IoT-Trends 2018

Vom IoT-Projekt zur IoT-Plattform

14.02.2018 von Stefan  Ried
Welche kritischen Hindernisse bei IoT-Projekten sind im Jahr 2018 zu beachten? Crisp Research beleuchtet die wichtigsten technischen Innovationen und Markttrends für 2018 sowie die Entwicklung der IoT-Geschäftsmodelle.
2018 wird (erneut) ein spannendes Jahr für IoT.
Foto: Panchenko Vladimir - shutterstock.com

Das IoT-Jahr 2018 ist schon in vollem Gange. So gab es die ersten Ankündigungen und auch wegweisende Konferenzen wie die CES in Las Vegas im Januar fanden bereits statt. Was bedeutet das für den IoT-Markt, Technologien und die Anwendungen dieses Jahr? Crisp Research macht nach dem spannenden Januar einen Ausblick auf die Top-IoT-Technologie-Trends, die Business-Adoption und letztlich auch auf die Hindernisse, die wir in 2018 für IoT weiterhin oder neu erwarten:

Weiterhin sehr hohe Innovationsgeschwindigkeit bei IoT

Schon in den letzten beiden Jahren gab es eine große Zahl von neuen Produkten und Companies zum Thema IoT. In 2017 sind auch die drei Hyperscaler AWS, Azure und Google auf den IoT Zug mit eigenen Portfolio-Elementen aufgesprungen. Diese Geschwindigkeit wird dieses Jahr eher noch zunehmen. Wir erwarten im einzelnen folgenden Trends:

Entwicklung der Public Cloud Workloads
Foto: Crisp Research AG

IoT-Technologien und -Anbieter werden vergleichbarer

Während es im letzten Jahr in einigen Produktsegmenten nur einzelne Anbieter gab, ist dieses Jahr das “Jahr der großen Auswahl”. Ein Beispiel ist das SaaS-Segment unter den IoT Cloud Services, das wir schon in diesem Analyst View beleuchtet hatten: Microsoft IoT Central: SaaS wird auch für IoT Mainstream.

Wir erwarten, dass auch die verbleibenden großen Hersteller und noch einige weitere Startups dieses Jahr in das Segment einsteigen. Insgesamt strukturiert sich der Markt nach IoT Cloud Services, IoT Edge Technologien, IoT-Entwicklungsdienstleistungen und letztlich IoT Software Stacks für Telcos.

IoT-Produkte und -Strategien der Hersteller
IoT-Produkte und -Strategien der Hersteller
Im Zukunftsmarkt des Internet of Things (IoT) bringt sich nahezu jeder große IT-Hersteller in Stellung. Manchmal ist der Marktzugang nachvollziehbar, manchmal werden auch Nebelkerzen geworfen und vorhandene Produkte umdefiniert. Wir geben einen Überblick über die Strategien der wichtigsten Player.
Microsoft
Wie über 200 andere Unternehmen war der Softwarekonzern bis vor kurzem Mitglied in der von Qualcomm initiierten Allianz AllSeen und wechselte kürzlich in die neu formierte Open Connectivity Foundation. Deren Ziel ist die Entwicklung einer einzelnen Spezifikation oder zumindest eines gemeinsamen Sets an Protokollen und Projekten für alle Typen von IoT-Geräten.
Microsoft
Auf Client-Seite fungiert Windows 10 IoT Core als mögliches Betriebssystem für industrielle Geräte. Das Beispiel zeigt ein Roboter-Kit.
Microsoft
Als Cloud-Plattform stellt Microsoft die Azure IoT-Suite bereit. Diese enthält bereits einige vorkonfigurierte Lösungen für gängige Internet-of-Things-Szenarien. Mit dem Zukauf des italienischen IoT-Startups Solair wird das Portfolio erweitert.
Amazon
Das Portfolio erstreckt sich mit AWS Greengrass bis in den Edge-Bereich. So können IoT-Devices auf lokale Ereignisse reagieren, lokal auf die von ihnen erzeugten Daten wirken können, während die Cloud weiterhin für Verwaltung, Analyse und dauerhafte Speicherung verwendet wird.
IBM
Im März 2015 hat Big Blue mitgeteilt, über die nächsten vier Jahre rund drei Milliarden Dollar in den Aufbau einer IoT-Division zu investieren. Sie soll innerhalb des Unternehmensbereichs IBM Analytics angesiedelt sein. IBM will hier neue Produkte und Services entwickeln. Im Zuge dessen wurde auch die "IBM IoT Cloud Open Platform for Industries" angekündigt, auf der Kunden und Partner branchenspezifisch IoT-Lösungen designen und umsetzen können.
Intel
Obwohl sich Intel mit seinen Ein-Prozessor-Computern "Galileo" und "Edison" im Bereich der Endgeräte für das Zeitalter von Wearables und IoT schon gut gerüstet sieht, will das Unternehmen mehr vom Kuchen. "Das Internet of Things ist ein End-to-End-Thema", sagte Doug Fisher, Vice President und General Manager von Intels Software and Services Group, zur Bekanntgabe der IoT-Strategie vor einem halben Jahr. Deren Kernbestandteil ist demnach ein Gateway-Referenzdesign, das Daten von Sensoren und anderen vernetzten IoT-Geräten sammeln, verarbeiten und übersetzen kann.
Intel
Im Zentrum der IoT-Strategie des Chipherstellers steht eine neue Generation des "Intel IoT Gateway". Auf Basis der IoT Plattform bietet Intel eine Roadmap für integrierte Hard- und Software Lösungen. Sie umfasst unter anderem API-Management, Software-Services, Data Analytics, Cloud-Konnektivität, intelligente Gateways sowie eine Produktlinie skalierbarer Prozessoren mit Intel Architektur. Ein weiterer maßgeblicher Bestandteil der Roadmap ist IT-Sicherheit.
SAP
Bei der SAP IoT-Plattform "HANA Cloud Platform for IoT" handelt es sich um eine IoT-Ausführung der HANA Cloud Platform, die um Software für das Verbinden und Managen von Devices sowie Datenintegration und -analyse erweitert wurde. Die Edition ist integriert mit SAPs bereits vorgestellten IoT-Lösungen "SAP Predictive Maintenance and Service", "SAP Connected Logistics" und "Connected Manufacturing".
Hewlett-Packard
HP hat Ende Februar 2015 seine "HP Internet of Things Platform" präsentiert. Das Unternehmen richtet sich damit an "Communications Service Providers", die in die Lage versetzt werden sollen, "Smart Device Ecosystems" zu schaffen - also in ihren Netzen große Mengen an vernetzten Produkten und Endgeräten zu verwalten und die entstehenden Daten zu analysieren.
PTC
Mit der Übernahme von ThingWorx konnte der amerikanische Softwareanbieter PTC zu Beginn vergangenen Jahres zum Kreis der vielversprechendsten Internet-of-Things-Anbieter aufschließen. Das Unternehmen bietet mit "ThingWorx" eine Plattform für die Entwicklung und Inbetriebnahme von IoT-Anwendungen in Unternehmen an.

2018 wird Edge-Computing erwachsen

Bisher hatten Controller und Gateways vor Ort oft nur proprietäre Vorverarbeitung oder sogar nur das plumpe Weiterreichen von Daten aus einen Feldbus ins IP-Netz übernommen. In 2018 werden aber nicht nur günstige Edge Devices leistungsfähiger, es kommen auch mehr und mehr erfolgreiche Software-Frameworks in leichtgewichtigen Versionen auf den Markt, die tatsächlich auf der Edge ordentlich laufen.

Im Detail erwarten wir einige paketierte Software-Frameworks aus dem Cloud-native “CNCF” Stack, die auch auf Edge Devices in 2018 lauffähig werden genauso wie einige kommerzielle Cloud Services. Ein Anfang hatte bereits letztes Jahr AWS mit dem Produkt Greengrass gemacht, dass das AWS Event Processing Lambda direkt auf Edge Devices in der Größe eines Raspberry PI lauffähig macht. Im Detail werden Frameworks aus diesen drei Bereichen im Jahr 2018 nachziehen.

IoT-Entwickler und -Architekten können sich schon heute auf die Verfügbarkeit weiterer Cloud-native Software-Komponenten auf ihren Edge-Devices vorbereiten, indem auch auf der Edge mit Container-Technologie gearbeitet wird. Nach der großen Verbreitung von Kubernetes in der Cloud, erwarten wir für 2018 noch mehr “Downsize to the Edge” der Container-Technologien.

Noch nie so viele Connectivity-Optionen für IoT-Devices

Tatsächlich sind die wenigstens IoT-Devices direkt in Unternehmensnetzen oder einem Home-WLAN eingebunden. Auch wenn zum Beispiel durch kostengünstige Wifi-Controller, wie den beliebten ESP8266 von Espressif, die Kosten für Wifi-Access extrem nach unten gegangen sind, wird in 2018 die Zahl der IoT-Devices außerhalb schneller IP Netze rapide wachsen. Zwischen den langsamen und batteriesparenden LoRa- und Sigfox-Netzen und dem aufwendigen 3G- und LTE-IP-Netzen etabliert sich in 2018 zusätzlich das Narrow-Band IoT. Mit Transferraten von bis zu 250 kBit/s bildet es die leistungsfähigste Ausprägung der Low-Power-Wide-Area (LPWA)-Netze.

Gleichzeitig nehmen die 5G-Aktivitäten der Telcos und Equipment-Hersteller konkrete Formen an. So haben beispielsweise gerade die Telefónica zusammen mit Huawei eine 5G-Testumgebung vorgestellt, in der Ultra-Reliable and Low-Latency Communication (URLLC) möglich ist. Damit können zum Beispiel autonom fahrende Autos untereinander kommunizieren, ohne dass ein LTE-Sendemast mit Latenzen dazwischen ist. So können Abstandswerte von Auto zu Auto weitergegeben werden und Auffahrunfälle vermieden werden.

Man spricht in dem Zusammenhang von der Kommunikation aus Fahrzeugen zu beliebigen Gegenstellen (5G-V2X). Crisp Research erwartet deshalb, dass in dem IoT-Connectivity-Spektrum nicht nur die Balance aus Preis und Bandbreite, sondern zusätzlich die Latenz oder Topologie als weitere Dimension bei der Auswahl im Jahr 2018 relevant wird. Das beinhaltet auch Kombinationen aus modernen lokalen Funkprotokollen wie Bluetooth Mesh und LPWA Optionen. Der Mobile World Congress Ende Februar in Barcelona wird das Spektrum aufzeigen.

Moore’s Law hat bei IoT eine ganz neue Bedeutung: Batterielaufzeit!

Wer in der Technologieindustrie kennt sie nicht, die Abschätzung von Intel-Mitbegründer Gordon Moore aus dem Jahre 1965, die besagt, dass sich die Komponentendichte ca. alle 18 Monate verdoppelt. Zudem gibt es auch den Preisverfall, der einer ähnlichen Exponentialkurve folgt. Für die IoT-Welt ist aber neben Preis und Leistung der Stromverbrauch extrem entscheidend. Oftmals ist die Leistung schon vollkommen ausreichend und die Einsatzszenarien hängen entscheidend davon ab, wie lange eine Batterieladung hält.

Wir gehen davon aus, dass entweder durch kontinuierliche Weiterentwicklung oder durch disruptive Technologien wie e-Paper bei IoT-Sensoren und -Gateways in den nächsten 18 Monaten nicht unbedingt die Leistung verdoppelt wird, sondern vor allem die Energieaufnahme halbiert wird. Damit sind sogar Devices möglich, die über ein LPWA-Netzwerk dauernd online sind und trotzdem nur alle zehn Jahre neue Batterien brauchen.

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Erforderliche Technik für IoT
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IoT-Einführung in der Produktion
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Vom Technologieexperiment zum Business Modell

Während im letzten Jahr noch sehr viele Unternehmen mit den IoT-Piloten experimentiert haben um die Technologien zu lernen, gehen wir in 2018 in eine ganz andere Phase. Die technischen Möglichkeiten sind von vielen innovativen Unternehmen verstanden und man fängt vermehrt an, mit den Geschäftsmodellen zu experimentieren.

Crisp empfiehlt dabei, immer auch Geschäftsmodelle - genauso wie Anwendungen - möglichst klein und agil nach einem Minimal Viable Product Ansatz (MVP) auszuprobieren. Das Minimum Viable Business Model (MVBM) sollte dabei eine erste Antwort auf das Wertversprechen, den Zielmarkt und das Alleinstellungskriterium liefern. Kommt das nicht bei einem möglichen Käufer an, muss man dringend in die nächste Iteration des Geschäftsmodells. Time-To-Market ist in 2018 entscheidender denn je, da wir folgende IoT-Adoption-Trends sehen:

IoT ist kein ungebremster Boom

Trotz der atemberaubenden Technologie-Entwicklung und einer langsam zunehmenden Innovationskraft bei den IoT-Geschäftsmodellen gilt es auch in diesem Jahr immer noch einige Klippen zu umschiffen. Einige IoT-Projekte werden dabei auch auf Grund laufen oder untergehen.

Alles in Allem könnte das IoT-Jahr 2018 nicht spannender werden. (mb)