Trolltech: eigenes QTopia-Handy in der Pipeline

18.08.2006
Nach wie vor ist Linux kein besonders prominentes System, wenn es um Handys geht. KDE-Komponentenhersteller Trolltech plant jetzt in Zusammenarbeit mit einer chinesischen Hardwareschmiede die Veröffentlichung eines spannenden Entwickler-Phones, das vielen Programmierern neue Perspektiven öffnen könnte.

Wie frustriert muss man als Entwickler sein, wenn man jahrelang ein Desktop-Framework für mobile Plattformen portiert, das ganze sogar "Standard" nennen darf, sich aber kein großer Hersteller dafür interessiert? KDE-Zulieferer Trolltech scheint jedenfalls die Ignoranz seitens der Hersteller satt zu haben und will jetzt ein eigenes Handy mit seinem Qt-basierten Linux-System QPE (QTopia Phone Edition) ausliefern. Das "Greenphone" soll den Grundstein für eine ganze Geräteserie Linux-basierter Mobiltelefone legen. Der Fokus liegt auf dem Stichwort "veränderbar" - entgegen dem Willen aller Netzbetreiber und Hersteller ist es von Trolltech sogar vorgesehen, dass der Nutzer sein Telefon regelmäßig selbst mit neuer Firmware flasht.

Das Telefon wird für Trolltech von der chinesischen Firma Yahua Teltech gebaut, die auch als Lizenznehmer von QTopia auftritt. Mit 106x49x15,6mm zählt das Greenphone zu schmaleren Vertretern der Smartphone-Gattung und verfügt über einen Intel XScale-Prozessor mit 312MHz Taktrate. Wie seine Windows-Geschwister greift das Linux-System auf 128MB Flash-ROM fürs Betriebssystem und 64MB RAM zurück, erweitern lässt es sich via miniSD-Karten. Als Display kommt eine QVGA-Komponente zum Einsatz, über die Farbanzahl ist bislang nichts bekannt. Obwohl das QTopia-System grundsätzlich über einen Strichzugerkenner für die Eingabe via Touchpad verfügt, wird ein solches System beim Greenphone voraussichtlich nicht verwendet - das Telefon lässt sich ausschließlich über die Tastatur bedienen. Die sonstigen Features genügen den Mindestanforderungen an Smartphones: eine 1,3-Megapixelkamera schießt mehr oder weniger scharfe Fotos, via Bluetooth oder USB verbindet sich das Gerät mit der Außenwelt.

Die Kehrseite der Medaille: das Greenphone wird zunächst nicht dem offenen Markt bereitstehen, sondern nur als Entwickler-Bundle mit entsprechendem Qt-SDK ausgeliefert. Dabei will Trolltech zwei Versionen anbieten. Eine zielt auf Software-Hersteller, die andere auf Handy-Designstudios und Hersteller. Trolltechs Vize-CEO Haavard Nord freut sich bereits auf den Launch, der für September avisiert ist: "Mit diesem Telefon stehen dem Nutzer wirklich alle Möglichkeiten offen. Insbesondere Entwickler werden sich über die leichte Erweiterbarkeit und die leistungsfähige Phone-Hardware freuen." Sein Kollege Eirik Chambe-Eng fügt hinzu: "Entwickler können dank QTopia ihre Entwicklungszyklen extrem verkürzen. Neue Software-Produkte für Endkunden können daher deutlich schneller den Markt erreichen."

Sehr hilfreich für Entwickler dürfte auch das Lizenzmodell von Trolltech sein. Die norwegische Firma vertreibt alle ihre Produkte - auch die QPE - unter einer OpenSource-Lizenz, sodass jeder Einblick in den Quellcode nehmen kann. Hiervon ausgenommen sind die Komponenten, die direkt mit der Systemhardware kommunizieren. Laut CTO Benoit Schillings ist das auch die Strategie, die Trolltech weiterhin verfolgen wird: "Dieses Telefon in die Hände von OpenSource-Entwicklern zu geben ist genau das, was wir vorhatten".

Ob sich Trolltech mit seiner Initiative gegen die verschiedenen Linux-Konsortien durchsetzen kann, bleibt trotz der ambitionierten OpenSource-Strategie offen. Anders als in Norwegen setzen LiPS, ALP und andere auf eine - abgesehen vom Kernel - nicht quelloffene Codebasis und versuchen ihrerseits, ein mobiles Linux-System zu standardisieren. Am bekanntesten dürften die MontaVista-Systeme sein, die beispielsweise auf Motorolas A780 zum Einsatz kommen und wohl auch das ROKR E2 befeuern. ACCESS PalmSource setzt seinerseits auf ein vor zwei Jahren akquiriertes Linux-System, das als neuer Unterbau für PalmOS - bzw. dessen Nachfolger - geplant ist.

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