SaaS, Cloud, Consumerization

Unter den CIOs trennt sich Spreu vom Weizen

05.08.2011 von Joachim Hackmann
Mächtige Umwälzungen in der IT stellen CIOs vor enormen Herausforderungen. Viele ignorieren die Aufgaben, manche sind überfordert.

Dan Woods geht hart ins Gericht mit den heutigen IT-Managern. In seinem Blog auf der Web-Seite des "Forbes"-Magazins listet er bevorstehende Herausforderungen in der IT auf, glaubt aber nicht, dass die CIOs sie bewältigen können. Woods ist Chief Technology Officer bei CITO Research, einem Beratungshaus für CTOs und CIOs. Regelmäßig bloggt er über seine Erlebnisse im Consulting-Alltag.

Foto: Fotalia

Für CIOs sind die Herausforderungen seiner Ansicht nach vielfältig. Die Zahl der zu verwaltenden IT-Komponenten steigt explosionsartig, Consumerization, Virtualisierung, Cloud Computing, Software as a Service (SaaS) und Mobility verschärfen allesamt die Komplexität des CIO-Jobs.

Viele IT-Manager sind laut Woods auf die bevorstehenden Veränderungen nicht vorbereitet, sie würden die Probleme nicht in den Griff bekommen. Unternehmen sollten auch nicht darauf hoffen, dass Jung-Manager, die als Digital Natives aufgewachsen sind, schnelle Antworten finden. Vielmehr sei zu erwarten, dass Berater profitieren, ohne aber wirklich Lösungen zu präsentieren.

Tipps vm Blogger Dan Woods
Acht Tipps für den CIO
Dan Woods von Forbes hat acht Tipps zusammengetragen, wie Sie sicher aus die IT-Management-Krise kommen.
Tipp 1:
Inventarisieren Sie die IT in ihrem Zuständigkeitsbereich.
Tipp 2:
Bewerten Sie die IT-Aufgaben nach den Einfluss auf das Kerngeschäft und fokussieren Sie sich dann auf die Wichtigsten.
Tipp 3:
Wählen Sie einen Management-Ansatz und passen diesen an Ihre Bedürfnisse an.
Tipp 4:
Schaffen Sie die nötigen Ressourcen für eine aktives und umfassendes Management.
Tipp 5:
Orientieren Sie sich bei der Implementierung der Management-Systeme an den Bedürfnissen der IT.
Tipp 6:
Vertiefen Sie ihr Verständnis für das Kerngeschäft. Bewerten Sie neue Technologien nach Business-Tauglichkeit. Halten Sie sich nicht mit Ideen auf, die wenig vielversprechend sind.
Tipp 7:
Bieten Sie den Nutzern neue Anwendungen und Technologien an.
Tipp 8:
Erstellen Sie formale Prozesse, wie mit Innovationen umgegangen werden soll.

Woods meint, Unternehmen müssten ihre IT grundsätzlich anders betreiben. Die unausweichliche Krise im IT-Management habe ihre Ursache darin, dass sowohl CEOs als auch CIOs die kommenden Veränderungen unterschätzten und den Neuerungen mit unzulänglichen Mitteln begegneten. Die neue IT muss den Ausführungen von Woods zufolge ein branchen- und geschäftsspezifisches Gesicht haben. Sie werde deutlicher als bislang von Anwendern beeinflusst und kontrolliert. Doch die ideale Ausgestaltung müsse jeder CIO selbst erkennen. Das könne er aber nur, wenn er sich vom heute üblichen Fokus auf Technik löse und ernsthaft damit beginne, die Bedürfnisse der Fachbereiche zu verstehen.

Consumerization bricht das IT-Monopol

Laut Wood hat der "Consumerization"-Trend vom privaten auf das Nutzungsverhalten der Fachbereiche übergegriffen. Sie suchten sich ihre eigenen Geräte, Software und Services aus, mit denen sie arbeiten wollen.

Die Anwender mieten dazu auch Applikationen im Web und IT-Ressourcen in der Cloud an, immer öfter an der zentralen IT vorbei. Das Monopol der IT sei damit gebrochen, die Verantwortung für IT-Sicherheit, Zuverlässigkeit, Compliance und Integration bleibe aber.

Konsumerisierung der deutschen IT
Konsumerisierung der deutschen IT
Die <a href="http://www.unisys.com/unisys/ri/topic/researchtopicdetail.jsp?id=700004">Befragung</a> von 331 Anwendern und 65 IT-Verantwortlichen aus deutschen Unternehmen im Auftrag von Unisys ergab, dass auch die IT auch hier schlecht auf den Trend zur Konsumerisierung vorbereitet ist.

Wie greifen die deutschen Anwender auf Unternehmensanwendungen zu (im Vergleich zu den globalen Usern)?

Welche Geräte nutzen die deutschen Anwender bevorzugt für Business-Applikationen (und welche voraussichtlich in einem Jahr)?

Welches Endgeräte ist für Business-Anwender hierzulande Stand heue am wichtigsten (und wie sieht es in einem Jahr aus)?

Welche Sozialen Medien setzen deutsche Anwender für das Business ein (im Verlgeich zum vergangenen Jahr)?

Welche Applikationen nutzen deutsche Unternehmen zu Business-Zwecken?

Was halten IT-Verantwortliche in Deutschland generell vom Einsatz der Endgeräte in den Unternehmen?

Wie unterscheidet sich die Wahrnehmnung von IT und Anwendern hinsicht der sozialen Medien?

Welche Pläne haben die IT-Verantwortlichen, um Unternehmensanwendungen an Tablets und Smartphones anzupassen?

Wieviel IT-Support erwarten die deutschen IT-Chefs (im Unterschied zu den weltweiten) für neue Anwendungen leisten zu müssen?

Für wie technikaffin halten sich die IT-Verantwortlich in Deutschland (im Vergleich zu ihren weltweiten Kollegen)?

Wie schätzen die Anwender (gegenüber den IT-Organisationen) die Technologie-Adaption im Unternehmen ein?

Wer bezahlt hierzulande (im Vergleich zu weltweit) für das Equpiment der Mitarbeiter?

Welche Anwendungen oder Websites sperren die IT-Verantwortlichen in Deutschland vor den Mitarbeitern ab?

Welche "privaten" Aktivitäten erlauben die deutschen IT-Verantwortlichen (im Vergleich zu den weltweiten)?

Was spricht aus der IT-Sicht dagegen, dass die Anwender selbst ihre Endgeräte beschaffen?

Mit SaaS in die Security-Falle

Software as a Service (SaaS) hält schwierige Herausforderungen bereit. Im schlimmsten Fall melden sich Anwender auf einer SaaS-Site an, um eine Applikation zu nutzen, ohne zuvor die IT zu konsultieren. Damit bleiben allen Fragen hinsichtlich Sicherheit, Zuverlässigkeit, Compliance und Integration offen. Treten die ersten Probleme auf, komme es zum Gerangel zwischen IT und Fachbereichen, warnt Woods.

Ist die IT tatsächlich mit im Boot, gibt es ein anderes, nicht minder schweres Problem: Auch SaaS-Applikationen benötigen Betreuung. Die IT muss sich in der SaaS-Welt genauso um Integration, Identity-Management und Disaster Recovery bemühen, wie in der eigenen ERP- und Business-Umgebung. Das Ausmaß der damit verbundenen Arbeit sei kaum abzuschätzen, zumal selten bekannt sei, ob die angemieteten Applikationen überhaupt reif für einen Einsatz im Kerngeschäft seien, beobachtet der Manager.

Immer den mobilen Mitarbeitern hinterher!

Die Versorgung mobiler Mitarbeiter führt zu großen Herausforderungen in der Applikationsverwaltung. Welche Anwendungen müssen auf welchen Geräten laufen? Wie weit soll der mobile Zugriff auf Applikationen und Daten reichen? Wann ist es sinnvoll, welche Apps zu entwerfen? Wie fügen sich frei verfügbare Apps ein? Wie errechnet sich der Return on Investment (RoI)? Wie viel will man investieren?

Auf keine dieser Fragen gibt es einfache Antworten. Sobald eine Entscheidung darüber gefällt wurde, was den mobilen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden soll, müssen Vereinbarungen darüber getroffen werden, wie man den Umgang mit den Endgeräten regeln und das Application-Management aufstellen muss.

Das Data Center wird virtuell

Im Data Center sorgt der Virtualisierungstrend für rasante Veränderungen. Weite Teile der Data Center sind noch in der Vor-Virtualisierungs-Phase, in der Veränderungsgeschwindigkeit mit dem Inbetriebnehmen physikalischer Server zusammenhängt.

Verglichen mit einem virtualisierten Rechenzentrum, aus dem auch noch Ressourcen aus der Cloud bereitgestellt werden, verändert sich ein traditionelles Data Center im Schneckentempo, behauptet Woods. Der Übergang sei kaum machbar, solange unklar ist, welche Applikationen auf welchen Rechnern laufen. Das Ausschalten birgt aus Sicht der IT-Verantwortlichen zu hohe Risiken. Je länger solche RZs betrieben werden, desto größer wird die Spanne zu innovativen Data Center. Betreiber wie Google, Amazon und Salesforce haben die Herausforderungen im Griff. Dort können je nach Bedarf virtuelle Kapazitäten hinzugefügt werden.

Vier Trends im Bereich Rechenzentrum

Folgende Entwicklungen werden nach Einschätzung von Emerson Network Power, einem Hersteller von Komponenten für Rechenzentren, die Entwicklung im Data-Center in den kommenden Jahren prägen:
Eine deutliche höhere Dichte von Systemen:
Die Wärmeleistung pro Rack steigt demnach im Schnitt von etwa 11 Kilowatt im laufenden Jahr und bis auf 17 kW im Jahr 2019. Durch die höhere Packungsdichte benötigen solche Rechenzentren etwa 35 Prozent weniger Energie. Hinzu kommen Einsparungen durch den geringeren Platzbedarf. Ein Data Center mit etwa 800 Quadratmetern und einer Wärmeleistung von 20 kW pro Rack wird in wenigen Jahren dieselben Leistungswerte erreichen wie heute ein Rechenzentrum mit 3000 Quadratmetern. Die Einsparungen, bezogen auf die Baukosten, betragen in diesem Fall etwa zwischen 700.000 Euro und rund 2 Millionen Euro. <br /><br /> Allerdings erfordert die wachsende Rechenleistung pro Rack spezielle Kühlungs- und Stromversorgungssysteme. Notwendig ist eine Kombination von Kalt-/Warmgang-Konzepten in Verbindung mit Wasserkühlung und mit modularen "Power Distribution Units" (PDUs) im Rack. Dadurch lässt sich der Energiebedarf der Systeme pro Rack um etwa ein Drittel senken.
Verfügbarkeit gewinnt an Bedeutung:
Die Anforderungen an die Verfügbarkeit von Rechenzentren und den IT-Services, die über sie bereitgestellt werden, nimmt drastisch zu. Amazon beispielsweise garantiert für seinen Cloud-Computing-Service "Elastic Compute Cloud" (EC2) eine Verfügbarkeit von 99,95 Prozent. Das heißt, die Ausfallzeit pro Jahr darf 4,5 Stunden nicht überschreiten. <br /><br /> Ein Großteil der Systemausfälle in Data Centern geht laut Emerson Network Power auf Ausfälle der Stromversorgung oder Probleme mit der Kühlung zurück. Deshalb gewinnen unterbrechungsfreie Stromversorgungen an Bedeutung – auch deshalb, weil sie Spannungsspitzen ausfiltern und von Servern, Switches und Storage-Systemen fernhalten. <br /><br /> Ein weiterer Faktor, der die Anfälligkeit von Rechenzentren senkt, ist eine Verringerung der Zahl aktiver Komponenten in Kühlsystemen. Dies lässt sich beispielsweise durch eine verstärkte Kühlung mithilfe von Außenluft erzielen. Sie macht zumindest einen Teil der Lüfter, Gebläse und Pumpen innerhalb eines Data-Centers überflüssig.
Flexibilität ist ein zentraler Faktor:
Rechenzentren müssen stärker denn je mit Lastspitzen zurechtkommen. Auch diese Entwicklung wird durch Cloud-Computing forciert: Handelshäuser werden beispielsweise in der Vorweihnachtszeit Rechenkapazitäten hinzubuchen, in den Sommermonaten dagegen die Nachfrage reduzieren. Das heißt für Server, Stromversorgungssysteme und Klimaanlagen: Sie müssen ihre Leistung an die Nachfrage anpassen. Das war bislang nicht der Fall, speziell bei der Kühlung und Stromversorgung. Diese Systeme laufen in vielen Rechenzentren stets unter Volllast, was sich negativ auf die Kosten auswirkt. Modulare Stromversorgungen und Kühlsysteme, die sich automatisch an Veränderungen der Umgebungstemperatur anpassen, können dieses Problem lösen.
Managebarkeit gewinnt an Bedeutung:
Die Komplexität von Rechenzentren nimmt weiter zu, bedingt durch Virtualisierung, immer leistungsfähigere Server mit Mehrkernprozessoren und die angesprochene höhere Systemdichte. Die Konsequenz: IT-Verwalter benötigen Management-Tools, mit denen sie die Komponenten überwachen und steuern können. Das gilt nicht nur für aktive Komponenten, sondern auch für die Verkabelung und die Akkus von unterbrechungsfreien Stromversorgungen. Ein Infrastruktur-Management-System muss in Echtzeit Statusmeldungen übermitteln und dem Systemverwalter dabei helfen, bereits im Vorfeld Ausfälle von Geräten zu erkennen. <br /><br /> Ein weiterer Punkt, der häufig übersehen wird: Management heißt im Data Center auch das Verwalten des Raums, der für Racks und andere Komponenten zur Verfügung steht. Planungstools wie etwa Nlyte 6.0 von Nlyte helfen dabei, das Platzangebot optimal auszuschöpfen.

Die Abrechnung bleibt offen

Das vielleicht größte Problem, dem sich die IT heute gegenüber sieht, sind laut Woods die unausgereiften Abrechnungsmodelle. Jeder Finanzvorstand, dem ein Antrag für Cloud-Budgets auf den Schreibtisch flattert, wird fragen: "Was kostet es, wenn wir die gleiche Arbeit im Hause oder auf den vorhandenen Servern erledigen?" Für IT-Verantwortlichen sind Antworten darauf schwierig. Sie haben oft weder das Wissen noch die Werkzeuge, um die Kosten exakt vergleichen zu können. Es gibt auch keine schnelle Lösung für dieses Problem. Um die Gemeinkosten in der IT einer Vielzahl von unterschiedlichen IT-Diensten detailliert zuordnen zu können, braucht man Zeit.

Ohne diese Vorarbeit wird die IT aber kaum entscheiden können, ob man etwa auf SaaS-Versionen von ERP-Systemen umsteigen, neue Rechenzentren bauen, private Clouds einrichten oder Public Clouds nutzen sollte.

Zwei Dimensionen der IT-Krise

Führt das alles zwangsläufig in eine Krise des IT-Managements? Woods meint: Ja. Möglicherweise hat das Gros der Anwender mittlerweile die IT-Kosten im Griff, aber CEOs seien oft nicht mit dem Ertrag der IT-Investitionen zufrieden. Die Krise hat zwei Gesichter. Das erste zeigt eine IT, die nicht so transparent gestaltet ist, wie es der Vorstand gerne hätte.

Das zweite Gesicht einer kriselnden IT zeigt einen CIO, der die Rolle des innovativen Vorreiters nicht füllen kann. Er müsste neue Wege in der Nutzung aktueller Techniken beschreiten, um einen Beitrag zu besseren Produkten, Services und Support-Angeboten zu leisten. Die Krise im IT-Management hat ihre Ursachen nach Meinung des CITO-Beraters auch darin, dass die Zeit für Innovationen und Führung zu knapp ist. Das ist kein neues Problem, doch die IT-Lenker, die Innovationen schaffen, werden triumphieren. (jha)

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