Big Data

Wie Analytics die Welt übernehmen

27.04.2015 von Katherine Noyes und Dietmar Müller
Neue Werkzeuge versprechen Anwender im Business mit immer mehr Informationen auszurüsten, aber es gibt einige Fallstricke.
  • Einfach zu bedienende Analytics-Werkzeuge werden immer gebräuchlicher und legen Business-Intelligence-Fähigkeiten in immer mehr Hände.
  • Werden die richtigen Bereiche damit adressiert, nehmen die Tools den Druck von den IT-Experten, damit diese sich wieder auf "ureigene" Aufgaben konzentrieren können.
  • Out-of-the-Box-Lösungen werden sich eher nicht durchsetzen, automatisierte High-Level-Analytics sind aber dennoch gerade für Konzerne auch künftig ein Megaseller.

Es ist jetzt fast vier Jahre her, dass der Investor und Unternehmer Marc Andreessen verkündete, dass Software "die Welt übernehmen wird", die Belege dafür seien evident. Die digitale Transformation wirke sich in Unternehmen und Branchen gleichermaßen aus, egal ob es um Landwirtschaft, Werbung oder Finanzdienstleistungen gehe.

Data Analytics erobern die (IT-)Welt.
Foto: scandinaviastock - Fotolia.com

Nun macht sich ein ähnlicher Trend auf, Business Software "zu übernehmen" - um die Phrase aufzunehmen. In den vergangenen Wochen haben SAP, Salesforce.com, Tibco Systems und Oracle neue Analytics-Tools angekündigt, vergangenes Monat hat IBM noch dazu erklärt, vier Milliarden Dollar unter anderem in die Entwicklung von Business Intelligence (BI) zu stecken. Die Liste der Namen könnte noch weiter fortgeführt werden.

BI-Werkzeuge für jedermann

Einfach zu bedienende Analytics-Werkzeuge werden immer gebräuchlicher und legen Business-Intelligence-Fähigkeiten in immer mehr Hände. "In der Vergangenheit wurde Analytics nur von wenigen Auserwählten genutzt, um smarte Business-Entscheidungen zu treffen", so Brad Peters, Mitbegründer, Chairman und Chief Product Officer von Birst, einem Anbieter von BI aus der Cloud, der gerade 65 Millionen Dollar an weiterem Starkapital gesammelt hat.

Aktuell erkennen Unternehmen, dass sie nun die Chance haben, immer mehr Daten und Werkzeuge für deren Analyse an Mitarbeiter auszugeben. Damit demokratisieren sie die Macht über die Daten und fällen dadurch mehr und bessere Entscheidungen, so Peters.

Als Folge werden Data Scientists noch rarer und die Nachfrage danach noch größer, auch der Gruppendruck in Organisationen nimmt zu, meint Kirk Borne, Informatiker und Professor an der George Mason University.

10 Dinge, die Sie über Big Data wissen sollten
Big Data
Unternehmen sollten sich im Klaren sein, welche Daten sie erfassen und welche Ergebnisse sie erzielen wollen. Für Big Data sollten möglichst viele bis alle Daten erfasst werden können. Im Gegensatz zu BI-Lösungen sollten sich Verantwortliche nicht in Nebensächlichkeiten verstricken, sondern immer das große Ganze sehen.
Big Data
Der Branchenverband BITKOM bietet eine kostenlose PDF-Datei, die als Leitfaden für Big Data-Projekte verwendet werden kann.
Big Data
Mit Hadoop und HDInsight in Microsoft Azure können Sie Big Data auch in der Microsoft Cloud betreiben.
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Um sich mit Hadoop und Big Data zu beschäftigen, ist HDInsight der schnellste Weg. Microsoft stellt für Entwickler eine Offline-Testumgebung für HDInsight zur Verfügung.
Big Data
Um Big Data-Lösungen zu nutzen, benötigen Sie in den meisten Fällen eine NoSQL-Datenbank, zusätzlich zu vorhandenen Datenbanken, beispielsweise MongoDB.
Big Data
Wer sich etwas mit Big Data bereits auseinandergesetzt hat und Lösungen in diesem Bereich einsetzt, kann die Umgebung mit weiteren Möglichkeiten erweitern. Auch hier steht eine Vielzahl an Opensource-Pridukten zur Verfügung, zum Beispiel Apache Giraph.
Big Data
Microsoft noch das kostenlose ebook „Introducing Microsoft Azure HDInsight“ zur Verfügung. Diese bietet einen idealen Einstieg in die Möglichkeiten von Big Data, HDInsight und Hadoop, auch für andere Plattformen.
Big Data
HBase kann als Datenbank für Big Data-Lösungen genutzt werden. Diese Technologie baut auf Google Big Table auf und kann sehr große Datenmengen speichern.
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Die meisten Unternehmen nutzen für die Verarbeitung von Big Data vor allem Hadoop-Distributionen oder Cloud-Lösungen. Die meisten Tools und Distributionen gehören zum Apache Projekt. Apache Mahout erlaubt eine bessere Verwaltung der Daten in Hadoop.
Big Data
Cloudlösungen bei Microsoft Azure, Google Cloud Platform oder Amazon Web Services, werden oft nach Datenvolumen berechnet und Berechnungsdauer. Entwickler sollten in die Abfragen und die Big Data-Anwendungen daher auch das Herunterfahren und Ausschalten von Big Data-Umgebungen einbeziehen.

Unterm Strich findet sich heute Analytics in allen Bereichen der Business-Software. Bleibt die Frage, ob das auch wirklich eine gute Sache ist. "Wenn man die Daten in die Hände derer legt, die damit auch umgehen können, dann kann sich die IT auf ihre ureigenen Aufgaben wie Data Governance, Security und Infrastruktur, Datensammlung, Wartung und Support konzentrieren, statt ständig irgendwelche Reports zu generieren", sagt Francois Ajenstat, Vice President of Product Management bei Tableau Software. "Die besten Einsichten gewinnt man durch von den Mitarbeitern erstellte Dashboards auf Basis einer gepflegten Infrastruktur."

Gefährlich in den falschen Händen

Auf der anderen Hand sind diese Werkzeuge oftmals mit sehr vielen komplizierten Funktionen ausgestattet, von denen nicht sicher ist, ob sie auch von den Anwendern korrekt angewendet werden. "Ich mache mir echte Sorgen, ob die richtigen Tools in den falschen Händen nicht zu ernsthaften Schwierigkeiten führen können", so Borne. "Bestenfalls führt das zu unverständlichen Ergebnissen, schlechtestenfalls zu absolut falschen Resultaten." Beispielsweise kann die Unkenntnis darüber, welche Ergebnisse welche Datenformate und -transformationen bedingen, zu verplemperter Zeit und sinnlosem Bemühen führen.

Peters von Birst betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung von Fortbildungen und Vorgaben durch das Unternehmen, um wirklich Wertvolles aus den Werkzeugen herauszuholen. Auch Ajenstat von Tableau ist überzeugt: "Es kann immer mal sein, dass jemand auf Basis falscher Daten falsche Geschäftsentscheidungen trifft."

Analytics-Tools für Web, Mobile und Social
15 Analytics-Tools für Web, Mobile und Social im Überblick
Moderne Analytics-Tools aus der Cloud versetzen Unternehmen in die Lage, ihre Kundschaft besser verstehen und ihre Marketing-Initiativen effizienter planen und auswerten zu können. Im Folgenden eine Vorstellung professioneller Alternativen für die Analyse von Web-Auftritten, mobilen Apps und Social-Media-Profilen.
Mixpanel
Mixpanel ist ein anspruchsvolles Analytics-Tool für Web- und Mobile-Apps. Davon können Softwarehersteller und Webseitenbetreiber profitieren, die ihre Nutzer besser verstehen möchten.
Intercom
Eine weniger bekannte, aber vielversprechende Alternative zu Mixpanel ist Intercom. Der ebenfalls aus San Francisco stammende SaaS-Dienst adressiert Softwareanbieter, die nicht nur wissen, wer ihre User sind und wie sie ihre Produkte nutzen, sondern auch mit ihnen in Kontakt treten möchten.
Kissmetrics
Während sich Google Analytics auf Seitenabrufe, Besucherzahlen und ähnliche Statistiken fokussiert, zeigt Kissmetrics, welche Personen hinter den Klicks stehen. Der Clou: Durch ausgefeilte "User Tracking"-Methoden ist der 2008 in Kalifornien lancierte Service in der Lage, die Aktivitäten der Seitenbesucher über verschiedene Online-Kanäle zu erfassen.
Woopra
n direkter Konkurrenz zu Kissmetrics steht Woopra. So fokussiert sich diese speziell auf die Bedürfnisse von Sales- und Marketing-Teams ausgerichtete Lösung ebenfalls auf persönliche Kundenprofile.
GoSquared
Professionelle Analytics-Tools müssen nicht unbedingt aus den USA stammen. Als Beweis dafür dient der in England beheimatete Softwareanbieter GoSquared. Seine gleichnamige Analytics-Plattform richtet sich in erster Linie an E-Commerce-Anbieter und punktet mit professionellen Features im Bereich Social, Echtzeit-Statistiken und Trends.
Chartbeat
Mit Chartbeat präsentiert sich ein nützliches Tool, das sich auf die Analyse von Echtzeitdaten fokussiert. Was geschieht in diesem Moment auf meiner Website? Wie viele Besucher sind gerade auf dieser oder jener Seite aktiv? Aus welchen Ländern kommen sie?
App Annie
App-Anbieter, die den Erfolg ihrer mobilen Apps professionell messen möchten, finden in App Annie einen Analytics-Service, der ausführliche App Store-Statistiken liefert.
Flurry Analytics
Flurry Analytics ist so etwas wie Google Analytics, aber speziell für App-Anbieter. So dient der Dienst aus Kalifornien auch der effizienten Datenverkehrsanalyse, nur nicht von Websites, sondern von Mobile-Apps.
Apsalar
Eine nennenswerte Alternative zu Flurry Analytics, die ebenfalls in San Francisco entwickelt wird und mit iOS und Android kompatibel ist, ist Apsalar. In diesem Fall muss der Anwender ebenfalls ein SDK (Software Development Kit) in seine App einbauen, das für die automatische Erfassung der Nutzerdaten sorgt.
App Figures
App-Entwickler wollen nicht nur wissen, wie die eigene App bei den Nutzern ankommt und wie sie in der Praxis verwendet wird, sondern auch wie sie im Vergleich zur Konkurrenz steht.
Mopapp
App-Anbieter, die an Tools wie Apsalar und App Figures interessiert sind, aber nicht nur die iOS- und Android-Stores auswerten möchten, sind bei Mopapp genau an der richtigen Adresse.
AppTrace
Mit AppTrace bietet das Berliner Softwarehaus Adjust einen weiteren Online-Dienst, der ebenfalls viele interessante Store-Statistiken bereitstellt und kostenlos ist. Wie der Anbieter erklärt, werden dabei öffentliche Daten aus 155 Ländern ausgewertet.
SocialBench
SocialBench ist ein anspruchsvolles Social-Marketing-Tool, das Community-Management und zahlreiche analytische Werkzeuge auf einen gemeinsamen Nenner bringt.
Sprout Social
Eine gute Alternative zu SocialBench bietet sich mit Sprout Social an. 2010 in Chicago gegründet dient der Cloud-Service ebenfalls als ein ganzheitliches Social-Media-Management-Dashboard, die über zahlreiche Analytics- und Monitoring-Funktionen verfügt.
Quintly
Der Online-Dienst Quintly ermöglicht die effektive Analyse und Steuerung der eigenen Unternehmenspräsenz in den wichtigsten sozialen Netzwerken. Die in Köln entwickelte Lösung unterstützt Facebook, Twitter, Youtube, Google+, LinkedIn und Instagram.

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass "Out-of-the-box"-Analytics von untrainierten Anwendern regelkonform und erfolgreich eingesetzt wird, so Borne. "Ich denke, dass eine Person ohne Informatikstudium, aber mit einem gewissen Verständnis für Daten und deren Strukturen mit diesen Werkzeugen zu Recht kommen könnte, allerdings sicher nicht ohne irgendeine Ausbildung."

High-Level-Analytics

Der Trend hin zu Analytics wird aber vermutlich anhalten, zumal sich Analytics-APIs und vorgefertigte Toolkits an Startups, Firmen der Industrie 4.0 und anderen innovativen Organisationen verkaufen wie geschnittenes Brot, so Borne. Auch Konzerne statten sich gerne mit solcher Software aus, die oft billiger kommt, als selbstgestrickte Inhouse-Lösungen." Tatsache sei, dass sich Großunternehmen mit immer mehr automatisierten High-Level-Analytics ausstatten, die von immer weniger Mitarbeitern bedient werden muss.

Gregory Piatetsky-Shapiro, President und Redakteur des Analytics-Portals KDnuggets.com, sieht das ähnlich. Automatisierte und eingebettete Analytics-Tools werden sich seiner Meinung nach immer mehr durchsetzen, wahrscheinlich gefolgt von einer Welle der künstlichen Intelligenz und selbstlernender Maschinen. Als Folge wird sich der Mensch immer weiter zurückziehen müssen, Piatetsky-Shapiro sieht einige Berufsgruppen in unmittelbarer Gefahr, darunter Anwälte, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Vermarkter und Finanzberater.

Auch Journalisten stehen auf seiner Liste. (sh)

Dieser Beitrag erschien ursprünglich bei unsere US-Schwesterpublikation PCWorld und wurde ins Deutsche übersetzt.