Microsoft Azure und Amazon Web Services

Warum sich Machine Learning in der Cloud für Unternehmen lohnt

23.10.2015 von Michael Grözinger
Cloud-Plattformen wie Amazon Web Services oder Microsoft Azure erlauben es, Machine Learning in der Cloud zu implementieren und dann in verschiedenen Anwendungen einzusetzen. Davon profitieren etwa Marketing- und E-Commerce-Spezialisten, aber auch Anwender in der Medizin- und der Automotive-Branche.

Egal ob wir bei Amazon oder Zalando einkaufen, Google Mail nutzen oder einfach nur einen Begriff im Internet suchen: es überrascht uns nicht mehr, dass uns die Online-Händler plötzlich weitere Produkte anbieten, die uns interessieren könnten. Auch dass Anzeigen für Scheidungsanwälte am Seitenrand erscheinen, wenn wir im regen Mailverkehr mit dem frischgeschiedenen Freund stehen: die Maschine hat über uns Daten gesammelt und daraus gelernt, uns zu klassifizieren.

In Zeiten exponentiell zunehmender Rechen- und Speicherkapazitäten ist das Prinzip Machine Learning, also maschinelles Lernen, allgegenwärtig. Anwendungsbereiche von Machine Learning findet man aber nicht nur im Marketing. Sprach- und Bilderkennung und autonome Steuerung werden erfolgreich in Fahrzeugen eingesetzt. Die Medizin nutzt Bilderkennung und Mustererkennung in der Diagnostik, bei der Auswertung von hochdimensionalen genetischen Daten und bei der Analyse neuronaler Verknüpfungen im Gehirn, denn dort finden ja die natürlichen Lernvorgänge statt.

Anders jedoch als im Gehirn, das fast von selbst an Kapazität zulegt, rasant wächst und lernt, stellt Machine Learning enorme Anforderungen an Rechnerkapazität, Design und Implementierung der Lösungen. Verbunden ist das mit hohen Kosten für die Anschaffung und den Betrieb von Systemen.

Cloud Computing steht für flexibel und kosteneffektiv verfügbare Rechenkapazität. Das schließt auch Platform-as-a-Service (PaaS) ein, mit dem Unternehmen aus verschiedenen Komponenten, die in der Cloud ausgeführt werden, neue Lösungen erstellen können. Verschiedene Anbieter haben jetzt ihr PaaS Angebot um Machine Learning erweitert. Kenntnisse der Grundlagen des Machine Learning vorausgesetzt, können Unternehmen schnell und einfach Modelle in der Cloud trainieren und darauf basierende Anwendungen erstellen.

Machine-Learning-Beispiel: Diagnose-App in der Medizin

Ein einfaches Beispiel verdeutlicht das: Es soll eine einfache und praktikable Diagnose-App entwickelt werden, die es ermöglicht, verschiedene Krankheitskategorien zu unterscheiden. Aus früheren Studien liegt eine Datenbank vor, in der für eine Gruppe von Patienten ("Instanzen") eine große Anzahl von Informationen, wie zum Beispiel Laborwerte, Alter, Erkrankungsparameter ("Variablen") und die Einordnung in die Krankheitskategorie vorliegt. Die Entwickler laden diese Daten als .csv-Datei in den Cloud-Speicher und trainieren Modelle mit Hilfe der von ihnen definierten Algorithmen. Die Modelle werden als Web-Services, geschützt durch Zugriffsschlüssel, in der Cloud abgespeichert. Apps oder Web-Anwendungen können dann auf diese Modelle zugreifen. Der Anwender gibt die ihm bekannten Laborwerte in die App ein und erhält z.B. eine Empfehlung, eine Einordnung oder einen Risiko-Wert.

Was Azure- und AWS-Plattformen bieten

Unter anderen bieten Amazon und Microsoft derartige Cloud Plattformen bereits an. Diese können nach der Einrichtung eines kostenlosen Benutzerkontos direkt genutzt werden und bieten eine nutzungsabhängige Abrechnung. Das umfasst die Nutzung der Entwicklungswerkzeuge und den Betrieb der erstellten Modelle als Web Services.

Die grundsätzlichen Funktionen solcher Plattformen sind:

So wird ein Experiment mit Microsoft Azure Machine Learning erstellt.
Foto: Microsoft

Wann rentiert sich Machine Learning in der Cloud?

Die oben beschriebenen Cloud Dienste lassen sich vor allem dann gut einsetzen, wenn die Daten, die ausgewertet werden sollen, kontinuierlich entstehen und die Datenquellen sich an verschiedenen Orten im Internet befinden. Der Einsatz einer Cloud-basierten Lösung lohnt sich umso mehr, wenn die Machine-Learning-Services von vielen Nutzern verwendet werden. Wenn die Daten in einer großen Datenbank lokal gespeichert sind und die Ergebnisse nur intern genutzt werden, ist es gegebenenfalls sinnvoller, die Lösung im eigenen Rechenzentrum zu implementieren.

Fazit

Grundsätzlich bieten Cloud-basierte Machine Learning Services den Vorteil, dass die Erfahrungen und Kenntnisse großer Dienstleister und Softwareentwickler in die Lösungen eingeflossen sind. Der Einstieg in Machine Learning wird den Anwendern durch kostenlose Test-Abonnements leicht gemacht. Diese sind zeitlich und bezüglich der Datenmengen und Rechenkapazität begrenzt, ermöglichen aber erste Erfahrungen.

Ohne dass es uns bewusst ist, hat Machine Learning unser tägliches Leben durchdrungen und wurde unverzichtbar. Bei der Verarbeitung von Daten mit Machine-Learning-Anwendungen in der Cloud ist Datensicherheit und Datenschutz eine wichtige Aufgabe. Dazu sollten Datenschutzbeauftragte beim Design frühzeitig eingebunden werden. (wh)