Web-Alternativen zu Word, Excel und Powerpoint

05.05.2008 von Stephan Lamprecht
Einige der fortgeschrittnen Online-Tools können Desktop-Programme bereits für viele Aufgaben ersetzen. Sie bieten zwar weniger Funktionen als die PC-Konkurrenz, aber sie sind für Teamarbeit zumeist besser geeignet.

Die Aufregung um das Web 2.0 flaut allmählich ab, was sich auch an der Zahl der neu gegründeten Unternehmen bemerkbar macht. Vorbei sind die Zeiten, als fast wöchentlich ein weiterer Dienst an den Start ging, der ein vollständiges Web-Büropaket anbieten wollte. Die bereits etablierten Anbieter machen sich nun daran, dem Konzept der "kontinuierlichen Beta" folgend, ihre Dienste nach und nach zu erweitern und zu verbessern. Neue Services suchen gezielt funktionale Nischen, etwa das Mind-Mapping als Kreativitätstechnik.

Einer der wichtigsten Kritikpunkte in der Frühphase der Dienste bestand in den fehlenden Geschäftsmodellen sowie mangelnden Garantien für die Verfügbarkeit der online gespeicherten Daten. Beides wurde mittlerweile zumindest in Teilen verbessert. So bieten inzwischen fast alle Dienste auch kostenpflichtige Benutzerkonten an, die Restriktionen in Hinblick auf Speicherplatz oder Dokumentenzahl aufheben, und häufig zusätzliche Funktionen umfassen. Dazu zählt in der Regel auch ein mehr oder weniger rudimentäres Backup-Konzept, das dem Nutzer wenigstens erlaubt, alle Daten in Form eines Archivs auf seinen eigenen Rechner zu laden.

Gemeinsam kreativ werden

Das Internet schafft mit seinen Anwendungen neue Formen der Zusammenarbeit. Vor einem Jahr waren Werkzeuge für die gemeinsame kreative Arbeit noch dünn gesät. Diese Lücke wurde inzwischen erfolgreich geschlossen. Eines der am weitesten ausgereiften Tools für die gemeinsame Bearbeitung von Mindmaps ist Mindmeister. Die von der deutschen Firma Codemart betriebene Plattform kommt ohne zusätzliche Plugins aus, importiert bereits vorhandene Maps aus den bekanntesten Desktop-Programmen und kann Arbeitsergebnisse auch in deren Formaten speichern.

Comapping orientiert sich optisch an Microsoft Office 2007


Im Gegensatz zu vielen Angeboten verfügt Mindmeister über ein einfaches Geschäftsmodell. Besonders hervorzuheben ist die Möglichkeit, die Daten auch offline bearbeiten zu können, sowie das angebotene Widget, mit dem sich Gedanken schnell direkt vom eigenen Desktop an die Plattform senden lassen.

Ähnlich ausgereift präsentiert sich Comapping, das eindrucksvoll zeigt, wie weit sich Flash bereits heute als Werkzeug zur Entwicklung komplexer Anwendungen eignet. Comapping selbst orientiert sich in Benutzerführung und Optik stark an Microsoft Office 2007 und organisiert seine Funktionen in Form so genannter Ribbons.

Einfache Wikis für Unternehmen

Unternehmen und Arbeitsgruppen können heute aus einer großen Fülle von Lösungen für das gemeinsame Bearbeiten von Dokumenten wählen. Eines der übersichtlichsten Angebote ist PBWiki, das in der Basisversion kostenlos ist. Sofort nach der Anmeldung können unbegrenzt viele Dokumente angelegt werden, allerdings darf deren Datenvolumen nicht mehr als 10 MB überschreiten. Das Wiki selbst richtet sich in seiner Bedienung auch an Laien, da der Seiteneditor alle wesentlichen Funktionen über Symbolleisten zugänglich macht. Gegen eine Monatsgebühr stehen mehr Speicherplatz und zusätzliche Funktionen wie beispielsweise eine SSL-Verschlüselung zur Verfügung.

PBWiki richtet sich auch an weniger erfahrene Benutzer. Bei Bedarf können Dateien an Wiki-Seiten angehängt werden.

Deutlich weniger komfortabel und damit eher etwas für Puristen oder Nutzer, die sich bereits mit der Arbeit in einem Wiki auskennen, ist Wikispaces. Der Anbieter ist hinsichtlich des Speicherplatzes deutlich großzügiger als PBWiki und räumt in der Gratisvariante immerhin 2 GB Speicher ein. Wer ohne die eingeblendete Werbung arbeiten und vermeiden will, dass alle Besuchern der Site seine Dokumente lesen können, wird sich für das kommerzielle Paket entscheiden, das ab 5 Dollar im Monat erhältlich ist.

Zeit- und Projektmanagement

Geradezu Legion sind Angebote, die bei der Verwaltung von Terminen und Aufgaben helfen. Auch in diesem Segment hat Google mit seinem einfach zu bedienenden Kalender ein Wort mitzureden. Im Internet lassen sich zahlreiche Erweiterungen und Tools für diese Anwendung nachweisen. Für den einfachen Datenaustausch nutzt die Terminverwaltung das iCalendar-Format, das sich in die meisten Client-Anwendungen unter Windows, Linux und MacOS importieren lässt. Funktionen für die Verwaltung von Aufgaben hat der Dienst allerdings nicht zu bieten.

Die Aufgabenverwaltung Rememberthemilk spielt mit Google Kalender zusammen und bietet eine deutsche Bedienerführung.

Anders dagegen Rememberthemilk, das kontinuierlich weiterentwickelt wird. Es ist inzwischen mehrsprachig, lässt sich in Googles Kalender integrieren und bietet dank Google Gears auch Offline-Fähigkeiten.

Das vor einem Jahr mit viel Tamtam angekündigte Scrybe erweist sich als einfacher Kalender mit Aufgabenverwaltung. Die ist zwar an manchen Stellen intuitiver zu bedienen als Rememberthemilk, einen ihrer wesentlichen Vorteile, den Offline-Modus, hat sie dank Google Gears aber eingebüßt.

Office-Pakete im Web

Zu den interessantesten Features von Google Text & Tabellen gehören die Teamfunktionen sowie die Möglichkeit, Dateien direkt im Web zu publizieren.

Derzeit spielen bloß drei Anbieter von vollständigen Office-Paketen eine wesentliche Rolle. Google Text & Tabellen ging aus der Textverarbeitung Writely hervor und bietet heute neben der Textverarbeitung eine Tabellenkalkulation und ein Präsentationsprogramm an. Die Textverarbeitung lässt sich einfach bedienen, hat aber in den vergangenen 12 Monaten nur wenig neue Funktionen erhalten. Besonders hervorzuheben sind die zahlreichen Exportmöglichkeiten für Dokumente, die sich unter anderem in PDF, HTML, OpenOffice und Microsoft-Office-Formate weitergeben lassen. Nach wie vor ist es aber nicht möglich, eigene Dokumentvorlagen anzulegen oder zu nutzen, was die Praxistauglichkeiten im Büro deutlich herabsetzt. Um das Hochladen von lokal vorliegenden Dokumenten zu erleichtern, hat Google inzwischen mit dem DocList Uploader ein Tool für den Desktop entwickelt.

Große Fortschritte wurden innerhalb des Präsentationsprogramms erzielt, das dem Nutzer zahlreiche Hintergründe zur Verfügung stellt und erstmals auch Zeichnungsformen, beispielsweise frei auf der Folie positionierbare Pfeile bietet. Einer der Vorzüge dieses Moduls liegt sicherlich darin, dass die Präsentation auch online vorgeführt werden können. Die Verbesserungen der Tabellenkalkulation haben vorwiegend unter der Oberfläche stattgefunden. So ist die Zahl der verfügbaren Formeln deutlich größer geworden. Alle Anwendungen können auf Wunsch auch den Besuchern und Nutzern unter der eigenen Domäne zur Verfügung gestellt werden. Ein klares Manko von "Text & Tabellen" liegt sicherlich in der Beschränkung der Datenmenge. Gerade Präsentationen erreichen schnell eine Datengröße, die verhindert, dass sie bei Google hochgeladen werden können.

Die Textverarbeitung von Zoho ist jener von Google ebenbürtig und unterstützt zusätzlich das Offline-Arbeiten.

Noch mehr Module bietet Zoho seinen Nutzern an. Das Office-Paket besteht aus Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationsprogramm, einem Wiki, einem Aufgabenplaner und einem Notizbuch, das mit einem Plugin direkt aus dem Browser Firefox genutzt werden kann. Rein funktional liegen die Kernprogramme auf gleichem Niveau mit Google. Allerdings setzt Zoho stark auf die klassische Bildschirmaufteilung mit Menüleisten und Icons. An zwei Punkten ist Zoho sogar bereits Google voraus. Zum einen unterstützt die Software Vorlagen, zum anderen nutzt Zoho im Gegensatz zu Texte & Tabellen bereits Google Gears und ermöglicht damit das Lesen und Bearbeiten von Dokumenten auch ohne Internet-Verbindung. Allerdings möchte auch Google bald Gears in die eigene Bürolösung integrieren. Die Übersetzung von Menüs und Befehlen wirkt bei Zoho allerdings deutlich weniger professionell. Die Nutzung beider Bürosuiten ist in der Standardausführung derzeit noch kostenlos, bei Google existiert zusätzlich eine "Premier Edition", für die das Unternehmen eine Verfügbarkeit von 99,9 Prozent garantiert.

Der dritte nennenswerte Anbieter eines Online-Office beschreitet besondere Wege. Sein Thinkfree Office basiert auf Java und kann zu Microsoft kompatible Dokumente erstellen und bearbeiten. Die Nutzung von Java macht den ersten Besuch der Site aber zu einem langwierigen Unterfangen, selbst bei einer schnellen Internet-Verbindung dauert es doch einige Zeit bis alles initialisiert ist. Im Vergleich zu der Ajax-Konkurrenz wirkt Thinkfree etwas zäh. Dies scheint der Anbieter selbst erkannt zu haben und bietet alternativ einen Quickedit-Modus an, der nicht ganz so viele Formatierungen zur Verfügung stellt, aber deutlich flotter arbeitet. Auch Thinkfree bietet bereits einige Vorlagen an. Die Nutzung des Offline-Modus ist Premium-Mitgliedern vorbehalten, die ihre Daten zwischen der lokalen Maschine und dem Online-Arbeitsplatz synchronisieren können.

Präsentationen bearbeiten und veröffentlichen

Wer ganz auf das führende Desktop-Programm Powerpoint verzichten kann, findet in Preezo eine Online-Anwendung, die in Bedienung und Leistungsumfang dem Präsentationsprogramm von Google gleicht. Sie geht den Weg eines Online-Präsentationsprogramms ganz konsequent, denn eine Funktion, mit der sich die Ergebnisse der eigenen Arbeit wieder vom Server herunterladen lassen, ist nicht vorgesehen.

Eine interessante Plattform für alle, die regelmäßig ihre Präsentationen anderen zur Verfügung stellen wollen, ohne die Daten per Mail oder auf anderem Wege versenden zu müssen, ist Slideshare. Hier können die Benutzer Powerpoint-, PDF und ODP-Dateien auf den Server laden und die Präsentationen mit Tags versehen. Anschließend dürfen berechtigte Anwender die Daten ansehen und die Präsentationen auch auf die eigenen Rechner herunterladen.

Fazit

Bei Online-Office-Lösungen zeichnen sich zwei Trends ab. Einerseits besetzen gerade kleinere Anbieter Nischen, wie etwa für kreatives Arbeiten (Mindmeister, Comapping), andererseits ist eine weitere Professionalisierung der Werkzeuge zu beobachten. Dadurch erhöht sich im Vergleich zur Frühphase ihre Alltagstauglichkeit. Diese verdankt sich besonders den neuen Features und einer größeren Benutzerfreundlichkeit. Einzelanwender und kleine Arbeitsgruppen haben heute mit den Online-Lösungen für viele Aufgaben durchaus eine Alternative zu den lokal installierten Software-Boliden. Allerdings können sie die bekannten PC-Anwendungen mit ihrem enormen Funktionsumfang bei komplexen Anforderungen nicht ersetzen. (ws)