IT, Fachabteilung, Einkauf

"Wir sollten miteinander reden!"

23.06.2013 von Karen Funk
Konsens beim Sourcing Day in München: Flexibles Sourcing in IT-Projekten funktioniert nur, wenn Einkauf, IT- und Fachabteilungen sowie Dienstleister auf Augenhöhe kommunizieren und sich gegenseitig mehr Wertschätzung entgegenbringen.

Es war ein langer Tag voller Workshops, als sich die Teilnehmer des „1. Sourcing Days“ noch einmal zu einer abschließenden Diskussion trafen. „Brauchen wir einen Sourcing Manager?“ wurde debattiert. Oder gar eine noch höhere Instanz, einen „Ober-Manager“, der die Anforderungen und Abläufe aller Abteilungen - also der Fachabteilung, der IT-Abteilung und des Einkaufs - im Blick haben solle. „Ich bin schon froh, wenn ich weiß, was meine IT-Abteilung macht“, kommentierte Christian Mezler-Andelberg, CIO vom Automobilzulieferer Magna Steyr, trocken. Werner Schultheis, CIO des Personaldienstleisters Randstad, stellte klar, dass diese Ober-Rolle doch dem CEO zukomme und forderte: „Wir sollten zum Äußersten gehen und miteinander reden.“ Der Ruf nach mehr Transparenz und besserer Kommunikation zwischen den Abteilungen war laut an diesem 6. Juni in München.

Auf dem Sourcing Day 2013 diskutierten (von li.): Jürgen Gallmann (Allgeier), Helma Göbel (Deutsche Bahn), Christian Mezler-Andelberg (Magna Steyr), Thomas Lünendonk (Lünendonk), Mate Gabelica DekaBank) und Werner Schultheis (Randstad).
Foto: Foto Vogt

Aber der Reihe nach: In Zeiten von Shareconomy, Social Media, Mobility, Big Data und Industrie 4.0 sind maßgebliche Kernprozesse, Kundenservices und Produkte ohne IT-Unterstützung heute undenkbar. Dazu beziehen die Unternehmen immer mehr IT-Services von Cloud-, Outsourcing- und Offshoring-Providern sowie Personaldienstleistern. Aber nicht nur die IT-Abteilung kauft ein, auch die Fachabteilungen holen sich IT-Dienstleistungen ins Haus (Stichwort „Schatten-IT“). Und immer möchte der Einkauf ein Wörtchen mitreden. Wichtig ist also zu klären, wie interne Bedeutung und externer Betrieb zusammenpassen? Wie man die Kontrolle wahren kann? Wie sich viele Servicepartner führen und verwalten lassen? Wie unzählige IT-Servicequellen sinnvoll ineinandergreifen?

Über diese Themen sollte einmal geredet werden, fanden die Unternehmensberatung Lünendonk und die COMPUTERWOCHE und luden CIOs, IT-Leiter, -Einkäufer und –Verantwortliche sowie Dienstleister zum „Sourcing Day“, der unter dem Motto „Erfolgsstrategien für flexibles Sourcing in IT-Projekten“ stand. Nach zwei Impulsvorträgen – unter anderem von Unternehmensgründer und Buchautor Thomas Lünendonk, der ein gutes Partner-Ökosystem als unerlässlich propagierte - wurden die rund 120 Teilnehmer in vier Workshops entsandt. Hier tauschten sie sich mit ihren Ideen und Erfahrungen zum Programm-Management am Beispiel von

Die Ergebnisse der einzelnen Workshops präsentierten die Themenpaten dann abschließend allen Teilnehmern und stellten sich der Diskussion.

„Ist in Zukunft vielleicht weniger mehr?“ gab Jürgen Gallmann von Allgeier angesichts der zunehmenden Komplexität der IT zu bedenken. Lünendonk hielt dagegen: Die Komplexität zu reduzieren sei wenig realistisch, vielmehr werde das Tempo in der IT-Entwicklung eher noch zunehmen. Da müsse man mithalten, denn sonst wäre es wie der Versuch, „die Zahnpasta wieder in die Tube zurückzudrücken.“ CIO Mezler-Andelberg verriet sein Rezept, wie seine IT-Abteilung die Komplexität meistert und es schafft, große Dinge aber auch kleine, interne Projekte zu stemmen: „Nah am Fachbereich agieren und weg von der Dienstleisterrolle der IT!“ Vielmehr müsse die IT auf Augenhöhe mit den Fachbereichen arbeiten und ein gleichberechtigter Partner sein. „Mein Weg ist die Dezentralisierung“, so der IT-Leiter des Automobilzulieferers weiter.

Zum Video: "Wir sollten miteinander reden!"

Magna-Steyr-CIO Christian Mezler-Andelberg (rechts) im Gespräch mit CW-Chefredakteur Heinrich Vaske zum Thema "SLAs werden überschätzt".

Einkauf und IT

„Ist denn der Einkauf auf Augenhöhe mit der IT?“, wurde der Ball weitergereicht an Helma Göbel von der Deutschen Bahn. Die Leiterin Beschaffung IT-Dienstleistungen und Software erklärte, wie ihr Unternehmen das handhabt: „Die ITler denken vor“, definieren also ihre Anforderungen, dann werde der Einkauf frühzeitig mit eingebunden und anschließend komme es zur Ausschreibung für bestimmte Dienstleistungen.

Im Interview mit CW-Redakteur Hans Königes ließ sie sich dann noch ein wenig mehr in die Karten gucken:

Zum Video: "Wir sollten miteinander reden!"

Jedoch nicht überall funktioniert der frühe Schulterschluss zwischen IT und Einkauf, wie die Diskutanten zugaben. Viel zu häufig wird die Einkäufer-Rolle nicht als Bereicherung, sondern Last empfunden. Hier war sich Randstad-CIO Schultheis ins Zeug und plädierte für mehr Wertschätzung in beiden Richtungen.

Innovation überall nötig

In Anbetracht der sich schnell drehenden IT-Entwicklung, aber gleichzeitig schrumpfender IT-Budgets kam die Frage nach der Innovationsfähigkeit der IT-Abteilungen aufs Tapet. „Wir müssen uns jedes Jahr neu erfinden und die Fixkosten drücken, um uns Wettbewerbsvorteile zu verschaffen“, umriss Schultheis das Gebot der Stunde. Und Mezler-Andelberg erklärte, dass Innovation bei Automobilzulieferern etwas Essentielles sei, um im Wettbewerb bestehen zu können. Leider habe noch nicht jeder im Unternehmen verstanden, „dass die IT in allem ist“. Ohne die Unter Unterstützung von außen kann allerdings keiner innovativ sein. „Die Provider helfen uns, am Leben zu bleiben“, so Schultheis. Als Beispiel nannte er CRM, das man getrost auslagern könne und so Kapazitäten gewinne, um sich auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren.

Zum Video: "Wir sollten miteinander reden!"

Der Preis sollte nicht ausschlaggeben sein, wenn der IT-Chef externe Dienstleistungen einkauft, warnt Unternehmensberater Thomas Lünendonk (rechts) im Gespräch mit CW-Redakteur Hans Königes.

Daher sei es für Unternehmen überlebenswichtig, dass sich auch die Provider ständig weiterentwickeln und innovativ agieren. Doch wie stellt man sicher, dass Dienstleister Innovation treiben? Die Deutsche Bahn klopfe Provider konkret nach diesen Aspekten in ihren Fragebögen ab und lasse die Ergebnisse in ihre Bewertungsmatrixen einfließen, so Einkäuferin Göbel. Zudem frage man Referenzen an.

Skills teilen

„Wir werden künftig sogar mehr auf die Provider zugreifen, weil wir die Geschwindigkeit sonst nicht halten können“, erklärte Schultheis zum Aspekt Time to Market. Gerade in Bezug auf Skills und Personal sei das ein Thema. So viele Kompetenzen gäbe es weder intern, noch auf dem Markt. „Wir werden teilen müssen“, ist der CIO überzeugt. Und ein Überdenken der bisherigen Karrieredefinitionen sei ebenso angesagt. „Karriere ist heute anders: Die jungen Leute wollen nicht Personal führen, um Karriere zu machen, sondern spannende Projekte machen und trotzdem vorankommen“, so der Randstad-Mann.

Zum Video: "Wir sollten miteinander reden!"

Die richtige Zusammenstellung von internen und externen Mitarbeitern sind ein wichtiger Erfolgsfaktor für ein funktionierende Projekt, sagt Hays-Manager Jörn Bäumer (rechts) im Gespräch mit CW-Redakteur Hans Königes.

Schreckgespenst IT?

Die Innovationskraft und Bedeutung der IT fürs Business wird in vielen Unternehmen nach wie vor unterschätzt. Nur vereinzelt darf die IT beim Value Management mitreden. Und gerade hier gebe es durch Predictive Analytics viele Möglichkeiten hinsichtlich vorausschauender Marktentwicklungen, so Randstad-CIO Schultheis. Ist die IT daher bislang zu bescheiden? Müssten sich die IT-Abteilungen mehr mit ihren Erfolgen brüsten oder sich mehr erklären, um vom Business ernst genommen zu werden? Unbedingt, meinte Mate Gabelica, Strategischer Einkauf Deka Bank, und empfahl IT und Dienstleistern, an ihrem Marketing zu arbeiten und Transparenz zu schaffen. Zudem sollten in keiner Abteilung Wissenshochburgen entstehen. „Die IT und der Einkauf wollen nicht das Schreckgespenst an Ihrer Wand sein“, fügte er hinzu.

Zum Video: "Wir sollten miteinander reden!"

Freiberufler arbeiten in einem gesunden Markt, sagt Emagine-Geschäftsführer Stefan Frohnhoff (rechts) im Gespräch mit CW-Redakteur Hans Königes.

Ergebnisse der Arbeitsgruppen:

1. Workshop: Große Ziele und kleine Projeke: Das Programm-Management in Cloud-Zeiten

Datenschutz, Compliance und Reputation latuen nach Ansicht dieser Arbeitsgruppe die zentralen Herausforderungen, wenn es um die cloud geht. Weil die Rechtslage unklar bleibt, ist eine klare, aber flexible User-Governance für das Cloud-Sourcing unabdingbar.

Handlungsvorschläge:

2. Workshop: Komplexitäts-Management: Provider mit divergierenden Interessen im Griff behalten

Für die Provider-Steuerung fehlen den IT-Abteilungen oft die richtigen Skills, so die Teilnehmer dieses Workshops. Gefragt seien kaufmännisches Wissen und kommunikative Fähigkeiten. Komplexität entstehe nicht nur durch die vielfältigen Provider-Beziehungen, sondern auch durch neue Servicetypen, allen voran Cloud Computing. SLAs werden, so der Tenor, in ihrer Wirksamkeit überschätzt.

Handlungsvorschläge:

3. Wer ist der Beste: Was zeichnet ein professionelles Provider-Management aus?

Zwischen Einkauf und IT gebe es zu wenig Transparenz, kamen die Teilnehmer dieser Arbeitsgruppe überein. Weitere Probleme seien das Spannungsverhältnis zwischen kaum involviertem Dienstleister und total abhängiger IT-Abteilung sowie der „Old-School-Einkauf“, für den primär der Preis das Ziel sei, nicht aber eine vorteilhafte
Lieferantenbeziehung.

Handlungsvorschläge:

4. Workshop: Wie finde ich das richtige Modell: Inhouse-Mannschaft? Mixed Team?

Zunächst sollten grundsätzliche Fragen geklärt werden, so die Teilnehmer dieses Workshops: Was ist die Kerntätigkeit im Projekt? Welche Skills werden benötigt? Sind sie im Haus vorhanden? Wie groß ist das Projekt? Bis wann muss es abgeschlossen sein?

Handlungsvorschläge: