"Never change my running system" lautet häufig die unsichtbare, aber durchaus spürbare Botschaft auf den Türen der Anwender, wenn es um die Einführung einer neuen Software geht. Wie lässt sich aber diese Ablehnung in Interesse und Akzeptanz verwandeln? Projekt-Marketing lautet das Zauberwort, und - keine Angst - benötigt werden weder Zauberer noch begnadete Selbstdarsteller, um diese Strategie erfolgreich umzusetzen. Im Gegenteil: Gerade die zurückhaltende Art vieler technisch orientierter Menschen ist in der internen Kommunikation eher ein Vorteil. Was ankommt, ist knappe, sachliche, gut verständliche Information und Kommunikation über das, was die Betroffenen betrifft und interessiert.
Der Bedarf an Projekt-Marketing in Richtung Nutzer hängt vor allem von der Intensität der angestrebten Veränderung, der Anzahl der Betroffenen und deren Einstellung beziehungsweise des zu erwartenden Widerstandes ab. Für das Management sind zusätzlich wirtschaftliche und strategische Zusammenhänge wichtig. Sehr hilfreich ist es, mit einer Stakeholder-Analyse zu starten: So ist zu überlegen, welche Personen, Gruppen und Bereiche in welchem Maße Einfluss auf ein Projekt haben und ob deren aktuelle Einstellung eher positiv oder negativ ist.
Der erste Eindruck zählt
"Es gibt keine Chance für einen zweiten Eindruck" - das gilt auch für Projekte. Deshalb stellt ein Projektleiter mit seinen ersten öffentlichen Auftritten - egal ob es sich um eine Präsentation, einen Projekt-Intranet-Auftritt oder einen redaktionellen Beitrag im Unternehmensmagazin handelt - wichtige Weichen. Wenn von Anfang an alle Projektbeteiligten verstehen, was warum und wozu erreicht werden soll und dem positiv gegenüberstehen, hat man als Projektverantwortlicher schon viel gewonnen. Zu einem gelungenen Start gehört aber auch, dass negative Seiten bewusst thematisiert werden. Vielleicht fällt durch das neue System eine bisher beliebte Funktion weg oder der geplante Prozess führt an manchen Stellen zu mehr Aufwand. Diese Punkte sind aktiv aufzugreifen, um zu erklären, warum das Projekt als Ganzes dennoch sinnvoll ist.
Die Menschen mitnehmen
Noch eine Herausforderung ist in der Anfangsphase zu meistern: Wenn Veränderungen anstehen, will jeder wissen, was das für ihn bedeutet. Jegliche Ergebnisse, die für die Beteiligten interessant sind, sind mitzuteilen. Bei der Kommunikation von Entscheidungen und Ergebnissen gilt das gleiche Prinzip wie bei den Projektzielen: Die Menschen sind mitzunehmen, die man erreichen möchte.
Neben der Information, wer welche Rolle hat und wofür zuständig, also auch ansprechbar, ist, sollten auch den menschlichen Aspekten ein adäquater Raum eingeräumt werden - zum Beispiel indem Key User erzählen, was sie sich von dem neuen System erwarten, und später, wie sie damit zurechtkommen. Reges Feedback ist eines der besten Frühwarnsysteme, wenn mal etwas falsch läuft, und eine Chance, Vorbehalte aktiv aufzugreifen. Stimmen aus der Praxis - wie kommt die Lösung am Arbeitsplatz an? - eignen sich auch gut, um die Projektkommunikation abzuschließen.
Welche Kommunikationskanäle bieten sich an? In den meisten Fällen steht heute ein Intranet zur Verfügung, in dem sich eine Projektseite einrichten lässt, dazu noch ein Newsletter beziehungsweise eine E-Mail an die jeweiligen Zielgruppen, eine freundliche Hotline und ansprechende Schulungskurse - und schon steht der grobe Rahmen fürs Projekt-Marketing. Wichtig ist, dass der mediale Rahmen folgende Kriterien erfüllt:
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kontinuierliche Information über die gesamte Projektlaufzeit;
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schnelle Information für Aktuelles sowie
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angemessener Aufwand bei der Umsetzung.
Manchmal nicht ganz einfach ist es, die interne Kommunikationsabteilung mit einzuspannen, da diese nur selten Ressourcen zur Projektunterstützung vorhält. Doch wenn es gelingt, passt es oft besonders gut. Ein gelungenes Beispiel: Als bei ProSiebenSat.1 der Schritt von Windows XP auf Windows 7 anstand, entwarf die Inhouse-Kreativabteilung Creative Solutions gemeinsam mit der Unternehmenskommunikation eine witzige Kampagne mit dem Titel "Keine Panik - Windows 7 kommt". Der Slogan prangte auf den Informationsmaterialien und auf der Projekt-Website. Der "Tag der Umstellung" wurde in den Abteilungen kurz vorher mit Plakaten angekündigt, auf denen sich verzweifelte Menschen mit gewissem Retro-Look die Haare rauften. Die Mitarbeiter, die am Arbeitsplatz bei der Umstellung halfen, hatten diese Motive auf Ihren T-Shirts prangen und verteilten "Keine-Panik-Mousepads". "Dieses augenzwinkernde Herangehen kam prima an", erzählt Eva Rössler, die seitens der Konzernkommunikation von ProSiebenSat.1 die Kampagne umsetzte. "Die Bilder machten Spaß und halfen, die ja durchaus vorhandenen Mühen der Umstellung mit Humor zu meistern."
*Elisabeth Wagner ist freie Journalistin in München.