibt, die ihre Schülerinnen und Schüler innerhalb des Unterrichts gezielt auf solche Plattformen zur Recherche nach Originalfilmdokumenten hinweisen. Dies kann dann zum Beispiel zur Vorbereitung von Referaten, die mittels dieser Filmeinspielungen lebhafter gestaltet werden können, dienen. Man kann nicht früh genug damit anfangen, Computer und Internet in Bildungsprozesse einzubinden. In der Jugendarbeit sind schon heute der Computer und das Internet nicht mehr wegzudenken, weil Jugendarbeit ja auf freiwilliges Mitwirken der Jugendlichen setzt und daher an deren Interessen anknüpfen muss.