Wer bekommt den Zuschlag für Triaton?

15.10.2003 von Joachim Hackmann
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der Verkauf des zum Thyssenkrupp-Konzern gehörenden IT-Dienstleisters Triaton läuft auf vollen Touren. Vermutlich wird die gesamte Transaktion noch im Lauf dieses Jahres abgeschlossen.
Das Thyssenkrupp-Management treibt den Konzernumbau voran. Dazu trennt sich das Unternehmen von seinen Randaktivitäten, zu denen auch der IT-Dienstleister Triaton zählt. Foto: Thyssenkrupp

Die erste Phase der Triaton-Ausschreibung endete bereits am 20. Oktober. Spätestens bis dann mussten die Interessenten ihre indikativen Angebote bei dem von Thyssenkrupp beauftragten Investment-Haus Lazard & Co GmbH aus Frankfurt am Main abgeben.

"Ich gehe davon aus, dass an der ersten Runde alle bekannten Outsourcer teilnahmen", vermutet Ludwig Schmucker, Geschäftsführer von Berenberg Consult, Hamburg. Er hatte Ende letzten Jahres die Rheinmetall AG federführend bei dem Verkauf der Rheinmetall Informationssysteme GmbH an die IBM Deutschland begleitet. Der Teilnahme an einer Ausschreibung der Größenordnung von Triaton werde sich zunächst niemand entziehen - schon wegen des Lerneffekts.

Schnelle Abwicklung erwünscht

Basierend auf dem Mitte September an alle in Frage kommenden Bieter verschickten Information Memorandum, das die wichtigsten Daten des Kaufobjekts enthält, müssen die Interessenten schon einen ungefähren Preis nennen, zu dem sie Triatons Drittgeschäft übernehmen und den damit verbundenen Outsourcing-Vertrag von Thyssenkrupp erhalten. Außerdem sollte das Angebot bereits erste Angaben über Integrationszeitraum, Geschäftsplan und die vorgesehenen Leistungen enthalten.

Fraglich ist, wie viel Zeit den Käufern für taktische Spielereien bleibt, denn Thyssenkrupp wird den Verkaufsprozess möglichst kurz gestalten wollen, um die im Mai dieses Jahres beschlossene Neuausrichtung des Konzern voranzutreiben. Das dafür erforderliche Geld soll mit dem Verkauf von Randaktivitäten wie der IT-Dienstleistungssparte eingespielt werden. Schon bei der kürzlichen Veräußerung des Garagentorherstellers Novoferm zeigte die Konzernspitze Entschlossenheit zur schnellen Abwicklung. Ähnliches ist für Triaton zu erwarten. Der Verkauf der IT-Tochter, die im vergangenen Jahr rund 360 Millionen Euro einnahm, dürfte den Düsseldorfern einige 100 Millionen Euro einbringen. Insider erwarten einen Verkaufspreis von rund 250 Millionen Euro.

Entscheidung vermutlich noch in diesem Jahr

Alles läuft also darauf hinaus, dass Thyssenkrupp und die Investmentbank Lazard nur einen zweistufigen Verkaufsprozess anstreben; eine endgültige Entscheidung könnte noch in diesem Jahr fallen. Der Zeitplan sähe dann folgendermaßen aus: Nach Abgabe der ersten Angebote folgt eine knapp zwei Wochen währenden Phase, in der die eingegangenen Unterlagen ausgewertet werden. Danach laden die Entscheider vermutlich drei (maximal fünf) IT-Dienstleistern zu Vertragsverhandlungen ein. Parallel zu diesen Gesprächen, also etwa Anfang bis Mitte November, dürften sich die Kandidaten im Rahmen der Due Diligence intensiv mit Triaton beschäftigen.

Ende November beziehungsweise Anfang Dezember sollten die Interessenten die Verträge von Triaton mit Drittkunden sowie die zu übernehmenden Aktiva und Mitarbeiter so weit einschätzen können, dass sie ein verbindliches Angebot abzugeben vermögen. Den Zuschlag an einen Investor bis Ende Dezember halten Branchenexperten für sportlich, aber machbar. Realistisch ist dieser Zeitrahmen auch deshalb, weil Triaton als etablierter Dienstleister gilt, der mit seinen Kunden marktübliche Verträge, eindeutige Schnittstellen sowie klare Service-Level-Agreements vereinbart hat. Die in den Abkommen verborgenen Überraschungen und Unwägbarkeiten sollten sich in Grenzen halten.

Der Kreis der potenziellen Käufer ist eng begrenzt. Ausschließen lassen sich wohl indische Softwarehäuser, denn das Topmanagement des Industriekonzerns wird kaum die Vorreiterrolle einnehmen und das Rechenzentrum an einen Offshore-Anbeiter auslagern. "Thyssenkrupp hat ein natürliches Interesse daran, einen zuverlässigen Partner zu finden", erläutert Schmucker. "Daher glaube ich nicht, dass ein als branchenfremd einzustufender Private-Equity-Fonds zum Zuge kommt. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Triaton an einen strategischen Dienstleister gehen, also an einen Anbieter wie IBM, EDS, CSC, T-Systems, Siemens Business Services, Cap Gemini oder Atos Origin."

Eigentlich interessant ist für diese Servicespezialisten der Outsourcing-Vertrag mit dem Konzern. "Gemessen am zuletzt erzielten Umsatz wird die Verkaufssumme nicht berauschend sein", vermutet Schmucker. "Die Verträge mit den externen Kunden werden mit keinem so hohen Multiplikator versehen wie das Outsourcing-Abkommen mit Thyssenkrupp." Deshalb gilt es auch als wahrscheinlich, dass der Triaton-Verkauf gleich mit einer Verlängerung des laufenden Outsourcing-Vertrags mit Thyssenkrupp einhergeht.

Außerdem dürften die Verhandlungsführer auf Seiten der Verkäufer den Interessenten in Aussicht stellen, nach und nach das Geschäft mit dem Konzern auszuweiten, da Triaton derzeit nicht sämtliche IT-Leistungen für den Mutterkonzern erbringt. Insbesondere in den USA, wo der Dienstleister nicht präsent ist, könnten sich für den neuen Partner Möglichkeiten ergeben, konzernfremde IT-Dienstleister abzulösen.

Das Thyssenkrupp-Management könnte sich ferner zunutze machen, dass zurzeit einige neue Outsourcer in Deutschland ihre Ambitionen unter Beweis stellen möchten. Cap Gemini Ernst & Young und CSC streben hier schon seit längerem Wachtsum an. "Für uns wäre ein großer Abschluss in Deutschland hilfreich, um die kritische Masse zu erreichen", schilderte Frank Wilden, Business Development Executive bei CSC. Auch Herausforderer HP zeigt sich kämpferisch. "Wir interessieren uns stark für große Outsourcing-Abkommen", kündigte kürzlich Jens Bohlen an, Direktor HP Managed Services in Deutschland.

Für Thyssenkrupp wird es also darum gehen, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis zu erzielen, und gleichzeitig einen zufriedenen und zuverlässigen Partner zu gewinnnen. Anders als beim Novoferm-Verkauf wird der Industriekonzern eine dauerhafte Beziehung zum Triaton-Käufer unterhalten müssen. "Wenn schon zum Start der Beziehung der Partner über sein Limit getrieben wird, dürfte er sich den hohen Kaufpreis im Lauf der langjährigen Partnerschaft in irgendeiner Form wiederholen", nennt Berenberg-Manager Schmucker die Gefahren eines rücksichtslosen Vertragspokers.