Ratgeber Hardware

Volle Power für Ihren PC dank Mehrkern-CPU

01.04.2011 von Alexander Kuch, Michael Schmelzle und Daniel Bader
In fast allen neuen PCs & Laptops stecken Mehrkern-CPUs. Aber nur wenige Anwender nutzen die Vorteile. Wir verraten, wie Sie die volle Leistung herauskitzeln.

Prozessoren mit zwei, vier oder neuerdings sogar sechs Kernen gehören in PCs und Notebooks zur Standardausstattung. In Werbeprospekten versprechen Hersteller und Händler höchste Leistung für Spiele und Multimedia-Aufgaben. Die gibt’s aber nur, wenn Betriebssystem und Anwendungsprogramme die Prozessorkerne auch wirklich nutzen können. PC WELT zeigt, welche Vorteile Mehrkern-Prozessoren bringen und welche Programme von ihnen am meisten profitieren.

So erkennen Sie einen Mehrkern-Prozessor

Bei zwei oder mehr Prozessorkernen werden die Rechenaufgaben, „Threads“ genannt, aufgeteilt. Weil die Kerne parallel arbeiten, können sie im Idealfall eine einzige Aufgabe wesentlich schneller erledigen als ein Einkern-Prozessor. Das gemeinsame Abarbeiten einer Rechenaufgabe durch mehrere Kerne wird als „Multithreading“ bezeichnet. Bei einem Mehrkern-Prozessor lassen sich aber auch einzelne Anwendungen auf bestimmte Kerne verteilen. Diese Technik nennt man „Multitasking“.

Ob in Ihrem PC oder Notebook ein Mehrkern-Prozessor steckt, finden Sie im Windows-eigenen Systemmonitor heraus. Drücken Sie gleichzeitig die Strg-, die Alt- und die Entf-Taste. Im dann erscheinenden Fenster klicken Sie bei Windows XP auf „Task-Manager“, bei Windows Vista und 7 auf „Task-Manager starten“. Im Task-Manager gehen Sie auf die Registerkarte „Systemleistung“ beziehungsweise „Leistung“. Wenn hier mehr als ein Leistungsdiagramm zu sehen ist, hat Ihr PC oder Notebook einen Mehrkern-Prozessor, sofern es sich nicht um einen schon etwas betagten Computer mit Hyperthreading-fähigem Pentium-Prozessor handelt.

Sind beispielsweise vier Diagramme im Task-Manager zu sehen, heißt das allerdings nicht unbedingt, dass der Prozessor vier Kerne besitzt. Es kann sich auch um ein System mit Zweikern-Prozessor im „Hyperthreading“-Betrieb handeln. So nennt Intel seine Technik, durch die ein Prozessorkern zwei Aufgaben gleichzeitig ausführen kann. Dann zeigt der Task-Manager pro Kern zwei Diagramme an.

Eine genauere Auskunft erhalten Sie mit Hilfe des kostenlosen englischsprachigen Programms CPU-Z. Es lässt sich ohne Installation starten. Auf der ersten Registerkarte „CPU“ sehen Sie in der rechten unteren Ecke die Anzahl der tatsächlich vorhandenen Kerne („Cores“) und die Anzahl der Aufgaben, die der Prozessor maximal gleichzeitig abarbeiten kann („Threads“). Steht in beiden Feldern dieselbe Zahl, beherrscht der Prozessor kein Hyperthreading.

Die Leistung eines Mehrkern-Prozessors messen

Empfehlenswerte kostenlose Testprogramme sind Maxon Cinebench 10 und Cinebench 11.5. Cinebench 10 lässt zuerst nur einen und dann alle Kerne eines Prozessors aufwendige Berechnungen durchführen, Cinebench 11.5 erledigt dies in umgekehrter Reihenfolge. Entpacken Sie die entsprechende ZIP-Datei auf die Festplatte, und zwar jede Programmversion in einen eigenen Ordner. In jedem Programmordner finden Sie anschließend zwei Programmdateien, und zwar für 32-Bit- und 64-Bit-Betriebssysteme.

Bei Cinebench 10 klicken Sie links unter „CPU Benchmark“ auf die Schaltfläche „Rendering (1 CPU)“. Danach berechnet ein Prozessorkern von oben nach unten ein Bild mit einem Motorrad. Anschließend klicken Sie links auf „Rendering (x CPU)“. Dann arbeitet der Prozessor mit allen vorhandenen Kernen und, sofern möglich, mit Hyperthreading. Wenn Ihnen CPU-Z beispielsweise „Cores: 4“ und „Threads: 8“ gezeigt hat, wird das Bild jetzt an acht Stellen gleichzeitig erstellt. Dies geht viel schneller als mit nur einem Kern, was Sie anschließend links unten unter „Console“ am Punktergebnis sehen.

Bei Cinebench 11.5 klicken Sie links oben neben „CPU“ auf „Start“: Dann führt das Programm die Berechnung mit allen Kernen und Threads durch. Möchten Sie auch das Ergebnis mit nur einem Kern ermitteln, aktivieren Sie im Menü „Datei“ die Option „Erweiterter Test“. Dann erscheint die Funktion „CPU (Einzelkern)“. Der Einfachheit halber können Sie im „Datei“-Menü auch auf „Starte alle ausgewählten Tests“ klicken, nachdem Sie die Häkchen bei beiden Prozessortests gesetzt haben. Cinebench 11.5 erstellt das Bild allerdings nicht in Balken von oben nach unten, sondern mit je einem Quadrat pro Thread von innen nach außen.

Theoretisch sollten alle Kerne eines Prozessors gleich schnell sein. In der Praxis ergibt sich aber eine unterschiedliche Leistung, weil das Betriebssystem im Hintergrund einzelne Kerne für weitere Berechnungen einspannt. Darum bewirkt eine Verdoppelung der Kerne praktisch nie eine Verdoppelung des Punktergebnisses.

Programme gezielt Prozessorkernen zuweisen

Die Betriebssysteme Windows XP, Vista und 7 verteilen die anstehenden Aufgaben automatisch auf die verfügbaren Prozessorkerne. Dadurch kann es passieren, dass ein rechenintensives Programm andere Anwendungen ausbremst, die denselben Kern verwenden. Das zeigt sich etwa beim kostenlosen Videoprogramm Avidemux. Es nutzt Mehrkern-Prozessoren, wenn Sie es entsprechend konfigurieren. Ist die Mehrkern-Unterstützung deaktiviert, belastet die Software alle vier Kerne aber nur mit jeweils 50 Prozent. Sinnvoller wäre es, nur zwei Kerne zu 100 Prozent zu beanspruchen. Die beiden zusätzlichen würden so für andere Anwendungen bereitstehen. Eine ähnliche Bremswirkung haben auch Spiele, die für einen Prozessorkern ausgelegt sind und von Windows automatisch auf mehrere Kerne verteilt werden.

Bei Avidemux lässt sich die Zahl der verwendeten Kerne direkt im Programmmenü einstellen. Die entsprechende Funktion finden Sie in der Sektion „Tools“ unter „Preferences“. Klicken Sie auf das Register „Threading“. Hier können Sie einstellen, dass das Programm gar kein Multithreading nutzt („Disabled“) oder dass es die Zahl der verfügbaren Threads selbst erkennt („Auto-detect“). Oder Sie weisen ihm unter „Custom“ eine Anzahl von Threads zu. Eine Funktion wie bei Avidemux findet man sonst selten.

Mit dem kostenlosen Programm Easytoolz lassen sich Programme einzelnen Prozessorkernen zuordnen. Die eingestellten Profile können Sie speichern, sodass sie nach einem Neustart wieder aktiv sind. Nach der Installation öffnen Sie das Programm über „Start (Windows-Symbol), Alle Programme, Easytoolz“. Danach erscheint es als Symbol im Infobereich neben der Windows-Uhr. Klicken Sie es dort mit der rechten Maustaste an. Um festzulegen, dass Easytoolz bei jedem Windows-Start mitgeladen wird, klicken Sie auf „Autostart“. Künftig bleiben alle Einstellungen nach einem PC-Neustart erhalten.

Wählen Sie dann „CPU Affinity“. Im neuen Fenster fügen Sie das gewünschte Programm hinzu. Navigieren Sie zu der entsprechenden EXE-Datei, und wählen Sie „Öffnen“. Danach erscheint das Fenster „CPU Affinity / Basispriorität ändern“. Setzen Sie darin oben links ein Häkchen vor „CPU“. Jetzt werden alle verfügbaren Kerne („CPU 0“, „CPU 1“, „CPU 2“ und so weiter) freigeschaltet. Das Programm unterscheidet dabei nicht zwischen echten und Hyperthreading-Kernen. Es listet immer abwechselnd zuerst den vorhandenen und danach den virtuellen Kern auf.

Eine sinnvolle Einstellung ist auch „Automatische CPU Verteilung“: Wenn Sie hier ein Häkchen setzen, werden alle weiteren laufenden Prozesse den noch unbenutzten Kernen zugeordnet. Die bereits zugewiesenen Prozessorkerne stehen dagegen ausschließlich dem vorher eingestellten Programm zur Verfügung.

Darüber hinaus können Sie ihm auch eine Priorität zuweisen. Aktivieren Sie dazu „Basispriorität“. Je höher Sie die Priorität für ein Programm festlegen, desto mehr Systemleistung nimmt es sich. Ein zu hoher Wert kann aber negative Folgen haben und zu PC-Fehlern führen. Erhöhen Sie die Priorität deshalb nur schrittweise, und prüfen Sie danach, ob sich negative Auswirkungen zeigen. Testen Sie den PC zudem mit den oben erwähnten Benchmark-Programmen. So wissen Sie sofort, ob sich die Leistung verbessert.

Akkulaufzeit bei Notebooks optimieren

Windows Vista und 7 verfügen über die Option „Prozessorenergieverwaltung“. Mit der lässt sich die maximale Auslastung für die Prozessorkerne in Prozent festzulegen. Wenn Sie hier etwa „60 Prozent“ wählen, würden die Kerne mit maximal 60 Prozent ihrer Leistung laufen und so weniger Strom verbrauchen. Dadurch werden die Programme aber etwas gebremst. Sie müssen also den idealen Mittelweg finden, insbesondere im Akkubetrieb von Notebooks.

Klicken Sie auf das Akku-Symbol im Windows-Infobereich links neben der Uhr und anschließend auf „Weitere Energieoptionen“. Aktivieren Sie „Energiesparmodus“, und wählen Sie „Energiesparplaneinstellungen ändern“. Nach einem Klick auf „Erweiterte Energieeinstellungen ändern“ erscheint das Fenster „Energieoptionen“. Blättern Sie in ihm nach unten, bis Sie die „Prozessorenergieverwaltung“ sehen. Erweitern Sie diese Rubrik mit einem Klick auf das Plus-Zeichen. Klappen Sie danach die Option „Minimaler Leistungszustand des Prozessors“ auf. Wählen Sie bei „Auf Akku“ den Wert „10%“. Unter „Maximaler Leistungszustand des Prozessors“ gehen Sie bei „Auf Akku“ auf „0%“.

Das bedeutet nicht, dass Ihr Notebook danach keinerlei Leistung mehr bringt. Vielmehr wird der Prozessor nur mit der kleinstmöglichen Taktfrequenz betrieben. Arbeitet Ihr Notebook danach nicht mit ausreichender Geschwindigkeit, sollten Sie die Werte in 10-Prozent-Schritten erhöhen und die Änderungen jeweils testen. Legen Sie am besten verschiedene Profile an, beispielsweise eines mit stark reduzierter Leistung, fürs Surfen im Internet und für Büroprogramme. Mit einem solchen Profil erreichen Sie zwischen 10 und 30 Prozent mehr Akkulaufzeit.

So erkennen Sie Mehrkern-optimierte Programme

Viele Programme sind nicht in der Lage, selbstständig zwei oder mehr Prozessorkerne zu beschäftigen. Ob eine bestimmte Software das kann, lässt sich ebenfalls per Task-Manager ermitteln. Starten Sie zuerst das fragliche Programm und dann den Task-Manager. Wechseln Sie wieder auf die Registerkarte „Leistung“ oder „Systemleistung“, und beobachten Sie die Anzeige in den Feldern der Rubrik „Verlauf der CPU-Auslastung“.

Bei einem Programm, das nur einen Prozessorkern beschäftigt, erreichen alle Kurven höchstens die Hälfte der maximalen Höhe. Meist bewegt sich die Auslastung im unteren Bereich. Falls die Auslastung zwischen 70 und 100 Prozent beträgt, handelt es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um Software, die bereits für Mehrkern-Prozessoren optimiert ist. Der Leistungsgewinn beträgt mitunter bis zu 275 Prozent.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation PC-Welt.