Big Data, Analytics und Cognitive Computing

Warum kognitive Systeme wichtig werden

09.08.2016 von Lynn-Kristin Thorenz  
Lesen Sie, welche Vorteile kognitive Systeme Unternehmen bringen und wie Sie Projekte richtig aufsetzen.

Der Markt für kognitive Systeme (Cognitive Systems) wächst stetig. IDC erwartet, dass die weltweiten Ausgaben für kognitive Lösungen bis zum Jahr 2020 bei über 40 Milliarden Dollar liegen. Bis dahin soll zudem die Hälfte aller Lösungen für Business Analytics auch Prescriptive Analytics auf der Basis kognitiver Algorithmen beinhalten.

Was sind kognitive Systeme?

IDC definiert kognitive Systeme als eine Technologie, die durch die tiefgehende Verarbeitung und das Verständnis natürlicher Sprache Fragen beantworten sowie Rat und Anleitung bieten kann. Das System stellt Hypothesen auf und formuliert mögliche Antworten anhand der verfügbaren Hinweise. Es kann durch die Analyse großer Content-Mengen trainiert werden; das System lernt zudem aus seinen Fehlern und Misserfolgen.

Kognitive Software-Plattformen stellen eine Untermenge des allgemeinen Markts für kognitive Systeme dar. Sie arbeiten in erster Linie mit unstrukturierten und semistrukturierten Informationen, um daraus eine kuratierte Informationsbasis und Wissenskarte zu erzeugen. Diese Informationen können durch Techniken der künstlichen Intelligenz (KI) und Algorithmen wie maschinelles Lernen, neuronale Netze und Deep Learning ausgeschöpft und analysiert werden. Empfehlungen, Prognosen und Rat auf Basis dieser künstlichen Intelligenz stellen den Anwendern Antworten und Unterstützung in einer breiten Palette von Applikationen und Anwendungsfällen zur Verfügung.

Kognitive Systeme schaffen neue Skaleneffekte im Unternehmen.
Foto: hafakot - www.shutterstock.com

Fünf Gründe für den Einsatz kognitiver Systeme

Fünf Gründe sprechen dafür, dass kognitive Systeme in Zukunft vor allem für die Unternehmen wichtig werden, die primär auf den Endverbraucher abzielen:

IDC beobachtet, dass Unternehmen kognitive Systeme als Katalysator für die Weiterentwicklung der Geschäftsprozesse und zur Schaffung neuer Skaleneffekte nutzen. Große Unternehmen im Gesundheitswesen untersuchen, wie kognitive Systeme dabei helfen können, "Best Practice"-Diagnosen und Behandlungen unabhängig vom Wohnort der Patienten zu demokratisieren und zu beschleunigen. Weltweit agierende Finanzdienstleister sind dabei, über alle Kanäle hinweg automatisiert Finanzberatung und Kundenservice auf Basis kognitiver Technologien bereitzustellen. Einige dieser Finanzdienstleister nutzen kognitive Systeme, um manuelle Workflows und Geschäftsprozesse bei Finanztransaktionen zu beschleunigen, zu automatisieren oder sogar abzuschaffen. Die verarbeitende Industrie arbeitet an ausgefeilten Strategien für Predictive Maintenance auf der Basis von IoT und kognitiven Systemen. Dies sind nur einige Beispiele für hunderte von Einsatzszenarien, die Unternehmen bereits evaluieren. Eine Triebfeder dabei: Die Märkte und Mitbewerber beginnen, künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und kognitive Systeme anzunehmen.

Der Business Case für kognitive Systeme

Endkunden-orientierte Unternehmen sollten bei der Entwicklung von Business Cases einige Unterschiede zu herkömmlichen Unternehmensanwendungen und Technologien beachten:

Wer sind die wichtigsen Stakeholder im Unternehmen?

Es gibt drei kritische Gruppen von Entscheidungsträgern, die in den Aufbau eines Business Case für kognitive Systeme einbezogen werden sollten:

Fachbereiche: Nach der Beobachtung von IDC sind es die Fachbereiche, die die Entwicklung kognitiver Software-Plattformen vorantreiben. IDC geht davon aus, dass dieser Trend weiter anhalten wird. Um zu verstehen, wie eine neue Technologie konkret eingesetzt werden kann, um bislang kaum realisierbare Ziele zu erreichen, braucht man Menschen, die tief in die geschäftliche Seite eingebunden sind. Zudem sind es die Fachbereiche, die wissen, wo die größten Potenziale für ein kognitives System liegen und wo es am besten genutzt werden kann.

IT: Ungeachtet des oben erwähnten Aspekts sollten CIOs und CTOs bei der Auswahl des Anbieters und bei der Implementierung eingebunden sein. IDC glaubt, dass es nur schwer möglich ist, ohne Einbindung der IT-Abteilung einen langfristigen, technologisch begründeten Wandel bei den Geschäftsprozessen zu erzielen. Dies gilt auch dann, wenn man auf externe Dienstleister setzt. Warum ist das so? Um effektiv zu sein, können kognitive Systeme nicht als isolierte Silos betrieben werden. Daraus ergibt sich, dass die IT-Abteilung einbezogen werden muss - insbesondere, wenn im Rahmen dieser Initiative auch Cloud-Dienste zum Einsatz kommen sollen. Die IT spielt bei der Entwicklung kognitiver Systeme eine entscheidende Rolle: Sie unterstützt dabei, die relevanten Datenquellen zu identifizieren. Sie arbeitet gemeinsam mit den Anbietern der kognitiven Systeme daran, die Daten- und Systemqualität sicherzustellen. Und schlussendlich fungiert die IT als Clearing-Stelle, in der alle Anfragen aus den verschiedenen Geschäftsbereichen nach kognitiven Systemen zusammenlaufen.

Spezialisten: Auch, wenn diese Gruppe eine Teil- oder Schnittmenge der bereits erwähnten Entscheidungsträger sein kann: Bestimmte Spezialisten sind entscheidend für eine erfolgreiche Implementierung. Data-Science-Experten etwa für statistische Analysen, mathematische Modelle oder für die Entwicklung von Algorithmen. Oder Experten für das jeweilige Fachgebiet. Und nicht zuletzt Business-Analysten für die Wissensdarstellung und um zu verstehen, wie kognitive Systeme bessere Entscheidungsprozesse ermöglichen oder unterstützen können. In vielen Fällen versuchen kognitive Systeme, die Lernvorgänge und die Expertise dieser Spezialisten zu kodifizieren. Somit ist es entscheidend, dass diese Experten frühzeitig in den Entwicklungsprozess eingebunden werden.

Wie kann Ihr Unternehmen von kognitiven Systemen profitieren?

Aus Sicht von IDC sollten Sie mit den folgenden vier Maßnahmen in Ihr Projekt starten:

So starten Sie Ihr Cognitive-Projekt

Das sollten Sie sofort tun: Identifizieren Sie die wichtigen Entscheidungsträger und Geschäftsprozesse oder Funktionen für kognitive Systeme. Nutzen Sie die Gedanken dieses Papiers, um die Unterstützung für die nächsten Schritte zu erlangen. Gehen Sie auf dem Weg hin zu kognitiven Systemen erst weiter, wenn der CEO das Projekt einem Fachbereich verantwortlich zur Implementierung zugewiesen hat. Unterschwellig werden kognitive Systeme oft als Einstieg in den umfassenden Abbau von Arbeitsplätzen wahrgenommen. CEOs müssen sich aktiv mit dieser Befürchtung auseinandersetzen und deutlich machen, in welchem Rahmen derartige Initiativen die Arbeitsplätze stärken oder diese ersetzen. Das sind Basistugenden des Change Managements. Trotzdem ist es sehr wichtig, dass alle Mitarbeiter den klaren und zwingenden Grund für diese Veränderung verstehen.

Innerhalb eines Monats: Treffen Sie eine engere Auswahl möglicher Dienstleister für die Implementierung. Nehmen Sie mit diesen informelle Gespräche über die geplanten Ergebnisse auf, die Sie sich von kognitiven Systemen erwarten. Entscheiden Sie auf Basis der Rückmeldungen, ob und gegebenenfalls wie Sie Ihre Planung anpassen sollten. Selbstverständlich sollte dieser Ratschlag für Behörden und andere Organisationen der öffentlichen Hand an die bestehenden Beschaffungsregularien angepasst werden. Umfasst das Projekt mehrere kognitive Systeme, sollten Sie diese in eine passende Abfolge bringen. Es ist in Ordnung, mit einem kleinen Projekt oder mit mehreren Projekten zu beginnen. Stellen Sie jedoch sicher, dass alle Anstrengungen zu einem kohärenten Ganzen führen.

Innerhalb von drei Monaten: Wählen Sie Ihren bevorzugten Service-Provider und alle weiteren notwendigen Dienstleister aus. Für die Vertragsgestaltung empfiehlt IDC, dass sich alle Zahlungen an die beteiligten Dienstleister erfolgsabhängig an Ihren durch das Projekt erreichten Geschäftsnutzen orientieren. Diesen haben Sie als Teil des Business Case für die Implementierung kognitiver Systeme festgelegt. Auch, wenn das nicht für alle anfallenden Kosten funktionieren wird: Sie sollten dennoch darauf achten, dass dieser Posten auf der Rechnung groß genug ist, um die Interessen Ihres Unternehmens zu wahren und die Motivation der ausgewählten Dienstleister zu fördern.