Wenn IT-Profis die Sicherheitsaspekte von Netzen, Windows-Systemen und Programmen diskutieren, geht es dabei in der Regel um Themen wie den Schutz vor Viren und bösartigen Anwendungen, die Absicherung der Endgeräte oder auch um die Verschlüsselung sicherheitsrelevanter Daten. Altgediente Systembetreuer weisen dann vielleicht noch darauf hin, dass auch regelmäßig Backups und Sicherungen aktiv zur Sicherheit der Daten und Systeme beitragen. Doch Informationen können trotz all der Sicherungsmaßnahmen auch in modernen Systemumgebungen durch viele Ursachen verloren gehen - gut, wenn es Programme und Möglichkeiten gibt, die Daten wiederherzustellen.
Auch die IT ist nicht perfekt: Wie Daten verloren gehen
Es gibt viele Möglichkeiten, wie Daten verloren gehen oder so beschädigt werden können, dass sie nicht mehr einzusetzen sind: Anwendungen stürzen ab, Nutzer vergessen ihre Daten abzuspeichern oder der Strom fällt unvorhergesehen aus. Es gibt wohl kaum einen Anwender von Computersystemen und -programmen, der nicht schon auf die eine oder andere dieser Arten Informationen verloren hat. Grundsätzlich können die Ursachen für einen Datenverlust in drei große Bereiche unterteilt werden:
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Fehler, die durch die Anwender ausgelöst werden,
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Fehler, die durch die Hardware verursacht werden und
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Fehler, die durch die Software verursacht werden.
Wir betrachten auf den folgenden Seiten einige dieser "Verlustszenarien", blicken auf die Ursachen und stellen Lösungen vor, die in solchen Fällen zum Einsatz kommen können. Doch zunächst ein kleiner Ausflug in die Möglichkeiten der drei vorgestellten Recovery-Tools...
Der "Normalfall": Ich habe die Datei gelöscht…
Jeder IT-Experte, ganz gleich ob er professionell oder als "Ersthelfer" im semi-professionellen respektive privaten Umfeld tätig ist, kennt die Situation: Ein Nutzer hat nach eigenen Aussagen "nichts gemacht", die wichtige Datei ist aber trotzdem verschwunden - oder er/sie hat "aus Versehen" das Löschen (mitsamt der Sicherheitsabfrage) für diese Daten ausgewählt. Nun ist mit dem normalen Löschen sowohl unter einem Windows-Rechner als auch auf einem Mac noch kein großer Schaden angerichtet - das System hat die Dateien nur in den Papierkorb geschoben. Aber selbst wenn sich der Anwender (gewollt oder ungewollt) für ein vermeintlich sicheres Löschen entschieden hat, indem er beispielsweise auf seinem Windows-Rechner beim Löschen die Shift-Taste gedrückt hielt, sind die Daten und damit die Informationen nur auf dem ersten Blick wirklich "weg". Das hat mit der Art und Weise zu tun, auf die ein Betriebssystem Daten und Dateien vorhält und im Zweifelsfall auch wieder "beseitigt".
Kleiner Ausflug zu den Dateisystemen
Damit ein Betriebssystem auf der Festplatte Dateien ablegen und sie in einer für den Anwender nachvollziehbaren Weise wiederfinden und anzeigen kann, legt es über die reine Speicherhardware der Festplatten eine logische Struktur, das sogenannte Dateisystem. Diese Struktur unterscheidet sich je nach Betriebssystem, das auf dem Rechner zum Einsatz kommt. Hier einige Beispiele von aktuellen Betriebssystemen und den jeweils dazu gehörenden Dateisystemen:
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Microsoft Windows - NTFS (New Technology File System),
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Apple OS X - HFS+ (Hierachical File System),
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Linux (hier stehen diverse Dateisysteme zur Verfügung) - Beispiele sind XFS oder ext2 (sehr lange das Standard-Dateisystem der Linux-Rechner).
In diesen logischen Strukturen der Dateisysteme werden Dateien beim Löschen in der Regel auch nur "logisch entfernt". Das bedeutet, dass die Einträge für die Dateien nicht mehr vorhanden sind und der Speicherplatz auf der Festplatte wieder freigegeben ist. Die eigentlichen Informationen befinden sich aber nach wie vor auf dem Speichermedium und werden erst dann wirklich "gelöscht", wenn sie durch neue Daten überschrieben werden. Dies ist der Punkt, an dem die meisten Datenrettungswerkzeuge ansetzen.
Hilfen zur Datenrettung
Welche Möglichkeiten stehen dem Anwender nun zur Verfügung, wenn er sich noch nicht an ein professionelles Datenrettungsunternehmen wenden will oder kann? Gerade wenn es "nur" um gelöschte Dateien oder formatierte Laufwerke gibt, bieten eine ganze Reihe von Anbietern verschiedene Anwendungen an, die in solchen Fällen Hilfe versprechen. Dabei werden sowohl Free- und Shareware-Programme als auch professionelle Lösungen mit teilweise großem Funktionsumfang angeboten.
Auch wenn wir allerdings sonst gerne eine Lanze für den Einsatz der Free- und Shareware-Programmen brechen, konnten uns diese in der Disziplin Datenwiederherstellung nicht vollständig überzeugen: Bei vielen der von uns getesteten freien Lösungen handelt es sich nur um ein Art "Schnupperversion": Die Programme erlauben es oft nur, eine begrenzte Anzahl von Dateien oder nur bestimmte Arten (beispielsweise nur JPG-Dateien) von Informationen wiederherzustellen. Will der Anwender mehr, verweisen die Hersteller gerne auf die kostenpflichtigen Vollversionen oder gleich auf die eigenen Datenrettungsdienste.
Gerade in diesen Fällen ist es aber für die Administratoren und Anwender enorm wichtig, dass ein solches Programm funktioniert und die richtigen Dateien wiederherstellt. Wir stellen deshalb exemplarisch eine freie und zwei kommerzielle Lösungen vor, die sowohl bei unseren Tests als auch in der täglichen Praxis überzeugen konnten.
Die freie Variante für viele Fälle: Recuva
Bei den verschiedenen freien Werkzeugen, die sich mit dem Thema Datenwiederherstellung befassen, konnte uns insbesondere eine Software im Test überzeugen: Recuva der Firma Piriforum. Dieser Hersteller hat sich auf Tools rund um die Wartung und Betreuung von Windows-Systemen spezialisiert, wobei der CCleaner sicher die bekannteste Lösung aus seinem Haus sein dürfte.
Für wen eignet sich Recuva? Die Software ist eine ideale Lösung für die Anwender, die erstmals ein Problem mit verlorenen Daten haben und nun feststellen wollen, welche dieser Informationen sie ohne Probleme wieder herstellen können. Hier kann die Software eine ganze Reihe von Vorteilen aufweisen:
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übersichtliche und gut zu bedienende Oberfläche;
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Software zeigt klar und deutlich, welche Dateien wieder herzustellen sind und welche bereits wieder überschrieben wurden;
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Das Werkzeug arbeitet schnell und kann sehr häufig die gewünschten Daten wiederherstellen.
Auf mehreren Systemen daheim: Stellar Phoenix
Zu den vielen Lösungen auf dem Softwaremarkt, die dem Anwender eine Rettung seiner Daten anbieten, gehört auch die Stellar Phoenix. Die Lösung lässt sich schnell und einfach installieren und bietet dem Anwender eine Oberfläche, die ihn mittels einfacher Symbole zur Wiederherstellung seiner Daten leitet. Die Lösung arbeitete während unserer Tests sehr gründlich, was natürlich auch eine gewisse Zeit braucht.
Für wen eignet sich Stellar Phoenix? Die Software eignet sich vor allem für Einsatzszenarios, die über das "einmal eine oder zwei Dateien wiederherstellen" hinausgehen. Besonders gut hat uns gefallen, dass die Lösung auch mit verlorenen oder beschädigten Outlook-Daten umgehen kann und ebenfalls auf der Apple-Plattform zur Verfügung steht. Sie bietet eine ganze Reihe an Vorteilen:
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steht auf Windows und Apple OS X-Plattform bereit und kann Daten von HFS+-Dateisystemen retten;
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vielfältige Möglichkeiten auch zur Wiederherstellung von formatierten Festplatten und Partitionen;
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kann auch Laufwerke zur Sicherheit klonen oder Laufwerksabbilder erstellen.
Der "altgediente" Profi: O&O DiskRecovery
Wenn wir über Software zur Wiederherstellung von Dateien sprechen, darf eine Anwendung auf keinen Fall fehlen: die Lösung DiskRecovery der Berliner Windows-Spezialisten von O & O Software. Diese Software steht bereits in der Version 7 zur Verfügung und hat in unserem Testlabor ebenso wie im heimischen Umfeld während der letzten Jahre bereits einige Daten wiederhergestellt, die durch Unachtsamkeit oder "vorschnelles Formatieren" schon als verloren galten. Damals wie heute gilt für diese Software, dass sie nicht nur schnell und zuverlässig arbeitet, sondern auch klar und übersichtlich konzipiert ist, so dass zur ihrer Bedienung nicht unbedingt der absolute Systemprofi notwendig ist.
Für wen eignet sich O & O DiskRecovery? Der Hersteller bietet neben der "Professional Version" für den privaten Gebrauch auch eine Admin- und eine Tech-Edition an und zeigt damit schon im Namen an, welche Arbeitsfelder die jeweilige Version abdeckt. Für das gelegentliche Wiederherstellen von einer oder zwei Dateien ist diese Lösung sicherlich überdimensioniert - aber spätestens wenn die Daten einer komplette Partition oder einer ganzen Festplatte "verschwinden", zeigen sich die Stärken und Vorteile der Software:
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Durch eine sogenannte "Instant-Installation" kann die Software auch nach dem "Gau" mit Datenverlust über einen Zweitrechner zum Einsatz kommen - dadurch muss nichts auf dem betroffenen System installiert werden!
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Sicherungen, die mit der DiskImage-Software des Herstellers gemacht wurden, lassen sich zur Wiederherstellung mit einbinden (sehr gut, wenn Hardware-Defekte Teile der Platte beschädigt haben);
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drei unterschiedliche Suchverfahren (Dateisuche, Sektor-basierende Tiefensuche und Suche nach Partitionen);
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Einsatz eigener Signaturen, um so auch proprietäre eigene Dateitypen wiederherstellen zu können.
Fazit: Viel ist möglich, aber im Ernstfall müssen Profis ran
Heute sind viele Anwendungen bereits selbst dazu in der Lage, nicht gesicherte Dateien auch nach einem Systemabsturz wiederherzustellen. Ein schönes Beispiel dafür ist Microsoft Office, das es mit Hilfe der richtigen Einstellungen ermöglicht, auch bis dato nicht gespeicherte Dateien wiederherzustellen, wenn beispielsweise der Rechner unerwartet abstürzt.
Zudem führt der Einsatz einiger der hier vorgestellten Programme auch dann noch zu sinnvollen und brauchbaren Ergebnissen, wenn eine Festplatte einen Hardwareschaden aufweist oder eine Anwendung regelmäßig die Daten beim Abspeichern "zerschießt", wie wir selbst schon an einigen Fällen in unserer täglichen Praxis feststellen konnten. Allerdings erreichen beim Einsatz solcher Programme sowohl die Anwender als auch die professionellen IT-Administratoren schnell die Grenzen dessen, was mit Hilfe dieser Werkzeuge zu erreichen ist.
Treten ernsthafte Hardwarefehler auf oder geht es um komplexe Anwendungen wie beispielsweise eine Datenbank-Installation, so können in der Regel nur noch professionelle Firmen helfen, die sich auf die Datenrettung spezialisiert haben. Sie können in der Regel auch bei den folgenden Problemen helfen:
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mechanische Störungen auf der Festplatte, wie nicht mehr funktionierende Schreib/Lese-Köpfe;
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allgemeine Fehler in der Hardware (Spannungsschwankungen, kaputte Motoren in den Festplatten);
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Katastrophen wie Feuer oder Wassereinbruch;
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schwerwiegende Zerstörung der Daten durch Schadsoftware.
Bei diesen Firmen findet man dann auch einige der Software-Hersteller wieder, die solche Datenrettungs-Lösungen anbieten. Neben der bereits vorgestellten Firma Stellar sind es im deutschsprachigen Raum besonders die Spezialisten von Kroll Ontrack, die entsprechende Dienste anbieten. Die bei diesen Firmen tätigen Techniker sind nicht nur dazu in der Lage, in sogenannten Reinräumen Festplatten-Hardware komplett zu zerlegen und dann auf dieser Ebene Daten und Informationen zu rekonstruieren, sondern können diese Daten auch von anderen Medien wie beispielsweise Magnetbändern oder beschädigten SSD-Laufwerken (Solid State Drives) wieder herstellen. Dazu sind die zuvor geschilderten Programme auf jeden Fall nicht in der Lage. Natürlich sind solche aufwändigen Rekonstruktionen von verlorenen oder gar beschädigten Daten mit entsprechenden Kosten verbunden. Wenn es aber um wichtige Informationen geht, die auf anderem Wege nicht wieder zu beschaffen sind, sind diese ebenso wie der damit verbundene Aufwand sicher gerechtfertigt. (sh)