Microsofts Betriebssystem im Test

Windows 7 - das bessere Vista

08.01.2009 von Hermann Apfelböck und  Panagiotis Kolokythas
Microsoft hat die Beta-Version von Windows 7 veröffentlicht. Ab Freitag steht sie zum Download bereit. Ein erster Test zeigt beeindruckende Ergebnisse.

Der Microsoft-CEO Steve Ballmer hat auf der US-amerikanischen Messe Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas die öffentliche Betaversion des neuen Betriebssystems Windows 7 angekündigt. Ab Freitag kann Windows 7 Beta kostenlos auf der Download-Seite von Microsoft heruntergeladen und getestet werden. Die COMPUTERWOCHE-Schwesterpublikation PC-Welt hat die Beta-Version Build 7000 bereits zuvor installiert und wurde positiv überrascht. Im Vergleich zur Pre-Beta mit der Build-Nummer 6956 ist die Installation demnach noch einen Tick schneller: Nach knapp 20 Minuten hatten die Tester das Betriebssystem auf dem Rechner fix und fertig installiert. Dabei nimmt Windows 7 Build 7000 knapp 8 GB in Beschlag.

Im Vergleich zum Build 6956, der ohnehin schon extrem fortgeschritten wirkte, hat Microsoft beim Build 7000 und damit bei der ersten Beta vor allem Fein-Tuning betrieben. Hier und da wurden Dialoge aufgepeppt und Icons verschönert. Das Fein-Tuning beschränkt sich aber nicht nur auf die Optik: Auch von der Performance und der Reaktionszeit her macht Windows 7 Build 7000 nun ein noch besseren Eindruck.

Verbesserungen im Detail

Öffnet man den Gadget-Dialog und klickt doppelt auf ein Gadget nach dem anderen, werden diese von oben rechts beginnend untereinander angezeigt, so als gäbe es noch die Sidebar aus Vista. Natürlich können die Gadgets anschließend per Maus einfach an die gewünschte Stelle befördert werden.

Ansonsten wurde in allen Teilprogrammen ebenfalls die Build-Nummer auf 7000 erhöht und über jedes Fenster können Beta-Tester per Klick auf den "Send Feedback"-Link einen Bug oder Verbesserungsvorschlag an Microsoft senden. Bleibt festzuhalten, dass Microsoft bei der Entwicklung von Windows 7 gut im Rennen zu sein scheint: Kein Wunder, basiert das Ganze doch auf Windows Vista und echte Neuerungen - abgesehen vom neuen Windows-7-Desktop - sind rar gesät.

Windows 7 Build 6801 bewährt sich im Dauertest

In einem früheren Test hatte die PC-Welt bereits die englischsprachige Beta-Version mit der Typenbezeichnung Build 6801 genau unter die Lupe genommen. Das Fazit der PC-Welt: Viele neue Funktionen gibt es nicht im Vergleich zu Windows Vista. Aber das System hat angenehm überrascht: Es ist schnell, schlank und tatsächlich ein viel besseres Vista!

Schlanker und schneller als Vista

Microsoft hat früh klargestellt, dass Windows 7 am Systemkern und Treibermodell von Vista festhalten wird. Folglich können Entwickler wie Anwender davon ausgehen, dass Hardware und Software, die unter Vista läuft, auch unter Windows 7 funktioniert. Schon die Beta kann das bestätigen: Die PC-Welt-Tester stießen mit Vista- (und zum Teil alten XP-) Treibern auf keine Hardware-Probleme, Software verhielt sich mindestens wie unter Vista, zum Teil besser. Ein Systemabsturz ließ sich während zwei Wochen Dauertest nur künstlich durch den Power-Knopf provozieren, wonach sich Windows 7 klaglos wieder normal starten ließ. Lediglich der Windows-Explorer der Beta hat noch kleinere Darstellungsfehler und benötigt ab und an einen Neustart.

Speichermanagement: Windows 7 bleibt auf der Vista-Basis, soll aber laut Microsoft an allen wesentlichen Komponenten Codezeile für Codezeile optimiert werden. Das ist kein leeres Versprechen, wie die Beta belegt. Auf dem Test-PC startete das Betriebssystem um etwa 20 Prozent schneller als Vista. Eine wichtige Rolle spielt dabei laut Microsoft, das parallele Laden von Gerätetreibern. Dass Windows-Dienste reduziert werden, ist nicht zu beobachten. Im Gegenteil: Nach dem Start zählte die PC-Welt auf nacktem Windows 7 insgesamt 74 Dienste gegenüber 58 bei Vista. Die Zahl der geladenen Prozesse bleibt gleich. Trotzdem kommt Windows 7 mit geringerer Speicherauslastung an den Start. Mit etwa 720 MB unmittelbar nach der Anmeldung und 600 MB nach kurzer Leerlaufzeit ist es auf dem Test-PC mit 2 GB RAM um etwa 22 Prozent sparsamer als der Vorgänger.

CPU-Auslastung: Ein weiteres Microsoft-Versprechen ließ sich im Test ebenfalls bestätigen. Durch optimierten Code sinkt die Auslastung des Prozessor unter Windows 7 mindestens in bestimmten Szenarien deutlich: Beim Abspielen eines DVD-Films meldet die CPU eine Auslastung zwischen 1 und 4 Prozent, durchschnittlich etwa bei 2 Prozent. Unter Vista liegen die Werte zwischen 5 und 20, durchschnittlich mit etwa 14 Prozent deutlich höher. Windows 7 schon damit Ressourcen und Notebook-Akkus.

Bessere Gesamtleistung: Im laufenden Betrieb wirkt Windows 7 jederzeit agiler und reaktionsschneller als Vista - ein Gefühl, das sich auch durch objektive Messung belegen lässt: Die Redakteure ließen Windows 7 und Vista SP1 jeweils in der Ultimate-Variante in einem selbst gestrickten Test auf demselben PC mehrfach dieselben praxisnahen Aufgaben absolvieren lassen: Anwendungen starten (Office, Adobe, Media Player), Web-Seiten aufrufen, Systeminfos abfragen. Der Unterschied zwischen Windows 7 und Vista ist nicht dramatisch, aber eindeutig und spürbar:

1. Leistungstest nach Benutzeranmeldung:

Windows 7 benötigte hierfür durchschnittlich 105,5 Sekunden und konnte damit Vista mit 131 Sekunden klar distanzieren. Das entspricht einer Leistungssteigerung von 25 Prozent.

2. Leistungstest nach längerer Laufzeit

Beim zweiten Durchlauf während der Windows-Sitzung kam Windows 7 auf 53,2 Sekunden, Vista lag mit 56,5 Sekunden annähernd gleichauf. Diese geringere Leistungssteigerung von etwa 6 Prozent zeigt, dass die Cache-Verwaltung kaum noch Potenzial für Optimierung bietet.

Das sind insgesamt viel versprechende Eindrücke und Werte, die für die finale Fassung ein flottes, stabiles System erwarten lassen. Nebenbei wird es die erste Windows-Version sein, die definitiv geringere Hardware-Ansprüche stellt als der Vorgänger. Selbst der Plattenbedarf ist gesunken - von 13 GB (Vista) auf 8 GB. Voraussichtlich lässt sich auf jedem PC, auf dem jetzt Vista halbwegs zufriedenstellend läuft, ohne Bedenken Windows 7 einsetzen.

Installation und Reparaturoptionen

Wer Windows 7 manuell installiert, steht wie schon bei Vista vor keinerlei Hürden: Mehr als ein Kontoname und die Angabe des Regionalschemas ist nicht erforderlich. Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass Windows 7 keine Komponentenauswahl erlauben wird: Wie bei Vista landet alles auf dem Rechner. In der Systemsteuerung lassen sich später Funktionen nur aktivieren oder deaktivieren, am installierten Umfang ändert sich dadurch nichts.

Windows 7 im Überblick

Status: Beta, Build 7000 (07.Januar 2009)

Getestete Version: Windows 7 Beta, Build 6801

Gesamteindruck: stabil, leistungsoptimiert, ökonomisch

Funktionalität: Feinschliff am Vista-Umfang, wenig fundamental Neues

Highlights: Libraries, Safeguard, Taskbar, UAC-Skalierung, Bitlocker to go

Ungeklärt: Multitouch, Ready Drive, VHD-Unterstützung

Veröffentlichung: Mitte 2009

"Repair Your Computer": An der Setup-DVD mit dem Mini-Windows Win PE (Windows Preinstallation Environment) hat Microsoft nichts Wesentliches geändert. Im Notfall lässt sich ein PC über diese DVD booten und das Windows-System mit den schon von Vista bekannten Optionen reparieren. Windows 7 installiert aber zusätzlich ein Win PE auf Festplatte, das sich beim Systemstart nach "F8" mit der neuen Option "Repair Your Computer" starten lässt. Das wird ein wichtiger Rettungsanker für Anwender, die ein vorinstalliertes System ohne Setup-DVD erwerben.

Die wichtigsten neuen Funktionen

PC Safeguard: So nennt sich eine neue Option für die Benutzerkonten. Windows-Kenner werden diese Funktion unschwer als eingebautes Steady State 2.5 identifzieren (kostenloses Microsoft-Tool für XP und Vista). Damit lassen sich Benutzerkonten einfrieren. Änderungen sind im laufenden Betrieb zwar erlaubt, werden bei jedem Neustart aber wieder zurückgesetzt. Auch der Treiber für den Partitionscache ist mit von der Partie, der nicht nur das einzelne Konto, sondern die gesamte Systempartion vor Änderungen schützt.

Skalierbare Benutzerkontensteuerung (UAC): Die lästigen Rückfragen der UAC waren kontraproduktiv - viele Vista-Anwender waren davon so genervt, dass sie die UAC komplett deaktiviert haben. Windows 7 bietet gegenüber dem simplen "Ein" oder "Aus" zwei weitere Zwischenstufen. Das dürfte nach unserer Erfahrung mit dem Testsystem die Akzeptanz dieses Schutzmechanismus erheblich fördern.

Virtuelle "Libraries": "Libraries" bieten eine einfache und praktische Option, thematisch zusammengehörende Ordner (etwa mit Bildern) von verschiedenen Quellen zusammenzufassen. Technisch handelt es sich lediglich um kleine XML-Dokumente, ähnlich den bekannten gespeicherten Suchabfragen. Die Sammlungen unter USERS\<KONTO>Libraries erscheinen in der Navigationsspalte des Explorers. Sie können aber auch an jedem anderen Ort abgelegt werden, etwa am Desktop.

Freigaben in Homegroups: Dieses neue Angebot soll Home-Anwendern erleichtern, ihr Netzwerk zu konfigurieren. PCs einer Homegroup erkennen sich am gemeinsamen Passwort und geben ihre "Libraries" automatisch frei. Das erspart manuelle Freigaben und den Umgang mit NTFS-Rechten, verringert aber die Kontrolle. Homegroups setzen außerdem ein Netzwerk nur mit Windows-7-PCs voraus.

Bitlocker für Wechselmedien: Unter Windows 7 (eventuell nur Business und Ultimate) funktioniert Microsofts Laufwerksverschlüsselung auch auf portablen USB-Sticks und Festplatten. Der Einsatz ist via Laufwerkskontextmenü ("turn on bitlocker") denkbar einfach.

Neue Taskbar-Optionen: Die neue Option, eine laufende Anwendung in die Taskbar einzuhängen ("pin to taskbar") ist vor allem praktisch für Programme wie den Explorer: der kleine Pfeil neben dem Taskbar-Icon zeigt dann gleich die zuletzt genutzten Ordner. diese "Jumplist" lässt sich per drag & drop auch mit dauerhaften Favoriten füllen. Um dafür Platz zu gewinnen, reduziert Windows 7 die Taskbar-Fenster auf Icons ohne Beschreibung. Eher marginal sind Verbesserungen für einen aufgeräumten Systray-Bereich und ein schmaler Klickbalken dort zum Anzeigen des Desktops.

Desktop und Fenster: Abgesehen von der Taskbar bleibt die Oberfläche gegenüber Vista fast unverändert. Die Gadgets - einige sind inzwischen skalierbar - lassen sich ohne Sidebar nur noch frei positionieren. Die wichtigsten Anpassungsoptionen fasst Windows 7 in einem Dialog zusammen. Praktisch ist das neue Fensterverhalten: Wenn man es an den seitlichen Desktop-Rand zieht, beansprucht es automatisch die halbe Desktop-Fläche. Windows 7 merkt sich die ursprüngliche Größe und stellt sie beim Wegziehen der Titelleiste sofort wieder her.

Erweiterte Gruppenrichtlinien: Die schon unter Vista wesentlich erweiterten Gruppenrichtlinien (gpedit, secpol) wachsen unter Windows 7 zum Profi-Puzzle. Gut informierte Admins werden hier für jede gewünschte Verbotskombination fündig. Auf Home-Versionen wird das Registry-Front-End gpedit.msc voraussichtlich wieder fehlen.

Solution Center: Eine Reihe von Maßnahmen sollen die Informationsflut am Windows-Desktop eindämmen, etwa skalierbare UAC, reduziertes Systray, ökonomischere Taskbar. Ergänzend dazu erlaubt Windows 7 dem Anwender, im Solution Center die Informationen auszuwählen, die er sehen will. Das "Solution"-Icon im Systray bündelt dann alle verbleibenden Meldungen an zentraler Stelle.

Zubehör und Fein-Tuning

Spektakuläre Neuheiten fehlen, jedoch hat Microsoft auch beim Zubehör an vielen Ecken nachgebessert.

Die Systemsteuerung und die Verwaltungs-Tools enthalten eine Reihe neuer Einträge wie das Troubleshooting-Applet zum Überwachen der wichtigsten Problemfelder, ein Device Center, das schnellen Zugriff auf die angeschlossenen Geräte bietet, ein Biometrie-Applet etwa für den Einsatz von Fingerprint-Lesern, ferner den Hyper-V-Manager für Microsofts Virtualisierungsplattform.

Die Defragmentierung erlaubt es, gleichzeitig alle Laufwerke zu untersuchen. Die Werte werden beim späteren Aufrufen mit Analysedatum so lange angezeigt, bis ein neuer Check erfolgt.

Mit Isoburn bietet Windows 7 ein ganz simples grafisches Brenn-Tool für ISO-Images, das standardmäßig mit dem Dateityp ISO verknüpft ist.

Der Windows Media Player 12 kennt zusätzlich zum "Vollmodus" und "Designmodus" einen reduzierten "Now Playing Mode" ("STRG"-"3"), der nur noch Titel und optional die Playliste anzeigt. der "Vollmodus" wird um eine 15-Sekunden-Vorschau ergänzt.

Unter Sound in der Systemsteuerung erscheint die neue Registerkarte "Communications", über die sich bei Telefongesprächen via PC der PC-Sound automatisch stumm oder leiser schalten lässt.

Der Windows-Rechner ist funktional deutlich erweitert. Die Programme Wordpad und Paint erhalten eine einfache kontextbezogene Menüführung (wie MS Office 2007).

Die mächtige Kommandozeile Powershell ist gegenüber den bislang veröffentlichten Versionen in puncto Geschwindigkeit nicht wiederzuerkennen. Unter Windows 7 ist auch die grafische Variante zumutbar. Deutlich verbessert zeigt sich auch die Bildschirmlupe Screen Magnifier.

Der Problem Steps Recorder (uar.exe) macht bei jedem Mausklick einen kommentierten Screenshot und packt Bilder und Log-Kommentar in ein zip-Archiv. Das Tool ist nützlich, um ein Windows-Problem Schritt für Schritt zu illustrieren.

Wie angekündigt wird Microsoft einige Zubehörprogramme ausmustern, bietet sie aber alternativ als Windows Live-Komponenten an. Betroffen sind derzeit Windows Mail, Fotogalerie, Movie Maker und Messenger.

Ach ja: Die Kommandozeile ist wieder drag & drop-fähig - das darf so bleiben. Dass sich Windows 7 intern immer noch als Version 6.1 meldet, ist peinlich, sollte aber ohne Mühe zu beheben sein. (Herrmann Apfelböck und Panagiotis Kolokythas sind Redakteure bei der PC Welt.)

Was die PC-WELT nicht testen konnte

Einige Punkte ließen sich im Test noch nicht prüfen. Da es noch keine entsprechende Hardware gibt, können die PC-Welt-Tester keine Aussage zur Multitouch-Technologie machen, die das Ziehen, Drehen und Skalieren von Objekten per Touchscreen erlauben soll. Gleiches gilt für die versprochenen Verbesserungen bei Ready Boost und Ready Drive. Unter Vista konnten diese Leistungs-Technologien in Zusammenhang mit Flash-Speicher und Hybrid-Festplatten bekanntlich nicht überzeugen.

Für das künftige USB 3.0 mit einem Durchsatz bis zu 300 MB/s wird Windows 7 voraussichtlich nicht vorbereitet sein. Dies wird Microsoft bei Verfügbarkeit der Geräte etwa ab 2010 per Update nachholen.

Was der Windows-7-Beta definitiv noch fehlt, ist die angekündigte native Unterstützung für Microsofts Virtual Hard Disk-Format (VHD). Zum Laden von VHD-Images ist bislang eine Virtualisierungs-Software wie Microsofts Virtual PC 2007 notwendig. Windows 7 soll diese Images laden können und sogar davon booten.