Anwender sollten Kaufpreis und Wartung getrennt verhandeln

Umsatzentwicklung zwingt Mainframer zu Tricks

02.05.1997

Im abgelaufenen Jahr wurden im Mainframe-Markt Waren im Wert von 8,3 Milliarden Dollar abgesetzt, nur ein Prozent mehr als im Jahr zuvor, errechneten die Analysten der International Data Corp. (IDC). Zugleich stieg aber die verkaufte Rechenleistung, gemessen in Millionen Instruktionen pro Sekunde (MIPS), um 77 Prozent auf 575 000 MIPS.

Umsatzstärkster Mainframe-Hersteller blieb 1996 die IBM mit geschätzten 5,835 Milliarden Dollar. Allerdings schrumpften die Einnahmen von Big Blue in diesem Produktbereich um gut 15 Prozent. Kräftig zugelegt haben Hitachi Data Systems (HDS) und Comparex, die neben Tandem als einzige Mainframe-Anbieter ihren Umsatz im Vergleich zum Jahr 1995 erhöhen konnten (siehe Grafik) .

Die Diskrepanz zwischen geringer Marktausweitung und stark erhöhter Auslieferung von Rechenpower erklärt sich zum Teil durch die Einführung billiger, da kostengünstiger zu produzierender CMOS-Prozessoren in den Rechnerboliden. Barry Graham, Analyst des englischen Marktforschungsunternehmens Xephon, schätzt, daß die Preise für die Mainframe-Rechenwerke seit Beginn des Jahres 1997 um weitere 30 Prozent gefallen sind.

Graham untersuchte in 45 Fällen zudem, wie sich der Wettbewerb auf die Preisgestaltung der Hersteller auswirkt. So variieren beispielsweise die drei Anbieter von CMOS-3-Systemen IBM, Hitachi Data Systems (HDS) und Amdahl ihre Angebote entsprechend der Situation, die sie beim Kunden antreffen.

"Die IBM-Zahlen zeigen eine Bandbreite von über 100 Pro- zent für ein- und dasselbe System", schreibt Graham im Branchenblatt "Insight IS" von Xephon.

Zwar könnte ein Teil der Preisdifferenzen auf unterschiedliche Konfigurationen der Rechner zurückzuführen sein, "aber die Mehrzahl der Variationen hängt von der aktuellen Wettbewerbssituation ab". Er fand, daß IBM die höchsten Preise meist bei Leasingangeboten erzielte, die niedrigsten im PCM-kompatiblen Ersatzgeschäft.

Im Durchschnitt verlangte Big Blue für seine "Enterprise Server" 9830 Dollar je MIPS und drückte damit erstmals den Preis unter die magische 10000-Dollar-Grenze. Etwas billiger bietet HDS die "Pilot"-Maschinen an, die auf einen mittleren MIPS-Preis von 9250 Dollar kommen.

Zwar gibt auch Hitachi dann die besten Preise, wenn die Konkurrenz mitbietet, die Spanne zwischen höchstem und niedrigstem Verkaufspreis differiert allerdings nur um 25 Prozent. Hitachi bot in rund einem Drittel aller untersuchten Mainframe-Ausschreibungen mit.

Amdahl, so scheint es, kassiert bei seiner angestammten Kundschaft besonders gut ab, denn dort wurden die höchsten Preise erzielt, wie der Marktforscher herausfand. Die Kunden dieses PCMers würden nicht ernsthaft einen Umstieg auf ein Vergleichsprodukt erwägen, oftmals wegen einer Rückkaufgarantie im Vertrag. Der mit 10500 Dollar erzielte durchschnittliche MIPS-Preis für die "Millennium Global Servers" verwundert deshalb nicht. Allerdings trat Amdahl nur in drei der untersuchten Fälle als Konkurrent zu IBM oder Hitachi auf, und Graham vermutet, daß Amdahl froh wäre, weniger Profit einzustreichen und dafür höhere Stückzahlen zu verkaufen.

Auch bei den Wartungsverträgen greifen die Mainframer den Kunden gerne tief in die Tasche. Der Analyst fand erhebliche Unterschiede bei den Servicekosten, da zwar die Hersteller oftmals mit kostenloser Wartung eines neuen Prozessors in den ersten drei Jahren werben, aber ebenso Kostenmodelle verfolgen, in denen pro MIPS bis zu 3000 Dollar (Amdahl) in Rechnung gestellt werden. IBM nimmt für die Wartung je MIPS maximal 2000, Hitachi höchstens 1100 Dollar. Graham empfiehlt, Kaufpreis und Wartungsvertrag getrennt auszuhandeln.

IBMs umstrittener LSPR-Benchmark

Vorsicht ist angebracht, wenn IBM mit den Zahlen des Benchmarks "Large System Performance Reference" (LSPR) auf Kundenfang geht. Diese Testreihe vergleicht die Leistungsfähigkeit der S/3x0-Prozessoren mit den entsprechenden von Amdahl und HDS. In Europa bietet außerdem Comparex die Hitachi-Maschinen unter dem Namen "M2000" an. Der LSPR-Test führte schon in der Vergangenheit zu starken Kontroversen, da er Amdahls wassergekühltes Topmodell als leistungsschwächer bewertete, als Marktforschungsunternehmen wie Gartner Group oder Xephon es aufgrund von Marktbeobachtungen tun.

Kürzlich veröffentlichte Big Blue in den USA die neuen LSPR-Ergebnisse. Danach sollen die "Skyline"-Maschinen von HDS (und Comparex' "M2000") weniger leistungsfähig sein, als die Japaner behaupten. Zwar konnte HDS, so die IBM, die Leistung im Vergleich zu den Vorgängermodellen tatsächlich in etwa verdoppeln, sie würden aber bei einer gemischten Arbeitsbelastung, also nicht nur in der Batch-Verarbeitung, zwischen fünf und elf Prozent unter den wassergekühlten IBM-Systemen "9021" liegen.

Die Analysten der Gartner Group bezweifeln die IBM-Ergebnisse und wollen ihre aus dem Markt gewonnenen Leistungswerte aufgrund der neuen IBM-Benchmark-Ergebnisse nicht verändern. Die Angaben der Anwender würden dies nicht rechtfertigen. Problematisch sei auch die Einordnung der "Millions of Service Units" (MSU), die Big Blue zwar nach den Angaben der Konkurrenten vornehme, sich dabei allerdings das Recht vorbehalte, die Bewertung der Ergebnisse jederzeit zu verändern. HDS und Amdahl veröffentlichen keine Vergleichstests.