Milliarden-Übernahme von SolarCity

Tesla: Aktien, Interessen, große Pläne

03.08.2016 von Florian Maier und Lucas Mearian
Tesla Motors schmiedet große Zukunftspläne. Die Übernahme des Solarenergie-Unternehmens SolarCity ist ein erster Schritt zu künftiger Marktmacht - der von vielen Experten kritisch gesehen wird.

Die Nachricht von der Übernahme des Solarenergie-Unternehmens SolarCity durch den Elektroauto-Pionier Tesla kam wenig überraschend: Bereits Ende Juni gab der kürzlich heftig in die Kritik geratene Autobauer bekannt, ein Übernahme-Angebot für SolarCity abgegeben zu haben. Der Deal hat einen Gesamtwert von 2,6 Milliarden Dollar.

Beim Solarpanel-Hersteller SolarCity fällt die Reaktion auf die Verschmelzung mit Tesla überschwänglich aus. Das Ergebnis sei die Erschaffung des weltweit ersten "vertikal integrierten und nachhaltigen Energiekonzerns." Bereits vor der Verschmelzung der Unternehmen war SolarCity als Reseller für den Vertrieb der Lithium-Ionen-Akkus zuständig, die Tesla sowohl für seine Fahrzeug-Palette, als auch für Solarbatterien im Heimbetrieb herstellt.

Tesla möchte durch die SolarCity-Übernahme zu einem ganzheitlichen, nachhaltigen Energiekonzern werden - der Produkte für alle Bereiche des täglichen Lebens liefert.
Foto: Tesla Motors

Für Kritik sorgt hingegen vor allem ein Umstand: Tesla-Guru Elon Musk ist auch Mitbegründer und Vorstand von und bei SolarCity. Das Solar-Unternehmen wird hingegen von CEO Lyndon Rive und CTO Peter Rive geführt. Die Brüder sind die Cousins von Musk. Der Tesla-CEO selbst hält 22 Prozent der SolarCity- und 21 Prozent der Tesla-Aktien. Bereits in der Vergangenheit waren Vorwürfe der Vetternwirtschaft laut geworden. In einer ersten Reaktion fielen die Aktienkurse beider Unternehmen: Tesla-Wertpapiere büßten zwei Prozent ihres Werts ein, bei SolarCity musste man einen Einbruch von 7,4 Prozent verkraften.

Teslas Zukunft: Gigafactory, Model 3 & Mainstream

"Solarenergie und Speichertechnologie entfalten erst durch ihre Kombination ihr volles Potenzial", heißt es im SolarCity-Blogeintrag zur Übernahme. "Als ein Unternehmen können Tesla und SolarCity künftig voll integrierte, kommerzielle und stationäre Lösungen und -Produkte für die Energiegewinnung, -speicherung und den Energiekonsum bereitstellen."

Tesla bereitet sich unterdessen auf eine merkliche Steigerung seiner Akku-Produktion vor: Die sogenannte Gigafactory wurde Ende Juli 2016 offiziell eröffnet. Bis zum Jahr 2018 möchte Tesla hier genug Batterien produzieren, um rund 500.000 Tesla-Fahrzeuge pro Jahr fertigen zu können. Der Zeitpunkt ist dabei natürlich kein Zufall: Der kommende Tesla-Mittelklasse-Stromer 'Model 3' soll 2017 seinen Marktstart feiern. Vom circa 35.000 Dollar teuren Model 3 erhofft sich Tesla, endlich den Schritt aus der Luxus-Nische zu schaffen. Vom mindestens 70.000 Euro teuren Model S konnte der Silicon-Valley-OEM im ersten Quartal 2016 weltweit 12.420 Exemplare an Mann und Frau bringen und hatte damit sein eigenes Verkaufsziel knapp verfehlt. Welche Folgen der Autopilot-Unfall für die Reputation und finanzielle Situation Teslas haben könnte, kann derzeit nur gemutmaßt werden.

Die Gigafactory soll das Herzstück für den Erfolg bei Tesla bilden. Die Akku-Fabrik wurde vor kurzem offiziell eröffnet.
Foto: Tesla Motors

Elon Musk selbst rechnet damit, dass die Gigafactory bis zum Jahr 2020 rund 35 Milliarden Watt an Batteriekapazitäten produziert hat. Durch Skalierungseffekte will Tesla die Akku-Kosten pro Kilowattstunde um mehr als 30 Prozent senken. Erst vor kurzem hatte der Tesla-CEO mit der Veröffentlichung seines "zweiten Masterplans" seinen strategischen Plan für Tesla dargelegt.

Musks Pläne: Das sagen die Analysten

US-Analysten reagieren indes mit gemischten Gefühlen auf die Übernahme von SolarCity durch Tesla: Raj Prabhu, CEO beim Telekommunikations-Unternehmen Mercom Capital Group, sieht die Übernahme vor allem aufgrund der persönlichen Verbindungen skeptisch und rechnet damit, dass dies zu Interessenskonflikten führt. Weder Tesla noch SolarCity seien profitabel und hätten massive Schulden angehäuft, um in Industriezweige zu expandieren, die immer noch Nischen darstellten. "Wäre Musk nicht der Mehrheitseigner beider Unternehmen, würde dieser Deal wahrscheinlich nie stattfinden. Es sind zwei sehr unterschiedliche Unternehmen und eine Krise in einem von ihnen könnte sich auch auf das andere auswirken", ist sich Prabhu sicher.

MJ Shiao, Director of Solar Research bei GTM Research, teilt hingegen Teslas Vision von einer ganzheitlichen, integrierten Energie-Lösung, hat hinsichtlich der Übernahme aber dennoch Bedenken: "Warum Tesla und SolarCity diese Produkte gemeinsam fertigen und vermarkten müssen, ist unklar." Alleine im vergangenen Jahr habe Tesla laut GTM Research beträchtliche Einnahmen aus dem Verkauf von Lithium-Ionen-Akkus an SolarCity verbuchen können. Der Anteil an den Gesamteinnahmen aus dem Batterie-Verkauf lag demnach bei 36 Prozent.

Experten rechnen für den globalen Markt für Energiespeicher-Systeme mit einem Boom. Einer aktuellen Untersuchung der US-Analyse-Institution Information Handling Services (IHS) zufolge soll sich das Marktvolumen durch die steigende Nachfrage nach erneuerbaren Energien verdoppeln. Das IHS rechnet damit, dass die Lithium-Ionen-Akkus zur neuen Mainstream-Energie-Technologie werden: Mehr als 80 Prozent der weltweit installierten Energiespeichersysteme sollen demnach bis 2025 mit ihnen betrieben werden.

SolarCity-Übernahme: Abschluss in Q4 2016?

Bei SolarCity rechnet man durch die Übernahme mit Folgekosten in Höhe von rund 150 Millionen Dollar im ersten Jahr nach dem Deal. Ansonsten stellt man insbesondere die Vorteile des Tesla-Deals heraus: "Wir erwarten außerdem, unseren Kunden dabei zu helfen Geld zu sparen: durch niedrigere Hardware- und Installations-Kosten, eine gesteigerte Effizienz bei der Produktion sowie geringere Kosten für die Kundengewinnung. Wir werden durch Tesla außerdem unser Retail-Netzwerk stärken und unsere internationale Präsenz stärken."

Die Übereinkunft zwischen Tesla und SolarCity sieht eine 45-tägige Frist vor, in der alternative Angebote sondiert werden können. Das Energieunternehmen sieht in der Übernahme einen "großen Schritt", der allerdings noch nicht abgeschlossen sei. Damit rechnet man im vierten Quartal 2016. Bevor es soweit ist, muss jedoch die Mehrheit der Aktionäre beider Unternehmen dem Vorhaben zustimmen und dieses anschließend auch von den Kartellbehörden abgenickt werden.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer US-Schwesterpublikation computerworld.com.