Nach dem Kauf von Business Objects

Update: SAP-Vorstand John Schwarz will Kritik an BI-Strategie entkräften

19.03.2008 von Sascha Alexander
John Schwarz, SAP-Vorstand und CEO von Business Objects, wirbt im Gespräch mit CW-Redakteur Sascha Alexander für kombinierte Angebote für Business Intelligence (BI), besteht aber auch auf die Unabhängigkeit von der SAP-Welt.

CW: Nach dem Kauf von Business Objects (BO) muss SAP dessen Angebot für BI und Unternehmenssteuerung mit dem eigenen vereinen. Sie werben dabei mit Synergien. Kritiker sehen hingegen große Überschneidungen und rechnen für viele Produkte mit dem Aus.

Schwarz: BO hatte seit 2004 aggressiv auf dem BI-Markt eingekauft, aber bis auf Cartesis alle Firmen vor der Übernahme durch SAP integriert. Mit SAP müssen wir nun eine schrittweise Integration vornehmen, aber die Überschneidungen sind gering. Wir haben viele Kunden über unsere Produktpläne informiert, und deren Reaktion war außerordentlich positiv.

CW: Sie bestreiten also, dass es beispielsweise bei den Endbenutzerwerkzeugen für Analyse und Reporting und den Anwendungen für Planung und Konsolidierung große Überschneidungen gibt?

Schwarz: Es gibt ein paar Überschneidungen, doch lassen sich die bisherigen Produkte überraschend einfach integrieren. Zugleich arbeiten wir an einem gemeinsamen Angebot. Kunden, die nicht migrieren wollen, erhalten weiter Support.

John Schwarz, CEO von Business Objects und SAP-Vorstand, sieht seine BI-Strategie von Kunden bestätigt.

CW: Wie lang?

Schwarz: In den meisten Fällen für mehr als fünf Jahre.

CW: Viele SAP-Kunden nutzen einen der "Bex"-Clients für Analyse und Reporting. Was passiert mit ihnen? Es wird offenbar an einem gemeinsamen Nachfolger-Tool, Codename "Pioneer", gearbeitet. Andererseits gibt es die Werkzeuge von BO.

Kunden von Cognos und Hyperion sollen wechseln

Schwarz: Bex und das SAP Business Information Warehouse (SAP BW) erhalten weiter Support. Kunden sollten aber mit der Zeit BO-Technik in Lizenz nehmen und ihre künftigen Lösungen auf der BI-Plattform "Businessobjects XI" entwickeln sowie auch die Visualisierungs-, Analyse-, und Reporting-Werkzeuge von BO beziehen. Viele SAP-Kunden machen dies bereits, zumal Bex nur Basisfunktionen bietet. Nur Kunden, die Produkte von Cognos und Hyperion mit SAP und Bex nutzen, wollen wir zum Umstieg auf BO bewegen.

CW: Erhalten also künftig die BO-Produkte bei SAP den Vorzug?

Schwarz: Im künftigen kombinierten BI-Angebot spielen die BO-Produkte die zentrale Rolle. Die SAP-Produkte werden als Basisangebot positioniert, das sich durch BO-Produkte funktional erweitern lässt. (siehe für die BI-Produkte auch die offizielle SAP-Roadmap)

CW: Welche Rolle spielt dann Pioneer?

Schwarz: Ich möchte nichts zu Pioneer sagen, weil es offiziell noch nicht angekündigt wurde. Grundsätzlich wird weiter in eingebettete Analysefunktionen für die SAP-Produkte für CRM, HR etc. investiert. Die Analyse-Engine und die grafischen Tools liefert künftig BO.

CW: Für Ihre Finanzanwendungen (Planung, Scorecarding, Konsolidierung) gibt es bisher keine Roadmap. Gerade dort scheinen aber die Überschneidungen und die Konfusion am größten zu sein (siehe auch "SAP drängt in die Finanzabteilungen").

Outlooksoft stellt die Technik für Planung

Schwarz: Bei den Planungswerkzeugen gibt es große Überschneidungen. Alle bestehenden Produkte sollen aber zunächst für mindestens fünf Jahre Support erhalten. Andererseits wollen wir unsere Planungstechnik auf der Basis der Software "Business Planning and Consolidation" (BPC) vereinen, die vom Anbieter Outlooksoft stammt. Bei den Tools für die Finanzkonsolidierung müssen wir die Produkte "SEM BCS", "Integrated Consolidiation" von Outlooksoft und Cartesis zusammenführen. Letzteres soll dabei die technische Basis stellen, kombiniert mit den Frontends von Outlooksoft und integriert mit der BPC-Planungs-Engine (eine detaillierte und kommentierte Übersicht zu den Finanzanwendungen und BI-Produkten finden Sie auch auf der Website des Business Application Research Center).

CW: Wann sollen diese neuen Angebote fertig sein?

Schwarz: Voraussichtlich in zwölf Monaten.

CW: Sollten Kunden ihre Konsolidierungs- oder Planungsprojekte deswegen aufschieben?

Schwarz: Sie können mit ihrem Projekt weitermachen. Wenn ihre Technik in die Jahre kommt, erhalten sie einen direkten Migrationspfad. Neukunden sollten aber auf die geplanten Angebote setzen.

CW: Wie sehen die Migrationshilfen aus?

Schwarz: SAP und BO bieten über ihre Serviceorganisation die benötigten Tools und Erfahrungen. Zusätzlich werden die bisherigen "Regional Implementations Groups" der SAP aufgestockt, die vor allem "Early Adopters" unterstützen sollen. Zudem schulen wir unsere Partner.

CW: SAP-Kunden beschweren sich immer wieder über den Produktsupport, langwierige Projekte, hohe Kosten von SAP BW und BI sowie eine schlechte Performance der Produkte (So auch in der weltweiten Kundenbefragung "BI Survery 7"). Wie wollen Sie die Stimmung aufbessern?

SAP-Kunden sind loyal

Schwarz: SAP-Projekte betreffen oft das Backend und sind daher von Natur aus komplexer und schwieriger zu bewältigen. Allerdings beklagen sich Anwender weit mehr über Oracle als über SAP. Zudem hat SAP die höchste Kundenloyalität aller Softwarehersteller. Was BO betrifft mussten wir immer schon Kunden mit verschiedenen Systemumgebungen gleich gut unterstützen. Wir wollen auch künftig diesen Weg gehen und offen bleiben, auch wenn manche Produkte mit denen der SAP konkurrieren. Wir wollen neutral bleiben. (siehe auch "Business Objects: Zum Abschied durchwachsene Geschäftszahlen")

CW: Wie wollen Sie die BI-Produkte künftig vermarkten?

Schwarz: BO bleibt als eigenes Unternehmen mit eigener Marke sowie mit vorerst eigenem Angebot für BI und Planung bestehen.

CW: Ist vorerst keine gemeinsame Produktarchitektur geplant?

Schwarz: Nein. BO wird zwar für SAP-Kunden manche Netweaver-Komponenten unterstützen, diese aber nicht in die Produktarchitektur einführen. Wir wollen BI-Kunden von Oracle oder Microsoft nicht zwingen, Netweaver-Technik einzuführen.

CW: Wie ist denn das Verhältnis von SAP/BO zu IBM und Oracle, die durch den Kauf von Cognos beziehungsweise Hyperion nun auch BI- und CPM-Produkte haben? Ist man nur noch bei der Datenbanktechnik befreundet?

Verhältnis zu Oracle, IBM und Informatica

Schwarz: Wir sind mit Oracle bei den Datenbanken befreundet. Aber das ist es schon so ziemlich. Bei IBM gibt es hingegen auf vielen Feldern eine Zusammenarbeit (OEM-, Services-, Datenbank-Geschäft), die wir weiterführen wollen. Natürlich konkurrieren wir jetzt bei BI, aber IBM macht viel Geld mit SAP-Kunden (siehe auch "Gartner beurteilt die neuen Schwergewichte für Business Intelligence")

CW: Und was wird aus der Partnerschaft der SAP mit dem Datenintegrationsspezialisten Informatica?

Schwarz: Dieses Abkommen macht keinen Sinn mehr, weil BO selbst über entsprechende Technik und Produkte verfügt.

CW: Wie wollen Sie Ihre vielen Produkte lizenzieren?

Schwarz: Wir harmonisieren derzeit unsere Angebote und Preise für SAP-Kunden. Für Nicht-SAP-Kunden behalten wir das bisherige BO-Lizenzmodell bei.

CW: Glauben Sie nicht, dass BO von Kunden und Partnern letztlich doch als SAP-Komponente statt als ein unabhängiger Anbieter betrachtet wird?

Schwarz: Wir werden das auf keinen Fall zulassen!

CW: Kunden müssen also keine ERP-Software von SAP beziehen, um BO nutzen zu können?

Schwarz: Das ist absolut richtig.