Ratgeber Datenrettung

Was tun, wenn die Daten weg sind?

01.12.2011 von Thomas Bär und Frank-Michael Schlede
Viele Anwender meinen, dass ihre Daten nicht verloren gehen können - schließlich gibt es Backups und Sicherungen. Zudem sollten die Administratoren doch alle Daten wiederherstellen können… Wir zeigen, wie Daten wiederhergestellt werden können und wo die Grenzen liegen.
Auch wenn die Situation auf der Festplatte aussichtlos scheint, gibt es meist noch Rettung...
Foto: Fotolia.com / Bilderbox

Wenn IT-Profis die Sicherheitsaspekte von Netzen, Windows-Systemen und Programmen diskutieren, geht es dabei in der Regel um Themen wie den Schutz vor Viren und bösartigen Anwendungen, die Absicherung der Endgeräte oder auch um die Verschlüsselung sicherheitsrelevanter Daten. Altgediente Systembetreuer weisen dann vielleicht noch darauf hin, dass auch regelmäßig Backups und Sicherungen aktiv zur Sicherheit der Daten und Systeme beitragen. Doch Informationen können trotz all der Sicherungsmaßnahmen auch in modernen Systemumgebungen durch viele Ursachen verloren gehen - gut, wenn es Programme und Möglichkeiten gibt, die Daten wiederherzustellen.

Auch die IT ist nicht perfekt: Wie Daten verloren gehen

Es gibt viele Möglichkeiten, wie Daten verloren gehen oder so beschädigt werden können, dass sie nicht mehr einzusetzen sind: Anwendungen stürzen ab, Nutzer vergessen ihre Daten abzuspeichern oder der Strom fällt unvorhergesehen aus. Es gibt wohl kaum einen Anwender von Computersystemen und -programmen, der nicht schon auf die eine oder andere dieser Arten Informationen verloren hat. Grundsätzlich können die Ursachen für einen Datenverlust in drei große Bereiche unterteilt werden:

Wir betrachten auf den folgenden Seiten einige dieser "Verlustszenarien", blicken auf die Ursachen und stellen Lösungen vor, die in solchen Fällen zum Einsatz kommen können. Doch zunächst ein kleiner Ausflug in die Möglichkeiten der drei vorgestellten Recovery-Tools...

Der "Normalfall": Ich habe die Datei gelöscht…

Entspricht nicht so ganz der Wirklichkeit: Auch wenn das Windows-System hier von „unwiderruflich“ spricht, sind die Daten nach dem Löschen doch nicht wirklich weg. Eine Tatsache, die sich Programme zur Datenwiederherstellung zu Nutze machen.
Foto: Frank-Michael Schlede / Thomas Bär

Jeder IT-Experte, ganz gleich ob er professionell oder als "Ersthelfer" im semi-professionellen respektive privaten Umfeld tätig ist, kennt die Situation: Ein Nutzer hat nach eigenen Aussagen "nichts gemacht", die wichtige Datei ist aber trotzdem verschwunden - oder er/sie hat "aus Versehen" das Löschen (mitsamt der Sicherheitsabfrage) für diese Daten ausgewählt. Nun ist mit dem normalen Löschen sowohl unter einem Windows-Rechner als auch auf einem Mac noch kein großer Schaden angerichtet - das System hat die Dateien nur in den Papierkorb geschoben. Aber selbst wenn sich der Anwender (gewollt oder ungewollt) für ein vermeintlich sicheres Löschen entschieden hat, indem er beispielsweise auf seinem Windows-Rechner beim Löschen die Shift-Taste gedrückt hielt, sind die Daten und damit die Informationen nur auf dem ersten Blick wirklich "weg". Das hat mit der Art und Weise zu tun, auf die ein Betriebssystem Daten und Dateien vorhält und im Zweifelsfall auch wieder "beseitigt".

Kleiner Ausflug zu den Dateisystemen

Damit ein Betriebssystem auf der Festplatte Dateien ablegen und sie in einer für den Anwender nachvollziehbaren Weise wiederfinden und anzeigen kann, legt es über die reine Speicherhardware der Festplatten eine logische Struktur, das sogenannte Dateisystem. Diese Struktur unterscheidet sich je nach Betriebssystem, das auf dem Rechner zum Einsatz kommt. Hier einige Beispiele von aktuellen Betriebssystemen und den jeweils dazu gehörenden Dateisystemen:

Auf den Apple-Systemen sieht es etwas anders aus: Wer hier sicher löscht, beziehungsweise den Papierkorb entleert sollte besser eine Backup-Kopie seiner Daten besitzen. Hier sorgt das Betriebssystem dafür, dass die Daten wirklich „weg“ sind.
Foto: Frank-Michael Schlede / Thomas Bär

In diesen logischen Strukturen der Dateisysteme werden Dateien beim Löschen in der Regel auch nur "logisch entfernt". Das bedeutet, dass die Einträge für die Dateien nicht mehr vorhanden sind und der Speicherplatz auf der Festplatte wieder freigegeben ist. Die eigentlichen Informationen befinden sich aber nach wie vor auf dem Speichermedium und werden erst dann wirklich "gelöscht", wenn sie durch neue Daten überschrieben werden. Dies ist der Punkt, an dem die meisten Datenrettungswerkzeuge ansetzen.

Hilfen zur Datenrettung

Welche Möglichkeiten stehen dem Anwender nun zur Verfügung, wenn er sich noch nicht an ein professionelles Datenrettungsunternehmen wenden will oder kann? Gerade wenn es "nur" um gelöschte Dateien oder formatierte Laufwerke gibt, bieten eine ganze Reihe von Anbietern verschiedene Anwendungen an, die in solchen Fällen Hilfe versprechen. Dabei werden sowohl Free- und Shareware-Programme als auch professionelle Lösungen mit teilweise großem Funktionsumfang angeboten.

Einige freie Lösungen zur Datenwiederherstellung enttäuschten im Test: So war diese Software nicht dazu in der Lage, über eine logische Partition auf unserem Testsystem zu finden und patzte auch ganz offensichtlich bei Auswertung der Hardware-Informationen.
Foto: Frank-Michael Schlede / Thomas Bär

Auch wenn wir allerdings sonst gerne eine Lanze für den Einsatz der Free- und Shareware-Programmen brechen, konnten uns diese in der Disziplin Datenwiederherstellung nicht vollständig überzeugen: Bei vielen der von uns getesteten freien Lösungen handelt es sich nur um ein Art "Schnupperversion": Die Programme erlauben es oft nur, eine begrenzte Anzahl von Dateien oder nur bestimmte Arten (beispielsweise nur JPG-Dateien) von Informationen wiederherzustellen. Will der Anwender mehr, verweisen die Hersteller gerne auf die kostenpflichtigen Vollversionen oder gleich auf die eigenen Datenrettungsdienste.

Gerade in diesen Fällen ist es aber für die Administratoren und Anwender enorm wichtig, dass ein solches Programm funktioniert und die richtigen Dateien wiederherstellt. Wir stellen deshalb exemplarisch eine freie und zwei kommerzielle Lösungen vor, die sowohl bei unseren Tests als auch in der täglichen Praxis überzeugen konnten.

Die freie Variante für viele Fälle: Recuva

Kann eine Datei wiederhergestellt werden, oder nicht? Hier zeigt Recuva ihre Stärke, da sie auch anzeigen kann, ob ein Cluster auf der Festplatte bereits wieder überschrieben wurde. Allerdings kann sie, wie hier deutlich zu sehen, nicht immer den Namen der „alten“ Datei wiederfinden.
Foto: Frank-Michael Schlede / Thomas Bär

Bei den verschiedenen freien Werkzeugen, die sich mit dem Thema Datenwiederherstellung befassen, konnte uns insbesondere eine Software im Test überzeugen: Recuva der Firma Piriforum. Dieser Hersteller hat sich auf Tools rund um die Wartung und Betreuung von Windows-Systemen spezialisiert, wobei der CCleaner sicher die bekannteste Lösung aus seinem Haus sein dürfte.

Für wen eignet sich Recuva? Die Software ist eine ideale Lösung für die Anwender, die erstmals ein Problem mit verlorenen Daten haben und nun feststellen wollen, welche dieser Informationen sie ohne Probleme wieder herstellen können. Hier kann die Software eine ganze Reihe von Vorteilen aufweisen:

Auf mehreren Systemen daheim: Stellar Phoenix

Schnelle Rettung und viele Möglichkeiten: Die Oberfläche der Software Stellar Phoenix ermöglicht es auch weniger erfahrenen Anwendern, die richtige Auswahl zur Rettung der verlorenen Daten zu finden.
Foto: Frank-Michael Schlede / Thomas Bär

Zu den vielen Lösungen auf dem Softwaremarkt, die dem Anwender eine Rettung seiner Daten anbieten, gehört auch die Stellar Phoenix. Die Lösung lässt sich schnell und einfach installieren und bietet dem Anwender eine Oberfläche, die ihn mittels einfacher Symbole zur Wiederherstellung seiner Daten leitet. Die Lösung arbeitete während unserer Tests sehr gründlich, was natürlich auch eine gewisse Zeit braucht.

Für wen eignet sich Stellar Phoenix? Die Software eignet sich vor allem für Einsatzszenarios, die über das "einmal eine oder zwei Dateien wiederherstellen" hinausgehen. Besonders gut hat uns gefallen, dass die Lösung auch mit verlorenen oder beschädigten Outlook-Daten umgehen kann und ebenfalls auf der Apple-Plattform zur Verfügung steht. Sie bietet eine ganze Reihe an Vorteilen:

Der "altgediente" Profi: O&O DiskRecovery

Ein Feature von O&O Disk Recovery, das in professionellen Systemumgebungen sehr sinnvoll ist: Mit Hilfe von eigenen Signaturen, die ein Benutzer selbst definieren und festlegen kann, wird es auch möglich eigene Dateiformate sicher wiederherzustellen.
Foto: Frank-Michael Schlede / Thomas Bär

Wenn wir über Software zur Wiederherstellung von Dateien sprechen, darf eine Anwendung auf keinen Fall fehlen: die Lösung DiskRecovery der Berliner Windows-Spezialisten von O & O Software. Diese Software steht bereits in der Version 7 zur Verfügung und hat in unserem Testlabor ebenso wie im heimischen Umfeld während der letzten Jahre bereits einige Daten wiederhergestellt, die durch Unachtsamkeit oder "vorschnelles Formatieren" schon als verloren galten. Damals wie heute gilt für diese Software, dass sie nicht nur schnell und zuverlässig arbeitet, sondern auch klar und übersichtlich konzipiert ist, so dass zur ihrer Bedienung nicht unbedingt der absolute Systemprofi notwendig ist.

Für wen eignet sich O & O DiskRecovery? Der Hersteller bietet neben der "Professional Version" für den privaten Gebrauch auch eine Admin- und eine Tech-Edition an und zeigt damit schon im Namen an, welche Arbeitsfelder die jeweilige Version abdeckt. Für das gelegentliche Wiederherstellen von einer oder zwei Dateien ist diese Lösung sicherlich überdimensioniert - aber spätestens wenn die Daten einer komplette Partition oder einer ganzen Festplatte "verschwinden", zeigen sich die Stärken und Vorteile der Software:

Fazit: Viel ist möglich, aber im Ernstfall müssen Profis ran

Heute sind viele Anwendungen bereits selbst dazu in der Lage, nicht gesicherte Dateien auch nach einem Systemabsturz wiederherzustellen. Ein schönes Beispiel dafür ist Microsoft Office, das es mit Hilfe der richtigen Einstellungen ermöglicht, auch bis dato nicht gespeicherte Dateien wiederherzustellen, wenn beispielsweise der Rechner unerwartet abstürzt.

Zudem führt der Einsatz einiger der hier vorgestellten Programme auch dann noch zu sinnvollen und brauchbaren Ergebnissen, wenn eine Festplatte einen Hardwareschaden aufweist oder eine Anwendung regelmäßig die Daten beim Abspeichern "zerschießt", wie wir selbst schon an einigen Fällen in unserer täglichen Praxis feststellen konnten. Allerdings erreichen beim Einsatz solcher Programme sowohl die Anwender als auch die professionellen IT-Administratoren schnell die Grenzen dessen, was mit Hilfe dieser Werkzeuge zu erreichen ist.

Treten ernsthafte Hardwarefehler auf oder geht es um komplexe Anwendungen wie beispielsweise eine Datenbank-Installation, so können in der Regel nur noch professionelle Firmen helfen, die sich auf die Datenrettung spezialisiert haben. Sie können in der Regel auch bei den folgenden Problemen helfen:

Bei diesen Firmen findet man dann auch einige der Software-Hersteller wieder, die solche Datenrettungs-Lösungen anbieten. Neben der bereits vorgestellten Firma Stellar sind es im deutschsprachigen Raum besonders die Spezialisten von Kroll Ontrack, die entsprechende Dienste anbieten. Die bei diesen Firmen tätigen Techniker sind nicht nur dazu in der Lage, in sogenannten Reinräumen Festplatten-Hardware komplett zu zerlegen und dann auf dieser Ebene Daten und Informationen zu rekonstruieren, sondern können diese Daten auch von anderen Medien wie beispielsweise Magnetbändern oder beschädigten SSD-Laufwerken (Solid State Drives) wieder herstellen. Dazu sind die zuvor geschilderten Programme auf jeden Fall nicht in der Lage. Natürlich sind solche aufwändigen Rekonstruktionen von verlorenen oder gar beschädigten Daten mit entsprechenden Kosten verbunden. Wenn es aber um wichtige Informationen geht, die auf anderem Wege nicht wieder zu beschaffen sind, sind diese ebenso wie der damit verbundene Aufwand sicher gerechtfertigt. (sh)