Baukonzern Lindner erhöht mit VPN und VoIP die Effizienz

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26.11.2008 von Danielle Schoof
Mit einem VoIP-Projekt und neun Teilprojekten hat die Lindner AG ihre Kommunikationsinfrastruktur modernisiert und konsolidiert.

Innerhalb der letzten 40 Jahre hat sich Lindner von einem auf Innenausbau spezialisierten Handwerksbetrieb in Arnstorf zu einem internationalen Industriefertiger entwickelt. Das Unternehmen ist mit elf Produktionsstandorten in sechs Ländern vertreten und auch im Projektgeschäft aktiv. Hier agiert es als Experte für Entwicklung und Ausführung von projektspezifischen, individuellen und hochwertigen Lösungen in den Bereichen Innenausbau, Isoliertechnik und Industrieservice sowie Fassadenbau.

Die Lindner AG hat in neun Teilprojekten die Infrastruktur ihrer Kommunikation modernisiert
Foto: Lindner AG

Dabei wickeln mehr als 4.800 Mitarbeiter weltweit Großprojekte ab - in über 20 Niederlassungen und mehr als zehn Tochterfirmen in Deutschland sowie über 30 Landesgesellschaften in Europa und Asien. "Vor diesem Hintergrund ist eine effiziente Kommunikation unverzichtbar", erklärt Friedhelm Klein, Leiter Kaufmännische Servicebereiche und als Projektleiter bei Lindner für den VoIP-Umstieg verantwortlich. Da auf Kommunikation bei Lindner großer Wert gelegt wird, kommen die Mitarbeiter aus den Niederlassungen und Tochtergesellschaften regelmäßig in die Zentrale, um mit der Entwicklung und Produktion Feinheiten in der Konstruktion oder Fertigungsabläufe abzustimmen.

Kommunikation ist das A und O

Weil sie ständig unterwegs sind, waren die Mitarbeiter früher oft nur schwer erreichbar - selbst im Büro, denn das kann entweder in ihrer Niederlassung, in der Arnstorfer Zentrale oder auf einer Baustelle sein. Dieses Kommunikationsdefizit sollte moderne Technik beseitigen, als im Jahr 2005 die Ablösung der Telefonanlagen anstand. Dazu wurde ein Kommunikationskonzept auf VoIP-Basis erarbeitet.

Friedhelm Klein war als Projektleiter für die VoIP-Migration verantwortlich.
Foto: Lindner AG

Als zweites Argument sprachen laut Klein die Kosteneinsparungen für VoIP. Mit Voice over IP kann die Sprachkommunikation über das ohnehin vorhandene Datennetz abgewickelt werden, das alle Standorte verbindet. In die Wirtschaftlichkeitsberechnung floss ferner ein, dass die alten Telefonanlagen an ihre Grenzen stießen und ohnehin Investitionen nötig waren. Berücksichtigt wurden auch die administrativen Einsparungen nach der Vereinheitlichung der bisher separaten Sprach- und Datennetze. Positiv schlugen in der Wirtschaftlichkeitsrechnung zudem die Einsparungen an Telefongebühren und Umzugsaufwendungen zu Buche, während andere qualitative Vorteile wie die wesentlich bessere Erreichbarkeit nicht monetär bewertet wurden.

"Anfangs kam es uns auch darauf an, für Akzeptanz bei unseren Mitarbeitern zu werben, die das VoIP-Projekt mittragen sollten", erinnert sich Klein an die ersten Schritte. Nach einigen Referenzbesuchen entwickelte er gemeinsam mit einem Berater Mitte 2006 das neue Kommunikationskonzept. Aus der anschließenden Ausschreibung, an der sich alle relevanten Anbieter beteiligten, ging T-Systems als Projektpartner hervor. "Letztlich wollten wir einen einzigen verantwortlichen Partner, der bei diesem Projekt alle Fäden in der Hand halten und auch die nötigen Erfahrungen mit den eingesetzten Produkten und Technologien haben sollte", argumentiert Klein.

Auch international alle Leistungen aus einer Hand

Das Gesamtkonzept basiert auf einem Netz mit Multi-Protocol Label Switching (MPLS), wobei drei Verkehrsklassen genutzt werden und sich in der Zentrale ein zentraler Internet-Ausstieg mit 34 Mbit/s befindet. Ferner kommt eine VPN-Lösung zum Einsatz. Die Gesamtverantwortung für das Netz übertrug Lindner an T-Systems und vermied so fehlerträchtige Schnittstellen. Gleichzeitig hat der Mittelständler so nur einen Partner, der für das reibungslose Funktionieren der gesamten VoIP- und Daten-Infrastruktur verantwortlich zeichnet.

Schließlich wurde das neue Konzept nicht in einem "Big Bang" eingeführt, sondern parallel zu den vorhandenen Kommunikationssystemen zunächst für neue Niederlassungen und Gebäude. Während der zweijährigen Migration wartete der Service-Provider zudem die sukzessive abgelösten alten TK-Anlagen.

Der Startschuss für das Projekt fiel im Spätherbst 2006 mit der Installation der ersten Testsysteme. Aufgrund der dabei gewonnenen Erkenntnisse wurde das Konzept weiterentwickelt und verfeinert. Als es ausgereift war, folgte die Ablösung der alten Technik in den Niederlassungen und in der Zentrale.

Bisher sind 1.500 der 1.800 Bildschirmarbeitsplätze umgestellt. Als Basis wurde eine IP-Telefonielösung von Cisco in Verbindung mit einem Unified Messaging Service (UMS) von Cycos installiert und mit den vorhandenen Adressdatenbanken integriert, so dass Rufnummern automatisch aus der Datenbank gewählt werden können. Des Weiteren wurde das Cycos-UMS mit dem bei Lindner eingesetzten Mail- und Workflow-System Lotus Domino/Notes kombiniert.

Gleichzeitig konsolidierte der Bauspezialist sämtliche Voice-Dienste der Gruppe in einem T-VPN-Vertrag. Dessen Tarifmodell ist so gewählt, dass während des Rollouts des IP-Projekts die Kostenentwicklung kalkulierbar blieb. So wurde ein konzernweit einheitliches, einfaches und transparentes Tarifmodell ermöglicht, durch das die internen Aufwände für den Einkauf der Sprachdienste sowie die Rechnungsprüfung und -buchung erheblich gesenkt werden konnten.

Lupenreines IP-System

Mittlerweile verfügt Lindner über eine einheitliche und stabile Systemplattform für seine internationalen Aktivitäten. Alle Teilnehmer im Firmennetz können weltweit mit der gleichen Hardware arbeiten und diese in ihrer Sprache bedienen. Wegen der Wachstumsstärke des Konzerns - permanent kommen neue Standorte und Mitarbeiter hinzu - ist die implementierte VoIP-Lösung skalierbar konfiguriert und als lupenreines IP-System zukunftssicher. Die Verfügbarkeit der Telefonie ist durch eine redundante Konfiguration der zentralen VoIP-Module und über Backup-Verbindungen per ISDN zwischen den Standorten gewährleistet. Für den Datenschutz sorgen die adäquate Konfiguration der Cisco-Technik und entsprechende Firewalls.

Die Lindner AG wickelt weltweit Großprojekte an und war auch am Bau des Terminal 5 in London Heathro beteiligt.
Foto: Lindner

Jetzt erleichtert die flexible VoIP-Technik auch Umzüge erheblich. "Immerhin haben wir auch kommunikationstechnisch ein- oder zweimal im Jahr eine größere Welle zu bewältigen", berichtet Klein. "In der Vergangenheit hatte das für die Mitarbeiter neue Rufnummern und manchmal auch ungewohnte Apparate zur Folge - und für uns Techniker jede Menge Arbeit." Mit dem VoIP-System hat sich dies geändert. Ein Mitarbeiter kann seine Adresse und Rufnummer einfach mitnehmen und muss sich nicht durch eine weitere Bedienanleitung kämpfen. Und auch wenn er sich von unterwegs ins Firmennetz einschaltet, ist er direkt unter der gewohnten Rufnummer erreichbar. Dank eines Netzwerk-Lizenzpools für die Telefonie sind die Geräte sogar europaweit austauschbar.

Entscheidend für den Projekterfolg war laut Klein die Wahl eines kompetenten Partners, der auf alle während des Rollouts auftauchenden Probleme schnell reagierte: egal, ob es sich um den Abbau der alten Telefonanlagen, verbunden mit dem Troubleshooting bei der Umschaltung, den Austausch der Switches gegen Geräte mit PoE und Quality of Service (QoS) oder die MPLS-Lokationsanbindung handelte. Für Projektleiter Klein war zudem wichtig, dass die Verantwortung für Fehler oder Störfälle klar geregelt ist und es einen Gesamtverantwortlichen gibt, der in der Pflicht steht.

Die Migration

Um Schwierigkeiten bei der Migration zu vermeiden, wurde vor jeder Standortumstellung konsequent die erforderliche Quality-of-Service-Technik implementiert. Zudem ließen sich Klein und sein Team jedes Teilnetz abnehmen. "Wichtig war uns auch ein einheitliches Management-System, über das wir jetzt die gesamte IP-Plattform kontrollieren und betreiben", ergänzt der Projektleiter. Nach entsprechender Beratung und Schulung wurden die Arbeiten am IP-VPN im Wesentlichen durch Mitarbeiter des Konzerns ausgeführt, von denen je nach Projektphase vier bis acht Personen involviert waren. Mit den Einmalaufgaben der Installation der eigentlichen VoIP-Technik, der neuen Telefonapparate und des MPLS-Netzes zwischen den Standorten wurde T-Systems beauftragt. Der Betrieb der neuen Kommunikationsplattform an den Standorten verblieb aber komplett in Händen des Lindner-Teams.

Erfolgreiche Aufgabenteilung

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Hatte früher jeder Standort seine eigene Telefonanlage, ist jetzt nur noch ein zentraler Call-Manager-Cluster in Arnstorf erforderlich - und dezentral jeweils ein Router an jedem Standort für die Verbindung zur Zentrale. Folglich müssen Adressdienste und Telefonbücher, aber auch Funktionen wie Voice-Mail oder die geplante Mobilfunk-Integration nur noch einmal zentral implementiert und betrieben werden. Das bringt Vorteile bei der Datenpflege, bei der Sicherheit und Verfügbarkeit und bei der Administrierbarkeit, weil nun auf einer homogenen IP-Plattform gearbeitet wird. Ist der MPLS-Link zur Zentrale einmal gestört, findet eine Kommunikation über ISDN statt. Darüber sind die Zweigstellen nicht nur von außen erreichbar, sondern können auch mit der Zentrale kommunizieren.

Auch am Hauptziel ist das Projekt angekommen: Die meisten Telefonate laufen schon heute nicht mehr wie früher bei Sekretärinnen oder in der Telefonzentrale auf. Möglich wurde das durch Features wie die neue Voice-Mail-Funktion oder die Rufumleitung auf Nebenstellen anderer Standorte.

Als nächster Schritt ist die Optimierung der Mobilfunk-Integration geplant, die neben einer noch besseren Erreichbarkeit von über 1.000 Handy-Nutzern große Zusatzeinsparungen erbringen soll. Im Endeffekt werden dann alle Mitarbeiter nur noch eine einzige Rufnummer brauchen. Sie können darüber hinaus an jedem Standort, dank des Mobility Managers von Cisco, auch vom Handy aus über das Festnetz telefonieren. Des Weiteren können sie ihre Erreichbarkeit so einstellen, dass entweder ihr Handy klingelt oder ein Festnetztelefon - oder beides.