Wie CIOs ihre Mitarbeiter fördern

23.01.2006 von Alexandra Mesmer
Auch 2006 investieren die IT-Chefs in ihre Mitarbeiter, verlangen dafür aber mehr Flexibilität: Statt Spezialisierung auf das eigene Arbeitsgebiet ist der Blick auf die gesamte IT und die Unternehmensprozesse gefordert.

Weiterbildung ist immer ein Gradmesser, wie es um das Unternehmen und die Branche steht. Einerseits werden Arbeitgeber nicht müde, von ihren Mitarbeitern lebenslanges Lernen zu fordern. Andererseits hat die unternehmensinterne Weiterbildung oft einen schweren Stand: In schlechten Zeiten streichen Firmen die Bildungsbudgets in der Regel als erste zusammen, in guten Zeiten sind viele Mitarbeiter oft so sehr in Projekte eingebunden, dass schlichtweg die Zeit für Weiterbildung fehlt. 2006 können viele IT-Mitarbeiter mit stabilen Bildungsbudgets und damit zahlreichen Chancen rechnen, das eigene Wissen zu erneuern und zu erweitern. Das ist ein Ergebnis der Umfrage der COMPUTERWOCHE zum Thema „Weiterbildung 2006“. Ein weiteres ist aber, dass die CIOs deutlich höhere Anforderungen an ihre Mitarbeiter stellen – und das unabhängig von Firmengröße und Branche des Unternehmens.

Hier lesen Sie ...

  • in welchen Bereichen CIOs ihre Mitarbeiter 2006 fördern;

  • welches Wissen in den Augen der IT-Chefs immer wichtiger wird;

  • welche Bedeutung Offshore-Programmierung und Outsourcing für die IT-Verantwortlichen haben.

Michael Neff: Das Lernen hört nie auf

Michael Neff, Heidelberger Druck, fordert von seinen IT-Mitarbeitern den Blick fürs Ganze.

Auf seinem Informatikstudium kann sich keiner von Michael Neffs Mitarbeitern ausruhen. Der CIO der Heidelberger Druckmaschinen fordert von seiner 420-köpfigen Mannschaft, dass sie ihr Wissen immer wieder aktualisiert. In diesem Jahr investiert der Druckmaschinenhersteller mehr Geld in die IT-Weiterbildung. Zu deren Schwerpunkten gehören System- und Applikationsarchitekturen wie die Service Oriented Architecture (SOA), Portale und SAP Netweaver sowie Lösungen für mobile Geschäftsprozesse und Datenkommunikation. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Zertifizierung von Ausbildungen im Infrastrukturbereich.

Tief greifendes technisches Wissen im persönlichen Arbeitsgebiet reicht nach Neffs Auffassung aber nicht aus: „Die Mitarbeiter müssen über die Grenzen ihrer täglichen Arbeit hinweg ein angemessenes Verständnis für den Gesamtprozess der IT und des Unternehmens gewinnen. Das Verharren in isolierten Silos können wir uns nicht mehr leisten.“

Um seine global operierende IT-Abteilung effizient zu halten, setzt Neff auch auf Outsourcing. So arbeitet er in Bereichen wie dem SAP-Rechenzentrum, den Kommunikationsservices und dem Helpdesk mit Dienstleistern zusammen. Auslagerung stellt für Neff aber ebenso wie Offshore-Programmierung kein Patentrezept dar, um die Kosten zu flexibilisieren: „Die Einsatzgebiete müssen klar im Einklang mit den Unternehmenszielen identifiziert werden.“ Zudem müsse man auch das Verhältnis zwischen intern erbrachter Leistung und ausgelagerten Services sowie die Möglichkeit der Verlagerung an kostengünstigere Standorte innerhalb des Konzerns prüfen.

Dietmar Schröder: Individuelle Schulungen motivieren

Dietmar Schröder, Techniker Krankenkasse, setzt auf zeitnahe und individuelle Schulungen.

Eine große Bandbreite haben auch die 300 IT-Mitarbeiter der Techniker Krankenkasse abzudecken, da sie als interne Dienstleister fungieren. Dementsprechend breit sind die Weiterbildungsthemen für 2006: Angefangen von Java, objektorientierten Analysen (OOA) oder Web-Services über Middleware und Datenbankwissen bis hin zur Server-Virtualisierung und Voice over IP. Laut IT-Chef Dietmar Schröder werden die Aufgaben vielfältiger, da neue Produkte eingeführt und Altsysteme für eine Übergangszeit weiter gepflegt werden müssen. Grundsätzlich fordert die Techniker Krankenkasse mehr von ihren IT-Experten, erklärt Schröder: „Sie brauchen ein ausgeprägtes IT-Wissen, wobei insbesondere Innovationen zeitnah verfügbar sein müssen. Anwendungsentwickler müssen sich auch in der Sozialversicherung auskennen.“ Dazu kommen die viel zitierten Soft Skills wie Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie analytisches und wirtschaftliches Denkvermögen.

Der IT-Chef setzt auf individuelle Schulungen seiner Mitarbeiter, um deren Motivation zu steigern. Auch die Möglichkeit, eigenverantwortlich zu arbeiten, sporne die Mtarbeiter an. „Bei gleichen Kosten können wir damit eine erhöhte Leistung erreichen“, sagt Schröder.

Bernd Herrmann: Aus Technikern werden Architekten

Bernd Herrmann, Pro Sieben Sat 1, setzt auch auf Outsourcing und Offshore-Programmierung.

Der IT-Leiter der Pro-Sieben-Sat-1-Produktion ist sich bewusst, dass sich im Zuge der zunehmenden Standardisierung der IT die Rolle seiner Mitarbeiter wandeln muss. Die Techniker von einst werden laut Bernd Herrmann mehr und mehr zu Architekten, „welche die Strategien und Visionen des Managements nur umsetzen können, wenn sie diese auch verstehen“. Die Spezialisten müssten darum lernen, in Prozessen zu denken, was Herrmann mit entsprechenden Schulungen fördert. Jeder zweite Euro des Weiterbildungsbudgets fließt in Fortbildungen zu Projekt- und Qualitäts-Management oder Itil-Prozessumsetzung. Natürlich stehen auch harte Themen wie Linux, Server-Virtualisierung, sendefähige Videodaten über WAN oder IP-Telefonie-Sicherheit auf dem Programm. „ Die Schulungen folgen der Technik, die wir im Haus einsetzen.“

Oberstes Ziel bleibe es aber, eine Technologie zu erreichen, die optimal an die Geschäftsprozesse angepasst ist. Wer die Anwendungen entwickelt und betreut, ist bei Pro Sieben Sat 1 in der Regel eine Kostenfrage. Alle neun Monate werden in Benchmarks die IT-Leistungen überprüft. Stellt sich heraus, dass ein Sourcing-Modell die Kosten senken und die Qualität erhöhen würde, würde dieses Sourcing umgesetzt. Auch beim Thema Offshore ist der Fernsehsender schon seit 2001 aktiv. Er ist an einem Unternehmen in Weißrussland beteiligt, wo 30 Entwickler für ihn arbeiten.

Erich Pfeifer: Erst die Schulung, dann der Praxistest

Für Erich Pfeifer, Rheinland Versicherungen, gehört Medienkompetenz zum Handwerkszeug eines IT-Profis.

Die Förderung des eigenen Nachwuchses gehört für Erich Pfeifer zu den wichtigsten Personalthemen in diesem Jahr. Da die Rheinland Versicherungen von ihren IT-Experten auch Versicherungs- und kaufmännisches Fachwissen erwarten, fahren sie bei der Ausbildung zweigleisig. Die Lehrzeit dauert zwar zwei mal zwei Jahre, in denen die Auszubildenden aber zwei Berufe - Versicherungskaufmann und Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung oder Systemintegration - erlernen. "Danach sind sie sehr schnell einsetzbar", sagt Pfeifer.

Für die übrigen IT-Mitarbeiter stehen in diesem Jahr neben Produkt- und herstellerspezifischen Softwareschulungen auch Kurse zum Thema Qualitätssicherung und Testing auf dem Programm, nachdem 2005 ein zentrales Test-Management aufgebaut worden war. Laut Pfeifer müssen sich die IT-Experten nicht nur in heterogenen Systemlandschaften, sondern auch rhetorisch sicher bewegen können: "Die Medienkompetenz, etwa das Erstellen eines Powerpoint-Vortrags, gehört heute auch zum Handwerkszeug eines IT-Mitarbeiters. Wir benötigen kommunikative Profis, die auch als Techniker komplexe technische Sachverhalte verständlich erklären können. Schulungen in Moderation und Präsentation oder Mitarbeiterführung sind bei den Führungskräften wichtig, aber ohne Praxistest sinnlos." Darum schickt der IT-Chef den betreffenden Mitarbeiter erst in den Rhetorikkurs und lädt ihn danach zum Vortrag in den Führungskreis oder zu Fachmeetings ein.

Anreize zum persönlichen Einsatz sollen auch die erfolgsabhängigen Vergütungsbestandteile schaffen: Bei Mitarbeitern hängen bis zu zehn Prozent des Gehalts vom Unternehmens- und insbesondere vom Projekterfolg ab, bei Führungskräften sind es bis zu 20 Prozent. Die variablen Gehälter dienen bei der Rheinland Versicherung aber nicht dazu, fixe Personalkosten zu reduzieren, sondern sie sollen die Projektziele fokussieren, sagt Pfeifer. Auch Outsourcing ist für den IT-Chef zurzeit nur ein Randthema, etwa beim Hosting der Web-Auftritte oder der dezentralen Druckerperipherien.

Bodo Deutschmann: Kleine Truppe braucht breites Wissen

Bodo Deutschmann, Kögelfahrzeugwerke, fordert breit einsetzbare IT-Profis.

Auch beim Automobilzulieferer mit Sitz im schwäbischen Burtenbach gilt noch die Devise, dass alles selbst entwickelt wird und diese Anwendungen selbst gepflegt und betreut werden. Mit 14 Mitarbeitern steht IT-Leiter Bodo Deutschmann aber nur eine verhältnismäßig kleine Mannschaft zur Verfügung, die dafür umso breiter aufgestellt sein muss: „Jeder muss flexibel einsetzbar sein. Es ist nicht mehr möglich, dass sich ein Mitarbeiter nur auf ein System konzentriert.“ Von seinen IT-Experten verlangt Deutschmann darum Wissen über die Betriebssysteme Unix, Linux und Microsoft sowie um die IT-Sicherheit. In diesem Jahr stehen vor allem Schulungen zu Oracle-Datenbanken und Citrix-Software auf dem Programm.

Die Hälfte von Deutschmanns Mitarbeitern betreibt das Rechenzentrum, betreut die Anwender und entwickelt die Anpassungen. Letztere vergibt Deutschmann teilweise an Partner oder holt sich Anpassungsprogrammierer der Lieferanten temoprär ins Haus. „So können wir schnell und effektiv auch ohne Feinspezifikationen Projekte umsetzen“, sagt der IT-Leiter. Darüber hinaus sind aber Outsourcing oder Offshore-Programmierung für ihn kein Thema.

Martin Urban: Abschied von Windows erfordert Umdenken

Martin Urban, Berliner Stadtreinigung, will seine Mannschaft auf den Umstieg auf Open Source vorbereiten.

Mit einem stabilen Budget kann auch Martin Urban, IT-Leiter der Berliner Stadtreinigungsbetriebe, die Weiterbildung seiner Mitarbeiter in diesem Jahr planen. Wie schon 2005 können seine 36 IT-Experten mit durchschnittlich zehn externen Schulungstagen rechnen. Neben Seminaren zu Kommunikation und Teamverhalten stehen auch in diesem Jahr wieder technische Kurse an, um das Wissen über neue Softwareversionen oder Produkte auf dem aktuellen Stand zu halten.

Inhaltlich ergeben sich laut Urban zwei neue Schwerpunkte: „ Im SAP-Bereich orientieren wir uns langsam in Richtung SOA. Im Desktop-Bereich müssen wir, da wir uns schon seit 2002 keine neuen Windows-Lizenzen mehr leisten können, mit einer breiten Palette an Massnahmen die Qualifikation erarbeiten, um auf Open-Source-Produkte überzugehen.“

Sparen durch das Auslagern von IT-Services kommt für Urban nur für bestimmte Bereiche wie Programmierung oder Druckdienstleistungen in Frage: „Den Helpdesk betreiben wir zum Beispiel selbst, weil er der erste wichtige Eingangskanal ist und diese Dienstleistungen die Visitenkarte der IT-Abteilung darstellen.“