Byod und IT-Consumerisation richtig nutzen

Vom Alleinherscher zum Mobile Hero

23.02.2012 von Manfred Bremmer
Mit der Einführung von mobilen - oder schlimmer - privaten Endgeräten ins Unternehmen befürchten viele IT-Verantwortliche einen Kontrollverlust. Die Angst ist nicht unbegründet, dennoch können auch sie von der Mobile-IT-Revolution profitieren.
Smartphones und Tablets sind mehr als nur nüchterne Arbeitsgeräte.
Foto: Darren Baker/Fotolia

Der Siegeszug von Smartphones und Tablets im Geschäftsalltag stellt IT-Abteilungen weltweit vor neue Herausforderungen. Mit der Einführung von oftmals auch privat genutzten Mobilgeräten müssen zahlreiche Aspekte neu betrachtet und adressiert werden, etwa Sicherheit und Compliance, das Management unterschiedlicher Devices und Software-Plattformen oder die Applikationsverwaltung. Dennoch sollten CIOs das Thema nicht ignorieren - es handelt sich um den Beginn der Mobile-IT-Revolution.

Dieser Meinung ist zumindest Robert Tinker, CEO und Mitbegründer des Mobile-Device-Management-Anbieters MobileIron. "Mit dem Business-Einsatz mobiler Geräte endet der alte "Command & Control"-Ansatz", erklärt er im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE. Mobile-IT funktioniere ganz anders als die IT der PC-Ära. Entsprechend müsse man auch einen anderen Ansatz als bei der Einführung von Notebooks fahren.

Die Unterschiede sind bei näherer Betrachtung nicht von der Hand zu weisen: Bei Smartphones und Tablets befindet sich die gesamte IT-Infrastruktur und Applikationsvielfalt auf dem Gerät, der Entwicklungszyklus beträgt in der Regel gerade einmal drei bis sechs Monate, gleichzeitig müssen mehrere Betriebssysteme unterstützt werden und die Leistungsvielfalt wird durch den Benutzer bestimmt. Last, but not least zwingt Mobile-IT CIOs auch bei der Absicherung der Devices zum Umdenken - neue Sicherheitsverfahren sind erforderlich.

Was aber noch wichtiger ist: Es findet eine Demokratisierung der IT statt, der Anwender rückt stärker in den Mittelpunkt, anstatt wie bisher nur Vorschriften zu erhalten, sind er und IT-Verwaltung in puncto Verantwortung plötzlich gleichgestellt. Außerdem werden Geräte nicht nach strikten Vorgaben von der IT-Abteilung ausgewählt und verteilt, sondern auf Druck von unten, den Anwendern und Geschäftsbereichen, eingeführt. Ähnliches gilt für Enterprise-Apps - Vorschläge zu Funktionen und Lösungen, um den Workflow zu verbessern, kommen häufig direkt aus den Abteilungen.

Mit den Wölfen heulen

So unbeliebt oder gar gefürchtet das Thema Konsumerisierung der IT oder Byod bei vielen IT-Verantwortlichen derzeit ist, es hat auch seine guten Seiten, etwa bei der Rekrutierung von neuen Mitarbeitern: Da Smartphones und Tablets ein gewisses Prestige besitzen, werden sie als Statement in punkto Unternehmenskultur gesehen und verbessern so - bei vergleichsweise geringem Aufwand - die Attraktivität als Arbeitgeber. Christoph Baumgärtner, DACH-Geschäftsführer von MobileIron, verweist in diesem Zusammenhang auf den Kunden Lidl. Dieser hatte früher Schwierigkeiten, Filialleiter zu finden und zu halten - unter anderem wohl, weil in den Büros oftmals sogar PCs fehlten. Mit dem Einsatz von iPads und einer entsprechenden Mobility-Strategie sei es dem Discounter schließlich gelungen, die Wahrnehmung bei potenziellen Arbeitnehmern zu verbessern und damit letztendlich die Besetzungsprobleme zu lösen.

MobileIron MDM
Übersicht App Storefront MobileIron
Über die App Storefront werden dem Anwender passende und vor allem erlaubte Apps angezeigt...
App Storefront MobileIron
Der Download erfolgt über das MDM-System und OTA.
MobileIron Device registrieren
Auf der MDM-Konsole kann der IT-Admin zahlreiche Geräteinformationen einsehen und bearbeiten.
MobileIron App Kontrolle
Einfache Regeln verhindern etwa die Installation unerwünschter Apps durch den Anwender.
MobileIron Policy verletzt
Verstößt ein Anwender gegen Policies, schlägt das MDM-System Alarm und der Admin kann entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen.
MobileIron iOS-App Activity
Als besonderes Extra kann man innerhalb der App die verfügbare Bandbreite testen und die Daten zentral verfügbar machen.
MobileIron iOS-App
Das Menü des iOS-Clients MyPhone@Work

Dass sich die Mobilisierung aber auch generell, belegt eine weltweite Umfrage von Cisco unter knapp 3000 Studenten und jüngeren Arbeitgebern. So gaben zwei von fünf Teilnehmern an, dass sie einen schlechter bezahlten Job bevorzugen würden, wenn sie dafür mehr Flexibilität in puncto Device-Auswahl, Zugang zu Social Media und Mobilität hätten (Cisco Connected World Technology Report, PDF). Damit nicht genug, bekundeten 41 Prozent der jungen Angestellten, ihr Arbeitgeber habe mit einer liberalen Social-Media- und Device-Policy geworben, um sie anzuheuern. Daneben sei Mobile auch einer der wenigen Bereiche, wo sich der CIO bei aktuellen und künftigen Anwendern beliebt machen könne - er werde zum Mobile Hero, tröstet MobileIron-CEO Tinker.

Längerfristig gesehen, da decken sich die meisten Studien und Experten-Meinungen, werde man die mobile Revolution bestenfalls verzögern, nicht jedoch verhindern können. So ergab etwa eine Accenture-Umfrage unter 250 deutschen Angestellten, dass 67 Prozent der Befragten zumindest gelegentlich private Computer und Smartphones nutzen, um beruflichen Aufgaben nachzukommen. Ähnlich wie bei den ersten, von Managern ins Unternehmen eingeschleppten, iPhones stehen dabei zwar primär PIM-Funktionen wie der Aufruf geschäftlicher Mails oder Kalenderdaten von unterwegs im Vordergrund. Werden die Geräte aber erst einmal im Business genutzt, kommen schnell Überlegungen, wie man sie noch einsetzen kann. Damit nicht genug, rückt die "Gefahr" unaufhaltsam näher: Nachdem sich Byod bereits in den USA weit verbreitet hat, geht MobileIron-Chef Tinker davon aus, dass der Trend im laufenden Jahr auch in Europa anziehen wird.

MobileIron als Anbieter von Lösungen zur Absicherung und Verwaltung von mobilen Endgeräten kommt der Trend gelegen. Das 2008 gegründete Unternehmen aus Kalifornien hat im vergangenen Jahr mehr als 1400 Unternehmen weltweit als Kunden gewonnen. Darunter sind mehr als hundert Fortune-500- und Global-250-Companies, hierzulande zählen 30 Prozent der Dax-Unternehmen zur MobileIron-Klientel.

Der Großteil der Kunden setze dabei auf die Apple-Plattform iOS, aber auch Android komme massiv, so Tinker. Das offene Betriebssystem nehme dabei häufig den Platz von Windows Mobile ein, weil es angepasst und gehärtet werden könne. Daneben würden sich aber oft auch die Anwender ganz gezielt für ein Android-Device entscheiden. Größte Herausforderung für die Plattform sei dabei die Fragmentierung in verschiedene Versionen sowie die fehlende Initiative von Google, das Android-Ökosystem sicherer zu machen. Immerhin investierten Gerätehersteller wie Samsung, HTC und Motorola kräftig in Enterprise-Security, ergänzt der MobileIron-Chef.

Mobilisierungs-Trends

Generell investierten Unternehmen Tinker zufolge sowohl in Tablets wie auch in Smartphones. Dabei würden einfache Mobiltelefone häufig sukzessiv mit Auslaufen des Vertrags durch Smartphones ersetzt, während bei den Tablets oft in kurzer Zeit große Mengen eingeführt würden - in diesem Jahr rechnet Tinker auch hierzulande mit den ersten Rollouts im fünfstelligen Bereich.

Dies müsse nicht unbedingt zum Schreckensszenario für die IT-Abteilung werden, erklärt der MDM-Spezialist und berichtet von einem Kunden in den USA, der auf einem Schlag 5000 iPads in Betrieb nahm. In der ersten Woche nach Einführung hätte es insgesamt nur zehn Helpdesk-Anrufe gegeben.

Als weiteren Trend sieht Tinker die zunehmende App-Nutzung im Enterprise-Umfeld. So gebe es bereits zwei Kunden, die über hundert mobile Anwendungen für ihre Mitarbeiter anbieten. Zehn oder mehr hauseigene Apps seien keine Besonderheit.

MobileIron, aber auch andere MDM-Anbieter unterstützen diese Entwicklung, indem sie einen Enterprise AppStore in ihre Lösung integrieren. In diesem bekommen die Nutzer für sie ausgewählte Inhouse- (Enterprise) oder Business- (Prosumer) Apps angeboten, die dann über die Luftschnittstelle auf die Endgeräte installiert werden.