Macht ausüben oder Einfluss nehmen?

Was gute Führungskräfte auszeichnet

20.01.2014 von Renate Oettinger
Echte Führungspersönlichkeiten sind Leader. Sie wechseln situationsabhängig bewusst zwischen diesen beiden Polen, sagt Tom Schmitt.
Gute Führungskräfte können ihren Führungsstil flexibel an die jeweilige Situation anpassen.
Foto: Günter Menzl, Fotolia.com

Für die meisten Führungskräfte gilt: Sie haben einen bevorzugten Führungsstil. Entweder neigen sie dazu, ihre Position mit Macht durchzusetzen oder durch ein gezieltes Beeinflussen ihrer Mitarbeiter ihre Ziele zu erreichen. Echte Leader hingegen wechseln situationsabhängig bewusst zwischen diesen beiden Polen. Das Status-Modell erklärt, wie dies geht.

Führungskräfte müssen ihren Kommunikationsstil stets den Erfordernissen der Situation anpassen. Dann erzielen sie die größte Wirkung. Das heißt, sie müssen in gewissen Situationen, die Durchsetzungsstärke und eine gewisse Distanz erfordern, ihren Status bewusst erhöhen, und in anderen Situationen, die Nähe und Glaubwürdigkeit erfordern, ihren Status bewusst senken. Das fällt vielen (unerfahrenen) Führungskräften schwer, weil sie das Status-Spiel nicht beherrschen. Entsprechend gering ist ihre Verhaltensflexibilität.

Das Status-Modell kennt zwei Achsen: Die Beziehungs-Achse mit den Ausprägungen Sympathie und Ablehnung und die Macht-Achse mit Durchsetzungsfähigkeit und Nachgiebigkeit. Quer durch das Modell verläuft die Trennlinie zwischen tieferem und höherem Status. Für beide Positionen gilt: Sie sind stets relativ zu einer anderen Person definiert. Man ist entweder hoch oder tief. Die Position des gleichen Status gibt es nicht. Auch bei der sogenannten Kommunikation auf Augenhöhe ist stets ein, wenn auch minimales, Statusgefälle vorhanden.

Im nächsten Schritt unterscheidet das Status-Modell zwischen innerem und äußerem Status: Wie fühle ich innen und wie stelle ich das nach außen dar? Daraus ergeben sich vier unterschiedliche Dispositionen:

Für (fast) alle Menschen gilt: Sie vereinen alle vier Statustypen in sich - das heißt, sie können in den verschiedenen Situation die entsprechenden Verhaltensmuster zeigen. In sozialen Stress-Situationen tendiert aber jeder zu einem bevorzugten Status. Diesen spielt er unbewusst und scheinbar unausweichlich immer wieder. So lange wir dieses Spiel nicht auf eine bewusste Ebene heben, sind wir schicksalhaft mit diesem Typus verbunden. Er funktioniert wie ein Autopilot, der in sozial schwierigen Situationen automatisch die Führung übernimmt.

Zwölf Tipps zur Mitarbeiterführung
So klappt die Zusammenarbeit in der Firma
Damit es im Unternehmen "funktioniert", sollten Führungskräfte einige Regeln befolgen. Stefan Bald stellt sie vor.
Tipp 1
Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Mitarbeitergespräche und bereiten Sie sich gut darauf vor.
Tipp 2
Hören Sie Ihren Mitarbeitern zu; achten Sie auch auf leise Zwischentöne.
Tipp 3
Vereinbaren Sie mit Ihren Mitarbeitern realistische Ziele.
Tipp 4
Erläutern Sie Ihren Mitarbeitern auch, warum das Erreichen der Ziele für das Unternehmen/Ihren Bereich wichtig ist.
Tipp 5
Sprechen Sie mit ihnen auch darüber, wie sie diese erreichen können und welche Schritte hierfür nötig sind.
Tipp 6
Klären Sie mit Ihren Mitarbeitern auch, was sie brauchen, damit sie die vereinbarten Ziele erreichen und die übertragenen Aufgaben erfüllen können.
Tipp 7
Denken Sie stets daran, dass Sie als Führungskraft für die Leistung Ihrer Mitarbeiter verantwortlich sind. Ihre Leistung wird an der Leistung Ihrer Mitarbeiter gemessen. Setzen Sie diese deshalb so ein, dass sie ihr Potenzial entfalten können.
Tipp 8
Kontrollieren Sie regelmäßig, ob Ihr Mitarbeiter sich noch auf dem richtigen Weg zum Erreichen der (Zwischen-)Ziele befinden.
Tipp 9
Würdigen Sie die Leistung Ihrer Mitarbeiter angemessen.
Tipp 10
Kritisieren Sie ein registriertes Fehlverhalten zeitnah, damit sich dieses nicht zu einem Verhaltensmuster verfestigt.
Tipp 11
Äußern Sie Kritik jedoch stets unter vier Augen - speziell wenn sie auch persönliche Verhaltensmuster des Mitarbeiters betrifft.
Tipp 12
Machen Sie Ihren Mitarbeitern nie (finanzielle) Zusagen, von denen Sie nicht sicher wissen, dass Sie diese auch hundertprozentig einhalten können.

Innen und außen = hoch

Jeder Statustyp ist unterschiedlich sympathisch und respektabel. Unter den vier Varianten gibt es

Die erste Variante "innen hoch, außen tief" erfordert den größten Einsatz und stellt die höchsten Ansprüche an den "Statusspieler". Der Aufwand trägt jedoch reiche Früchte. Die Haltung innen hoch und außen tief bedeutet: "Ich weiß, was ich will und verfolge meine Ziele geschickt und diplomatisch. Ich übe Einfluss aus!".

Macht ausüben oder Einfluss nehmen

Was ist der Unterschied zwischen Macht und Einfluss? Mit Macht ausüben ist das Durchsetzen der eigenen Interessen auch gegen den Willen anderer gemeint, mit Einfluss nehmen hingegen das Durchsetzen der eigenen Interessen mit Zustimmung der anderen. Der Unterschied erschließt sich aus dem Status-Modell. Innerhalb des Modells ist das Ausüben von Macht dem höheren Status zugeordnet und die Einflussnahme einer Position, die aus dem tieferen Status erwächst.

Dabei erhöht der aus dem höheren Status Agierende die Akzeptanz seiner Macht, je sympathischer er auftritt. Und der aus dem tieferen Status heraus Handelnde? Er gewinnt umso mehr Einfluss, je standfester er seine Interessen vertritt. Historische Beispiele wie Gandhi oder Nelson Mandela verdeutlichen den Unterschied: Die Macht und den höheren Status hatten die politischen Gegner. Aber beide hatten genug Einfluss, um aus dem tieferen Status heraus einen politischen - weitgehend gewaltfreien - Wechsel herbeizuführen.

So entstehen innovative Ideen
So entstehen innovative Ideen
Die besten Ideengeber im Unternehmen sind nicht die Führungskräfte, sondern die Mitarbeiter und die Kunden, sagt Anne M. Schüller.
1. Ist-Analyse:
Beleuchten Sie die zu optimierende Situation beziehungsweise das zu lösende Problem aus verschiedenen Perspektiven, vor allem aber aus der Sicht des Kunden. Machen Sie dazu Kunden- und Konkurrenzbeobachtungen sowie Interviews mit Mitarbeitern und Externen. Auch Branchenfremde können sinnvolle Beiträge liefern.
2. Ziel-Definition:
Wo wollen Sie hin, was soll am Ende des Prozesses erreicht sein? Dies muss deutlich werden, damit die Ideen-Generierung eine Richtung bekommt. Gehen Sie dabei von kundenrelevanten, differenzierenden Merkmalen aus: Was können wir für unsere Kunden besser, schneller, einfacher, billiger machen. Formulieren Sie all das schriftlich.
3. Zusammenstellung des Teams:
Dazu gehören insbesondere die Mitarbeiter, die von der späteren Umsetzung betroffen sind. Damit minimieren Sie von vorne herein aufkommende Widerstände. Sorgen Sie für Visionäre, Querdenker, Missionare, Macher, Kundenbotschafter und Bedenkenträger im Team ebenso wie für Experten und Laien. Mischen Sie alt und jung, Männer und Frauen. Briefen Sie das Team sorgfältig. Ein geschulter Moderator kann helfen, die Prozessschritte zielgerichtet zu steuern.
4. Ideen-Generierung:
Begeben Sie sich an einen neutralen, störungsfreien, inspirierenden Ort und setzen Sie passende Kreativitätstechniken ein. Sorgen Sie am Anfang für gute Laune und ein Kreativ-Warm-up. Zeiteinheiten von 30 bis 60 Minuten sind optimal. Hören Sie nicht zu schnell auf, in dieser frühen Phase benötigen Sie ein Maximum an Ideen. Speichern Sie alle Ideen. Und beachten Sie die drei goldenen Regeln einer Kreativ-Sitzung: - Quantität vor Qualität, Inspiration ist erwünscht - alle Teilnehmer sind gleichberechtigt, keine Hierarchie - keinerlei Kritik, weder positiver noch negativer Art
5. Ideen-Bewertung und -Selektion:
Benutzen Sie jeweils passende Bewertungs- und Selektionstechniken, um die gefundenen Ideen zu verdichten, zu kombinieren und die Spreu vom Weizen zu trennen. Dies kann ein separates Bewertungsteam tun, dem auch Kunden angehören. Erstellen Sie eine Prioritäten-Liste, sortieren Sie nach Marktfähigkeit, Machbarkeit, Zeithorizont, Wirtschaftlichkeit und Nichtkopierbarkeit. Dabei kommt es erfahrungsgemäß zu weiteren Ideen. Am Ende dieses Prozesses verbleiben einige wenige aussichtsreiche Favoriten. Geben Sie diesen Namen und definieren Sie das weitere Vorgehen, beispielsweise in Form eines Projekts.
6. Implementierung:
Sorgen Sie zunächst für interne Akzeptanz, vor allem bei den ‚betroffenen‘ Mitarbeitern. Dies erfolgt am besten durch Involvieren und frühzeitige, regelmäßige, offene Kommunikation. Stellen Sie die notwendigen Ressourcen bereit. Kommunizieren Sie aktiv mit dem Markt, insbesondere mit den anvisierten Zielgruppen und mit der Presse. Bringen Sie Ihre Idee beziehungsweise Innovation zügig in den Markt, und zwar zum richtigen Zeitpunkt. Experimentieren Sie und testen Sie Varianten. Lassen Sie die Kunden schließlich mitentscheiden.
7. Kontrolle und Optimierung:
Vergleichen Sie die Ergebnisse mit Ihrer Zieldefinition. Holen Sie sich Feedback vom Kunden, hören Sie dabei auch auf die leisen Töne und die kritischen Hinweise. Optimieren Sie kontinuierlich, das heißt: Beginnen Sie diesen Prozess von vorn. Sorgen Sie für einen regelmäßigen Nachschub an unverbrauchten, außergewöhnlichen Ideen.

Charismatiker sind Status-Spieler

Charismatische Leader zeichnet aus, dass sie auch in Stresssituationen nicht (unbewusst) den Verlockungen des Hochstatus erliegen. Sie agieren vielmehr auch dann zumeist bewusst aus dem tieferen Status heraus. Ihre innere Haltung ist zwar "hoch" ("Ich weiß, was ich will"), ihre äußere Vorgehensweise jedoch "tief" - also nicht machtvoll, sondern Einfluss nehmend. Sie gleichen einem Schilfhalm, der fest in der Erde verwurzelt sich im Sturm zwar biegt, aber nicht bricht, und sich hinterher wieder aufrichtet.

Die meisten Führungskräfte bevorzugen in Stresssituationen einen Status. Entsprechend gering ist gerade in solchen Situationen ihre Verhaltensflexibilität. Zum Erhöhen der Verhaltensflexibilität gibt es zwei Entwicklungswege:

Weg 1: Führungskräfte, die bevorzugt aus dem Hochstatus heraus handeln, lernen, bewusst in den tieferen Status zu wechseln (innen hoch, außen tief). Subjektiv stellt sich diese Statusbewegung für den Hochstatus-Typen als bewusster Machtverzicht dar, den er nicht ohne weiteres eingehen möchte.

Weg 2: Der Tiefstatus-Typ entwickelt genügend Durchsetzungswillen, um wirklich Einfluss nehmen zu können. Erfahrungen aus Status-Workshops zeigen: Der Weg in die Position der gezielten Einflussnahme muss über den Hochstatus führen. Die Person muss innerlich bereit sein, im Status hochzugehen und diesen auch auszuhalten. Erst dann kann sie den hohen Status wieder verlassen.

Diese Entwicklungsschritte sind wichtig, weil es bei ihnen letztlich darum geht, als Führungskraft eine größere Verhaltensflexibilität und somit auch eine höhere Souveränität zu entwickeln. Oder anders formuliert: Es geht um die Freiheit, selbst zu bestimmen, wie man im Umgang mit anderen auftritt. Und um die Option, im Bedarfsfall blitzschnell den Status zu wechseln, wenn das bevorzugte Status-Spiel nicht zielführend ist. (oe)

Kontakt:

Der Autor Tom Schmitt ist Diplom-Pädagoge, Schauspieler und gemeinsam mit Michael Esser Autor des Buchs "Status-Spiele: Wie ich in jeder Situation die Oberhand behalte". Er arbeitet als Managementberater und Trainer für die Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal (www.kraus-und-partner.de). Tel.: 07251 989034, E-Mail: tom.schmitt@krauspartner.de