Telekom-Chef Ricke ist angezählt

31.08.2006
Kai-Uwe Ricke, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom, und Walter Raizner, im Vorstand verantwortlich für die Festnetzsparte T-Com, sollen dem Aufsichtsrat am Freitag und Samstag Rede und Antwort stehen, wie sie den angeschlagenen Carrier wieder auf Kurs bringen wollen.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Zumwinkel und seine Kollegen wollen sich zwei Tage lang den Kopf über die Struktur der Telekom zerbrechen, heißt es in einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung". Offiziell soll es dabei zunächst nicht um Personalfragen gehen, doch die Tageszeitung berichtet, dass auch die Weichen für die Zukunft des Vorstands gestellt werden dürften. Ricke und Raizner stünden unter "verschärfter Beobachtung" berichtet das Blatt mit Bezug auf "informierte Kreise" (siehe auch: Telekom-Chef Ricke bläst der Wind ins Gesicht und Rettungsplan der Telekom kann Investoren nicht überzeugen).

Kai-Uwe Ricke steht bei der Telekom mächtig unter Druck.
Foto: Telekom

Der Vorstandssprecher des Bonner TK-Riesen soll unter anderem die zuletzt schlechten Geschäftszahlen und den Niedergang des Aktienkurses erklären. Anfang August hatte Ricke eingeräumt, dass der Konzern im Inland nicht mehr wachse und der Gewinn insgesamt sinken werde. Er gab dabei zu, den Wettbewerb unterschätzt zu haben. Der Aktienkurs des Unternehmens brach daraufhin zeitweilig um mehr als zehn Prozent ein. Mit einer Produkt- und Preisoffensive hofft der Telekom-Boss nun, eine Trendumkehr einzuleiten.

Walter Raizner muss erklären, wie er den Schwund im Festnetz aufhalten will.

T-Com-Vorstand Raizner steht ebenfalls am Pranger, weil die Telekom in rasantem Tempo Kunden im Festnetzgeschäft verliert, ohne bislang eine plausible Gegenstrategie präsentiert zu haben. Allein im ersten Halbjahr 2006 wechselten eine Million Kunden zur Konkurrenz. Der ehemalige IBM-Deutschland-Chef muss sich außerdem eine plausible Antwort auf die Frage einfallen lassen, warum die Bonner 50 Millionen Euro pro Jahr für die Bundesligarechte im Internet hinblättern, zum Saisonstart 2006/2007 aber aufgrund technischer Probleme nur ein paar Dutzend Kunden vorweisen konnten.

Tabula rasa im Telekom-Vorstand?

Rickes Vertrag läuft im Herbst nächsten Jahres aus. Laut SZ werden hinter den Kulissen Modelle für einen umfassenden Umbau des Konzerns durchgespielt. Wenn Festnetz, Mobilfunk und Internet zusammenwachsen, müsse es nicht für jeden Bereich einen eigenen Vorstand geben, berichtet die Zeitung mit Verweis auf eine "mit der Angelegenheit vertrauten Person". Einer unsicheren Zukunft sollen neben Ricke und Raizner auch Finanzvorstand Gerhard Eick und T-Systems-Boss Lothar Pauly entgegen sehen (siehe: T-Systems lässt Federn).

Der Druck auf die Telekom dürfte nicht zuletzt von Seiten des Bundes, insbesondere von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, ausgehen. Er ist mit 32 Prozent immer noch der mit Abstand größte Aktionär. Auch die Investment-Gesellschaft Blackstone, die im April 2006 rund 4,5 Prozent der Anteile erworben hatte, dürfte angesichts der jüngsten Kursentwicklung misstrauisch geworden sein. Die Gesellschaft, die ebenfalls im Aufsichtsrat vertreten ist, hat seit ihrem Einstieg bereits mehrere hundert Millionen Euro verloren. (hv)