Vista - zehn Milliarden Dollar für die Ewigkeit

05.12.2006
Microsoft hat Vista in die freie Wildbahn entlassen. Das Entwicklungsprojekt sprengt alle Dimensionen.

Am neuen Betriebssystem "Vista" hängt die Zukunft von Microsoft. Jedoch ist davon auszugehen, dass sich der Erfolg für den Softwarekonzern fast automatisch einstellen wird - schließlich gibt es keine nennenswerte Konkurrenz im PC-Bereich. Die Problemfelder der kommenden Wochen und Monate sind ebenfalls hinlänglich bekannt: Wie bei jedem neuen Betriebssystem werden sich Anwender vorerst mit dem Umstieg Zeit lassen, und auch die obligatorischen Schwachstellen der Software werden in den Medien intensiv verfolgt. Für den Konzern ist das inzwischen Business as usual.

Kein Normalbetrieb war indes das Vista-Entwicklungsprojekt, selbst für Microsoft-Verhältnisse nicht. Das Vorhaben zog sich über mehr als fünf Jahre hin und dauerte damit deutlich länger als ursprünglich geplant. Allerdings ist es ein Mythos, dass die Auslieferung der Software permanent verschoben werden musste. Seit März 2005 hat Microsoft als Release-Termin das Ende des Jahres 2006 angegeben. Lediglich die Version für Privatkunden wurde zwischenzeitlich um einige Wochen auf Ende Januar 2007 verschoben. Die Unruhe um den Release-Termin dürfen sich in erster Linie Analysten von Gartner auf die Fahnen schreiben: Sie hatten wiederholt öffentlich bezweifelt, dass Microsoft die eigene Deadline einhalten kann. Der Punkt geht damit nach Redmond.

Vista-Startmenü

Das amerikanische Magazin "Business Week" taxierte derweil die Summe der Mannjahre in der Vista-Entwicklung auf knapp 10.000 beziehungsweise auf 50.000 über die Laufzeit von fünf Jahren. Die "Seattle Times" unterstellte Aufwendungen von 200.000 Dollar pro Jahr und Entwickler. Somit hätte Vista den Konzern allein zehn Milliarden Dollar für das Personal gekostet. Der "Red Herring" kalkuliert mit Aufwendungen sieben Milliarden Dollar, was auch nicht wenig ist. CEO Steve Ballmer gab in Interviews zu Protokoll, dass sich die Gesamtkosten für Vista nicht beziffern lassen. Zum Vergleich: SAP hat im vergangenen Geschäftsjahr insgesamt 1,4 Milliarden Dollar für Forschung und Entwicklung ausgegeben.

Derweil spekulieren Marktbeobachter darauf, dass Vista der letzte Vertreter seiner Art sein wird. Ein Betriebssystem über einen derart langen Zyklus zu entwickeln und es dann auf traditionellem Wege zu distribuieren, sei inzwischen unzeitgemäß. Jedoch dürfte sich Microsoft schwer tun, ein neues Softwareparadigma zu entwickeln und gleichzeitig die traditionellen Gewinnspannen zu verteidigen. Ob dies tatsächlich nötig ist, müssen die Wettbewerber beweisen. Mittelfristig sind aber andere Kriegsschauplätze wichtiger für den Konzern: Google im Internet und Apple im Musikgeschäft haben Microsoft gezeigt, dass auch jenseits des PCs eine reiche Ernte möglich ist. (ajf)

CW-Artikel zu Windows Vista

Windows Vista gibt's auch billiger

Die Lizenzbedingungen von Vista

Die Optik von Vista

Die Sicherheit von Vista

Die Innovationen von Vista