PAC EuroSoftware 100

US-Anbieter dominieren das Softwaregeschäft

04.12.2008 von Martin Bayer
In der Studie "EuroSoftware 100" haben Experten von Pierre Audoin Consultans (PAC), PricewaterhouseCoopers (PWC) und der verschiedenen European National Software Associations den europäischen Softwaremarkt unter die Lupe genommen. Das sind die Ergebnisse.
Im vergangenen Jahr sicherten sich US-Anbieter fast die Hälfte des weltweiten Softwareumsatzes.

US-amerikanische Softwareanbieter dominieren den Markt - global und auch in Europa. Unter den 20 umsatzstärksten Herstellern weltweit finden sich 14 US-Firmen, die allein mehr als 37 Prozent des weltweiten Softwaregeschäfts für sich verbuchen. Das Podest teilen sich Microsoft, IBM und Oracle. Insgesamt taxieren die Experten das Volumen des globalen Softwaregeschäfts für 2007 auf rund 180 Milliarden Euro. Davon haben sich die US-Firmen mit einem Anteil von 49 Prozent fast die Hälfte gesichert. Europäische Anbieter ergatterten etwa 31 Prozent des weltweiten Software-Kuchens.

Die Europäer spielen im weltweiten Softwarekonzert nur die zweite Geige. Lediglich drei Softwarefirmen aus der Alten Welt konnten sich PAC zufolge unter den Top 20 platzieren - SAP auf dem vierten, Sage auf dem 15. und Dassault Systemes auf dem 16. Platz des globalen Rankings. Diese drei Anbieter kommen auf einen Anteil von rund fünf Prozent am gesamten Softwaremarkt.

US-Anbieter dominieren über die Hälfte des europäischen Softwaregeschäfts.

Den europäischen Softwaremarkt schätzen die Analysten im laufenden Jahr auf rund 56 Milliarden Euro. Das entspreche einem Anteil von 30 Prozent am weltweiten Geschäft. Auch in Europa haben die US-Firmen die Nase vorn. Auf ihren Konten landen mehr als die Hälfte der Softwareumsätze der Alten Welt (52 Prozent).

Allein die drei Software-Elefanten Microsoft, IBM und Oracle, die europa- und weltweit alle drei Plätze auf dem Treppchen einnehmen, werden den Analysten zufolge in diesem Jahr weltweit insgesamt rund 55 Milliarden Euro mit Software einnehmen. Das entspricht fast dem Volumen des gesamten europäischen Softwaregeschäfts. Microsoft, Oracle und IBM übertreffen damit den gemeinsamen Umsatz der drei größten europäischen Anbieter SAP, Sage und Dassault um den Faktor fünf.

Dieses Übergewicht resultiert nach Einschätzung der Marktforscher vor allem aus der Dominanz der US-amerikanischen Softwareanbieter im Bereich Infrastruktur-Software. Unter den Top-10-Anbietern in diesem Segment konnte sich kein einziger europäischer Hersteller positionieren. Dagegen hätten sich die europäischen Hersteller vor allem in Anwendungsgeschäft etabliert, hieß es in der Studie. Unter den zehn erfolgreichsten Applikationsverkäufern in Europa fanden sich 2007 mit SAP, Sage, Dassault und Logica immerhin vier Anbieter mit Stammhaus in Europa. Die übrigen Top-10 Anbieter kommen aus den USA. An der Spitze stand im vergangenen Jahr SAP mit einem Anwendungsumsatz von rund 3,5 Milliarden Euro in Europa, gefolgt von Microsoft mit etwa 3,3 Milliarden Euro. Dagegen konnte sich 2007 im Segment Tools und Systemsoftware 2007 kein einziger rein europäischer Anbieter unter den Top 10 in Europa platzieren. Mit einem Umsatz von 315 Millionen Euro schaffte es das deutsch-japanische Joint-Venture Fujitsu-Siemens Computers (FSC) auf Rang zehn. Das Ranking in diesem Bereich dominieren einmal mehr die US-Anbieter - an der Spitze Microsoft (sechs Milliarden Euro), IBM (3,9 Milliarden Euro) und Oracle (zwei Milliarden Euro).

Zukaufen und herrschen

Die dominierende Rolle der US-Hersteller habe sich in den vergangenen Jahren verstärkt, berichten die PAC-Analysten. Der Grund: eine deutlich aggressivere Akquisitionspolitik. Anbieter wie Oracle (28,2 Milliarden Euro), IBM (14,3 Milliarden Euro) und Microsoft (7,9 Milliarden Euro) haben zwischen 2003 und 2008 über 50 Milliarden Euro in Zukäufe investiert, sechs Mal mehr als die drei größten europäischen Anbieter. SAP (6,4 Milliarden Euro), Sage (1,3 Milliarden Euro) und Dassault (870 Millionen Euro) haben sich in den vergangenen fünf Jahren Zukäufe zusammengenommen etwa 8,5 Milliarden Euro kosten lassen.

Mehr Geld für Software

Das Wachstum der Softwareausgaben liegt deutlich über dem der Gesamtinvestitionen in IT.

Im laufenden Jahr werden die Ausgaben für Softwareprodukte rund elf Prozent der gesamteuropäischen IT-Investitionen ausmachen. Dieser Anteil wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen, denn die Aufwendungen für Software werden laut den PAC-Analysten stärker zulegen als das Wachstum im gesamten IT-Bereich.

  • Für 2008 rechnen die Analysten mit einem Plus von 4,9 Prozent für Softwareinvestitionen in Europa.

  • Die Wachstumsrate in Sachen Softwareinvestitionen wird 2009 auf 4,3 Prozent zurückgehen, um sich im darauf folgenden Jahr bei 4,4 Prozent wieder zu stabilisieren.

  • Das Wachstum der Gesamtausgaben für IT schätzt PAC für 2008 auf 3,0 Prozent.

  • Die Zuwachsraten für die beiden kommenden Jahre sollen bei 2,4 beziehungsweise 2,5 Prozent liegen.

US-amerikanische Anbieter stecken deutlich mehr Geld in Zukäufe als ihre europäischen Kollegen.

Unter den drei großen europäischen Märkten Deutschland, Großbritannien und Frankreich nimmt Deutschland eine besondere Position ein. SAP beherrscht den hiesigen Markt mit einem Anteil von 76 Prozent. Die Anbieter auf Platz zwei bis zehn kommen auf elf Prozent, die Hersteller von Rang elf bis 50 vereinen 9 Prozent des Marktes auf sich. In Großbritannien und Frankreich sind die Marktverhältnisse wesentlich ausgeglichener: Sage kommt in Großbritannien auf einen Marktanteil von 21 Prozent, die weiteren Anbieter unter den Top 10 auf 36 Prozent und die Hersteller von Rang elf bis 50 auf 33 Prozent. Ähnlich sieht es in Frankreich aus. Dassault verbucht 30 Prozent des französischen Softwaregeschäfts für sich, die anderen Top-10-Anbieter machen weitere 30 Prozent aus. Die Hersteller zwischen Platz elf und 50 kommen auf einen Marktanteil von 28 Prozent.

Druck auf europäische Softwareanbieter steigt

Laut den PAC-Analysten hat die Softwarebranche ihre Sturm-und-Drang-Phase längst hinter sich und zeigt deutliche Zeichen des Erwachsenwerdens. Zeichen dafür seien der zunehmende Druck auf die Margen, die Konsolidierung unter den Marktteilnehmern sowie die immer schwierigere Suche nach neuen Geschäftsmodellen und Wachstum, das meist nicht mehr organisch getrieben ist, sondern durch Akquisitionen. Dazu kämen grundlegende Veränderungen im weltweiten Softwaregeschäft und der voraussichtlich nicht nachlassende Druck seitens der US-Anbieter. Diesen Herausforderungen müssten sich die europäischen Anbieter stellen.

Leo Apotheker, Co-Chef von SAP, glaubt trotz der stürmischen Zeiten an die Chancen seiner Branche. Software sei gerade jetzt in der Krise wichtig für die europäische Wirtschaft. Firmen könnten mit Hilfe von Software agiler im Markt agieren und ihr Geschäft effizienter betreiben. Allerdings werde der Konsolidierungsdruck weiter zunehmen, meinen Branchenkollegen. US-Anbieter könnten ihre Marktanteile in den kommenden Jahren weiter ausbauen, mutmaßt Bernard Charles, CEO von Dassault Systemes. Die Konsolidierung werde sich kaum abschwächen, bestätigt Chris Ouwinga, CEO von Unit4Agresso. Allerdings könnten auch europäische Anbieter Treiber dieser Entwicklung sein und sich in Zukunft mehr Marktanteile sichern. "Europäische Softwarefirmen sollten sich darauf vorbereiten, Jäger zu sein statt die Gejagten", gibt Setphen Kelly, CEO von Micro Focus die Marschrichtung vor.

Ob das gelingt, sei jedoch fraglich, meinen die Analysten von PAC. Die europäischen Softwarehersteller seien zwar durchaus in der Lage, die Konsolidierung innerhalb der Alten Welt zu dominieren und voranzutreiben. Wenn einige jedoch eine kritische Größe erreicht hätten, würden sie wiederum zu interessanten Akquisitionszielen der großen US-Player. Außerdem würden Firmen in den Markt treten, die viele etablierte Anbieter bis dato noch gar auf ihrer Rechnung hätten. Experten zählen dazu beispielsweise Anbieter aus China und Indien. Gerade indische Konzerne, die sich bislang auf das Servicegeschäft konzentriert haben, würden zunehmend ihre Fühler auch in den Softwaremarkt ausstrecken und möglicherweise auch Übernahmeziele in Europa sondieren. Es bestehe durchaus die Gefahr, dass die europäische Softwareindustrie von den US-Softwareriesen und den aufstrebenden, beweglicheren asiatischen Anbietern in die Zange genommen werde, warnt Micro-Focus-CEO Kelly.