Entwicklerkonferenz PDC 2009

Windows-Client gerät ins Abseits

19.11.2009 von Wolfgang Miedl
Microsoft gab auf der PDC sein Cloud-Betriebssystem Windows Azure frei und setzt mit Silverlight 4 auch auf Windows-freie Endgeräte.
Scott Guthrie, .NET-Chef bei Microsoft, erklärt auf der PDC die Neuerungen in Silverlight 4.0.
Foto: Microsoft

Vor zwei Jahren hat Microsoft mit Silverlight 1.0 eine recht späte Antwort auf Adobe Flash in den Ring geworfen. Nach hastigen Schritten zur Versionsnummer 3.0 holt der Softwareriese nun zum eigentlichen Gegenschlag in Form einer Plattformrevolution aus: Das auf der Professional Developer Conference (PDC) vergangene Woche in Los Angeles angekündigte Silverlight 4.0 soll nicht mehr nur eine Flash-Alternative für Rich Internet Applications (RIA) sein, sondern gleich auch das Potenzial bieten, alte Windows-Client-Techniken wie Win32 oder Windows Presentation Foundation (WPF) zu ersetzen. .NET-Chef Scott Guthrie erläuterte in seiner Rede, wie Silverlight den Spagat vom reinen Browser-Plug-in für multimediale Web-Inhalte zur universellen Anwendungsplattform für Web- und Desktop-Anwendungen vollzieht.

Zu den neuen Funktionen zählen demnach zum Beispiel umfangreiche "Out-of-Browser"-Fähigkeiten, wie Guthrie in seiner Präsentation zeigte. So lassen sich nun beispielsweise Dateien vom Windows-Desktop in eine Silverlight-Anwendung des Browsers ziehen - bisher blieben solche Features den klassischen Desktop-Applikationen vorbehalten. Auch einige typische Defizite von Browser-Applikationen im Bereich der Hardwareunterstützung fallen nun weg. So verhilft das neue Print-API zu Funktionen wie Druckvorschau und direktem Druck, es werden Webcams, Mikrofone und Mausräder erkannt, außerdem gibt es Kontextmenüs per rechten Mausklick sowie eine direkte Anbindung der Zwischenablage.

Silverlight-Applikationen laufen nun bei Bedarf auch "standalone", also außerhalb des Browsers. Das stellt die .NET-Client-Technik WPF in Frage, wie einige Entwickler vor Ort anmerkten, da es dieser einerseits in der Funktionalität nahekommt, andererseits aber Vorteile wie installationsfreie Bereitstellung bietet. Zusätzlich laufen Windows-Anwendungen auf diese Weise auf "fremden" Betriebssystemen. Für Mac OS steht bereits eine Silverlight-Laufzeitumgebung zur Verfügung, während der von der Novell-Tochter Mono entwickelte Silverlight-Clone Moonlight in absehbarer Zeit auf Version 4 aufschließen dürfte. Zur PDC wurde die Betaversion zum Download freigegeben, im ersten Halbjahr 2010 ist die Fertigstellung geplant.

Windows Azure freigegeben

Ray Ozzie, Microsofts Chief Software Architect, gibt auf der PDC das Cloud-Betriebssystem Windows Azure frei.
Foto: Microsoft

Zu den Hauptthemen der Konferenz zählte auch die Freigabe der ersten Version des Cloud-Betriebssystems Windows Azure. Microsofts Chief Software Architect Ray Ozzie nutzte die Gelegenheit, die Möglichkeiten von Azure aus Entwicklerperspektive vorzuführen. Innerhalb der Entwicklungumgebung Visual Studio 2010 präsentieren sich die Systemressourcen wie bei klassischen, lokalen PC-Anwendungen, die Entwicklung läuft also nach dem traditionellen Muster ab. Tatsächlich jedoch befinden sich alle Systeminstanzen auf entfernten Servern in Rechenzentren. Als einen der ersten Partner in diesem Kontext präsentierte Microsoft Automattic, den Anbieter der populären Blogging-Platform Wordpress. Als neues Zusatzangebot für Azure stellte Ozzie zum einen den Online-Marktplatz Pinpoint vor. Hier sollen Partner künftig Cloud-Applikationen und -Services im Web anbieten können. Zum anderen ist der neue Dienst "Dallas" dazu konzipiert, Anwendern und Entwicklern Datensätze über die Cloud zur Verfügung zu stellen. In der derzeitigen Erprobungsphase stellen unter anderem die US-Nachrichtenagenur Associated Press und der Navigationsanbieter Navteq entsprechende Daten zur Verfügung.

Mit einer rudimentären Vorabversion des Internet Explorer 9 meldete sich Microsoft im Browser-Wettbewerb zurück. Das neue Release soll HTML 5 unterstützen, bei Acid-Kompatibilitätstest besser abschneiden und in Sachen Performance mit der Konkurrenz gleichziehen. Schließlich schwenkten die Redmonder mit mehreren Projekten auch noch die Social-Software-Flagge, darunter eine aufwändige Facebook-Applikation auf Basis von Silverlight 4 und der Outlook Social Connector 2010, der die Anwender zukünftig mit unzähligen Web-Diensten verbinden soll. (ue)

Neuheiten auf der PDC 2009

  • Windows Azure/SQL Azure: Das Cloud-Betriebssystem ist fertig, ab Februar 2010 berechnet Microsoft die Nutzung.

  • Office 2010/Sharepoint 2010: Testversionen der neuen Office-Clients und des Sharepoint-Servers sind ab sofort im öffentlichen Download verfügbar.

  • Office Mobile 2010 Beta: Neue Office-Applikationen für Windows Mobile gibt es über den Windows Mobile Marketplace.

  • Outlook Social Connector: Integration sozialer Netze in Outlook; aktuell für LinkedIn, die Entwicklung weiterer Dienste ist angekündigt.

  • Internet Explorer 9: Präsentation einer frühen Entwicklerversion mit neuer Javascript-Engine, GPU-Unterstützung und höherer Acid-Kompatibilität.

  • Seesmic for Windows: Testversion des Twitter-Clients, der künftig für Windows und Silverlight anstelle von Adobe Air angeboten wird

  • Facebook auf Silverlight 4: Die Beta eines Facebook-Clients ist verfügbar, das Facebook-SDK für Silverlight wurde angekündigt.