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Wer baut die effizientesten Rack-Server?

27.05.2009 von Christian Vilsbeck
Anwender müssen beim Server-Kauf neben der Performance zunehmend auch auf die Energiekosten achten. Auf Basis eines neuen Benchmarks hat die COMPUTERWOCHE-Schwesterpublikation Tecchannel Rack-Server in Sachen Energieeffizienz unter die Lupe genommen.

Die Betreiber von Rechenzentren werden in Zukunft verstärkt auf die Energieeffizienz ihrer Systeme achten müssen. Die Analysten von Gartner gehen davon aus, dass schon in wenigen Jahren die Energiekosten eines Servers dessen Anschaffungskosten übersteigen werden. Grund genug für die IT-Verantwortlichen, die ihre Bugdets mit spitzem Bleistift kalkulieren müssen, verstärkt auch den Stromverbrauch der in Frage kommenden Rechner in ihre Überlegungen mit einzubeziehen.

Neben Umweltaspekten zählen für die CIOs dabei vor allem die finanziellen und technischen Fakten. Zunächst geht es darum, dass die Systeme genug Performance mitbringen, um die anfallende Rechenlast zuverlässig und schnell zu erledigen. Darüber soll der dafür notwendige Aufwand so gering als möglich gehalten werden. Nur wer seinem Finanzvorstand hieb- und stichfest belegen kann, dass sich Investitionen in neue Server-Technik unter dem Strich rechnen, wird die erforderlichen Budgets auch bewilligt bekommen.

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Die Hersteller stellen sich mehr und mehr auf die veränderten Anforderungen der Anwender ein. Prozessorenhersteller wie AMD und Intel rücken anlässlich von Produktvorstellungen neben der Leistung auch verstärkt den Energieaspekt in den Vordergrund. Die Server-Hersteller argumentieren ebenfalls mit den Energiekosten und locken Kunden mit dem Versprechen, die eigenen Rechner würden immer weniger Strom benötigen und sich damit innerhalb kürzester Zeit bezahlt machen.

Für die Anwender ist es allerdings nicht einfach, zwischen teilweise wirren Energiekosten-Berechnungen und vollmundigen Marketing-Versprechen die Wahrheit zu finden. Geht es um einzelne Komponenten wie beispielsweise CPU lässt sich der Energiebedarf noch einigermaßen klar kalkulieren und vergleichen. Bei Servern, die aus einer Vielzahl von Komponenten bestehen, die möglichst genau aufeinander abgestimmt sein sollten, wird es dagegen schon schwieriger. Ein neuer Benchmark für Energieeffizienz soll dabei für mehr Transparenz sorgen. Der Tecchannel hat 20 aktuelle Rack-Server-Modelle mit Intel-Xeon- und AMD-Opteron-CPUs anhand dieses Maßstabs genauer unter die Lupe genommen.

Zwei-Sockel-Systeme sind die Favoriten

Geht es um einen neuen Server, so liegen derzeit vor allem die Zwei-Sockel-Modelle im Trend. Laut IDC sind 70 Prozent aller x86-basierten Server mit zwei Prozessoren ausgestattet. Geht es in diesem Segment rein um Performance, so lässt sich die Suche schnell eingrenzen: Intels Xeon-5500-Serie stellt aktuell das Maß der Dinge dar. Doch gehen die auf dem Markt erhältlichen Xeon-5500-Server auch sparsam mit der Energie um? Oder sollten Server mit dem für seine Energieeffizienz bekannten AMD Opteron doch besser mit ins Kalkül gezogen werden?

Besitzt ein Server mit Intel- oder AMD-Prozessoren möglichst identische Komponenten, so lässt sich die Frage, welche Plattform die beste Energieeffizienz bietet, schnell anhand der gewählten CPUs beantworten. Intel hat mit seiner neuen Plattform "Xeon X5570 Nehalem-EP" unter diesem Aspekt eindeutig die Nase vorn. Neben der stärkeren Performance bietet die Nehalem-Plattform auch eine bessere Energieeffizienz, die die eigenen Xeon-Vorgänger und auch die konkurrierende Opteron-Plattform von AMD zum Teil deutlich übertrifft.

Es kommt nicht nur auf die CPU an

Wer beim Server-Kauf sein Augenmerk jedoch nur auf die CPU richtet, handelt kurzsichtig. In der Praxis wird es bei den angebotenen Servern von Dell, HP, IBM, Sun und Konsorten schon schwieriger, denn die Systeme diversifizieren und positionieren sich gerade durch unterschiedliche Komponenten. Rückschlüsse auf die Energieeffizienz des Servers nur anhand der verbauten CPUs zu ziehen ist deshalb schwierig.

Doch es gibt Abhilfe: Das herstellerunabhängige Benchmark-Konsortium SPEC stellt seit Anfang 2008 mit dem "SPECpower_ssj2008" den ersten Industrie-Standardtest für die Evaluierung der Performance- und Energiecharakteristika von Standard-Servern zur Verfügung. Die bekannten Server-Hersteller veröffentlichen auf SPEC für ihre Systeme die Energieeffizienz anhand des neuen SPECpower-Benchmarks. Dabei achten die Hersteller verständlicherweise darauf, die bestmöglichen Resultate zu erreichen - mehr Energieeffizienz als hier angegeben ist nicht drin!

Standardisierter Benchmark für Energieeffizienz

SPECpower_ssj2008 wurde vom Benchmark-Konsortium SPEC gemeinsam mit AMD, Dell, Fujitsu-Siemens (dem heutigen FTS), Hewlett-Packard, Intel und Sun entwickelt. SPECpower_ssj2008 simuliert Lastzustände von 0 bis 100 Prozent in Zehn-Prozent-Schritten. Dabei ermittelt der Benchmark sowohl die Performance als auch den dazugehörigen Energieverbrauch des Systems.

Der Benchmark kontrolliert über einen Controller-PC den Java-Workload auf dem Testsystem (SUT = System Under Test). Der Workload lastet das System von 0 bis 100 Prozent stufenweise aus.

SPECpower_ssj2008 basiert auf dem Java-Server-Benchmark "SPECjbb2005" von SPEC. Somit wird der Workload des Energieeffizienztests über eine typische Client-Server-Anwendung emuliert. Die Server-Leistung mit Java ermittelt der Benchmark über XML-Processing sowie aufwändige Dezimalberechnungen. SPECpower_ssj2008 unterstützt Multithreading und skaliert sehr gut mit der Anzahl der Prozessoren in einem Server. Für die Bewertung der Performance zieht SPECpower_ssj2008 neben den CPUs und deren Caches auch die Speicherhierarchie und das Bus-System zwischen den Prozessoren heran. Die Leistungsfähigkeit des Storage-Subsystems fließt in den Performance-Wert des Benchmarks dagegen nicht mit ein.

Entscheidend für die erreichbare Leistung mit SPECpower_ssj2008 ist die Wahl der installierten Java-Virtual-Machine (JVM). Hier liegt auch der Nachteil des SPEC-Benchmarks. Die am weitesten verbreitete JVM stammt zwar von Sun, sie wird aber bei SPECpower_ssj2008 kaum verwendet. Stattdessen basieren fast alle bei der SPEC gemeldeten SPECpower_ssj2008-Ergebnisse auf der JVM "JRockit" von Bea. JRockit zeichnet sich bei diesem Benchmark durch teilweise zehnmal höhere Java-Performance aus. Die Bea-JVM lässt sich zudem durch eine Vielzahl von Parametern tunen. Erlaubt ist dabei alles, solange es dokumentiert ist.

Als Ergebnis gibt SPECpower_ssj2008 eine lastabhängige Performance/Watt-Kurve aus. Für jeden Lastzustand (Zehn-Prozent-Schritte) gibt es die "ssj_ops" als Leistungs-Angabe sowie den zugehörigen Energieverbrauch des Systems. Zusätzlich generiert SPECpower_ssj2008 einen gemittelten Gesamtwert, mit dem die Energieeffizienz eines Systems zum Ausdruck gebracht werden soll.

Energieeffizienz = Performance/Watt

Die Server mit Intels Xeon-5500-Serie sind mit Abstand die effizientesten Modelle. Die darauf folgenden Zwei-Sockel-Systeme mit AMDs 45-Nanometer-Opterons oder Intels Xeon-5400-CPUs agieren dagegen ähnlich effizient.

Der Gesamtwert von SPECpower_ssj2008 steht für die Energieeffizienz des Systems. Damit gibt der Benchmark die gemittelte Rechenleistung pro Watt an, die über alle Lastzustände von 10 bis 100 Prozent gemessen wird. Die CPU-Energiesparoptionen "SpeedStep" (Intel) und "PowerNow!" (AMD) zum dynamischen Regeln von Taktfrequenz und Core-Spannung je nach CPU-Auslastung sind bei den SPECpower-Benchmarks aktiv.

Alle aufgeführten Server sind auf einen geringen Energieverbrauch ausgerichtet und verfügen über die Grundausstattung. Entsprechend sind die Rechner nicht mit Vollbestückung bezüglich Arbeitsspeicher, Festplatten und einem optionalen zweiten Netzteil ausgerüstet.

Interessant ist der Vergleich der zwei im Spitzenfeld liegenden Hewlett-Packard-ProLiant-Modelle "DL380 G6" und "DL360 G6". Bei identischem 460-Watt-Netzteil, 8 GB DIMM-Bestückung und je einem 2,5-Zoll-Laufwerk zeigt sich der DL380 G6 mit dem Low-Voltage Xeon L5520 (2,26 Gigahertz, 60 Watt TDP) um 14 Prozent effizienter als der DL360 G6 mit dem Xeon X5570 (2,93 Gigahertz, 95 Watt TDP).

Welcher Sprung in der Effizienz durch eine neue CPU-Generation möglich ist, zeigen Dells "PowerEdge-2970"-Server. Bei identischer Ausstattung steigert der CPU-Wechsel von zwei "Opteron 2356" (65 Nanometer-Fertigung, 2,3 Gigahertz) auf zwei "Opteron 2382" (45 Nanometer-Fertigung, 2,6 Gigahertz) die Effizienz des Systems um 56 Prozent.

Apples "Xserve" schneidet aufgrund der gewählten Java-Engine von Sun vergleichsweise schlecht ab. Der Xserve benötigt auch deutlich mehr Energie als die Konkurrenten, und die Java-Performance ist um knapp 60 Prozent langsamer als bei einem Dell "PowerEdge R710" mit ebenfalls zwei "Xeon X5570". Durch diese zwei Faktoren landet der Apple-Server auf dem letzten Platz - trotz effizienter CPUs.

Maximale Java-Performance

Bei identischer Java-Engine von Oracle/Bea liegen die Server mit Xeon-5500-CPUs deutlich in Führung. IBMs System x3650 M2 setzt sich durch die noch etwas flinkere IBM J9 JVM innerhalb der Server mit Xeon X5570 an die Spitze.

SPECpower_ssj2008 ermittelt bei 100 Prozent Prozessorauslastung die maximale Java-Leistung des Systems. Die Java-Engine lässt sich frei wählen. Fast alle Server-Hersteller verwenden bei SPECpower_ssj2008 die Java-Engine JRockit von Oracle/Bea in der 64-Bit-Version. JRockit zeichnet sich durch seine hohe Java-Performance aus. Nur IBMs "J9 JVM" schafft Java-basierte Berechnungen noch etwas schneller. Chancenlos in der Performance ist die Java-Engine "HotSpot" von Sun. Durch die Multi-Thread-Fähigkeit der Java-Engines werden bei den Zwei-Sockel-Servern alle vorhandenen Kerne voll ausgenutzt.

Bei identischer Java-Engine von Oracle/Bea liegen die Server mit Xeon-5500-CPUs deutlich in Führung. IBMs System "x3650 M2" setzt sich durch die noch etwas flinkere IBM J9 JVM innerhalb der Server mit "Xeon X5570" an die Spitze. Wie sehr die Java-Performance von der gewählten Java-Engine abhängt, zeigt Apples Xserver mit "Xeon-X5570"-CPUs. Während alle Systeme mit den 2,93-Gigahertz-Nehalem-Xeons und Oracle/Bea/IBM-Java-Engine an der Spitze liegen, muss sich der Apple-Server durch die verwendete Java-Engine von Sun mit dem letzten Platz begnügen.

Minimaler Energieverbrauch

HPs ProLiant DL380 G6 mit dem LV Xeon L5520 gibt sich für einen Zwei-Sockel-Server mit 66 Watt im Leerlauf sehr genügsam. Selbst mit dem 2,93-Gigahertz-Top-Modell Xeon X5570 arbeiten die Server sparsamer als mit Xeon-5400- oder Opteron-CPUs. Aus der Reihe fällt Apples Xserve. Das System besitzt zwar ein 750-Watt-Netzteil und ist mit mehr DIMMs ausgestattet, den Mehrverbrauch rechtfertigt dies jedoch nicht.

SPECpower_ssj2008 führt neben den Lasttests zusätzlich Kalibrierungsmessungen über den Energieverbrauch im Leerlauf durch. Dabei wird der minimale Energiebedarf des Systems ermittelt. Die Prozessoren nutzen dabei ihre Power-Management-Features SpeedStep (Intel) und PowerNow! (AMD) aus.

HPs "ProLiant DL380 G6" mit dem "LV Xeon L5520" gibt sich für einen Zwei-Sockel-Server mit 66 Watt im Leerlauf sehr genügsam. Selbst mit dem 2,93-Gigahertz-Topmodell "Xeon X5570" arbeiten die Server sparsamer als mit "Xeon-5400"- oder Opteron-CPUs. Aus der Reihe fällt Apples Xserve. Das System besitzt zwar ein 750-Watt-Netzteil und ist mit mehr DIMMs ausgestattet, den Mehrverbrauch rechtfertigt dies jedoch nicht.

Maximaler Energieverbrauch

HPs ProLiant DL380 G6 mit den Low Voltage Xeon L5520 bleibt auch unter Volllast am genügsamsten. Allerdings geben sich jetzt alle Server mit Low-Voltage-CPUs (Xeon L54xx, Opteron 2376HE) sparsamer als mit den Xeon-X5570-Prozessoren. Dells PowerEdge 2970 zeigt das Einsparpotenzial, wenn alte gegen neue Opterons ausgetauscht werden (nur noch 257 statt 302 Watt).

SPECpower_ssj2008 ringt dem Testsystem im Lastzustand mit 100 Prozent den maximalen Energieverbrauch ab. Alle Kerne der Prozessoren sind dabei voll ausgelastet. Die aktiven JVMs fordern zusätzlich den Arbeitsspeicher der Systeme.

HPs ProLiant DL380 G6 mit den Low Voltage Xeon L5520 bleibt auch unter Volllast am genügsamsten. Allerdings geben sich jetzt alle Server mit Low-Voltage-CPUs (Xeon L54xx, Opteron 2376HE) sparsamer als Rechner mit den Xeon-X5570-Prozessoren. Dells "PowerEdge 2970" zeigt das Einsparpotenzial, wenn alte gegen neue Opterons ausgetauscht werden (nur noch 257 statt 302 Watt).

Alle Testdaten der Server

Das Benchmark-Konsortium SPEC verlangt bei jedem veröffentlichten Ergebnis von SPECpower_ssj2008 eine genaue Beschreibung des Testsystems und der Umgebung. Außerdem muss der getestete Server zum Veröffentlichungszeitpunkt auf dem Markt verfügbar sein.

Nachfolgend finden Sie die Testprotokolle der Zwei-Sockel-Rack-Server:

Fazit

Wer einen besonders effizienten Server sucht, kommt an Modellen mit Intels neuem Xeon-5500-Prozessor nicht vorbei. Die Kombination der konkurrenzlos hohen Performance bei moderatem Energiekonsum macht die Nehalem-basierten Xeons derzeit zur ersten Wahl bei Zwei-Sockel-Servern.

Steht nicht höchste Rechenleistung im Fokus, sondern ein möglichst geringer Energiebedarf, so empfiehlt sich ein Server wie HPs ProLiant DL380 G6 mit dem Low Power Xeon L5520. Mit den 60-Watt-CPUs (TDP) agiert der Server sowohl im Leerlauf als auch unter Volllast konkurrenzlos sparsam mit der Energie.

Die Überprüfung der Energieeffizienz macht bei fast allen Servern eines sehr deutlich: Höhere Taktfrequenzen sorgen nicht für eine entsprechend höhere Performance pro Watt. Wenn somit nicht das letzte Quäntchen Leistung benötigt wird, sollten zugunsten besserer Performance/Watt-Werte energiesparende Xeons oder Opterons zum Einsatz kommen.

Die höchste Performance pro Watt bieten die Server allerdings unter Volllast, wie die Ergebnisse von SPECpower_ssj2008 bei allen Modellen deutlich zeigen. Deshalb sollten schon aus Gründen der Energieeffizienzsteigerung unausgelastete Server durch parallel arbeitende virtuelle Maschinen mehr Arbeit bekommen.