Ratgeber Energieverbrauch

Weg mit den Stromfressern im PC!

27.04.2010 von Klaus Hauptfleisch
Netzteile, CPUs und Grafikkarten treiben den Stromverbrauch von Arbeitsplatz-PCs in die Höhe. Dabei gibt es längst sparsame Alternativen.

Green IT ist in aller Munde und bei vielen Hardware- und Softwarehersteller heute mehr als nur ein Versprechen. Großunternehmen fordern energiesparende Systeme, und auch viele private PC-Käufer achten mittlerweile auf den Stromverbrauch und die Umweltfreundlichkeit. Andererseits wartet die Industrie mit immer mehr neuen Gimmicks auf, wie zuletzt mit dem Hypethema 3D, das unter anderem erheblich mehr Prozessor- und Grafikleistung erfordert. In der klassischen Unternehmens-IT sind solche Features indes kaum gefragt. Im Gegenteil: IT-Verantwortliche werden sich hüten, ihre Mitarbeiter mit derlei Spielereien oder gar mit einem High-End-Gaming-PC zu "beglücken". Spezialanwendungen wie 3D-CAD/CAM oder Spieleentwicklung sind natürlich ausgenommen.

So wie mancher Privatnutzer selbst zum Schraubenzieher greift, um sich einen PC zusammenzuzimmern, lassen viele Unternehmen ihre Rechner heute nach dem Prinzip Built-to-Order (BTO) assemblieren. Beim Kauf von der Stange sind die Einflussmöglichkeiten auf die verbauten Komponenten natürlich begrenzt. Selbst die von Energy Star gemäß der neuen strengen 5.0-Richtlinien veröffentlichten umfangreichen Listen für Arbeitsplatzrechner und andere stromsparende Geräte geben abgesehen von den geforderten 80-Plus-Bronze-Netzteilen und den ungefähren Bezeichnungen der Prozessoren nur bedingt Aufschluss über die verbauten Komponenten (siehe auch: So finden das richtige Netzteil).

Stromfresser im PC und Alternativen
Asus HD 4350
Die Asus EAH 4350 Silent mit großen Heatpipes gehört zu den stromsparendsten Einstiegs-Grafikkarten.
Acer TimelineX 5820T
Acers TimelineX 5820T kann einen Intel-Core-i7-Prozessor mit 2,66 GHz aufnehmen. Die ersten Timeline-Modelle kamen nur mit 1,4-GHz-Prozessoren.
ATI Radeon HD 5970
Die ATI Radeon HD 5970 gilt in Gamer-Kreisen als eine der schnellsten Grakas, zeigt sich aber genügsamer als manche Vorgänger und Konkurrenzprodukte.
Elitegroup Motherboard 890GX
Elitegroup hat gerade neue Motherboards mit 890GX-Chipsatz (Onboard-Grafik) vorgestellt. Mit 6+1 Phasen nehmen sie CPUs mit einer TDP von 140 W auf, mit 3+1 Phasen ist bei TPD 125 W Schluss.
Intel Core i5
Die neuen Core-i-Prozessoren von Intel, hier als Core i5 aufgeschraubt, unterstützen kurzzeitiges Übertakten mit Turbo-Boost und die Core-Parking-Funktion, wodurch sich einzelne Kerne komplett ausschalten lassen.
AMD Athlon X2
Die Dual-Core-Prozessoren Athlon II X2 520U und 620u sollen nur gerade mal eine Verlustleistung von 25 W (TDP) haben.
80+ Netzteile für PCs
80+-Netzteile mit weniger als 300 W sind äußerst rar. Zumindest für 1U-IPX-Server hat Seasonic die bronze-zentrifizierte SS-250SU im Programm.

Stromverbrauch - Google hilft kaum weiter

Wer googelt ist schlauer, möchte man meinen. Aber wer nach stromsparenden oder energieeffizienten PC-Komponenten sucht, findet im Internet mehr Fragen (meist in Blogs) als wirklich brauchbare Antworten. Wir wollen etwas Licht ins Dickicht bringen und konzentrieren uns hier auf Office-Rechner und die größten Stromfresser im System. In erster Linie sind das ineffiziente (nicht 80+-zertifizierte) oder überdimensionierte Netzteile sowie Grafikkarten und Prozessoren. Kleinvieh macht zwar sprichwörtlich auch Mist, aber andere elektronische Bauteile können, wie im Folgenden gezeigt wird, eher vernachlässigt werden.

Angaben über die Leistungsaufnahme von aktuellen Komponenten eines Rechners sind schwer aufzustöbern, zumal ein Ende des Performance-Rennens nicht in Sicht ist. Älteren Listen zufolge schlagen Desktop-Prozessoren je nach Vergleich unter Volllast mit 27 Watt bis 100 Watt beziehungsweise 65 Watt bis 140 Watt zu Buche. Motherboards kommen auf Werte zwischen 20 und 60 Watt, DVD-Laufwerke auf 5 bis 30 Watt und 3,5-Zoll-Festplatten auf 10 bis 30 Watt. Speichermodule, Gehäuse- und Prozessorlüfter schlucken jeweils etwa 3 bis 5 Watt, Grafikarten dagegen 50 bis 100 Watt. Manche Werte sind im Laufe der Zeit gesunken, andere wie die für Highend-Grafikkarten zum Teil mächtig gestiegen.

Wie Energy Star auf einer Seite für Heimanwender schreibt, ließen sich mit neuen energieeffizienten Geräten (PC und Drucker) bei einem Strompreis von 0,15 Euro pro KWh 150 bis 200 Euro pro Jahr sparen. Bei einer kompletten Ausstattung inklusive DSL-Modem, Scanner und Kopierer würde der Stromverbrauch der Bürogeräte auf 600 kWh steigen, obwohl er auch bei 60 kWh liegen könnte. Komme ein Heimnetzwerk mit neuen oder älteren PCs hinzu, würde sich der Verbrauch noch einmal um 30 Prozent auf über 1000 kWh erhöhen. Das entspricht etwa einem Drittel des normalen Jahresverbrauchs eines Zweipersonenhaushalts!

Grafikkarten - hoher Stromverbrauch, viel Abwärme

Unternehmen mit Hunderten oder gar Tausenden von Arbeitsplatzrechnern sollten schon aus Gründen der Klimatisierung, die bis zu 20 Prozent des gesamten Energiebedarfs eines Bürogebäudes ausmachen kann, besonders darauf achten, welche Komponenten in PCs verbaut werden. Auf eine diskrete Grafikkarte sollten sie getrost verzichten, denn die erzeugt zusätzlich Wärme. AMD beispielsweise hat erst Anfang März die lange erwarteten 890GX-Chipsätze mit Onboard-Grafik auf den Markt gebracht. Mit 22 Watt sollen diese nur 4 Watt mehr verbrauchen als die Variante 890FX ohne eigene Grafikeinheit.

Die Asus EAH 4350 Silent mit großen Heatpipes gehört zu den stromsparendsten Einstiegs-Grafikkarten.
Foto: Asus

Grafikkarten können mitunter mehr Strom verbrauchen als ein ganzes PC-System. Manche Highend-Karten für Gamer oder Profi-User werden mit einer TDP (Thermal Design Power, die Angabe für den Verbrauch unter Volllast) von über 300 Watt unter Volllast auf den Markt gebracht; tatsächlich wird dieser Verbrauch oft noch deutlich überschritten. Dieses Phänomen haben Tester der unter Experten anerkannten Website ht4u.net unter anderem bei älteren ATI- und Nvidia-Spiele-Boards festgestellt. Doch sie konstatieren auch Fortschritte: So wurde die laut AMD heute noch immer schnellste Gaming-Grafikkarte die "Radeon HD 5970", mit 291 Watt gemäß Furmark-1.6-Test, 216 Watt bei Spielelast und 43,3 Watt im Leerlauf (idle) gemessen. Das zeigt, dass weniger Stromverbrauch nicht auf Kosten der Leistung gehen muss.

Für den Mainstream-Office-Bereich empfiehlt AMD die Radeon HD 5570. Diese liegt mit 8,6 Watt (idle), 31,6 Watt (Spielelast) und 37,3 Watt (Volllast) beim Stromverbrauch sehr gut im Kategorie-Ranking, auch wenn manche GeForce-G210-Karten teilweise noch sparsamer sind. Unter Last (15 Watt) und Volllast (16,2 Watt) sehen lassen kann sich auch die "Asus EAH 4350 Silent". In der "Green Edition GeForce 9600 GT" hat zudem Nvidia die maximale Leistungsaufnahme von 96 auf 59 Watt nahezu halbiert. Manche sahen dies als Angriff auf die ATI Radeon 4670 von AMD, die dank fehlendem eigenen Stromanschluss besonders genügsam sein soll.

Intel Core-i-CPUs: Stromsparen mit integrierter Grafik

Bei Bürorechnern ist der Grafikchip meist auf dem Motherboard oder im Prozessor integriert. Bei neuen Gaming-Board-Chipsätzen gemäß Sockel 1156 P55 verzichtet Intel ganz auf den Grafikchip, weshalb hier eine diskrete Grafikkarte unerlässlich ist. Für B2B-Mainboards empfiehlt der Chipriese den Q57-Express-Chipsatz mit Vpro-Technologie.

Die neuen Core-i-Prozessoren von Intel unterstützen kurzzeitiges Übertakten mit Turbo-Boost und die Core-Parking-Funktion, wodurch sich einzelne Kerne komplett ausschalten lassen.
Foto: Intel

Dieser unterstützt schon die Clarkdale-Dual-Core-Prozessoren aus der eigenen Core-i-Reihe auf Basis der 32-nm-Fertigung, mit denen auch für Desktops die Grafik erstmals im Prozessor integriert ist. Zdnet.de zufolge kommt Intels GMA HD Graphics gegenüber den AMD-Chipsätzen 790GX und 800 (für April 2010 angekündigt) in Sachen 3D-Grafik nicht ganz mit und unterstützt auch noch nicht DirectX-11. Mit 45 Watt im Leerlauf (idle) verbraucht der mit 3,3 GHz getaktete Core i5 667 aber weit weniger als AMDs schnellster Quad-Core-Prozessor, der Phenom II X4 965, der mit 3,4 GHz in den meisten Benchmark-Tests sogar schlechter abgeschnitten hat.

CPU schaltet einen Gang runter

Zunächst für mobile Rechner entwickelt, verfügen manche Desktop-Prozessoren über die Stromsparfunktionen "Enhanced Intel SpeedStepping Technology" (EIST), von AMD "Cool’n Quiet" oder "PowerNow!" genannt. Bei geringerer Auslastung schaltet die CPU dabei in Schritten ein paar Takte herunter, wodurch nicht nur die Spannung und der Verbrauch sinken, sondern die Geräte, weil weniger Lüftung nötig ist, teilweise auch leiser werden (daher Cool’n Quiet). AMDs mobiler Prozessor AMD Athlon 64 3700+ mit CG-Stepping taktet laut Wikipedia zum Beispiel von 2.400 MHz (1,550 Volt, Multiplikator 12) auf 1.000 MHz (1,10 V, Multiplikator 5) runter, wodurch er nur noch maximal 22 statt 89 Watt verbraucht.

Windows 7 spart CPU-Power

War Microsoft früher beim Launch neuer Betriebssysteme oft für immer höhere Leistungssprünge mitverantwortlich, hat der Softwareriese nun zusammen mit Intel demonstriert, dass Windows 7 zumindest beim Abspielen von DVDs weniger Ressourcen und Strom verbraucht als Windows XP. Die auch für Windows Server 2008 RS verfügbare neue Core-Parking-Funktion sorgt dafür, dass einzelne Kerne bei Nichtauslastung vorübergehend fast völlig ausgeschaltet werden, was sich im Fall von Notebooks durch höhere Akku-Laufzeiten positiv bemerkbar machen soll. Vorausgesetzt natürlich, die CPU macht mit. Intels aktuelle Core-i-Prozessoren mit Turbo-Boost-Technologie können das schon. AMD hinkt da wie mit der 32-nm-Fertigung für die erst 2011 erwarteten "Llano"-Prozessoren noch etwas hinterher.

Details über die Sechs-Kern-Prozessoren "Thuban" hält der Intel-Konkurrent bis zum Launch Ende April 2010 noch zurück. Aber Gerüchten zufolge und wie von AMD-Manager Michael Schmid angedeutet, werden sich dabei die einzelnen Kerne noch nicht nahezu komplett abschalten, sondern wie bei den bisherigen AMD-Prozessoren nur schlafen oder in den Idle-Modus legen lassen. Derweil hat AMD durchsickern lassen, dass der 32-nm-Prozessor mit eben besagtem Codenamen Llano auch einen DirectX-11-fähigen Grafikkern vereinen wird. Die anvisierte Taktrate der Quad-Core-CPU soll jenseits der 3 GHz liegen. Ob die versprochenen 0,8 bis 1,3 Volt oder 2,5 bis 25 Watt pro Kern eingehalten werden können, wird sich zeigen.

AMD-Mann Schmid und Intel zufolge bedeuten feinere Fertigungsstrukturen anders als früher nicht unbedingt, dass der Stromverbrauch nennenswert sinkt. Vielmehr geht es den Herstellern um eine weitere Steigerung der Leistung auf kleinsten Raum.

2009 hat AMD neue Drei- und Vier-Kern-Prozessoren aus dem Phenom-II- und Athlon-II-Lager vorgestellt. Die mit einem e (für energiesparend) gekennzeichneten CPUs verbrauchen bei Taktraten von 2,2 bis 2,5 GHz nur 45 bis 65 Watt und sollen sich somit besonders für Büro-PCs eignen. Noch sparsamer ist die Ultra- oder U-Reihe von AMD-Prozessoren, so zum Beispiel der Athlon II X2 260u, der mit 1,8 GHz nur eine TDP von 25 W haben soll. Für die Server-CPUs der Opteron-6100er-Serie, die laut AMD weltweit ersten mit acht und zwölf Kernen, gibt der Hersteller je nach Core Frequency durchschnittliche Verbrauchswerte von 65 bis 105 Watt an.

Netzteile richtig dimensionieren

Netzteile sollten im Idealfall nur soviel Strom verbrauchen wie die einzelnen elektronischen Bauteile eines PC insgesamt. Da die Komponenten aber auch selbst Verlustwärme abgeben und damit auch mehr oder weniger effizient sind, sollte man darauf achten, dass diese mindestens 20 Prozent mehr Luft nach oben bieten als die Gesamtleistungsaufnahme aller Komponenten. Zudem sollte die 12-Volt-Schiene dennoch ausreichend Ampere (in der Regel mindestens 40A) liefern. Wenn man die Formel zugrunde legt, tut man sich bei Office-PCs mit geringen CPU-Taktraten und einer Gesamtleistungsaufnahme von 100 bis 150 Watt relativ schwer, die von Energy Star 5.0 geforderten 80-Plus-Bronze- (mit mindestens 82 Prozent Wirkungsgrad) oder gar 80-Plus-Gold-Netzteile (mit bis 90 Prozent bei 50 Prozent Auslastung) zu finden. Denn die fangen meist erst bei 300 Watt an.

80+-Netzteile mit weniger als 300 W sind äußerst rar.
Foto: Seasonic

Ältere Stromversorgungseinheiten kommen teilweise mit einem Wirkungsgrad von unter 70 Prozent. Durch den Wärmeverlust raucht dabei viel Energie durch den Schornstein. Die meisten 80+-Gold-Netzteile haben laut der Website 80plus.org die Hersteller Enermax und Delta Electronics im Programm. Mit über 200 80+-Einheiten im Gesamtrennen ganz weit vorn liegt Fortron (FSP). Wie die meisten Hersteller stammt auch dieser aus Taiwan, Sitz eines Großteils der PC- und Notebook-Auftragsfertiger, die mittlerweile erkannt haben, dass Green IT ein Muss ist.

Fazit

Anders als etwa die Gaming-Community brauchen Unternehmen für ihre Mitarbeiter in der Regel nicht die schnellsten PCs. Es kann daher durchaus eine Überlegung wert sein, bei der System- und Komponentenwahl ein paar Takte herunterzuschalten. Um Zukunftssicherheit zu schaffen, sollte die Leistung zugunsten der Stromersparnis wiederum nicht zu gering angesetzt werden. Weniger Stromverbrauch muss andererseits nicht weniger Leistung bedeuten. Es geht wie in der Automobilindustrie vielmehr um Energieeffizienz. Aber selbst wenn man pro Komponente nur ein paar Watt spart, kann sich das im Großen schnell bemerkbar machen. Viele Hersteller sind diesbezüglich auf dem richtigen Weg (siehe auch: So finden Sie den richtigen Arbeitsplatz-PC).

Solange es keine einheitlichen Standards oder "Sittenwächter" nach dem Vorbild von Energy Star für Endgeräte gibt, müssen sich IT-Verantwortliche wohl weiter durch einen Wust von Informationen kämpfen, um die jeweils stromsparendsten Komponenten zu finden. Deshalb sollte es eigentlich im Interesse aller Beteiligten sein, Klassifizierungsrichtwerte für "grüne" elektronische Bauteile zu schaffen. (wh)