Virtual Server fordert VMware heraus

28.10.2004 von Eric Tierling
Mit "Virtual Server 2005" hat Microsoft eine Server-Variante seiner Virtualisierungssoftware auf den Markt gebracht. Das Tool erweist sich als tauglich, bleibt aber hinter der VMware-Konkurrenz zurück. Bereits im November 2002 hatte die Firma Connectix Betatestern eine Server-Variante ihrer "Virtual-PC"-Software angeboten. Im Anschluss an die Übernahme der Company im Februar 2003 führte Microsoft das Betaprogramm in eigener Regie fort über etliche Monate hinweg. Im September 2004 stellte der Softwarekonzern schließlich die finale Version von Virtual Server 2005 fertig.
Die Verwaltung von Virtual Server 2005 erfolgt über eine Web-basierende Oberfläche. Fernwartung ist damit möglich.

Vereinfacht ausgedrückt, besteht dessen Aufgabe darin, auf einer als "Host" agierenden Server-Maschine komplette x86-Computer zu emulieren und dadurch virtuelle PCs in Form von "Gästen" bereitzustellen, in denen unterschiedliche Betriebssysteme mitsamt Applikationen laufen.

Leistung des Host-PCs bestimmen die Gäste

Wie viel Leistung der Host-PC bieten muss, hängt maßgeblich von der Anzahl der gleichzeitig laufenden Gast-Betriebssysteme ab, beziehungsweise davon, welche Ressourcen die Gäste beanspruchen. Geht es beispielsweise um das Testen von verteilten oder selbst programmierten Anwendungen, steht hohe Performance nicht im Vordergrund. Soll hingegen ein physikalischer Server in einen virtuellen verwandelt werden, um künftig unter Virtual Server 2005 zu laufen, muss der Host genügend Leistungsreserven bereithalten, damit der Gast mit der gewünschten Geschwindigkeit arbeitet. Bei der Konsolidierung mehre-rer physikalischer Server durch ihre Transformation in virtuelle Gast-PCs gilt dasselbe. Allgemeingültige Formeln, wie viel CPU-Leistung, Arbeits- und Festplattenspeicher dafür konkret erforderlich sind, gibt es nicht, so dass im Zweifelsfall nur Ausprobieren sowie die Auswertung von Performance-Statistiken helfen.

Noch kein Support für 64-Bit-Prozessoren

Als Softwaregrundlage für den Host setzt Virtual Server 2005 entweder Windows Server 2003 (wahlweise Standard, Enterprise und Datacenter Edition) oder Windows Small Business Server 2003 (Standard und Premium Edition) voraus. Von Microsoft für den produktiven Einsatz nicht empfohlen, ist es alternativ zu Testzwecken möglich, die Software auf einem PC unter Windows XP Professional zu betreiben. In jedem Fall muss es sich um einen Windows-Host mit 32-Bit-CPU handeln. Mit einem 64-Bit-System, bei dem zum Beispiel AMDs Opteron und die zugehörige 64-Bit-Extended-Ausführung von Windows Server 2003 den Ton angeben, weiß Virtual Server 2005 bisher nichts anzufangen.

Reibungslose Inbetriebnahmeinnerhalb von Minuten

Falls noch nicht geschehen, muss zuvor auf dem Host der "Internet Information Server" (IIS) eingespielt und aktiviert werden, da hierüber die Verwaltung des Virtual Server 2005 erfolgt. Die Installation der Virtualisierungssoftware geht binnen weniger Minuten vonstatten. Angenehm fällt auf, dass anschließend kein Neustart erforderlich und Virtual Server 2005 sofort startklar ist.

Zum Management hat Microsoft eine rein Web-basierende Oberfläche vorgesehen, was eine bequeme Fernwartung auch via Internet ermöglicht. Die Konsole liefert beispielsweise einen "Master Status", sprich eine Übersicht über den Zustand der Virtual-Server-Umgebung sowie der Gäste. Über eine Navigationsleiste im linken Bereich der Web-Oberfläche nimmt der Administrator das Management der virtuellen Gast-Maschinen, der von diesen benutzten virtuellen Festplatten sowie der Netzwerke und des Hosts selbst vor.

Wer bereits mit Virtual PC gearbeitet hat, findet sich in den Menüs des Virtual Server schnell zurecht. Umsteigern gestattet die Microsoft-Lösung zudem, die mit Virtual PC erstellten Gast-PCs unter Virtual Server 2005 weiterzuverwenden.

Bei der Verwaltung der Gäste weicht die Server-Software jedoch vom Konzept der Desktop-Virtualisierung ab. Während Virtual PC für jeden Gast ein eigenes Fenster eröffnet, führt Virtual Server 2005 jeden virtuellen Gast im Hintergrund aus. Um dessen Bildschirm in normaler Größe zu sehen und dort Eingaben über Tastatur und Maus vornehmen zu können, ist eine Fernbedienung erforderlich. Hierfür hat Microsoft das Verfahren "VMRC" (Virtual Machine Remote Control) kreiert. Nachdem der aus Sicherheitsgründen standardmäßig deaktivierte Server-Part von VRMC über die Verwaltungs-Web-Seite aktiviert worden ist, lassen sich Gäste damit fernbedienen wahlweise aus einem Web-Browser-Fenster heraus oder über die mitgelieferte VMRC-Client-Software für Windows. Praktischerweise kann ein Administrator über eine Tastenkombination schnell zum nächsten beziehungsweise vorigen Gast springen. Operationen wie das Herunterfahren, Neustarten sowie das Umschalten in den Pause-Modus gestattet der VRMC hingegen nicht. Hierzu muss der Administrator zur Web-basierenden Verwaltungsoberfläche greifen. Eine Alternative dazu hält das Freeware-Tool "VSPlus" bereit.

Umständliche Übernahme von Virtual-PC-Konfigurationen

Neue Gäste richtet der Anwender mit wenigen Mausklicks ein. Auch das nachträgliche Ändern der Konfiguration geht sehr einfach von der Hand. An manchen Stellen erweist sich die Bedienung allerdings noch als etwas unausgereift. Soll beispielsweise ein neuer Gast auf eine bereits mit Virtual PC erstellte virtuelle Festplatte (eine Datei mit der Namenserweiterung ".VHD") zurückgreifen, lässt sich der zugehörige Verzeichnispfad nicht auswählen. Vielmehr muss der Administrator den betreffenden Ordner zuvor als Suchpfad in den Server-Eigenschaften des Hosts umständlich hinterlegen. Hinzu kommt, dass Microsoft hier die sonst unter Windows übliche "Durchsuchen"-Schaltfläche unterschlagen hat, so dass der Verwalter den kompletten Verzeichnispfad eintippen muss.

Linux wird als inoffizieller Gast geduldet, aber nicht unterstützt

Da es sich bei den von Virtual Server 2005 verwalteten Gästen um x86-konforme PCs handelt, kommen prinzipiell alle für diese Plattform vorgesehenen Betriebssysteme in Frage. Support lässt Microsoft dafür aber nur den hauseigenen Server-Betriebssystemen zuteil werden. Doch genauso können in Gast-PCs auch Betriebssysteme von anderen Anbietern zum Einsatz kommen. Im Test funktionierten beispielsweise "Windows XP Professional" und die Betaversion von "Longhorn" (Build 4051) vom Oktober 2003 ebenso wie "Suse Linux 9.1" und "Knoppix 3.6". Da Virtual Server 2005 und Virtual PC auf ein und derselben Virtualisierungstechnik beruhen, lassen sich für Server-Gäste alle Betriebssysteme nutzen, die auch dem kleineren Bruder keine Probleme bereiten.

Ausgiebige Testmöglichkeiten für Cluster-Dienste

Da Microsoft Virtual Server als kostengünstige Lösung zum Testen von Server-Konfigurationen anpreist, ist es nur folgerichtig, dass virtuelle Gäste auch den Cluster-Betrieb unterstützen. Aus diesem Grund hat der Hersteller Funktionen für virtuelle SCSI-Host-Adapter und -Festplatten spendiert. Damit können Administratoren und Entwickler ausgiebig den Cluster-Dienst von Windows Server 2003 Enterprise Edition oder Windows 2000 Advanced Server unter die Lupe nehmen, ohne in zwei physikalische Server-Maschinen investieren zu müssen.

Physikalische Rechner in virtuelle Server verwandeln

Darüber hinaus arbeitet Microsoft an einem Tool zur Umwandlung physikalischer Server in virtuelle Gäste ("Physical-to-Virtual", kurz "P2V"). Das noch im Betastadium befindliche Migrationswerkzeug namens "Virtual Server Migration Toolkit" (VSMT) soll physikalische Server, die mit einem Microsoft-Betriebssystem wie etwa Windows NT Server 4.0 arbeiten, in die Virtualisierungsumgebung einbinden. Plattformen anderer Anbieter lässt VSMT außen vor. Das Werkzeug baut ferner auf Microsofts Software "Automated Deployment Services" (ADS) auf einem zwar kostenlosen Add-on für Windows Server 2003, das aber nicht gerade trivial zu konfigurieren und eher für Rechenzentren ausgelegt ist. Für viele Administratoren gerade auch kleinerer IT-Umgebungen dürfte es leichter sein, auf VSMT zu verzichten und stattdessen auf eine Server-taugliche Imaging-Software wie "Norton Ghost Corporate Edition" auszuweichen.

Obwohl Microsofts Lösung eine insgesamt gute Figur macht, muss sich das Produkt im direkten Vergleich mit "GSX Server 3.1" von VMware klar geschlagen gegeben.

VMware bleibt das bessere Virtualisierungsprodukt

Das Konkurrenzprodukt eilt Microsofts Lösung teils deutlich voraus und kann manches einfach besser. Dazu zählen die zumindest experimentelle Unterstützung für 64-Bit-Hosts mit AMD64- oder Intel-EM64T-CPU, die Offenheit für Linux-basierende Hosts, der Start des Gast-Betriebssystems via Netzwerkadapter sowie die Einbindung von USB-Geräten in virtuelle Gäste. Demgegenüber gibt es für den Virtual Server 2005 demnächst das kostenlose Werkzeug zur Server-Migration (P2V), das die Konsolidierung von Servern mit Microsoft-Betriebssystem erleichtert. VMware verlangt für ein vergleichbares Programm extra.

Allerdings schneidet das Microsoft-Produkt beim Preis besser ab. Selbst in der kleinsten Ausführung schlägt GSX Server 3.1 mit 2500 Dollar zu Buche, für einen Vier-Prozessor-Host werden gar 5000 Dollar fällig. Die für bis zu vier CPUs geeignete Standard Edition von Virtual Server 2005 hingegen kostet lediglich 499 Dollar, also ein Zehntel des VMware-Produktes.