Freiberuflermarkt

Vermittlungsagenturen brauchen IT-Wissen

13.10.2010 von Ina Hönicke
Personaldienstleister stehen zwischen Freiberufler und Auftraggeber und sollen für reibungslose Kommunikation sorgen. Das geht nicht ohne Fach-Know-how.

Für mehr als jeden zweiten Freiberufler ist die Vermittlungsagentur der wichtigste Weg, um an neue Projekte zu kommen. Wer mit einer Agentur zusammenarbeitet, erzielt eine höhere Auslastung. Das ist ein Ergebnis der IT-Freiberuflerstudie der Computerwoche.

Von den Personaldienstleistern erwarten die Freiberufler vor allem, dass sie den Auftrag vom Vertrag bis zur Abrechnung reibungslos abwickeln und die Honorare zuverlässig zahlen. In diesen beiden Punkten sind fast 60 Prozent der befragten Freiberufler auch "sehr zufrieden" beziehungsweise "zufrieden" mit den Leistungen der Vermittlungsagenturen. Darüber hinaus fordern die befragten Selbständigen eine schnelle, direkte Kommunikation sowie eine schnelle Zahlung der Honorare von den Agenturen. Hier scheiden sich aber schon Anspruch und Wirklichkeit: 28 Prozent der befragten Freiberufler sind mit der Qualität der Kommunikation mit den Vermittlern unzufrieden, noch größer ist die Zahl der unzufriedenen Freelancer beim Thema "schnelle Zahlung" (30 Prozent) und "Qualität der Betreuung" (36 Prozent). Am meisten Zündstoff bergen allerdings die Honorare: Nur 23 Prozent der Freiberufler geben an, dass die Agenturen ihre Honorarforderungen akzeptieren, bei über 40 Prozent ist das nicht der Fall.

Die Qualität muss stimmen, aber auch der Preis

Hohe Ansprüche stellen nicht nur die Freiberufler, sondern auch die Auftraggeber an die Vermittlungsagenturen. Laut Frank Schabel von der Hays AG wollen Kunden nur externe IT-Spezialisten, die genau ihren Anforderungen entsprechen. Dem pflichtet Ansgar Nagel, Mitglied der Geschäftsleitung der Solcom Unternehmensberatung, bei: "Qualität und Reaktionsgeschwindigkeit sind hierbei entscheidend." Zudem würden Kunden darauf bestehen, dass schriftlich fixierte Preise gemäß den Rahmenverträgen eingehalten werden.

Wettbewerbsfähige Stundensätze sind nach Ansicht von Kelly Elsasser, Vorstandssprecher der Reutax AG, ein Kriterium, an dem man die Professionalität einer Vermittlungsagentur ablesen kann. Weitere Punkte seien die Qualität der Profile und die Lieferfähigkeit. Agenturen übernähmen Dienstleistungen auch jenseits ihres Kerngeschäfts, etwa Aufgaben des Einkaufs wie Obligo-Überwachung, Preisverhandlungen und Zahlungszielverhandlungen. Sämtliche Dienstleistungen der Agenturen setzen seiner Meinung nach ein tiefes Verständnis für den Kunden und seinen Bedarf voraus.

Freiberufler werden nur noch über Agenturen beschäftigt

Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Agenturmitarbeiter über fundiertes IT-Wissen verfügen. Die Marktforscher von Lünendonk unterscheiden in diesem Punkt zwischen Staffing- und Hybrid-Unternehmen. Albert Lidl, Vorstand bei der top Itservices AG: "Während Erstere Nicht-IT-Profis in ihren Reihen haben, verfügen die Personaldienstleister vorwiegend über gestandene Leute mit entsprechendem Know-how." Für Gulp-Geschäftsführer Michael Moser ist es selbstverständlich, dass das Rekrutierungs- und Vertriebspersonal seines Hauses in puncto IT fit ist. Damit das auch so bleibt, werden die Mitarbeiter fortlaufend geschult. "Je mehr Informationen ein Mitarbeiter über den Kunden, die aktuelle Projektausschreibung und das Know-how des Kandidaten hat, desto besser kann er es bewerten", sagt er. Dass der Agenturberater nicht über das tief gehende Know-how eines IT-Freelancers verfügt, hält er für verständlich. Nicht umsonst sei der Freiberufler der Experte.

Für Thomas Götzfried, Vorstandschef der Goetzfried AG, ist das IT-Wissen der eigenen Mitarbeiter ebenfalls ein Erfolgsgarant: "Ohne Verständnis für die Bedürfnisse des Kunden wird man in unserer Branche nicht erfolgreich sein. Eine einzige Fehlvermittlung reicht, um eine Kundenbeziehung deutlich zu strapazieren."

Ein weiteres Ergebnis der Studie zeigt den Trend der großen Anwenderunternehmen, IT-Freiberufler nicht mehr durch die Fachbereiche direkt, sondern über den Einkauf zu beauftragen. Hin und wieder erhalten Anbieter, die als Third-Party-Manager agieren, ebenfalls einen entsprechenden Auftrag. Das führt dazu, dass auch Freelancer, die in der Vergangenheit den Auftrag direkt erhielten, nur noch über Agenturen beschäftigt werden. Einer der Gründe dafür ist die Scheinselbständigkeit. Anwenderunternehmen wollen so jedes Risiko vermeiden.

Vermittlung 2.0?

Laut CW-Studie spielen Social-Media-Plattformen wie Xing oder Facebook für IT-Freiberufler noch eine untergeordnete Rolle: Nur 3,6 Prozent aller Aufträge gewinnen die selbständigen IT-Experten über diesen Weg. Auch die meisten Vermittler sehen die Netzwerke nicht als Konkurrenz.

Kelly Elsasser, Reutax AG sieht Social Media als sinnvolle Ergänzung für langfristige Kontakte.
Foto: Kelly Elsasser

Reutax-Chef Kelly Elsasser sieht Social Media als Ergänzung, mit der der Auftraggeber eine breitere Schicht erreichen und langfristige Kontakte zu den Freiberuflern knüpfen kann. Freiberuflerbörsen könnten von der Verlinkung der Profile profitieren, da nur noch ein Profil gepflegt werden müsse. Zudem würden sich Projekte über Empfehlungen im Web 2.0 schneller verbreiten, und Projekte könnten somit personell schneller besetzt werden. Für Gulp-Geschäftsführer Moser sind Business-Netzwerke zu wenig spezifisch, zu zeitintensiv und somit wenig nützlich für das Geschäft. Top-Itservices-Vorstand Lidl hingegen sieht hier eine Konkurrenzsituation. Auch Agenturen würden über Social-Media-Plattformen schon längst Freiberufler finden. Vor allem der Nachwuchs sei in diesen Netzwerken stärker unterwegs.

IT-Freiberuflerstudie 2010

Rund 1200 IT-Freiberufler wurden im Sommer dieses Jahres von der COMPUTERWOCHE online zu Themen rund um ihre Arbeit befragt.

In einer vierteiligen Serie stellt die CW nun die Ergebnisse vor und bittet Vertreter bedeutender Personalvermittlungsagenturen um ihre Interpretation.

Status quo und Selbstverständnis

Perspektiven und Herausforderungen

Kooperation mit Personaldienstleistern

Freiberufler aus der Sicht des CIO