Digitale Alternative zum Post-Ident-Verfahren

Video-Identifikation kurz erklärt

03.07.2017 von Michael Sittek
Für Geschäftsabschlüsse, die eine Personenidentifikation voraussetzen, war bisher der Gang zum Bank- oder Postschalter unumgänglich. Eine Alternative ist das Online-Ident-Verfahren.

2014 wurde in Deutschland die Online-Identifizierung von Kunden zugelassen. Seitdem hat sich das Video-Identifikationsverfahren in der Finanzbranche fest etabliert und das Kundenerlebnis revolutioniert. War man früher an die Öffnungszeiten von Banken oder der Post gebunden, um sich zu legitimieren, ist es mittlerweile problemlos möglich, am Wochenende online ein Konto zu eröffnen oder spätabends einen Kredit zu beantragen.

Personalausweis, eine Internetverbindung und ein Device mit Kamera. Dieses Equipment wird für eine Online-Identifikation benötigt.
Foto: IDnow GmbH

Immer mehr Branchen entdecken inzwischen die Vorteile der Video-Identifikation für sich, oft auch in Verbindung mit der elektronischen Vertragszeichnung. So hat etwa ein Leasing-Anbieter seinen Kunden damit ermöglicht, ihren Leasing-Vertrag innerhalb weniger Minuten komplett im Internet abzuschließen.

Identifikation per Video-Chat

Für eine Video-Identifikation benötigen Nutzer lediglich Computer oder Smartphone, eine Internetverbindung sowie ein gültiges Ausweisdokument. Im Video-Chat prüft ein sogenannter Ident-Spezialist, ob der Ausweis und die Identität des Nutzers echt sind und übereinstimmen. Dafür verwendet er eine hochspezialisierte Software, die automatisch kleinste Abweichungen des Ausweisdokuments vom Standard erkennt. Außerdem stellt der Ident-Spezialist bestimmte Fragen und nutzt Verhaltensbeobachtungen, um sicherzugehen, dass der Nutzer kein Betrüger ist und weiß, wofür er sich identifiziert.

Das Ergebnis der Legitimationsprüfung leitet er direkt an das entsprechende Unternehmen weiter, damit die Kundenbeziehung umgehend starten kann. Der ganze Prozess dauert in der Regel nur wenige Minuten. Handelt es sich um einen sogenannten eSign-Vorgang, unterzeichnet der Nutzer zusätzlich per Mausklick einen digitalen Vertrag mit einer Qualifizierten Elektronischen Signatur (QES). Diese ist genauso rechtssicher wie eine manuelle Unterschrift und seit der eIDAS-Verordnung in allen EU-Mitgliedstaaten gültig.

Sicherheit durch ausgefeilte Technologie

Die rechtlichen Vorgaben für die Video-Identifikation sind in den Rundschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geregelt, die das Verfahren zur rechtskonformen Fernidentifizierung nach dem Geldwäschegesetz (GwG) zugelassen hat. Im April 2017 hat die BaFin die Sicherheitsstandards für das Verfahren nochmals erhöht, um es stärker gegen potenzielle Betrugsversuche und Hacker-Attacken abzusichern.

Diese Dienste können Sie mit dem neuen Personalausweis (eID) nutzen

Versicherungen: Allianz-Kunden registrieren sich mit dem nPA im Kundenportal „Meine Allianz“, um dort ihre Vertragsdaten einzusehen und ihre Versicherungen zu verwalten. Sie können Bescheinigungen anfordern und ihre persönlichen Daten ändern. Ähnliche Dienste bieten auch Cosmos Direkt, HUK 24 und LVM Versicherungen an.

Anträge auf Unterstützung für ein Studium können seit August 2016 auch via elektronischer Antragstellung (eID oder De-Mail) eingereicht werden.

Nach Freischaltung durch den Arbeitgeber erhalten Nutzer postalisch einen Aktivierungscode und können das Portal „Datev Arbeitnehmer online“ nutzen. Sie erhalten dort Einblick in ihre Brutto-/Netto-Abrechnungen, Sozialversicherungsnachweise und Lohnsteuerbescheinigungen. So entsteht ein Überblick über alle Lohn- und Gehaltsdokumente.

Deutsche Post: Wer das Postident-Verfahren nutzen muss, um beispielsweise ein Bankkonto zu eröffnen, kommt mit dem nPA schneller ans Ziel. Kunden können sich bei der Bank mit ihrer eID, einem Kartenlesegerät und der Software AusweisApp2 schnell online identifizieren.

Deutsche Rentenversicherung: Sie möchten Einblick in Ihr Rentenkonto haben oder ihre Rentenauskunft online abrufen? Im Kundenbereich „E-Service“ werden Sie fündig.

ELSTER: Im Rahmen der Registrierung für ELSTER können sich Nutzer mit dem neuen Personalausweis identifizieren. Danach erhalten sie ein ELSTER-Zertifikat, mit dem der Login möglich ist, und können ihre Steuererklärungen über das Internet abwickeln.

Feinstaubplakette: Bürger können mit dem nPA Feinstaubplaketten für ihre Kraftfahrzeuge beantragen.

Führungszeugnis und Auskunft aus dem Gewerbezentralregister: Neben dem Führungszeugnis stellt das Bundesjustizamt Nutzern des nPA auch Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister online bereit. Die brauchen Unternehmen etwa, wenn sie sich in Ausschreibungsverfahren um öffentliche Aufträge bewerben.

ID-Safe: Die Landkreise Würzburg, Kitzingen und Ostallgäu bieten weitgehende Bürgerdienste in Verbindung mit elektronischen Antragsformularen an. In Kitzingen betrifft das etwa das An-, Ab- und Ummelden von Gewerben, den Fischereischein, verkehrsrechtliche Anordnungen, Sondernutzungen, Parkerleichterungen und Mängelmeldungen. In Ostallgäu können Bauanträge über solche Formulare gestellt, Sperrmüllabholungen organisiert oder Bote zugelassen werden. Bürger können dabei über ihren ID-Safe elektronische Antragsformulare automatisch mit hinterlegten Daten befüllen und vieles mehr.

Kindergeld: Bei der Bundesagentur können sich Bürger über den Antragstatus und die Berechnungsgrundlage für ihren Kindergeldbezug informieren. Sie können ihre persönlichen Daten online ändern und papierlos Änderungen an die Familienkasse übermitteln.

Kraftfahrtbundesamt: Mit der Online-Ausweisfunktion können Bürger Auskunft über Ihren Punktestand in Flensburg erhalten und etwaige Eintragungen im Fahreignungsregister (FAER) beantragen.

Petitionen: Anwender können sich am Petitionsportal des Bundestags registrieren und Petitionen einreichen oder zeichnen.

Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL): Bei der Versorgungseinrichtung für Beschäftigte im Öffentlichen Dienst können sich Inhaber des nPA am Kundenportal Meine VBL registrieren und anmelden. Im Kundenkonto können sie persönliche und Vertragsdaten einsehen und Dienste nutzen wie Rentenantrag stellen, Beitragserstattung beantragen oder Kontaktdaten ändern.

Techniker Krankenkasse: Kunden können sich im Kundenportal „Meine TK“ registrieren und so online Anträge stellen und ihre Unterlagen anfordern sowie ihre Daten verwalten.

Schufa: Wer eine Schufa-Auskunft braucht, um seine Bonität gegenüber Dritten zu belegen, registriert sich am Kundenportal „Meine Schufa“ und erhält seine Auskunft unmittelbar und direkt. Wahlweise kann er sie sich oder einem Geschäftspartner auch postalisch zusenden lassen.

Ausblick

Ein Teil der Finanzbranche setzt die Online-Zertifizierung bereits ein. Es ist davon auszugehen, dass sich dieses Verfahren in einigen Jahren quer durch alle Branchen etabliert haben wird, nämlich überall dort, wo eine rechtssichere Personen-Identifizierung relevant ist. Das ist etwa der Fall, wenn es darum geht, eine Führerscheinverifikation durchzuführen, Kundenangaben im e-Commerce bereits vor einer Bestellung zu kontrollieren und eine Vollmacht oder ein rechtssicheres SEPA Lastschriftmandat einzuholen.