Viel Bewegung im BI-Markt

30.05.2005
COMPUTERWOCHE VERLEGERPUBLIKATION - Datenmengen wachsen unaufhörlich, Führungskräfte wollen in Echtzeit auf entscheidungsrelevante Daten zugreifen. Beides schafft Bedarf an Business-Intelligence-Lösungen: Laut Gartner wollen 1300 CIOs aus mehr als 30 Ländern die Ausgaben in diesem Jahr um sechs Prozent steigern. Das schafft Begehrlichkeiten.

Das Spektrum der Business Intelligence (BI) reicht von ETL-Tools zum Übertragen von Daten aus Produktivsystemen in Data Warehouses über fortgeschrittene Olap-und Analyse-Tools, die auf gängigen Datenbanken wie DB2, SQL Server oder Oracle aufsetzen, bis hin zu integrierten BI-Lösungen. Die Szene ist stark fragmentiert; Produkte von weltweit 200 bis 300 Anbietern lassen sich dem BI-Markt zuordnen, so Carsten Bange, geschäftsführender Gesellschafter des Marktforschungsunternehmens Barc, in der Studie "Olap und Business Intelligence 2005".

"Der BI-Markt hat inzwischen eine so interessante Größe erreicht, dass auch die ERP-Anbieter auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern in den Markt drängen", umreißt Bange den aktuellen Trend. Microsoft, Oracle und SAP setzten etablierte BI-Anbieter mit ihrer großen Kundenbasis und ihren Vertriebsstrukturen unter Druck. Spezialanbieter beschränkten sich auf Teilkomponenten von BI-Systemen mit begrenzten Wachstumschancen und relativ hohen Preisen.

SAP, Microsoft und Oracle fehlen auf der aktuellen BI-Liste des Beratungshauses Lünendonk, da sie nicht den Aufnahmekriterien entsprechen, also weniger als 50 Prozent ihres Umsatzes mit Produktion, Vertrieb und Wartung von BI-Software-Produkten erzielen. Deshalb stehen an der Spitze des deutschen BI-Markts ausschließlich internationale Unternehmen mit ihren deutschen Tochtergesellschaften. Mit deutlichem Vorsprung belegt die SAS Institute GmbH, Heidelberg, Platz eins.

Die Top 5 der BISpezialisten
SAS ist auch einer der ersten Umsatzmilliardäre aus der Riege der BI-Spezialanbieter. Das Unternehmen erzielte 2004 bei einem Wachstum von 15 Prozent Rekordeinnahmen von weltweit 1,53 Milliarden Dollar - in erster Linie erwirtschaftet mit Data Warehousing und Datenintegrationsinfrastruktur sowie Statistik-und Data-Mining-Anwendungen. Der Umsatz der deutschen SAS-Tochter lag bei 128,5 Millionen Euro.

Auf Platz zwei steht die Business Objects GmbH mit Sitz in Köln. Das Unternehmen, das im November 2003 den Konkurrenten Crystal Decisions übernommen hat, nähert sich mit Einnahmen von weltweit 925,6 Millionen Dollar im Jahr 2004 der Umsatzmilliarde. "Hier vereinten sich zwei Anbieter, die prinzipiell das gleiche BI-Marktsegment adressiert haben: das Berichtswesen", so Bange. "Die Ansätze jedoch sind unterschiedlich. Während Business Objects schon immer Werkzeuge auf den Markt gebracht hatte, die von Fachanwendern bedient werden, bietet Crystal primär technisch orientierte Lösungen für ein Massenberichtswesen - ein Bereich, den Business Objects nie richtig unterstützen konnte."

Platz drei besetzt die MIS AG, im Oktober 2003 von Systems Union übernommen. Der ERP-Anbieter erwarb damit Funktionen zur Planung, Überwachung und Analyse operativer Daten. Im Gegensatz zu den Top-Platzierten kann MIS je doch kein "Rekordergebnis" melden, sondern musste im Geschäftsjahr 2004 einen Umsatzrückgang auf 44,7 Millionen Euro gegenüber knapp 48 Millionen Euro im Vorjahr hinnehmen.

Den vierten Rang in Deutschland bekleidet Cognos: Das Unternehmen kaufte Adaytum und Frango und verstärkte sich damit in den Bereichen Planung und legale Konsolidierung. Cognos meldet für das Geschäftsjahr 2005 (per 28. Februar 2005) eine Umsatzsteigerung von 21 Prozent auf 826 Millionen Dollar.

Hyperion, die Nummer fünf, übernahm im Juli 2003 Brio Software und ergänzte damit seine Produktpalette mit ausgereiften Produkten für Reporting und Datenanalyse. Der Umsatz konnte 2004 um 8,5 Prozent auf 690 Millionen Dollar gesteigert werden.

Der BI-Markt folgt den Gesetzmäßigkeiten des gesamten Software-Markts: Neben den internationalen Konzernen bietet sich Raum für Spezialisten. Verlierer dürften wieder einmal die Anbieter in der Mitte sein. Sie müssen damit rechnen, von größeren übernommen zu werden oder selbst andere Firmen zu akquirieren, um auf eine kritische Größe zu kommen. Der Druck resultiert den Marktforschern von Barc zufolge auch aus dem großen Interesse vieler Kunden nach Lösungen aus einer Hand. "Aus einem Sicherheitsbedürfnis heraus" würden dabei etablierte Software-Anbieter bevorzugt. Davon profitieren die Branchengiganten IBM, Oracle, Microsoft und SAP. Sie setzen auf ihren Bekanntheitsgrad und ergänzen ihre Teilangebote durch Partnerschaften mit kleineren Spezialanbietern.

Diese Strategie hat offensichtlich Erfolg: Weltweit heißt der größte Anbieter im Olap-Sektor inzwischen Microsoft - hauptsächlich weil seiner Datenbank (SQL Server) die Olap-Engine "Analysis Services" beiliegt. Nach Schätzungen des britischen "Olap Report" hat sie in wenigen Jahren den höchsten Marktanteil erreicht

Laut Nigel Pendse, dem Herausgeber des "Olap-Report", gebührt SAP in Zukunft besondere Aufmerksamkeit. Das SAP Business Information Warehouse (BW) bilde mittlerweile die Basis für die meisten Business-Intelligence-Lösungen im SAP-Umfeld. Persönlich schätzte Pendse zwar noch vor einem halben Jahr gegenüber dem "CIO"-Magazin das SAP-BW als "geschenkt noch zu teuer" ein, weil es in puncto Datenextraktion aus dem ERP-System sehr schwach sei. Viele SAP-Anwender fühlen sich nach Pendses Einschätzung jedoch geradezu verpflichtet, BW zu installieren, auch wenn es nur wenige erfolgreiche Verwendungen, dafür aber jede Menge "Shelfware" gebe. Alles in allem habe die Zahl der BW-Installationen seit 2004 signifikant zugenommen.

Doch auch für die anderen Player gebe es mittelfristig Chancen, so Barc-Analyst Bange; Internet und Mobile Computing brächten Wachstumsimpulse. Für Bewegung würden beispielsweise Web-basierende und/oder mobile Zugriffe auf Informationen sorgen, die in Echtzeit aus operativen Anwendungssystemen und zunehmend auch aus externen Datenquellen gewonnen werden. Auch für das Management CRM- und SCM-Anwendungen sei eine konsistente Datenbasis erforderlich.