Linux-Distribution für Unternehmen

Ubuntu 11.10 Server im Test

07.03.2012 von Thomas Joos
Die aktuelle Linux-Distribution Ubuntu 11.10 Server bringt vor allem Verbesserungen für Virtualisierung, Cloud Computing und CPU-Unterstützung.

Zeitgleich mit der bekannten Linux-Distribution Ubuntu 11.10 Desktop, hat der Hersteller Canonical auch den Server der Version 11.10 (Entwicklungsname Oneiric Ocelot) veröffentlicht. Die neue Version der Debian-basierten Linux-Distribution baut auf dem Linux Kernel 3 auf. Ubuntu 11.10 Server ist für 32-Bit und 64-Bit-Prozessoren verfügbar. Sie unterstützt jetzt auch ARM-Prozessoren und bietet vor allem Neuerungen im Bereich Virtualisierung und Cloud-Technologien. Die ISO-Datei steht als Download kostenlos zur Verfügung.

Eine der wichtigsten Neuerungen ist sicherlich die Möglichkeit, das System auch auf Servern mit ARM-Prozessoren (Advanced RISC Machines) zu installieren. Zwar ist die Installation derzeit noch eingeschränkt, da nicht alle Pakete zur Verfügung stehen, aber es ist ersichtlich, dass Canonical auch im Markt der Mikro-Server Fuß fassen will. Die wichtigsten Pakete stehen zur Verfügung, zum Beispiel der bekannte LAMP-Stack, weitere sollen folgen. LAMP fasst Linux, Apache, MySQL und PHP zusammen. Das heißt, mit Ubuntu Server 11.10 lassen sich auch kleine Server und Appliances betreiben. Der Vorteil der Prozessoren ist der geringe Energieverbrauch. Windows 8 Client wird übrigens ebenfalls auf ARM-Prozessoren laufen. Nach Aussagen von Microsoft wird aber die nächste Server-Version Windows Server 8 nicht auf diesen Prozessoren unterstützt. Das liegt daran, dass ARM-Prozessoren derzeit nur als 32-Bit-Technologie zur Verfügung stehen. Windows Server 8 wird wie Windows Server 2008 R2 aber ausschließlich auf 64-Bit-Systemen unterstützt. Da Ubuntu traditionsgemäß auch 32-Bit-Prozessoren für Desktop- und Server-Version unterstützt, steht der ARM-Unterstützung daher keine grundlegende Einschränkung im Weg.

Ubuntu 11.10 Server im Test
Installaitonsoberfläche von Ubuntu Server 11.10, Ubuntu unterstützt Server mit ARM-Prozessoren.
Ubuntu kann Aktualisierungen automatisch beim Hersteller herunterladen.
Arbeitsspeicher testen mit Ubuntu 11.10.
Ubuntu Server 11.10 verwalten Sie in der Shell.
Auswählen der Serverdienste für Ubuntu Server 11.10.
Postfix in Ubuntu 11.10 konfigurieren.
Ubuntu 11.10 unterstützt auch das Netzwerkbasierte Installations-System Cobbler.
Verbesserte Suche auf dem Ubuntu Desktop.
Verbesserte Installation von Anwendungen mit dem Software Center 5.0.

Generell bietet Ubuntu 11.10 in diesem Zusammenhang verschiedene Tools, um das System auch auf zahlreichen Servern und tausenden Knoten zu installieren. Vor allem in Rechenzentren, die auf ARM-Prozessoren setzen, sind sehr viele Server im Einsatz. Da sind effiziente Bereitstellungs-Werkzeuge sehr sinnvoll. Canonical hat in der neuen Version darauf geachtet, Administratoren in diesem Bereich besser zu unterstützen. Ubuntu-Server lassen sich bereits während der Installation so konfigurieren, dass Sie wichtige Updates automatisch aus dem Internet direkt bei Canonical herunterladen und installieren können.

Mit der DVD lassen sich auch Server auf Arbeitsspeicher-Fehler testen, sodass Administratoren mit der DVD nicht nur Server installieren, sondern bei Problemen diese auch testen können. Auch die Reparatur von beschädigten Servern ist auf Basis der Installations-DVD möglich.

Wer Ubuntu testen will, kann die Installation in wenigen Schritten abschließen. Im Gegensatz zu Windows-Servern bietet die Standardinstallation aber keine deutsche Oberfläche, sondern nur eine Befehlszeile, in der Sie sich mit Linux-Befehlen bewegen müssen. Aus Sicherheitsgründen installiert die Server-Edition keine grafische Oberfläche. Natürlich können Administratoren diese nachträglich auf Wunsch installieren.

Während der Installation lassen sich die Serverdienste, die der Server bereitstellen soll, bereits auswählen. Natürlich können Administratoren die Dienste auch jederzeit nachträglich aktivieren.

Integriert ist zum Beispiel auch ein E-Mail-Server auf Basis von Postfix. Diesen zu betreiben, setzt allerdings einiges an Linux-Wissen voraus.

Cloud-Unterstützung und bessere Entwicklung mit Ubuntu-Linux

Ubuntu 11.10 unterstützt auch das Netzwerkbasierte Installations-System Cobbler.
Foto: Thomas Joos

Großen Wert legt Canonical in der aktuellen Version auf bessere Cloud-Unterstützung auf dem Server und dem Client. Das ist auch höchste Zeit, denn bisher ist Ubuntu im Bereich Cloud Computing weniger relevant, was sicherlich an der Fokusierung Canonicals auf den Desktop-Markt liegt. Durch den fehlenden Marktanteil muss Canonical auf eine andere Strategie setzen und bietet Administratoren eine Reihe von Orchestrierungs-Tools, die einfacher zu bedienen sind und mehr Möglichkeiten bieten. Vor allem hängt sich Ubuntu an bereits verfügbare Cloud-Lösungen an, doch dazu später mehr.

Eine neue Funktion ist zum Beispiel Juju (Codename Ensemble). Mit der Technologie lassen sich im Unternehmen schneller und einfacher Dienste für Cloud-Anbindung und Datensicherung einbinden. Das Wort Juju kommt aus dem afrikanischen und bedeutet soviel wie „magisch“. Die Technologie soll helfen, das eigentliche Betriebssystem in den Hintergrund zu rücken und Administratoren dabei unterstützen, Serverdienste auch Cloud-basiert zur Verfügung zu stellen, und zwar unabhängig vom Anbieter, schneller und einfacher als mit anderen Tools.

Ebenfalls dabei ist Orchestra. Hierbei handelt es sich um eine Sammlung verschiedener Tools, die vor allem in Rechenzentren die Verwaltung und Überwachung von Diensten erleichtert. Besonders hervorzuheben ist dabei das Tool Cobbler, das Netzwerk-Installationen von Linux-Servern ermöglicht, auch auf Basis von PXE.

Ubuntu 11.10 verfügt über einen integrierten Client der Cloud-Plattform Cloud Foundry, die zum Beispiel auch von VMware stark unterstützt wird. Bei Cloud Foundry handelt es sich um eine Platform as a Service (PaaS)-Umgebung. Auch integriert ist OpenStack, eine Sammlung verschiedener Cloud-Werkzeuge. OpenStack löst Eucalyptus in 11.10 ab. Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit verschiedenen Entwicklern und Cloud-Anbietern ermöglicht und soll es erlauben, auch auf Standard-Hardware Cloud-Technologien zu installieren. In diesem Rahmen hat Canonical auch die LXC-Integration verbessert, mit der sich Linux besser virtualisieren lässt. Die Technologie erlaubt die Aufteilung der Last auf kleinere Container in einem Serverpool, was die Serverauslastung deutlich besser verteilt. Die Citrix-Virtualisierungstechnologie Xen lässt sich ebenfalls in 11.10 Server integrieren. Diese Technologien lassen sich zusammen mit Cloud Foundry nutzen.

Cloud Foundry unterstützt Cloud-basierte Veröffentlichungen von Anwendungen auf Basis von Java, Scala, Ruby on Rails, Sinatra und Node.js. Die Plattform bietet Private- oder Public-Cloud-Unterstützung auf Basis von VMware vSphere. Ein direkter Konkurrent der Technologie dürfte vor allem Microsoft mit Windows Azure und SQL Azure sein. Cloud Foundry steht als Open-Source-System kostenlos zur Verfügung und bietet auch Datenbanken wie zum Beispiel MySQL als Cloud-Lösung an.

Verbesserungen auf dem Business-Client in Ubuntu 11.10

Verbesserte Suche auf dem Ubuntu Desktop.
Foto: Thomas Joos

Ubuntu arbeitet auf dem Client mit der selbst entwickelten Unity-Oberfläche, die aktuell aber noch etwas mit Anfangsschwierigkeiten kämpft. Als E-Mail-Client arbeitet Ubuntu mit Thunderbird 7.01, als Browser ist Firefox 7.01 installiert. Eine Datenübernahme des E-Mail-Systems ist nicht integriert. Anwender müssen Daten manuell übernehmen, oder das bisherige Programm Evolution installieren.

Auf dem Client ist noch Flash Player 11 und LibreOffice in der Version 3.4.3 enthalten. Die integrierte Suche hat Canonical verbessert. Ubuntu 11.10 Desktop steht als 2D- und 3D beschleunigte Oberfläche zur Verfügung. Unity 2D ersetzt die bisherige Oberfläche Gnome 2. Neben Unity stehen in der Desktop-Edition von 11.10 auch Gnome 3.2, KDE 4.7.1 und XFCE 4.8 zur Verfügung. Der Kernel enthält X.org 7.6, X-Server 11.10 und Mesa 7.11. Dadurch unterstützt Ubuntu 11.10 auch kommende Chips von AMD und Intel. Mit dem Software Center 5 können Anwender schneller und einfacher neue Programme installieren. Das Center ersetzt die Paketverwaltung Synaptic, die sich aber nachträglich installieren lässt. Anwendungen lassen sich beim Einsatz mehrerer PCs auch synchronisieren. In der 64-Bit-Version von Ubuntu 11.10 können Anwender mit der Multiarch-Technik auch 32-Bit-Programme verwenden.

Verbesserte Installation von Anwendungen mit dem Software Center 5.0.
Foto: Thomas Joos

Ubuntu 11.10 Desktop Edition setzt auf Déjà Dup als Sicherungssoftware. Daten lassen sich auch auf dem Cloud-Speicher des Anwenders sichern. Für Unternehmensdaten kann das aber problematisch sein, da diese dann nicht mehr im Zugriff des Unternehmens sind. Jeder Ubuntu-Anwender bekommt einen 5 GB großen Speicher kostenlos zur Verfügung gestellt.

Ubuntu 11.10 steht auch als Ubuntu-Core-Version zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um eine eingeschränkte Version, die sich von Unternehmen an eigene Bedürfnisse anpassen lassen soll.

Ubuntu als Sicherungs-Server für Mac OS X nutzen

Unternehmen, die intern auch Arbeitsstationen mit Mac OS X nutzen, haben auch die Möglichkeit, die Linux-Distribution so zu konfigurieren, dass Sie Time-Machine-Backups unterstützt. Dazu nutzen Sie netatalk 2.2 in Ubuntu 11.10. Das Paket ist kompatibel zu Mac OS X Lion. Die Einrichtung ist nicht ganz einfach, bietet dafür aber später eine effiziente Sicherungsplattform für Mac-Clients. Wie Sie Ubuntu mit Mac OS X zusammen bringen, lesen Sie im Blog des bekannten Linux-Experten Michael Kofler. Natürlich sollten Administratoren etwas Linux-Wissen mitbringen und sich mit Mac OS X auskennen, um die Datensicherung effizient zu konfigurieren.

Ausblick auf Ubuntu 12.04 TLS

Die Version 11.10 ist die letzte Ubuntu-Edition vor dem groß angekündigten Long Term Support (LTS)-Release 12.04, das im April 2012 erscheinen soll. 11.10 soll Unternehmen auf die Möglichkeiten von 12.04 einstimmen, zum Beispiel die integrierte Unterstützung von ARM-Prozessoren. Die Version 12.04 (Codename Precise Pangolin) soll zumindest für die Desktop-Variante eine garantierte Verfügbarkeit von 5 Jahren bieten. Das heißt, die Entwickler garantieren, dass mindestens 5 Jahre lang Sicherheitspatches erscheinen. In normalen Editionen, auch für 11.10, garantieren die Entwickler nur 18 Monate für aktuelle Patches.

Fazit

Wie in der Desktop-Version bietet Canonical auch in der Server-Variante von Ubuntu 11.10 keine Killerargumente, die einen Umstieg rechtfertigen. Zwar arbeiten die Entwickler immer mehr daran, das System auch für Cloud-Technologien zu öffnen. Ob diese Strategie aber aufgeht, wird die Zukunft zeigen. Zu den größten Neuerung gehören die Unterstützung von ARM-Prozessoren und verschiedene Cloud-Tools. Aktuell ist der Markt für Server mit diesen CPUs noch nicht so groß, aber wenn die Hoffnung der Entwickler aufgeht, könnten sie Anteile gewinnen. Da anscheinend Microsoft nicht plant, die neue Version des Windows Server auch auf ARM-Prozessoren zur Verfügung zu stellen, kann Ubuntu hier unter Umständen punkten. Wer ARM-CPUs einsetzt sollte die Stabilität und die Leistung von Ubuntu 11.10 Server daher testen. (wh)