Was Wissens-Management erfordert

25.05.2005
Von Prof. Dr. Thomas Fischer und Dipl.-Inform. Uwe Johnen . Thomas Fischer leitet den Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Informationsmanagement an der WHU in Vallendar bei Koblenz. Uwe Johnen ist Leiter Project Center Consulting bei der T-Systems GEI GmbH in Aachen. MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Unternehmen haben die Bedeutung von Wissens-Management erkannt, doch bei der technischen Umsetzung hapert es. Kein Wunder: Eine Studie deckt die Defizite aktueller Produkte auf.

Wissens-Management wird bereits seit Mitte der 90er Jahre diskutiert, lange Zeit wurde das Thema jedoch sehr theoretisch und abstrakt behandelt. Inzwischen stufen die meisten Geschäftsführer und Vorstände die Bedeutung von Wissens-Management für ihr eigenes Unternehmen als sehr hoch ein, doch immer noch betrachten nur wenige die technische Umsetzung als gelungen. Zu diesem Ergebnis führte eine Umfrage der Fraunhofer-Gesellschaft im vergangenen Jahr. Um die Kluft zwischen Erkenntnis und IT-seitiger Verankerung von Knowledge-Management zu schließen, benötigen Unternehmen die richtigen Werkzeuge. Dabei stellt sich schnell die Frage, was die einschlägigen Tools konkret beherrschen müssen, wenn sie das Thema möglichst vollständig abdecken sollen. Eine Entscheidungshilfe für die Produktauswahl bietet jetzt die Untersuchung der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung (WHU) in Vallendar, die gemeinsam mit T-Systems elf Applikationen für die Studie "Werkzeuge für das Wissensmanagement" analysiert hat.

Zur Kurzbewertung der Produkte

Grundsätzlich gibt es zwei Wissenskategorien

Zur Beurteilung der Produkte unterscheiden die Experten zwischen personen- und dokumentenorientiertem Wissens-Management. Ersteres beruht auf der direkten Kommunikation zwischen den Mitarbeitern. Dafür werden Hilfsmittel oder Systeme vorausgesetzt, mit denen jeder Anwender herausfinden kann, welcher Kollege im Unternehmen das gerade benötigte Wissen besitzt. Beim dokumentenorientierten Wissens-Management liegt das Wissen der Mitarbeiter und des Unternehmens in Dokumenten vor. IT-Anwendungen wie Intranets, Dateisysteme und Datenbanken werden genutzt, um das einmal angelegte Wissen einzelner Mitarbeiter zu sammeln und allen anderen zur Verfügung zu stellen.

Die Besten ihrer Klasse in den einzelnen Disziplinen

Als Beurteilungskriterien für die untersuchten Produkte wurden sieben funktionale Teilaspekte definiert, um festzustellen, wie diese das personen- beziehungsweise dokumentenorientierte Wissens-Management unterstützen (siehe Grafik "KM-Tools sollten beherrschen …").

Sieben funktionale Teilaspekte "Wissens-Management-Plattform" ist gegeben, wenn Produkte zum Beispiel Push-Pull-Funktionen bieten, Dokumente verlinken können und ausgefeilte Navigationsmöglichkeiten aufweisen. "Groupware" beinhaltet Aspekte wie Verteilerlisten, Filter, schwarze Bretter und Nachrichtenversand. "Workflow-Management" sollte Features zur Ablaufplanung und Terminüberwachung umfassen. "Dokumenten-Management" versammelt Funktionen zur Datensammlung, Verschlagwortung, Verknüpfung und Verteilung von Dokumenten. "Projekt-Management" unterstützt die Identifikation von Wissensträgern, die Bildung von Projektteams und die Dokumentation von Best Practices. "Wissens-Management-Organisation" enthält Funktionen, mit denen sich ein dokumentenorientiertes Wissens-Management planen und kontrollieren lässt. "Suchdienste" bieten unter anderem eine Schlagwort-, Volltext- oder Mitarbeiter-Recherche.

Den ersten funktionalen Teilaspekt bezeichnen die Experten als "Wissens-Management-Plattform". Dieses Prüfkriterium ist erfüllt, wenn die Produkte bestimmte Basisdienste beherrschen. Dazu gehört zum Beispiel, ob in der Lösung Push- und Pull-Funktionen vorhanden sind, ob Dokumente verlinkt werden können und welche Navigationsmöglichkeiten es gibt. In dieser Disziplin sind alle elf untersuchten Produkte gut, sehr gute Ergebnisse erzielten die Applikationen "E:Service Lifecycle Suite" von Empolis und "Enterprise" von Hummingbird.

Der zweite Teilaspekt beschäftigt sich mit den Groupware-Funktionen. Sie sollen einen effizienten Wissensaustausch zwischen den Anwendern gewährleisten. Aspekte hier sind Verteilerlisten, Filter, schwarze Bretter oder der Nachrichtenversand. Sieben der elf Werkzeuge bieten diese Funktionen generell - besonders positiv aufgefallen aufgrund der sehr guten Abdeckung ist wiederum das Enterprise-Paket von Hummingbird.

Die Studie Die von der WHU und T-Systems angefertigte Studie "Werkzeuge zum Wissensmanagement" beschreibt die auf Basis von Herstellerangaben ermittelten Untersuchungsergebnisse zu elf einschlägigen Produkten. Der komplexe Gesamtprozess des Wissens-Managements wurde dazu in sieben funktionale Teildisziplinen zerlegt, die von den Autoren für eine Gesamtbeurteilung bewusst nicht gewichtet wurden. Stattdessen erhalten Interessenten über ein Datenblatt die Möglichkeit, die Teilaspekte selbst zu gewichten, um die individuellen Anforderungen ihres Unternehmens besser berücksichtigen zu können. Auch eine systematische Preis-Leistungs-Analyse unterblieb. Die Studie ist beim Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Informationsmanagement der WHU für eine Schutzgebühr von 59 Euro erhältlich.

Bei der Analyse des Workflow-Managements als dritter Prüfstufe wurden insbesondere Funktionen zur Ablaufplanung, Terminüberwachung und für den Nutzungsnachweis bewertet. Dies decken nur vier Werkzeuge ausreichend ab - die E:Service Lifecycle Suite erzielte in diesem Bereich die beste Bewertung.

Das vierte Kriterium, Dokumenten-Management, umfasst Funktionen zur Datensammlung sowie zur Verschlagwortung, Verknüpfung und Verteilung von Dokumenten. Nicht zuletzt aufgrund ihrer ursprünglichen Herkunft beherrschen alle Werkzeuge diesen Aspekt in hohem Maß. Am besten schneiden wiederum die E:Service Lifecycle Suite, Enterprise sowie "Livelink" von Opentext ab.

Ein weiterer Prüfstand ist das Projekt-Management. Dabei geht es um die Identifikation von Wissensträgern, die Projektteambildung und die Dokumentation von Best Practices. Solche Funktionen werden von den Werkzeugen im Schnitt nur mittelmäßig abgedeckt. Besonders positiv sticht Livelink bei der Bewertung hervor.

Den sechsten funktionalen Teilaspekt stellen die Analysten unter den Titel "Organisation des Wissens-Managements". Es geht darum, mit welchen Funktionen sich das dokumentenorientierte Wissens-Management planen und kontrollieren lässt. Erfüllt wird dieses Kriterium über Funktionen, mit denen zum Beispiel Attribute wie Autor, Erstellungsdatum oder Verfallsdatum hinterlegt werden können. Auch die Nutzung eines Dokuments spielt in dieser Kategorie eine wichtige Rolle: Die Software sollte belegen, wie häufig ein Dokument nachgefragt oder wie es vom Nutzer beurteilt wird. Am besten schneidet dabei Hummingbirds Enterprise ab.

Den letzten Prüfstein stellt die Unterstützung von Suchdiensten dar. Unterschiedliche Formen der Suche wie zum Beispiel Schlagwort-, Volltext- oder Mitarbeitersuche fließen in die Bewertung ein. Die Abfrage sollte sich speichern lassen und die Suche durch ein Attribut unterstützt werden, das die Relevanz des einzelnen Ergebnisses anzeigt. Hier erzielt E:Service Lifecycle Suite das beste Ergebnis.