Was unterscheidet die digitalen Champions von der Masse derjenigen Unternehmen, die gerade erst versuchen, in der digitalen Welt Fuß zu fassen? In erster Linie ein klares Verständnis für die Anforderungen der neuen Nutzergeneration. Und die Bereitschaft alles dafür zu tun, schnell auf neue Wünsche und Bedürfnisse einzugehen. Dies bedeutet in der Regel, technologische Innovationen frühzeitig aufzugreifen, um sich hinsichtlich Usability und Performance der eigenen Services und Apps vom Wettbewerb zu differenzieren.
Der Wettlauf um den "Digital Customer" hat begonnen
Der Wettlauf um den "Digital Customer" hat mittlerweile nahezu alle Branchen erfasst und ist zwischen etablierten eCommerce- und Cloud-Firmen, Startups und Konzernen voll entbrannt:
Im Einzelhandel ist der Wandel zum "Multi-Channel" beziehungsweise "Omni- Channel"-Commerce in vollem Gange. So werden allein in Deutschland mehr als 50 Milliarden Euro im eCommerce umgesetzt - weltweit sind es rund 1.100 Milliarden Euro.
In der Medienbranche verläuft die Transformation besonders disruptiv. Netflix, Spotify & Co setzen neue Standards für das Streaming von Video und Musik. Verlage realisieren, dass ihre Leser nur bereit sind für Premium-Content zu bezahlen, wenn dieser auch in Premium-Qualität - sprich extrem schnell und auf allen Endgeräten - bereitgestellt wird.
Die Veränderungen machen auch vor den klassischen Dienstleistungsbranchen nicht halt. Traditionelle Banken und Versicherungen stehen zunehmend im Wettbewerb zu globalen Internetkonzernen und einer Reihe von Fintech-Startups, deren Portale und mobile Anwendungen deutlich nutzerfreundlicher sind als die Angebote des "Online- Banking 1.0".
Unter dem Stichwort "Internet der Dinge" sind auch Industrieunternehmen zunehmend auf eine agile und skalierbare IT-Infrastruktur angewiesen. Für Bosch, Siemens, Claas & Co geht es derzeit um die Verarbeitung von Sensor- und Produktionsdaten im Petabyte-Bereich.
So ist evident, dass sich auch die Anforderungen an die zugrundeliegende IT-Infrastruktur sowie die IT-Betriebs- und Entwicklungsprozesse fundamental ändern. Ohne die Inanspruchnahme hochskalierender Cloud-Infrastrukturdienste (IaaS, PaaS) kommt heute keines der führenden Digitalunternehmen mehr aus. So ist der Cloud-Sourcinganteil bei den digitalen Pionieren rund dreimal so hoch, wie bei klassischen Unternehmen.
Neue Releases im Stundentakt
Eine der grundlegenden Fähigkeiten erfolgreicher Unternehmen in der digitalen Welt ist die schnelle Adaption neuer Technologien und Features. Nur wenn Unternehmen ihre Anwendungen in kurzer Zeit um neue Funktionen und Services erweitern sowie diese auf den gängigen mobilen Endgeräten anbieten können, bleiben sie langfristig wettbewerbsfähig.
Dramatisch verändert hat sich in den vergangenen Jahren allerdings die Anzahl der Releases, die pro Jahr beziehungsweise Monat zu bewältigen sind. Neben neuen Features stehen vor allem die Integration neuer Zahlungsmethoden, Logistikprovider oder die Optimierung für mobile Endgeräte an.
Die Top-Unternehmen der eCommerce- und digitalen Medienwelt wie zum Beispiel Netflix, Yahoo oder Amazon fahren mittlerweile eine Vielzahl an Releases pro Tag - Frontend wie Backend. Da das digitale Geschäft der Regel des 24/7 folgt, stehen keine langen Wartungsfenster mehr für Updates und Maintenance zur Verfügung. Neue Releases werden in kurzer Frequenz im Produktiv-Betrieb "live" genommen, was eine viel exaktere Abstimmung aller Beteiligten und somit neue Organisationskonzepte und Tools fordert - Stichwort DevOps.
Die neuen Anforderungen und Entwicklungen verändern auch das Zusammenspiel der beteiligten Akteure. Bislang oblag in vielen Fällen die Entscheidung hinsichtlich des IT-Betriebs den betreuenden Digitalagenturen. Mit steigender Komplexität und dem neuen strategischen Stellenwert der eCommerce-Aktivitäten wird sich diese Aufgabe zukünftig in Richtung von Managed Service Providern und Cloud Hosting Firmen verlagern, die sich auf den Betrieb anspruchsvoller eCommerce-Applikationen und der neuen digitalen Workloads spezialisieren.
Wie Entwicklung und IT-Betrieb sukzessive zusammenwachsen
Eine enge Verzahnung von Anwendungsentwicklung und IT-Betrieb gilt im Zeitalter des "Digital Business" mittlerweile als Faustregel. Gerade Unternehmen, die mittels Application Performance Monitoring verstanden haben, an welchen Stellen sie ihre Anwendung und IT-Infrastruktur optimieren können, stehen vor der Frage, wie dies organisatorisch und Tool-seitig aussehen kann.
Unter dem Begriff "DevOps" werden seit einigen Jahren Ansätze und Tools zusammengefasst, die ebenjene Verzahnung von "Development" und "Operations" unterstützen sollen. Dabei sind die zentralen Aspekte eines DevOps-Ansatzes:
Effiziente Zusammenarbeit
Automatisierung
Volldokumentierte Prozesse und Live-Monitoring
Eine effiziente Kommunikation und Zusammenarbeit über Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinweg ist eine Grundvoraussetzung. Trotzdem scheitern hier viele Unternehmen, da Organisationsstrukturen, Anreizsysteme und Firmenkultur einer schnellen und vertrauensvollen Zusammenarbeit von Entwicklern, Test-Engineers und IT- Administratoren im Wege stehen.
Ein erster Schritt ist die Einführung von einheitlichen und transparenten Systemen, die allen den gleichen Informationsstand bieten. Dies gilt für Code Repositories, System Management Tools sowie für das bereits erwähnte Application Performance Monitoring. Dies sollte für Unternehmen bei der Auswahl eines passenden Managed Service beziehungsweise Managed Cloud Providers ein entscheidendes Auswahlkriterium sein.
Auswahlkriterium für Managed Service- und Cloud Provider
Denn nur wenn DevOps auch seitens des eigenen IT Service Providers verstanden und "gelebt" wird, lassen sich die potenziellen Benefits einer stärkeren Verzahnung von Entwicklung und Betrieb erzielen. Doch zum heutigen Zeitpunkt gibt es nur wenige Managed Service Provider, die DevOps-Konzepte schon in ihre IT-Service- und Support-Prozesse integriert haben.
Auch muss auf Provider-Seite der Umgang mit einer neuen Generation an Tools, wie zum Beispiel Ansible, Chef oder Saltstack erlernt werden. Besonders sinnvoll ist der Einsatz von automatisierten DevOps-Prozessen beim Betrieb von eCommerce- und Digital-Workloads, bei denen eine hohe Release-Frequenz wahrscheinlich ist und die trotzdem eine hohe Stabilität im Betrieb erfordern. Auf Provider-Seite gibt es aber bereits heute Innovatoren, die das Thema DevOps Ernst nehmen und ihre Operations und Angebote auf den neuen Trend hin anpassen, wie der europäische Provider Claranet mit Sitz in Frankfurt zeigt.
Aus Perspektive von Crisp Research wird DevOps zukünftig vor allem dann eine Rolle spielen, wenn IT Service Provider auch den Betrieb von "Managed Public Clouds" für ihre Kunden übernehmen. Denn dies wird eines der Wachstumssegmente im Hosting- und IT Service-Markt der kommenden Jahre sein, nachdem die Public Clouds von Amazon AWS, Microsoft Azure oder VMware vCloud Air nun endlich im Fokus der Enterprise-IT-Entscheider stehen und immer mehr Workloads migriert werden. (bw)