Administratoren haben noch bis vor wenigen Jahren vom "Sneaker-Net" geredet, wenn sie die Verwaltung ihrer über die ganze Firma verteilten PC-Systeme beschreiben wollten: Ein Administrator musste seine Sneakers - also seine Turnschuhe - anziehen, um dann mit CDs, DVDs und anderen Datenträgern bewaffnet von einem PC zum nächsten zu wandern. So kamen dann Änderungen und Patches auf die Systeme und auch die Fragen der Anwender, die nicht mit einem Telefonat geklärt werden konnten, mussten mit "Laufarbeit" bewältigt werden.
Natürlich existieren schon eine ganze Weile Lösungen, die es Anwender und Administratoren mehr oder minder komfortabel erlauben, ihre Systeme aus der Ferne zu verwalten. Aktuell werden diese Lösungen oft auch durch diverse Cloud-Techniken unterstützt. Damit gelangen IT-Umgebungen auf einen Stand, der es den Administratoren erlaubt, ihre Sneakers nur noch für das morgendliche Jogging einzusetzen: Wir stellen die interessantesten Programme für die Fernwartung vor.
Auf den folgenden Seiten finden Sie die ausführlichen Beschreibungen.
Was Windows und Mac OS mitliefern: die Bordmittel
Die Windows-Betriebssysteme werden standardmäßig mit einer integrierten Remote-Unterstützung ausgeliefert. Im Laufe der Jahre hat Microsoft dabei die Möglichkeiten dieser Remote-Verbindungen nicht nur laufend erweitert, sondern auch das hier zugrunde liegende Übertragungsprotokoll RDP (Remote Desktop Protocol), das die Softwarefirma ursprünglich einmal von Citrix erworben hat, immer weiter entwickelt.
Was kann die Remote-Unterstützung von Windows?
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Schnelle, einfache Anwendung in fast jeder Windows-Version, keine zusätzliche Software notwendig.
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Neben dem Verbindungsaufbau zu einem anderen Rechner kann der Anwender auch Hilfe anfordern und so einen anderen Nutzer seinen Rechner kontrolliert übernehmen lassen.
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Unter Windows 7 kann eine Authentifizierung auf Netzwerkebene verwendet werden, durch deren Einsatz die Sicherheit der Übertragung verbessert wird.
Während reine RDP-Clients, mit denen eine Verbindung über das Netzwerk aufgebaut werden kann, für fast alle Betriebssysteme zur Verfügung stehen, funktioniert die Windows-Remote-Unterstützung nur für die Windows-Betriebssysteme. Sie ist unter dem Pfad "Start\Alle Programme\Wartung" zu finden. Zunächst muss dazu aber die Remote-Unterstützung in den Systemeigenschaften des Windows-Rechners zugelassen werden, was mit einem Klick erledigt ist.
Fazit: Wer in seinem Netzwerk nur aktuelle Windows-Rechner einsetzt, bekommt mit der Remote-Unterstützung von Windows eine kostenlose Lösung bereitgestellt, die für die meisten einfachen Fälle durchaus ausreicht. Zudem kann man sich mit der Remotedesktopverbindung problemlos auf fast jedes Windows-System aufschalten. Das gilt allerdings nur, solange es sich nicht um Windows 7 oder Vista in der Home beziehungsweise Home Premium Version handelt: Diese Betriebssysteme können nur als Remotedesktop-Client auf andere Systeme zugreifen, stellen selbst aber keinen entsprechenden Server-Prozess bereit - aber mit Windows 8 klappt die Verbindung hervorragend (siehe auch unsere Bilderstrecke).
Welche Remote-Unterstützung bietet Mac OS X?
Natürlich ist es auch möglich, ein Mac OS X-System via Fernsteuerung zu verwenden und zu betreuen: Ein ganze Reihe freier und kommerzieller Werkzeuge (von denen wir hier einige im weiteren Verlauf des Artikels auch noch detaillierter vorstellen) ermöglicht den Zugriff auf die Mac-Systeme auch über Plattformgrenzen hinweg. Aber erst seit Mac OS X 10.5 (Leopard) steht diese Möglichkeit auch mit Bordmitteln zur Verfügung.
Wo finde ich die Einstellungen für die Fernwartung auf dem Mac?
Die Entwickler haben diese Einstellungen etwas versteckt: Wer im Finder die Systemeinstellungen anwählt findet dort auch den Eintrag "Freigaben" (Sharing). Hier kann er nun zwischen einer reinen Bildfreigabe und der "echten" entfernten Verwaltung wählen, die dann auch das Steuern aus der Ferne erlaubt.
Was kann die Fernwartung unter Mac OS X leisten?
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Integrierte, kostenlose Lösung, die direkt vom Betriebssystem zur Verfügung gestellt wird.
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Zugriffsrechte können auf Anwenderebene geregelt werden.
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Anwender kann unter anderem festlegen, ob der externe Nutzer Programme starten oder Einstellungen ändern kann.
Über die Tastenkombination CMD + K kann ein Anwender dann direkt von einem anderen Mac-Rechner in der Form "vnc://<IP-Adresse des Rechners> auf das System zugegriffen werden. Das vorangestellte "vnc" zeigt dann auch, welche Lösung das darunterliegende Unix-Betriebssystem zum Verbindungsaufbau einsetzt. Da das Programm in den unterschiedlichsten Ausprägungen VNC auch für viele andere Plattformen angeboten wird, steht somit beispielsweise auch dem Zugriff von Windows-Systemen aus nichts mehr im Wege.
Fazit: Zwar etwas verborgen aber gut integriert stellt Apple mit seinem Betriebssystem bereits Mittel für den entfernten Zugriff auf den Rechner über das Netzwerk bereit. Wer nur hin und wieder einmal so auf sein Apple-System zugreifen will, findet hier eine gute und leicht einzusetzende Lösung.
Der Freeware-Klassiker: VNC in verschiedenen Ausprägungen
Die Software VNC (Virtual Network Computing) steht schon einige Jahre und in den verschiedensten Versionen zur Verfügung. Zu den bekanntesten Ausprägungen gehören:
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RealVNC: steht als einfache Freeware und erweiterte kommerzielle Version zur Verfügung.
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TightVNC: eine kleine Freeware-Version, die stetig weiterentwickelt wird (Support kann gegen Bezahlung dazu erworben werden).
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UltraVNC: Kompakte Freeware, die komplett mit Server und Client geliefert wird und durch Plugins erweitert werden kann.
Alle VNC-Versionen arbeiten grundsätzlich nach dem Client-Server-Modell. Das bedeutet, die Software muss zunächst einmal sowohl auf den zu überwachendem System als auch auf dem Rechner installiert werden, der dann darauf zugreifen soll.
Grundsätzliche Vorteile der VNC-Lösungen:
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Freeware-Programme, die konstant weiterentwickelt werden.
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Hohe Kompatibilität untereinander und zu entsprechend integrierten Lösung wie beim Mac OS X-Betriebssystem
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Auch ältere Betriebssystem-Versionen wie Windows 2000 werden zumeist ebenso wie Linux-Systeme unterstützt.
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Integrierter Java-Viewer mit Dateitransfer für den Einsatz im Browser (bei UltraVNC).
Was muss man beim Einsatz von VNC beachten?
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Standardmäßig wird die Übertragung bei VNC nicht verschlüsselt - aber es stehen beispielsweise für UltraVNC entsprechende Plugins bereit.
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Die meisten dieser Freeware-Produkte stehen nur in englischer Sprache bereit.
Fazit: Wer mit einem Programm, das ihm eine englische Bedieneroberfläche präsentiert, keine Probleme hat, bekommt mit den VNC-Lösungen ein Werkzeug geboten, das sehr flexibel und schnell zu installieren und einzusetzen ist. Wir raten dringend dazu, beispielsweise beim Einsatz von UltraVNC auch die Encryption Plugins einzusetzen, um so die Übertragung entsprechend abzusichern.
Große und sehr vielfältige Lösung: Teamviewer
Wer sich etwas näher mit der Problematik der Fernwartung und dem Zugriff auf entfernten Systemen befasst, wird dabei immer wieder auf einen Namen treffen: Teamviewer. Die deutsche Software, die bereits seit einigen Jahren konstant weiterentwickelt wird, hat sich in der Zwischenzeit von einer reinen Fernwartungslösung in Richtung Collabarations-Lösung entwickelt und bietet dem Anwender nun auch Merkmale wie Online-Meeting und Video/Audio-Unterstützung. Wir haben einen Blick auf die aktuelle Version 7 (Release 7.0.12979) geworfen.
Was bietet Teamviewer 7 dem Anwender?
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Deutschsprache Softwarelösung, die einfach zu installieren ist und dem Nutzer vielfältige Möglichkeiten wie Fernwartung, Desktop-Sharing, Präsentationsmodus und Online-Meetings bietet.
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Für den privaten Gebrauch kann das Programm kostenlos eingesetzt werden (Freemium-Vertriebsmodell).
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Grundsätzlich sichere Übertragung: Einsatz von RSA-Schlüsseln und AES 256-Verschlüsselung (Advanced Encryption Standard) der jeweiligen Sitzung.
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Versionen für Windows, Mac OS, Linux und Apps für iPhone/iPad/Android stehen ebenfalls kostenlos zur Verfügung.
Nicht umsonst kommt Teamviewer in vielen Firmen und bei den unterschiedlichsten Anwendungsfällen zum Einsatz: Die Lösung ist flexibel und problemlos einzusetzen. Sehr sicherheitsbewusste Administratoren sehen es allerdings nicht immer so gern, wenn diese Software in ihren Netzwerken zum Einsatz kommt: Eine herausragende Fähigkeit der Software besteht nämlich darin, dass sie es schafft, ohne Probleme auch über die Grenzen von Netzwerken oder Firewalls beziehungsweise NAT (Network Address Translation) hinweg ihren Weg ins Netz zu finden. Zudem kommt die direkte Verbindung zwischen zwei Systemen immer über den Teamview-Server im Internet zustande - der steht zwar in Deutschland, aber trotzdem könnte das als gewisse Einschränkung betrachtet werden.
Fazit: Ganz gleich, ob es darum geht "mal schnell" einem Bekannten am PC auszuhelfen, der am anderen Ende der Republik über die Fährnisse von Windows verzweifelt, oder in einem kleinen Unternehmen die PCs der Außenstellen zu betreuen: Teamviewer bietet alle Möglichkeiten "unter einem Dach". Nur wer sehr auf Sicherheit bedacht ist und keine schwer zu kontrollieren Zugriffe in seinem Netz dulden will, muss wohl eine andere Lösung nutzen. Für uns ist dieses Programm auch wegen seines fairen Lizenzmodells (es gibt nur Lifetime-Lizenzen, die nur einmal gekauft werden müssen) die absolute Topempfehlung.
Es geht auch direkt aus der Wolke: NTR Free Cloud
Immer mehr Lösungen aus dem Bereich der Fernwartung nutzen moderne Cloud-Techniken, um so eine leichte Anbindung und Integration der entfernten Arbeitsplätze zu erreichen. Zu den Pionieren auf diesem Gebiet gehört NTR Global, die ihre Fernwartungslösung über das Web anbietet. Wir haben sie uns in der Version NTR Free Cloud angeschaut.
Welche Vorteile bietet NTR Free Cloud?
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Ein Dienst, der für den nicht kommerziellen Einsatz kostenlos zur Verfügung steht (bis zu zwei Zielsysteme, arbeitet auch mit Server-Betriebssystemen zusammen).
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Funktioniert Browser-gestützt auf Windows, Linux, Mac OS sowie auf iPad und iPhone.
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Verschlüsselte Übertragung der Daten, Oberfläche in deutscher Sprache.
Bei dieser Lösung ist die feste Installation eines sogenannten Agenten verpflichtend: Diese als Mikroapplikation bezeichnete Software verbindet sich anschließend mit dem Zentralsystem von NTR und erlaubt so den Zugriff auf das System mittels Benutzernamen und Passwort.
Wer die kostenpflichtige Version im kommerziellen Umfeld einsetzt, bekommt diverse Zusatzfeatures an die Hand, mit denen die Betreuung und die Verwaltung der Systeme deutlich vereinfacht wird: So wertet hier eine ActiveX-Komponente die wichtigsten Eckdaten der Systeme wie Herstellerinformationen, Speicherausbau, Festplattendimensionierung, CPU-Typ und Geschwindigkeit sowie die Konfiguration der Netzwerkkarten aus.
Fazit: Die Free Cloud-Variante der NTR-Lösung eignet sich gut dafür festzustellen, ob und wie dieser Dienst den eigenen Ansprüchen genügt und wie er sich in die eigene IT einfügt. Dies ist definitiv eine Profi-Lösung, die weniger für die "schnelle Hilfe zwischendurch" sondern für den Einsatz im Firmenumfeld bestimmt ist. Dort kann sie die Arbeit der Administratoren deutlich erleichtern.
Ausbringen mittels Client-Push: Dameware Mini Remote Control
Unsere nächste Lösung wurde unter dem Namen Mini Remote Control von der Firma Dameware entwickelt, die heute ein Teil des Anbieters Solarwinds ist. Sie bietet eine Funktion, die sie besonders für den Einsatz innerhalb des lokalen Netzwerks interessant macht: Die Client-Software, die für die Verbindung benötigt ist, kann durch einen Mausklick auf einen beliebigen Windows-Computer installiert und ebenso einfach wieder deinstalliert werden. Wir stellen die aktuelle Version 8 der Software vor.
Welche Vorzüge bietet Mini Remote Control?
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Trotz des Begriffs "Mini" im Namen bietet die Software vielfältige Möglichkeiten, zu denen unter anderem Chat-Unterstützung und einfache Dateiübertragung gehören.
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Das Ausbringen der Clients kann direkt vom PC aus erfolgen, hier ist auch die Integration in Active Directory positiv hervorzuheben. Auch die Zugriffsrechte können auf Basis der Gruppenmitgliedschaft gesetzt werden.
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Eingebaute Verschlüsselung kann beim Verbindungsaufbau für alle Verbindungen erzwungen werden.
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Arbeitet mit allen Windows-Versionen zusammen, was in unseren Tests auch mit dem Release Preview von Windows 8 problemlos funktionierte.
Fazit: Das Ausbringen der Client-Software mittels Push gehört sicher zu den großen Vorzügen dieser Lösung, die ebenso wie der davor beschriebene Dienst von NTR Global auf den professionellen Einsatz ausgerichtet ist. Das zeigt sich auch daran, dass zum Testen nur eine 14 Tage aktive Version zur Verfügung gestellt wird, danach muss eine entsprechende Lizenz erworben werden, was in Deutschland über den Reseller RamgeSoftware möglich ist. Gut hat uns dabei gefallen, dass hier nicht pro Client-System sondern pro Administrator lizenziert wird. Damit ist die Größe des zu verwaltenden Netzwerks für den Preis unerheblich, was professionelle Anwender sicher zu schätzen wissen. (ph)