VoIP bietet mehr als kostenloses Telefonieren

31.05.2006
Deutsche Unternehmen reduzieren die Vorteile von Voice over IP auf kostenlose Telefonie. Der größere Effekt entsteht jedoch durch, dass neue Kommunikationsanwendungen entstehen können.

Unternehmen, die auf Voice over IP (VoIP) setzen, wollen in erster Linie die Kosten senken. Das ergab eine Umfrage, die das Berliner Marktforschungsunternehmen Berlecon im vergangenen Februar vornehmen ließ. Die Phantasie der Unternehmen bezüglich VoIP geht demnach über kostenlose Telefonie kaum hinaus. Laut Berlecon liegt das daran, dass VoIP über die Popularität am Privatkundenmarkt den Weg in die Unternehmen gefunden habe. Ab Ende 2004 habe sich Skype wie ein Virus verbreitet, zuvor habe VoIP-Technologie ungeachtet der langjährigen Verfügbarkeit von Standards wie H. 323 und SIP ein Schattendasein gefristet.

Die wichtigsten Vorteile liegen den Analysten zufolge aber nicht im kostenlosen Telefonieren, zumal die Einführung von VoIP-Lösungen nicht ganz billig ist: Neben Investitionen in Soft- und Hardware erfordert sie häufig eine Aufrüstung der Infrastruktur, da nur mit wirklich breitbandigen Datenleitungen die nötige Qualität garantiert werden kann. Das große Potenzial für Unternehmen liege vielmehr darin, dass Sprache in Daten umgewandelt wird. Sprachtelefonie kann damit durch Software abgebildet werden, so dass Telefonie-Anwendungen leicht und zentral zu verwalten sind und Telefonie-Software - wie jede andere Software auch - vielfältige Funktionen aufweisen und mit den Unternehmensanwendungen und Daten integriert werden kann.

Unified Communications

Laut Berlecon haben viele Unternehmen noch nicht wahrgenommen, dass sich Sprachkommunikation mit anderen Formen der Kommunikation und des Datenaustauschs zu einem effizienten Ganzen verbinden lässt - Stichwort Unified Communications. Die Integration aller Kommunikationskanäle - Telefon, Handy, E-Mail, Fax, Video, Datenaustausch - in einer Anwendungsumgebung erlaube es, Kommunikationsprozesse erheblich effektiver zu gestalten als bisher. Das gelte insbesondere in Verbindung mit anderen neuen Kommunikationsanwendungen wie Instant Messaging (IM), Presence-Lösungen (Anzeigen des Anwesenheitsstatus) oder mit Data Collaboration und Web Conferencing Tools.

Die Deutschen tun sich den Berlinern zufolge besonders schwer, wenn es um IM oder Presence-Lösungen geht. Im Gegensatz zu den USA oder Großbritannien, wo IM und Anwesenheitslösungen zum Geschäftsalltag gehören, nutzen in Deutschland der aktuellen Umfrage zufolge gerade einmal 17 Prozent der Unternehmen IM-Lösungen. Die Firmen schätzten den Nutzen dieser Lösungen als sehr gering ein.

Berlecon schließt jedoch nicht aus, dass Instant Messaging ähnlich wie VoIP über den Privatkundenmarkt den Weg in die Unternehmen finden wird. AOL, MSN, Googletalk oder Yahoo Messenger werden heute von Millionen Privatkunden genutzt. Haben sich diese erst einmal an die effiziente Art der Kommunikation gewöhnt, werden sie diese auch im Geschäftsalltag nicht mehr missen mögen. Da die meisten VoIP-Lösungen für Unternehmen in Verbindung mit IM und Presence-Funktionalitäten angeboten werden, sorgen den Analysten zufolge Netzwerkeffekte zusätzlich dafür, dass diese Kommunikationstools auch in Deutschland Einzug in den Geschäftsalltag finden werden - auch wenn die derzeitigen Umfrageergebnisse ein anderes Bild zeichnen. (hv)