Dan Woods geht hart ins Gericht mit den heutigen IT-Managern. In seinem Blog auf der Web-Seite des "Forbes"-Magazins listet er bevorstehende Herausforderungen in der IT auf, glaubt aber nicht, dass die CIOs sie bewältigen können. Woods ist Chief Technology Officer bei CITO Research, einem Beratungshaus für CTOs und CIOs. Regelmäßig bloggt er über seine Erlebnisse im Consulting-Alltag.
Für CIOs sind die Herausforderungen seiner Ansicht nach vielfältig. Die Zahl der zu verwaltenden IT-Komponenten steigt explosionsartig, Consumerization, Virtualisierung, Cloud Computing, Software as a Service (SaaS) und Mobility verschärfen allesamt die Komplexität des CIO-Jobs.
Viele IT-Manager sind laut Woods auf die bevorstehenden Veränderungen nicht vorbereitet, sie würden die Probleme nicht in den Griff bekommen. Unternehmen sollten auch nicht darauf hoffen, dass Jung-Manager, die als Digital Natives aufgewachsen sind, schnelle Antworten finden. Vielmehr sei zu erwarten, dass Berater profitieren, ohne aber wirklich Lösungen zu präsentieren.
Woods meint, Unternehmen müssten ihre IT grundsätzlich anders betreiben. Die unausweichliche Krise im IT-Management habe ihre Ursache darin, dass sowohl CEOs als auch CIOs die kommenden Veränderungen unterschätzten und den Neuerungen mit unzulänglichen Mitteln begegneten. Die neue IT muss den Ausführungen von Woods zufolge ein branchen- und geschäftsspezifisches Gesicht haben. Sie werde deutlicher als bislang von Anwendern beeinflusst und kontrolliert. Doch die ideale Ausgestaltung müsse jeder CIO selbst erkennen. Das könne er aber nur, wenn er sich vom heute üblichen Fokus auf Technik löse und ernsthaft damit beginne, die Bedürfnisse der Fachbereiche zu verstehen.
Consumerization bricht das IT-Monopol
Laut Wood hat der "Consumerization"-Trend vom privaten auf das Nutzungsverhalten der Fachbereiche übergegriffen. Sie suchten sich ihre eigenen Geräte, Software und Services aus, mit denen sie arbeiten wollen.
Die Anwender mieten dazu auch Applikationen im Web und IT-Ressourcen in der Cloud an, immer öfter an der zentralen IT vorbei. Das Monopol der IT sei damit gebrochen, die Verantwortung für IT-Sicherheit, Zuverlässigkeit, Compliance und Integration bleibe aber.
Mit SaaS in die Security-Falle
Software as a Service (SaaS) hält schwierige Herausforderungen bereit. Im schlimmsten Fall melden sich Anwender auf einer SaaS-Site an, um eine Applikation zu nutzen, ohne zuvor die IT zu konsultieren. Damit bleiben allen Fragen hinsichtlich Sicherheit, Zuverlässigkeit, Compliance und Integration offen. Treten die ersten Probleme auf, komme es zum Gerangel zwischen IT und Fachbereichen, warnt Woods.
Ist die IT tatsächlich mit im Boot, gibt es ein anderes, nicht minder schweres Problem: Auch SaaS-Applikationen benötigen Betreuung. Die IT muss sich in der SaaS-Welt genauso um Integration, Identity-Management und Disaster Recovery bemühen, wie in der eigenen ERP- und Business-Umgebung. Das Ausmaß der damit verbundenen Arbeit sei kaum abzuschätzen, zumal selten bekannt sei, ob die angemieteten Applikationen überhaupt reif für einen Einsatz im Kerngeschäft seien, beobachtet der Manager.
Immer den mobilen Mitarbeitern hinterher!
Die Versorgung mobiler Mitarbeiter führt zu großen Herausforderungen in der Applikationsverwaltung. Welche Anwendungen müssen auf welchen Geräten laufen? Wie weit soll der mobile Zugriff auf Applikationen und Daten reichen? Wann ist es sinnvoll, welche Apps zu entwerfen? Wie fügen sich frei verfügbare Apps ein? Wie errechnet sich der Return on Investment (RoI)? Wie viel will man investieren?
Auf keine dieser Fragen gibt es einfache Antworten. Sobald eine Entscheidung darüber gefällt wurde, was den mobilen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden soll, müssen Vereinbarungen darüber getroffen werden, wie man den Umgang mit den Endgeräten regeln und das Application-Management aufstellen muss.
Das Data Center wird virtuell
Im Data Center sorgt der Virtualisierungstrend für rasante Veränderungen. Weite Teile der Data Center sind noch in der Vor-Virtualisierungs-Phase, in der Veränderungsgeschwindigkeit mit dem Inbetriebnehmen physikalischer Server zusammenhängt.
Verglichen mit einem virtualisierten Rechenzentrum, aus dem auch noch Ressourcen aus der Cloud bereitgestellt werden, verändert sich ein traditionelles Data Center im Schneckentempo, behauptet Woods. Der Übergang sei kaum machbar, solange unklar ist, welche Applikationen auf welchen Rechnern laufen. Das Ausschalten birgt aus Sicht der IT-Verantwortlichen zu hohe Risiken. Je länger solche RZs betrieben werden, desto größer wird die Spanne zu innovativen Data Center. Betreiber wie Google, Amazon und Salesforce haben die Herausforderungen im Griff. Dort können je nach Bedarf virtuelle Kapazitäten hinzugefügt werden.
Die Abrechnung bleibt offen
Das vielleicht größte Problem, dem sich die IT heute gegenüber sieht, sind laut Woods die unausgereiften Abrechnungsmodelle. Jeder Finanzvorstand, dem ein Antrag für Cloud-Budgets auf den Schreibtisch flattert, wird fragen: "Was kostet es, wenn wir die gleiche Arbeit im Hause oder auf den vorhandenen Servern erledigen?" Für IT-Verantwortlichen sind Antworten darauf schwierig. Sie haben oft weder das Wissen noch die Werkzeuge, um die Kosten exakt vergleichen zu können. Es gibt auch keine schnelle Lösung für dieses Problem. Um die Gemeinkosten in der IT einer Vielzahl von unterschiedlichen IT-Diensten detailliert zuordnen zu können, braucht man Zeit.
Ohne diese Vorarbeit wird die IT aber kaum entscheiden können, ob man etwa auf SaaS-Versionen von ERP-Systemen umsteigen, neue Rechenzentren bauen, private Clouds einrichten oder Public Clouds nutzen sollte.
Zwei Dimensionen der IT-Krise
Führt das alles zwangsläufig in eine Krise des IT-Managements? Woods meint: Ja. Möglicherweise hat das Gros der Anwender mittlerweile die IT-Kosten im Griff, aber CEOs seien oft nicht mit dem Ertrag der IT-Investitionen zufrieden. Die Krise hat zwei Gesichter. Das erste zeigt eine IT, die nicht so transparent gestaltet ist, wie es der Vorstand gerne hätte.
Das zweite Gesicht einer kriselnden IT zeigt einen CIO, der die Rolle des innovativen Vorreiters nicht füllen kann. Er müsste neue Wege in der Nutzung aktueller Techniken beschreiten, um einen Beitrag zu besseren Produkten, Services und Support-Angeboten zu leisten. Die Krise im IT-Management hat ihre Ursachen nach Meinung des CITO-Beraters auch darin, dass die Zeit für Innovationen und Führung zu knapp ist. Das ist kein neues Problem, doch die IT-Lenker, die Innovationen schaffen, werden triumphieren. (jha)
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