Kaum Spezial-Tools

Unzufrieden mit Steuerungs- und Planungssystemen

21.05.2010 von Johannes Klostermeier
Eine aktuelle Barc-Studie zeigt einen Nachholbedarf bei Einsatz von Steuerungssystemen in der öffentlichen Verwaltung. Viele der Befragten sind unzufrieden mit den eingesetzten Werkzeugen.

Software-Lösungen für Steuerung und Planung werden bislang nur unzureichend genutzt. Das ist das Ergebnis der Studie „Steuerungs- und Planungssysteme in der öffentlichen Verwaltung" des Beratungshauses Barc (Business Application Research Center) im Auftrag von IBM unter mehr als 120 deutschen Behörden auf kommunaler, Länder- und Bundesebene.

Nur 37 Prozent sind zufrieden mit den aktuell genutzten Steuerungssystemen.
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Während sich bei rund 80 Prozent der befragten Organisationen bereits Werkzeuge zur Steuerung und Planung im Einsatz befinden, zeigten sich lediglich 37 Prozent zufrieden mit den aktuell genutzten Systemen. Zudem sind laut Studie kennzahlenbasierte Systeme zur Unternehmenssteuerung - wie beispielsweise Dashboards und Balanced Scorecards - bislang noch Zukunftsthemen in der öffentlichen Verwaltung. Nur rund ein Fünftel der befragten Organisationen haben bereits Lösungen im Einsatz.

Öffentliche Einrichtungen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene sehen sich zahlreichen Herausforderungen gegenüber. Staatliche Verschuldungen machen Kosteneinsparungen unumgänglich. Dadurch wächst der Druck, teure, ineffiziente Abläufe abzuschaffen, Informationsprozesse zu verbessern sowie die Produktivität zu erhöhen. Gleichzeitig steigen, unter anderem durch Vorgaben aus der EU, die Anforderungen in Sachen Transparenz, etwa in den Bereichen Steuerverwendung, Ressourcenverbrauch oder Haushaltsausgleich. Hinzu kommt die gesetzlich verankerte Umstellung der kameralen auf eine doppische Buchführung, die den Bedarf an unterstützenden Softwarelösungen für Steuerung und Planung weiter steigert.

Nahezu 80 Prozent der befragten Organisationen nutzen bereits heute Softwarewerkzeuge für Steuerungs- und Planungszwecke, vor allem für die Bereiche Haushalt, Controlling und Personalwesen. Über die Hälfte der befragten öffentlichen Einrichtungen (53 Prozent) nutzen spezielle Softwarelösungen zur Steuerung und Planung. Mehr als ein Viertel (28 Prozent) arbeitet momentan mit Microsoft Excel. Weitere elf Prozent planen aktuell die Anschaffung eines Werkzeugs und befassen sich daher bereits intensiv mit der Thematik.

Steuerungs- und Planungssysteme sind noch in der Einführungsphase

Bei Reporting, Datenanalyse, Planung und Budgetierung sind Steuerungs- und Planungssysteme zwar etabliert, aber befinden sich noch in der Einführungsphase. Die Studie zeigt, dass 80 Prozent der Befragten regelmäßig Daten aus ihren Systemen für Steuerung und Planung exportieren. Ein Umstand, der laut BARC darauf hindeute, dass es an spezialisierten Systemen fehlt und weise auf eine generell mangelnde Unterstützung durch die eingesetzten Lösungen hin.

„Die Umstellung des Rechnungswesens von der kameralen auf eine doppische Buchführung, neue gesetzliche Anforderungen (etwa die EU-Dienstleistungsrichtlinie), der steigende Bedarf an Kostentransparenz sowie der demografische Wandel lassen vermuten, dass der Einsatz von Steuerungs- und Planungssystemen in Zukunft über alle Fachreferate hinweg weiter zunehmen wird", sagte Melanie Mack, Senior Analystin bei Barc.

Der noch geringe Einsatz spezialisierter Werkzeuge, die verglichen mit dem privatwirtschaftlichen Sektor seltenere Nutzung spezifischer Funktionen, häufig fehlende Architekturen, Datenmanagementkonzepte sowie organisatorische Verankerung zeigten deutlich, dass sich der öffentliche Sektor noch in einer früheren Einführungsphase von Steuerungs- und Planungssystemen befindet.

Zwar haben heute bereits über 80 Prozent der befragten Behörden spezielle Softwarelösungen oder Microsoft Excel für Steuerungs- und Planungszwecke im Einsatz. Die Nutzung erfolgt allerdings eher wöchentlich oder monatlich und nicht täglich, sodass viele Potenziale der eingesetzten Software nicht genutzt werden. Etabliert hat sich die Nutzung dabei insbesondere für die Themen Reporting, Datenanalyse sowie Planung und Budgetierung. Zukunftsthemen sind die Umsetzung von Dashboards/Cockpits sowie Balanced-Scorecard-Anwendungen.

Christian Fuchs, Analyst bei Barc, sagte: „Besonders bedenklich ist, dass 30 Prozent der befragten Behörden angaben, „kein Datenmanagementkonzept" zu besitzen. Somit fehlt bei den meisten öffentlichen Einrichtungen ein wesentliches Fundament eines jeden Steuerungs- und Planungssystems und ein wesentlichen Fundament für ein effizientes Steuerungs- und Planungssystem. Auch innovative Technologien wie Dashboards oder Balanced-Scorecard-Anwendungen zur Visualisierung von Kennzahlen und Informationen sind noch nicht in großem Umfang in der öffentlichen Verwaltung angekommen.

Niedrige Zufriedenheit mit den aktuellen Systemen

Die insgesamt in der Studie festgestellte niedrige Zufriedenheit mit den aktuellen Steuerungs- und Planungssystemen (nur 37 Prozent sind zufrieden) sowie klar formulierte Defizite wie komplizierte Datenverarbeitungsprozesse, zu niedrige Geschwindigkeit bei der Umsetzung von Änderungen, mangelnde Datenqualität und nicht abgestimmte Kennzahlen sind Themen, die im Wesentlichen organisatorisch angegangen werden müssen. Da bei 41 Prozent der Befragten diese Organisation fehlt, werden die genannten Defizite in naher Zukunft nur schwerlich abgestellt werden können.

„Die öffentliche Verwaltung hat großen Nachholbedarf, wenn es um die Nutzung effizienter Planungssysteme geht", sagte Olaf Scamperle, Director Business Analytics und Performance Management bei IBM. „Die Übertragung von Daten einzelner Bereiche aus Standard-Kalkulationstabellen bedeutet für die Verwaltung nicht nur einen enormen Zeitaufwand, sondern birgt auch zusätzliche Fehlerquellen."

Zur Studie: Im Herbst 2009 befragte der Marktanalyst Barc 122 Institutionen aus der öffentlichen Verwaltung zum Thema Einsatz von Steuerungs- und Planungssystemen. Die Hälfte der Befragten stammt dabei aus der kommunalen Verwaltung (50 Prozent), ein Fünftel aus der Landesverwaltung. Weitere Befragte verteilen sich auf Forschung und Lehre, sonstige Organisationen, den Bund, Sozialversicherungsträger und öffentliche Beteiligungsunternehmen. Die 122 Befragten sind überwiegend in der Leitungsebene in Fachreferaten sowie der Informationstechnologie tätig.

Die vollständige Studie können Sie hier herunterladen.