Vista x64 versus Vista x86

Vista-Umstieg - besser gleich auf die 64-Bit-Version?

14.05.2008 von Michael Pietroforte
Die 64-Bit-Version von Windows Vista erfreut sich unter IT-Profis wachsender Beliebtheit. Mehr Arbeitsspeicher, mehr Sicherheit und größere Stabilität sprechen dafür. Aber handelt man sich damit nicht zu viele Kompatibilitätsprobleme ein?

Hat man sich für einen Umstieg auf Vista entschieden, dann stellt sich zunächst die Frage, welche Variante von Vista zum Einsatz kommen soll. Microsoft bietet ja nicht nur fünf verschiedene Editionen zur Auswahl (Business, Enterprise, usw.), auf der DVD findet sich zusätzlich zur 32-Bit-Version eine Ausführung für 64-Bit-Prozessoren.

Das wichtigste Argument für den Einsatz von x64-Vista ist der zunehmende Bedarf an RAM, der ein 32-Bit-Betriebssystem an seine Grenzen stoßen lässt. Theoretisch kann ein 32-Bit-System maximal 4GB adressieren. Einige 32-Bit-Systeme, wie etwa die Enterprise- oder Datacenter-Ausgaben von Windows Server, können dank Physical Address Extension (PAE) bis zu 32GB beziehungsweise 64GB ansprechen, bei Vista x86 ist jedoch schon bei 4GB Schluss.

X64-Vista verrät nur an wenigen Stellen seine Identität. Es hat keine Probleme, auch mehr als 4 GB RAM zu verwalten. In heutige PC-Systemen lassen sich in der Regel nur maximal 128 GB installieren.

Eigentlich liegt der tatsächlich nutzbare Speicher für 32-Bit-Systeme bei etwa 3GB, da das BIOS von PC-Systemen einen bestimmt Adressbereich für Geräte reserviert, die via Memory-Mapped I/O (MMIO) auf den Hauptspeicher zugreifen. Bei Mainboards, die Memory Remapping unterstützen, kann dieser Speicher in einen Bereich oberhalb der 32-Bit-Grenze verschoben werden. Dies funktioniert aber nur dann, wenn das Betriebssystem diesen Bereich auch adressieren kann. Das bedeutet, dass schon für einen PC mit 4GB RAM Vista x64 erforderlich ist, um den gesamten verfügbaren Speicher nutzen zu können.

Windows Vista x64 - Maximale Arbeitsspeichergröße

Home Basic

8 GB

Home Premium

16 GB

Business

128 GB und mehr

Enterprise

128 GB und mehr

Ultimate

128 GB und mehr

Wann sind 2GB RAM zu wenig?

Im Allgemeinen reichen für Windows Vista 2GB aus. Wenn allerdings mehrere speicherhungrige Anwendungen zeitgleich betrieben werden oder große Datenmengen zu verarbeiten sind, profitiert man von zusätzlichem Speicher. Typischerweise ist das etwa bei Virtualisierungs-Lösungen oder professioneller Grafiksoftware der Fall. Zu bedenken ist aber, dass über kurz oder lang auch in einer gewöhnlichen Arbeitsumgebung 2GB zu knapp werden dürften. Als Windows XP seinerzeit auf den Markt kam, galten 256MB RAM als vollkommen ausreichend. Heutzutage gibt es kaum noch XP-Systeme, die mit weniger als 1GB wirklich rund laufen, denn Service Packs haben das Betriebssystem zusätzlich aufgebläht und auch die Anwendungen sind im Laufe der Zeit immer speicherhungriger geworden.

Update von x86 auf x64 nicht möglich

Wer längerfristig plant, sollte Vista x64 deshalb in Betracht ziehen, selbst wenn derzeit noch kein Bedarf für mehr Speicher besteht. Ein Betriebssystemwechsel ist immer eine aufwändige Angelegenheit und ein Update von Vista x86 ist nicht möglich. Das heißt, man kommt bei einem Wechsel auf Vista x64 um eine komplette Neuinstallation nicht umhin. Zu überlegen ist auch, bei der Neuanschaffung von Arbeitsplatzrechnern diese jetzt schon mit 4GB RAM auszustatten. Die Preise für Arbeitsspeicher sind jüngst dramatisch gefallen und die zusätzlichen Kosten sind in Relation zum Aufwand zu setzen, den eine spätere Nachrüstung bedeuten würde.

Mehr Speicher, mehr Prozessorleistung

Ein Mangel an Arbeitsspeicher ist der häufigste Grund für unzureichende Performance. Zumindest auf Desktop-Systemen im Unternehmensbereich ist die Leistungsfähigkeit des Prozessors in aller Regel von geringerer Bedeutung. Dennoch gibt es auch im Büroalltag durchaus Anwendungen, die auf einen leistungsfähigen Prozessor angewiesen sind. Eine aufwändige Excel-Berechnung, ein modernes Videokonferenzsystem oder Grafik-Anwendungen profitieren von einem schnellen Prozessor. Da 64-Bit-CPUs als leistungsfähiger gelten, stellt sich die Frage, ob der Einsatz von Vista x64 hier Vorteile bringt. Es besteht in der Tat die Möglichkeit, Anwendungen für 64 Bit zu optimieren. Allerdings haben sich die meisten Software-Anbieter darum bisher kaum bemüht.

64-Bit-Software nicht immer schneller

Auch dann, wenn ein Hersteller eine 64-Bit-Version zur Verfügung stellt, kann man nicht davon ausgehen, dass diese schneller läuft als das 32-Bit-Pendant. Meist gibt es die 64-Bit-Ausgabe nur, weil die entsprechende 32-Bit-Anwendung unter Vista x64 nicht lauffähig ist. Wer also aufgrund von Performance-Bedarf einen Umstieg erwägt, sollte vorher die entsprechenden 64-Bit-Anwendungen testen. Keinen Leistungsgewinn kann man bei 32-Bit-Programmen erwarten, da Vista x64 bei ihrem Start den Prozessor sowieso immer in den 32-Bit-Modus schaltet.

Sicherheit als Argument

Wenn Arbeitsspeicher und Performance nicht entscheidend sind, dann könnten die speziellen Sicherheitsfeatures für die Wahl von Vista x64 ausschlaggebend sein. Zwar gilt schon die 32-Bit-Ausgabe im Vergleich zu Windows XP als sicherer, aber in Bereichen, wo Sicherheit groß geschrieben wird, sind Features wie Kernel Patch Protection (KPK) und Hardware-basiertes Data Execution Protection (DEP) willkommene Erweiterungen, die nur das 64-Bit-Vista bietet.

Hardware-basiertes DEP (zu Deutsch "Hardware-basierte Datenausführungsverhinderung") nutzt das sogenannte No-Execute-Bit (NX-Bit), das AMD mit dem Athlon 64 einführte. Bei Intel heißt das Pendant Execute Disable (XD-Bit). Mit dieser Technik lässt sich der Arbeitsspeicher in Bereiche für Daten und ausführbaren Code unterteilen, was vor Angriffen, die auf Pufferüberläufen basieren, schützen soll. Auch Vista x86 unterstützt DEP, allerdings nur Software-basiert. Bei Software-basierten DEP, das mit Service Pack 2 für Windows XP eingeführt wurde, ist das Betriebssystem bei dieser Aufgabe auf sich gestellt. Standardmäßig ist es aus Kompatibilitätsgründen auch nur für einige Systemkomponenten aktiviert.

Abgeschotteter Kernel

Kernel Patch Protection, das auch unter der Bezeichnung PatchGuard bekannt ist, soll verhindern, dass Malware Manipulationen am Kernel vornimmt. Die 64-Bit-Versionen von Windows XP und Windows Server 2003 SP1 unterstützen es ebenfalls. Vor allem Hersteller von Sicherheitssoftware nehmen mitunter Modifikationen am Kernel vor, um ihre Anwendungen tief im System zu verankern. Microsoft hat bis vor kurzem solche Kernel-Updates von Drittanbietern offiziell nicht unterstützt, da sie die Sicherheit und Stabilität gefährden und außerdem negativen Einfluss auf die Performance des Systems haben können.

Auf Drängen von Drittherstellern stellt Microsoft mit dem Service Pack 1 für Vista APIs zur Verfügung, die die Aktualisierung des Kernels ermöglichen. Eine Reihe von Mechanismen soll dabei die Systemsicherheit gewährleisten. Unter anderem muss die Software vom Administrator mit gewöhnlichen Tools aufspürbar sein, was das Einschleusen von Rootkits verhindern soll. Auch muss Kernel-Mode-Software grundsätzlich signiert sein. So lässt sich das Risiko verringern, dass Malware sich dieser APIs bedient.

Nicht signierte Treiber unerwünscht

Vista akzeptiert in der x64-Version nur von Microsoft signierte Gerätetreiber. Das dient vor allem der Sicherheit und der Stabilität. Auf die Performance von Vista x64 wirkt sich dieses Verfahren bisweilen ebenfalls positiv aus, denn nicht selten ist die häufig kritisierte Behäbigkeit von Vista x86 auf schlecht programmierte Treiber zurückzuführen. Allerdings hat die Signierungspflicht dazu geführt, dass Hardware-Hersteller zunächst nur zögerlich ihre Treiber für 64-Bit anpassten.

X64-Vista akzeptiert ausschließlich von Microsoft signierte Treiber.

Für Hardware, die älter als fünf Jahre ist, wird man daher selten Treiber für Vista x64 finden. Das gilt teilweise auch für neuere Geräte, die für den Consumer-Markt hergestellt wurden. Für Hardware, die für den Unternehmensbereich entwickelt wurde, sieht es jedoch besser aus. Fast alle namhaften Hardware-Hersteller bieten hier Treiber für Vista x64. Leider ist es zuweilen schwierig, herauszufinden, ob es für ein bestimmtes Gerät 64-Bit-Treiber für Vista gibt, da die Hersteller auf ihren Websites manchmal nicht explizit darauf hinweisen. In jedem Fall hat sich die Situation seit dem Debut von Windows Vista wesentlich verbessert. Im Service-Pack 1 sind eine Vielzahl neuer Treiber enthalten und über Windows Update kommen laufend neue hinzu.

MS-DOS-Anwendungen laufen nicht

Um die Software-Kompatibilität war es schon zu Beginn für Vista x64 kaum schlechter bestellt als um die von Vista x86, da 32-Bit-Software in aller Regel auch auf einem 64-Bit-System problemlos läuft. Schwierigkeiten bereiten 32-Bit-Applikationen, deren Installationsprogramm noch auf 16 Bit basiert, denn mit dieser Bit-Breite kommt das 64-Bit-Vista gar nicht mehr zurecht. In so einem Fall bleibt einem nichts anderes übrig, als zunächst ein eigenes Installationspaket unter Vista x86 zu erstellen. DOS-Anwendungen laufen übrigens unter Vista x64 auch nicht mehr.

64-Bit-Software für den Desktop-Bereich ist nach wie vor dünn gesät. Meist handelt es sich dabei um Programme aus dem Sicherheitsbereich, die eigene Gerätetreiber mitbringen. Bislang machen Softwareanbieter kaum Anstalten, auf 64-Bit einzuschwenken. Es lässt sich daher nicht vermeiden, bis auf weiteres auch unter Vista x64 32-Bit-Applikationen einzusetzen.

Emulation der 32-Bit-Umgebung

Dazu sollte man wissen, dass Vista x64 dabei so manche Verrenkung machen muss. Microsoft nennt diese Technik, die es schon seit der 64-Bit-Ausgabe von Windows 2000 gibt, Windows on Windows 64 Bit (WOW64). Die Aufgabe von WOW64 ist es, 32-Bit-Programmen auf einem 64-Bit-System eine 32-Bit-Umgebung vorzugaukeln. Dazu gehört die Umschaltung des Prozessors vom 64-Bit- in den Kompatibilitätsmodus und die Bereitstellung von 32-Bit-Systembibliotheken. Da sich diese bei Vista x64 nicht unter C:\Windows\System32\, sondern in C:\Windows\SysWOW64\ befinden, muss WOW64 die Zugriffe von 32-Bit-Anwendungen auf Systembibliotheken umlenken. Im System32-Verzeichnis befinden sich nämlich entgegen der Bezeichnung 64-Bit-Bibliotheken. Ähnliche Umleitungen sind für einige Registry-Pfade und Systemvariablen notwendig.

"*32" kennzeichnet im Task-Manager 32-Bit-Anwendungen. Den Internet Explorer gibt es unter Vista x64 als 32-Bit- und 64-Bit-Variante.

Der Anwender bekommt von all dem nichts mit und in der Regel funktioniert dieses erprobte Virtualisierungsverfahren auch reibungslos. Dennoch birgt jede zusätzliche Technik ein gewisses Gefahrenpotential für Fehlfunktionen. So gibt es vereinzelt Anwendungen, die unter Vista x64 gänzlich ihren Dienst verweigern. Im Problemfall stehen die Systemadministratoren immer vor der Frage, ob eine generelle Vista-Unverträglichkeit vorliegt oder ob die 64-Bit-Umgebung für die Inkompatibilität verantwortlich ist.

Fazit

Trotz diverser Hürden ist 64-Bit auf dem Vormarsch. So hat eine Umfrage unter Windows-Administratoren ergeben, dass bereits zwei Drittel von ihnen Vista x64 gegenüber Vista x86 bevorzugen. Der Einsatz von Vista x64 im Unternehmen sollte indes gut überlegt sein. Das Hauptargument ist sicher die Zukunftssicherheit bei der Neuanschaffung von Arbeitsplatzrechnern. Ob es das Wagnis wert ist, dabei auf Kompatibilitätsprobleme zu stoßen, hängt sehr stark von der Heterogenität der jeweiligen Umgebung ab. Je vielseitiger die Hardware- und Software-Landschaft, umso größer ist das Risiko. (ws)