Seit das iPad 2 in Deutschland erhältlich ist, immerhin bereits seit Ende März 2011, erfreut sich das Gerät einer anhaltend starken Nachfrage - mit entsprechenden Wartezeiten. Grund genug für den einen oder anderen Besitzer des ersten Apple-Tablets, seine Kaufentscheidung noch einmal zu hinterfragen. Immerhin ist der schicke Flachmann mit knapp 500 Euro Einstiegspreis nicht gerade billig und verspricht auf dem Papier nur graduelle Verbesserungen gegenüber dem bisherigen Device. Hinzu kommt, dass der Verkaufspreis für gebrauchte iPads nach der vorangegangenen Preissenkung nicht gerade hoch ist.
Die Frage, ob sich ein Umstieg lohnt, ist mehr als gerechtfertigt. Schließlich besitzen beide Tablets in etwa die gleichen Abmessungen und verwenden ein 9,7-Zoll-Touch-Display mit 1024 mal 768 Pixeln Auflösung. Einmal aktualisiert. lässt sich auch das neue Betriebssystem iOS 4.3.2 (besser iOS 4.3.3 zur Behebung des Geo-Tracking-Bugs) auf dem Ur-iPad verwenden.
Der auffälligste Unterschied in den Features sind vermutlich die integrierten Kameras beim iPad 2. Beim ersten Anfassen des iPad 2 fällt außerdem sofort auf, dass das Gerät angenehm in der Hand liegt. Denn harte Kanten wie beim Vorgänger sucht man beim iPad 2 vergeblich. Die seitlichen Gehäuseflächen sind jetzt schräg, und auch die "Kante" zum Display ist abgerundet. Dadurch schmeichelt das iPad 2 den Händen noch deutlich mehr als das iPad.
Daneben darf man natürlich die inneren Werte nicht vergessen: Mit einer A5-Dual-Core-CPU mit 1 GHz Taktfrequenz besitzt das iPad 2 über einen leistungsfähigeren Prozessor als der einkernige 1-GHz-A4 des iPad. Außerdem verdopplete Apple im Zuge des Generationswechsels den Arbeitsspeicher auf 512 MB, was einen deutlichen Performance-Gewinn bringt, wie die Messergebnisse zeigen:
In diesem Zusammenhang muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass bereits der erste iPad wenig Grund zu Klagen hinsichtlich der Geschwindigkeit gibt. Grund genug, einen Blick auf die Vorteile des neuen Modells im Praxisbetrieb zu werfen.
Geänderte Haptik, Bedienelemente und Gewicht
Die Bedienelemente des iPad 2 entsprechen in Funktion und Anzahl dem Vorgänger. Jedoch fühlt sich der Home-Button beim Drücken mit leiserem Klick und etwas weicherem Anschlag angenehmer an. Durch die schrägen Außenflächen des Gehäuses sind die Wippe für die Lautstärke, der Sperrknopf sowie der Ein-/Ausschalter ein wenig "versteckt" angebracht. Dadurch lassen sie sich weniger gut erreichen als beim iPad. Natürlich handelt es sich hier um Meckern auf hohem Niveau, aber die Bedienbarkeit hat sich hier leicht verschlechtert. Insbesondere, wenn das iPad 2 auf dem Tisch liegt, sind die Tasten zu sehr versteckt. Auch der Stecker des Dockingkabels und der Kopfhörerstecker schließen nicht bündig mit den Buchsen am iPad 2 ab.
Apples iPad 2 wiegt mit 601 (Wi-Fi) beziehungsweise 613 Gramm (Wi-Fi + 3G) im Vergleich zum iPad 79 (Wi-Fi) oder 117 Gramm (Wi-Fi + 3G) weniger. Das geringere Gewicht klingt in der Theorie sehr wenig und als kaum bemerkbar. In der Praxis macht sich die Schlankheitskur des iPad 2 aber angenehm bemerkbar: Es fühlt sich deutlich leichter an und lässt sich besonders einhändig länger ohne Anstrengung halten.
Beim Einschalten des iPad 2 macht sich noch das hellere Display angenehm bemerkbar. Durch die hohe Leuchtkraft wirken die Farben noch intensiver und klarer als beim bereits guten iPad-Display. Mit gemessenen 350 cd/m² ist der iPad-2-Bildschirm um 27 Prozent heller als der des iPad mit ermittelten 275 cd/m².
Unterschiede: Geschwindigkeit und Akku-Laufzeit
Die Rechenleistung des iPad 2 ist durch den Dual-Core-Prozessor A5 mit seinen Architekturverbesserungen deutlich gestiegen, wie Sie in der Galerie mit den Testergebnissen auf der Startseite sehen können. Im typischen Praxisbetrieb entscheiden aber mehr die "gefühlte" Geschwindigkeit sowie die Reaktionszeiten beim Auslösen von Aktionen.
Während das iPad bereits sehr flink bei fast allen Aktionen agiert und wenig Anlass zu Kritik gibt, zeigt sich beim direkten Vergleich mit dem iPad 2 doch noch ein merklicher Unterschied. So starten die Apps meist deutlich flinker. Apples Numbers beispielsweise benötigt bis zum Anzeigen des Startbildschirms mit den verfügbaren Dokumenten zirka zwei Sekunden, beim iPad verstreichen rund drei Sekunden. Bei Pages ist ein ähnlicher Zeitunterschied festzustellen: Die F1 2011 Timing App startet auf dem iPad 2 nach zwei Sekunden, beim iPad dauert der Vorgang vier Sekunden. Auch der Aufruf von Videos, beispielsweise in einem eMagazin wie Jaguar Issue 1 / 2011, geht beim iPad 2 mit einer statt zwei Sekunden Verzögerung flinker vonstatten. Wird beispielsweise ein pdf in iBooks geschlossen, so erfolgt der Vorgang beim iPad 2 nahezu verzögerungsfrei, während es beim iPad meist eine kurze Wartezeit von einer guten Sekunde gibt.
Die aufgezeigten Unterschiede werden vor allem dann sehr deutlich, wenn bei den Tablets schon sehr viele Apps seit dem letzten kompletten Neustart geöffnet wurden. Der Arbeitsspeicher ist dann überwiegend belegt - ein typisches Praxisszenario. Wird iOS 4.3.2 auf iPad und iPad 2 neu gestartet, dann sind die Zeitunterschiede bei den ersten geöffneten Apps geringer.
Wird mit aktivierten Multitasking-Gesten mit den Fingern durch die offenen Apps gewischt, so gibt es beim iPad 2 seltener ein "Hakeln", und Inhalte stehen öfter sofort zur Verfügung. Beim Scrollen von aufwendigen langen Webseiten mit vielen Bildelementen in Safari ist das iPad 2 ebenfalls im Vorteil: Der Inhalt steht viel häufiger sofort zur Verfügung im Gegensatz zu den grauen Flächen, wo der Content erst nachgeladen wird.
Trotz der höheren Leistung und Displayhelligkeit müssen bei der Akku-Laufzeit - je nach Einsatz - keine Abstriche gemacht werden. Beim Abspielen von Videos mit maximaler Helligkeit (WLAN deaktiviert) hält das iPad 2 sehr gute 8,2 Stunden durch, Apples iPad schafft bei dunklerem Display "nur" 7,3 Stunden. Konträr verhält es sich beim Surfen mit Safari via WLAN (Helligkeit auf 50 Prozent): Das iPad 2 hält erneut sehr gute 9,5 Stunden durch, der Vorgänger aber sogar 12 Stunden.
Smart Cover - geringer Praxisnutzen
Als Zubehör für das iPad 2 bietet Apple das Smart Cover an. Die Schutzklappe gibt es aus Kunststoff (39 Euro) oder Leder (69 Euro). Man klippt das Smart Cover per Magnet an das iPad-2-Gehäuse - für das iPad ist es nicht geeignet. Faltet man das Smart Cover, so dient es als Ständer fürs iPad 2.
In den Einstellungen des iPad 2 findet sich der neue Eintrag "iPad-Hülle verriegeln / entriegeln". Hier wird festgelegt, ob sich das iPad 2 beim Auflegen und Entfernen des Smart Covers automatisch aus- und einschaltet. Zu Beginn mutet das automatische Einschalten beim Aufklappen ganz praktisch an, doch es kann schnell nerven. Denn sehr oft rutscht während des Aufklappens der Daumen, der das iPad 2 festhält, auf das Display und kann ungewollte Aktionen auslösen. Im Testbetrieb wurde solch eine in Bearbeitung befindliche, noch unfertige E-Mail verschickt, weil der Daumen beim Öffnen des Smart Covers ungewollt den Sendeknopf berührte.
Ist das Smart Cover zum Arbeiten umgeklappt auf der Hinterseite des iPad 2, so lässt sich das Tablet unbequemer halten. Im Hochformat gehalten sticht das Metallgelenk des Smart Covers in die Handinnenseite. Wird das iPad 2 im Querformat benutzt, so nervt das von der Rückseite immer wieder wegklappende Smart Cover. Hier wäre ein ebenfalls magnetischer Effekt wünschenswert, damit es an der Rückseite "kleben" bleibt. Mit dem umgeklappten Smart Cover auf der Rückseite verschwindet auch der angenehme handschmeichelnde Effekt beim Halten des iPad 2.
Ein Vorteil des Smartcovers ist dagegen der Reinigungseffekt beim Display, wenn das Cover geschlossen ist. Sobald das iPad 2 dann gehalten wird, bewegt sich die Cover-Innenseite leicht auf dem Glas des Displays. Dadurch wirkt der Bildschirm des iPad 2 nach dem Aufklappen sofort klarer und sauberer als beim iPad. Allerdings sammelt sich auch unter dem Smart Cover entlang der Biegestellen Staub.
Leider schützt das Smart Cover aber nur sehr bedingt vor Kratzern, denn eine Seite des Tablets ist immer ungeschützt. Wer sein iPad 2 viel in Aktentaschen, Rucksäcken oder Ähnlichem mitnimmt, sollte lieber eine richtige Schutzhülle verwenden.
Integrierte Kameras - eingeschränkte Funktionalität
Apple integriert beim iPad 2 auf der Gehäuserückseite eine Kamera für Schnappschüsse. Die 0,7-Megapixel-Kamera bietet eine Auflösung von 960 mal 720 Bildpunkten. Bei guten Lichtverhältnissen gelingen zwar brauchbare Aufnahmen, durch die geringe Auflösung sind die Bilder aber bereits beim Betrachten auf dem iPad 2 pixelig. Bei Kunstlicht oder geringem Umgebungslicht zeigen die Fotos ein starkes Rauschen und wirken unscharf. Jedes halbwegs aktuelle Smartphone eignet sich zum Fotografieren besser als die Kamera des iPad 2.
Ein wenig schärfer, aber ebenfalls mit einem deutlichen Hang zum Farbstich, fallen die Videos aus, die die Kamera mit 720p-Auflösung anfertigt. Für gelegentliche Videoaufnahmen ohne Anspruch reicht die Qualität, für mehr aber nicht. Für die Frontkamera mit 0,3 Megapixeln und 640 mal 480 Bildpunkten Auflösung muss der Qualitätsanspruch bei Bildern und Videos nochmals gesenkt werden.
Generell sollte man die integrierten Kameras des iPad 2 nur für Video-Chat via Facetime oder Skype (iPhone-App funktioniert) verwenden. Hierfür reicht die Qualität einigermaßen aus.
Datenübernahme von iPad auf iPad 2
Wer bereits ein iPad besitzt und auf das iPad 2 wechseln will, dem stellt sich die Frage nach der Möglichkeit der Übernahme von Daten, Apps und Einstellungen auf das neue Gerät. iTunes bietet hierfür die entsprechende Möglichkeit. Bevor Sie aber das iPad 2 einrichten, sollten Sie von Ihrem bisherigen iPad noch ein Backup durchführen.
Ein Backup lässt sich bei iTunes jederzeit manuell starten. Wählen Sie in der Medienspalte unter Geräte das angeschlossene iPad mit der rechten Maustaste aus und rufen im Kontextmenü "Sichern" auf. Das Backup sichert neben den installierten Apps und deren Einstellungen die Konfiguration des iPad sowie die eigenen gesicherten Bilder. Auch die von installierten Apps gespeicherten Daten sowie die in den Freigabeordnern von iTunes abgelegten Inhalte werden gesichert.
Wird das neue iPad 2 erstmals an iTunes angeschlossen, so bietet das Programm die Wahl zwischen dem Einrichten als komplett neues Gerät oder der Datenübernahme vom iPad. Hier können Sie nun von den durchgeführten iPad-Backups das aktuelle auswählen. Nach dem Zurückspielen des iPad-Backups besitzt das iPad 2 aber auch den Namen des iPad. Über zwei Mausklicks in iTunes auf das iPad 2 in der Medienspalte lässt sich das neue Tablet aber wieder beliebig umbenennen. Sowohl das iPad als auch das iPad 2 lassen sich nun unabhängig voneinander mit iTunes synchronisieren und sichern.
Ausgeschlossen von der Datenübernahme sind spezielle auf dem iPad installierte Konfigurationsprofile für Exchange oder Notes. Diese Profile werden meist für die Nutzung der Firmen-Accounts auf dem iPad benötigt. Beim iPad 2 müssen hier entsprechende Profile neu installiert werden.
Fazit
Nach umfangreichen Praxistests und wochenlangem parallelen Arbeiten mit iPad und iPad 2 fällt die Antwort auf die Frage, ob sich der Umstieg lohnt, eindeutig aus: Nein.
Natürlich funktioniert das Arbeiten auf dem iPad 2 nochmals etwas flinker als mit dem iPad. Und ja, das neue Tablet schmeichelt den Händen noch mehr, und es ist etwas leichter. Doch man sollte sich bewusst sein, hier werden subtile Unterschiede auf hohem Niveau beschrieben.
Denn nach wie vor zählt das erste iPad zu den besten auf dem Markt erhältlichen Tablets. Die Geschwindigkeit und die flüssige Bedienung geben kaum Grund zum Nörgeln. Die Vorteile des iPad 2 in Gestalt des Dual-Core-Prozessors und des größeren Arbeitsspeichers fallen erst beim intensiven Arbeiten mit vielen Apps und beim direkten Vergleich mit dem iPad auf. Auch das noch hellere Display des iPad 2 wird erst im direkten Vergleich als besser eingeschätzt. Erfreulicherweise wird die höhere Leistung und Helligkeit des Displays beim iPad 2 nicht mit kürzeren Akku-Laufzeiten erkauft.
Wer unbedingt Videotelefonie mit seinem iPad machen will, der muss auf die zweite Generation umsteigen. Allerdings sollten an die Kameraqualität keine hohen Ansprüche gestellt werden. Und Gimmicks wie das Smart Cover sollten Sie sich vor dem Kauf genau ansehen, ob es wirklich sinnvoll ist - aus unserer Sicht ist es das nicht. (cvi)
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der Schwesterpublikation Tecchannel.de.