KOLUMNE

Wang: Ende eines Traumes

26.03.1993

Die Ankuendigung, dass sich ein Hardwarehersteller zu einem Software-Anbieter wandeln will, waere an sich keinen besonderen Hinweis wert. Kein Mainframer, kein Mini-Macher, der solches nicht vorhaette - nehmen wir IBM, nehmen wir Unisys, nehmen wir DEC, SNI und Bull. Meist steckt nicht mehr dahinter als defensives Marketing, das Eingestaendnis naemlich, dass man keine konkurrenzfaehigen Produkte hat. Und noch steht die Nagelprobe aus, was denn dran ist an den Softwarekuensten von IBM & Co. - ueber Ansaetze sind die Weichware-Moechtegerne bisher nicht hinausgekommen. Betroffen macht dagegen, dass Wang von der Hardwarebuehne abtreten muss (Seite 6).

Wang ist ja nicht irgendein Hersteller. Mit der Wang-Philosophie, sich keinem Schema unterzuordnen, konnten sich viele identifizieren: die Mitarbeiter, die Kunden und unter den Konkurrenten diejenigen, die sich mit einer IBM-Gefolgschaft nicht zufriedengeben wollten. Das war keine Loyalitaet, die mit dem Portemonnaie wuchs oder schwand - man konnte stets gewiss sein, etwas Besonderem beizuwohnen.

Fuer das Wang-Image einer Technology-Company, die mehr wollte, als Blech verkaufen, stand bis zu seinem Tode im Jahre 1990 der Mann, der das Unternehmen 1951 gruendete und ihm seinen Namen gab: Dr. An Wang, der "Doktor", wie er respektvoll genannt wurde. Wang hat sich um die Computerindustrie verdient gemacht. Der gebuertige Chinese war in den spaeten 40er Jahren am Harvard-Institut beteiligt an Forschungsarbeiten, die die Geburt des Kernspeichers einleiteten. Dass andere dafuer Ruhm und Geld einheimsten, hat Wang verschmerzt - sein eigenes Unternehmen war sofort erfolgreich.

Wang stand in der Computerei der 70er Jahre fuer die Verwirklichung des amerikanischen Traums: Ein ehrgeiziger Einwanderer baute ein Weltunternehmen auf, das sich neben den ganz Grossen der Computerbranche behauptete. In den 80ern begann An Wangs Stern zu sinken. Ueber die Ursachen ist alles gesagt worden: Als Newcomern wie Apple, Compaq und Sun mit PCs, Workstations und offenen Midrange-Systemen der Durchbruch gelang, reagierte Wang zu spaet.

Nach der Reorganisation hat Wang aufgehoert, ein Familienunternehmen zu sein. Fuer das Management kommt es jetzt darauf an, den letzten Teil des Wang-Erbes zu verteidigen, eine Idee, die Bestand haben sollte: dass Produkte nicht beliebig austauschbar sind. Der mit HP abgeschlossene Kooperationsvertrag koennte einen neuen Anfang bedeuten. Ein schwerer Gang steht bevor. Es waere schon hilfreich, wenn sich die Anwender daran erinnerten, weshalb Wang einmal erfolgreich war: nicht zuletzt durch den Willen, blossen Konformismus zu vermeiden - Nachahmer haben wir genug.