Ratgeber Solid State Disk

Worauf Sie beim SSD-Kauf achten müssen

06.04.2010 von Christian Vilsbeck
Noch immer sind Solid State Disks (SSD) teurer als herkömmliche Festplatten. Umso wichtiger ist es, vor dem Kauf die Leistungs- und Preisunterschiede genau zu prüfen. Lesen Sie, worauf es beim SSD-Kauf wirklich ankommt.

Das Angebot an SSD-Produkten (Solid State Disk) wächst setig. Die Anbieter der Flash-Speicher versprechen dabei regelmäßig eine deutlich höhere Performance im Vergleich zu den etablierten magnetischen Festplatten. In den Verkaufsprospekten und auf den Verpackungen finden Kunden zwar regelmäßig Angaben zu den erreichbaren Datentransferraten. Doch hinsichtlich der verbauten Technik hüllen sich viele Hersteller in Schweigen.

Doch genau von der eingesetzten Technik hängt die tatsächliche Leistungsfähigkeit der SSD-Komponenten ab. Eine theoretische Datentransferrate von 250 MB/s kann in der Praxis bei Lesevorgängen schnell verpuffen, wenn die zugehörige interne Technologie nicht optimal darauf ausgelegt ist. So können etwa herkömmliche 2,5-Zoll Harddisks im praktischen Einsatz fast ebenso schnell arbeiten wie eine SSD, deren angegebene theorische Performance eigentlich viel höher ist.

Maßgeblich für die tatsächliche Geschwindigkeit von Solid State Disks ist die verwendete Einheit aus Controller und Cache. Die auf dem Papier scheinbar so preisgünstigen SSDs nutzen hier zum großen Teil Controller ohne angeschlossenen Cache-Speicher. Letzterer aber ist ebenso wie bei herkömmlichen Hard Disks mitentscheidend für die Gesamt-Performance. Die auf den Verpackungen angegebenen Datentransferwerte von 250 MB/s beziehen sich meist auf den theoretisch höchsten sequenziellen Leistungswert, für den ein Cache gar nicht erforderlich ist.

Im Folgenden erläutern wir, welche Kriterien Sie bei der Entscheidung für ein SSD-Produkt generell prüfen sollten.

Bildergalerie: SSD-Rategber.
MLC-NAND
Sehr beliebt bei SSDs mit dem Flash-Typ Multi Level Cell sind Samsungs K9HCG08U1M-PCB0 mit 8 GByte Speicherkapazität.
MLC-NAND
Beliebt bei SSDs mit dem Flash-Typ Multi Level Cell sind Micron/Intels 34-nm-MLC-NANDs.
SLC-NAND
Neben Samsung produziert auch Intel Speicher-IC mit SLC-NAND-Technologie.
Hände weg
Flash-Laufwerke mit JMicron JMF602 Controller (links im Bild) fehlt ein Cache. Im Praxisbetrieb bricht die Performance dieser SSDs stark ein.
Zugreifen
SSDs mit Indilinx Barefoot IDX Controller (rechts unten) und Cache (rechts oben) überzeugen mit einer durchgehend hohen Performance.
Top-Performance
Der SandForce SF-2200 (Nachfolger der SF-1200-Serie) ermöglicht Transferraten von über 500 MByte/s. Neben den hohen sequenziellen Transferraten überzeugt der Controller durch seine hohe Performance bei Alltagsanwendungen und den IOPS.
Empfehlenswert
Der SandForce-Controller SF-1500 besitzt einen internen "einige MByte" großen Puffer. Auf einen externen Cache-Baustein wird verzichtet.
Kanalbegrenzung
Intel verbaut in der X25-V den Intel-Controller PC29AS21BA0, der auch in seiner X25-M G2 verwendet wird. Allerdings sind in der X25-V nur fünf der zehn parallelen NAND-Channels des Intel-Controllers aktiv - damit werden die fünf MLC-NANDs angesteuert.
Ebenfalls empfehlenswert
Der SSD-Controller Marvell 88SS9174, der über acht Kanäle die MLC-NANDs ansteuern kann, greift zum Puffern von Daten auf einen externen Cache zurück (im Bild rechts oben). Der Controller erlaubt Transferraten von 500 MByte/s.

Besser MLC- oder SLC-NAND?

Alle gängigen Solid State Disks basieren auf NAND-Speicher-Chips. Und hier unterscheiden sich SSDs grundsätzlich durch die Verwendung von SLC- oder MLC-NANDs. SLC steht für Single Level Cell und bedeutet, dass eine Flash-Zelle auch nur ein Bit speichert. Dieses definiert sich durch einen festgelegten Spannungslevel. Beim Flash-Typ Multi Level Cell (MLC) lassen sich in einer Zelle aktuell zwei oder vier Bitzustände speichern. Zum Auslesen müssen aber verschiedene Vergleichsspannungen angelegt werden, die Performance sinkt – insbesondere die IOPS. Allerdings erlauben MLC-Flash-Speicher höhere Kapazitäten.

MLC-NAND: Sehr beliebt bei SSDs mit dem Flash-Typ Multi Level Cell sind Samsungs K9HCG08U1M-PCB0 mit 8 MByte Speicherkapazität.

Von den möglichen maximalen Transferraten sind sich SSDs mit MLC- und SLC-NANDs relativ ähnlich. Allerdings gibt es bei Flash-Laufwerken mit MLC-NANDs deutlich mehr Kapazität bei gleichzeitig günstigeren Preisen. Das Gros der auf dem Markt erhältlichen SSDs nutzt MLC-NANDs. Laufwerke mit SLC-NANDs sind überwiegend für den Einsatz in Servern und Highend-Systemen gedacht. Die SLC-basierenden SSDs bieten durch das schnellere Auslesen der Zellen höhere IOPS. Gerade bei kritischen Workloads wie Datenbanken sind SLC-NAND-SSDs im Vorteil. Zudem suggerieren diese Solid State Disks durch MTBF-Werte von bis zu 2.000.000 Stunden eine höhere Zuverlässigkeit.

So garantiert beispielsweise Intel für seine SLC-Variante X25-E wahlfreie Schreibvorgänge in einer Größenordnung von bis zu einem Petabyte. Umgerechnet könnte die SSD über einen Zeitraum von fünf Jahren jeden Tag knapp 548 GByte schreiben, bevor die Fähigkeit der SLC-Zellen erlischt, elektrische Ladungszustände zu speichern. Seinen MLC-Modellen X25-M gewährt Intel bei einer Nutzungszeit von fünf Jahren nur etwa 20 GByte wahlfreie Schreibvorgänge pro Tag.

SLC-NAND: Neben Samsung produziert auch Intel Speicher-IC mit SLC-NAND-Technologie.

Die Kapazitäten aktueller SLC-NAND-SSDs liegen typischerweise allerdings nur bei 64 GByte. Bei den MLC-NAND-basierenden Solid State Disks sind Kapazitäten von 128 und 256 GByte bereits Standard. Sollte die SSD nicht gerade in kritischen Server-Workloads eingesetzt werden, so sind MLC-NAND-Produkte durch das deutlich bessere Preis-/Leistungsverhältnis auf jeden Fall vorzuziehen.

Entscheidend: Controller-/Cache-Kombination

Lassen Sie sich beim Kauf einer SSD nicht von den angepriesenen maximalen Datentransferraten blenden. Wollen Sie Enttäuschungen vermeiden, dann Finger weg von Modellen ohne Cache. Und hier sind alle Solid State Disks mit dem JMicron JMF602 zu nennen. Der Controller arbeitet ohne angebunden Datenpuffer und ist weit verbreitet bei den sogenannten „günstigen“ SSDs. Um besonders hohe sequenzielle Transferraten zu erreichen, verbauen einige Hersteller sogar zwei parallel agierende JMF602. Doch auch diesen Modellen fehlt ein Datenpuffer, entsprechend nutzen die zwei Controller im Praxisbetrieb kaum etwas. Solid State Disks mit dem Toshiba TC58NCF602GAT fehlt ebenfalls ein Cache.

Zugreifen: SSDs mit Indilinx Barefoot IDX Controller (rechts unten) und Cache (rechts oben) überzeugen mit einer durchgehend hohen Performance.

Empfehlenswerte SSDs setzen auf folgende Controller-Typen: Indilinx Barefoot IDX, Samsung S3C29RBB01-YH40 und Intel PC29AS21AA0. Alle Controller ermöglichen hohe Bandbreiten und steuern einen Cache mit Größen von 16 bis 128 MByte an. Exotische Controller-Typen mit angebundenem Cache gibt es noch von Mtron mit dem ARM7-basierenden 58U29 oder von MemoRights Altera II Cyclone FPGA. Bei allen von TecChannel gestesteten SSDs weisen wir ausdrücklich auf den verbauten Controller hin. Eine Sonderstellung nimmt der neue SandForce-Controller SF-1500 ein. Der Controller nutzt spezielle Algorithmen und verzichtet auf einen externen Cache, nutzt nur einen kleinen integrierten Puffer. Die Performance ist jedenfalls sehr überzeugend.

Hände weg: Flash-Laufwerke mit JMicron JMF602 Controller (links im Bild) fehlt ein Cache. Im Praxisbetrieb bricht die Performance dieser SSDs stark ein.

Wollen Sie sich eine SSD kaufen, von der Sie noch keinen Test finden, achten Sie unbedingt auf den Controller-Typ. Wissen Sie dann die Bezeichnung, so suchen Sie bei unseren SSD-Produkten nach einer Solid State Disk mit diesem Controller-Typ. Die Performance-Werte dieser SSD geben Ihnen dann einen guten Anhaltspunkt für die Leistung ihres Kaufkandidaten.

Billig-SSDs mit gedrosselter Top-Technik

Ein per se guter SSD-Controller mit zusätzlichem Cache führt leider nicht automatisch zu hoher Performance bei Solid State Disks. Denn bei besonders günstigen Einsteiger-SSDs werden die Controller künstlich eingebremst, damit der Abstand zu den teureren Modellen gewahrt bleibt.

Kanalbegrenzung: Intel verbaut in der X25-V den Intel-Controller PC29AS21BA0, der auch in seiner X25-M G2 verwendet wird. Allerdings sind in der X25-V nur fünf der zehn parallelen NAND-Channels des Intel-Controllers aktiv - damit werden die fünf MLC-NANDs angesteuert.

Nach diesem Verfahren geht Intel bei der X25-V 40 GByte vor. Auch Kingston setzt auf diese Methode bei der baugleichen SSDNow V-Series 40 GByte. Intels X25-V „Value“ basiert auf der Mainstream-Variante X25-M G2. Entsprechend findet sich in der Einsteiger-SSD auch der Intel-Controller PC29AS21BA0 mitsamt dem 32-MByte-SDRAM-Cache. Bei den Flash-Bausteinen verwendet die X25-V ebenfalls wie die X25-M G2 die 34-nm-MLC-NANDs vom Typ Intel 29F64G08CAMD1. Allerdings finden sich in der 40-GByte-SSD nur fünf statt zehn MLC-NANDs. Entsprechend steuert der 10-Kanal-Intel-Controller nur mit fünf aktiven Kanälen die Flash-ICs an. Bei der Kingston SSDNow V-Series 40 GByte sind ebenfalls nur fünf Kanäle des Controllers aktiv.

Während bei diesen Modellen die Lesegeschwindigkeit annähernd auf dem Niveau der „großen“ Modelle liegt, werden Schreibvorgänge nur halb so schnell durchgeführt.

Trim-Befehl von Windows 7 und Linux

Microsoft unterstützt mit Windows 7 und Windows Server 2008 R2 standardmäßig den sogenannten Trim-Befehl. Linux-Distributionen verwenden den Trim-Befehl ab der Kernel-Version 2.6.18.

Das speziell für SSDs entwickelte ATA-Kommando ändert die Löschstrategie und beschleunigt so Schreibzugriffe. Eine SSD schreibt Daten in 4-KByte-Blöcken, während der Löschvorgang gleich über einen 512-KByte-Block erfolgt. Am Anfang kann der SSD-Controller mit vollem Tempo in freie Blöcke schreiben. Mit zunehmender Nutzungsdauer schwinden die als frei gekennzeichneten Blöcke. Der Controller muss dann immer öfter vor dem Schreibvorgang 512-KByte-Blöcke einlesen und prüfen, ob die Daten noch in Gebrauch sind, bevor er sie löschen kann.

Dadurch bilden sich wiederum immer mehr 4-KByte-Blöcke mit Datenfragmenten, die bereits in anderen Zellen gespeichert sind, sprich: beschriebene Blöcke, die für den Controller nicht als frei markiert sind. So ist die SSD recht schnell „zugemüllt“ und der SSD-Controller muss ständig Blöcke einlesen, bevor er sie beschreiben kann. Das kostet zusätzliche Zeit und bremst so die Schreibrate aus. Das TRIM-Feature übernimmt diese Arbeit im Vorfeld und löscht alle bereits beschriebenen, aber nicht mehr genutzten 4-KByte-Blöcke.

Moderne SSDs unterstützen überwiegend den Trim-Befehl. Einige Hersteller bieten auch Firmware-Upgrades mit Trim-Support für ihre Solid State Disks an. Bei schon länger auf dem Markt erhältlichen SSDs sowie insbesondere bei günstigen Einstiegsmodellen gibt meist keine Trim-Unterstützung.

Fazit

Wer eine gute Solid State Disk (SSD) mit vernünftiger Kapazität will, muss noch immer vergleichsweise tief in die Tasche greifen. Allerdings gibt es dann einen deutlichen Geschwindigkeitsschub gegenüber Festplatten. Informieren Sie sich jedenfalls vor dem Kauf genau über die Spezifikation der SSD. Die Performance einer Solid State Disk ist entscheidend von der verwendeter Controller-/Cache-Kombination abhängig.

Sind hohe IOPS gefragt, speziell in Servern und Datenbank-Anwendungen, so empfiehlt sich der Griff zu einer SLC-NAND-basierenden Solid State Disk mit nochmals deutlich flinkeren Zugriffszeiten. Bei den Preisen und Kapazitäten sind diese Enterprise-SSDs nicht mit den Mainstream-Produkten mit MLC-NANDs zu vergleichen.

Bei den „Billig-SSDs“ fällt das Fazit meist enttäuschend aus. Während die sequenziellen Transferraten teilweise noch sehr hoch sind, bricht die Performance im Praxiseinsatz oft völlig ein. Schuld daran ist meist der fehlende Cache. Oder beim SSD-Controller sind weniger Schreib-/Lesekanäle aktiv. Immerhin geht das Starten von Windows etwas flinker vonstatten als mit einer 2,5-Zoll-Festplatte. Auch ist bei fast allen SSDs die „gefühlte“ Reaktionszeit beim täglichen Arbeiten mit Applikationen kürzer. An den geräuschlosen Betrieb – besonders in Notebooks – lässt sich ebenfalls schnell gewöhnen.

Dennoch: Wenn Sie sich schon für eine immer noch vergleichsweise teure SSD entscheiden, dann legen Sie noch ein paar gut investierte Euros für ein vernünftiges Modell auf die Ladentheke. Dann sollte auch der Trim-Support schon inklusive sein. (wh)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation TecChannel.de