Die „kleine CRM-Lösung“

Telefonieren mit Mehrwert

12.06.2003 von von Heide
Das Telefon ist für viele Anwender das Kommunikationsmittel Nummer eins im Geschäftsalltag. Doch auch das persönliche Gespräch mit Kunden lässt sich optimieren, beispielsweise wenn beim Anruf sofort die schon vorhandenen Kundendaten am Bildschirm des PC erscheinen. CTI (Computer Telephony Integration) heißt das Zauberwort.

CTI ist die Abkürzung für „Computer Telephony Integration“ und steht für die Verbindung von Telefon und PC.Der klassische Bruch zwischen diesen beiden Arbeitsmitteln wird damit überbrückt. Im Arbeitsalltag sieht das dann so aus: Das Telefon klingelt, am Display erscheinen Nummer und Name des Anrufers,und gleichzeitig liefert der PC aus der Datenbank den zum Anrufer gehörenden Datensatz. Dieser wird nach Beendigung des Gesprächs zusammen mit neuen Informationen oder Gesprächsnotizen wieder gespeichert. Jeder Zugriffsberechtigte hat damit immer die aktuellsten Informationen über diesen Kunden/Gesprächspartner zur Hand.Außerdem beherrscht CTI auch die Funktionen von so genannten Komforttelefonen: Dazu zählen Makeln, Weiterleiten, Konferenzschaltungen - alles vom PC aus.

CTI-Programme decken einen Teilbereich des Kundenbeziehungs-Managements (Customer-Relationship-Management, CRM) ab: den optimierten Kundenkontakt. Und der steht laut einer Umfrage der Unternehmensberatung Schwetz vom Februar dieses Jahres bei mittelständischen Unternehmen ganz oben auf den Prioritätenlisten. Gerade in der Automatisierung von Standardabläufen schlummert nach Ansicht der Marktkenner „ein großes Potenzial, wie Erfahrungsberichte zeigen“. So lasse sich beispielsweise die durchschnittliche Zugriffszeit für das Auffinden der Kundendaten mit Ansprechpartner, Adresse und Telefonnummer um 21 Prozent senken.

System in Schichten

Wer sein Telefon per Computerintegration aufrüsten will, braucht dazu geeignete Hardware.Die Telefonanlagemuss den Tapi-Standard (Telephony Application Programming Interface) unterstützen, den Microsoft 1993 gemeinsam mit über 40 weiteren Firmen entwickelt hat und der jetzt in der Version 2.2 vorliegt. Tapi ist in das Betriebssystem Windows integriert und tritt quasi als Mittler zwischen Hard- und Software auf. Das ganze System ist in mehreren Schichten aufgebaut: Die unterste Schicht stellt die Telefoniehardware an sich dar, also das Telefon beziehungsweise die TK Anlage. Darauf setzt ein Treiber auf, der die Softwarebefehle in ausführbare Kommandos für die Hardware umwandelt. Dieser Teil der Tapi wird vom Hersteller der Hardware mitgeliefert und vom Anwender auf dem eigenen Rechner installiert.

Integration in Groß und Klein

Erhältlich sind CTI-Lösungen in zwei Varianten: der „First-Party-Telephony“ oder „Desktop-CTI“ und der „Third- Party“-Telephony“ oder „System-CTI“. Bei der First-Party-Telephony handelt es sich in erster Linie um Einzelplatzlösungen: Das Telefon muss über eine Schnittstelle zur physikalischen Verbindung mit dem PC verfügen. Anwendungen dieser Kategorie arbeiten unabhängig von der TK-Anlage. Zum Einsatz kommt die First-Party-Telephony vor allem in Firmen, in denen nur einige wenige Arbeitsplätze für spezielle Aufgaben mit CTI ausgestattet werden. Tapi-kompatible Komforttelefone zur Einrichtung eines CTI-Arbeitsplatzes, beispielsweise „Nina“ von Telnet, sind für rund 130 Euro zu haben. Eine entsprechende Software wie „CTI-Single“ von Ositron kostet knapp 80 Euro für einen Arbeitsplatz.

Bei der Third-Party-Telephony besteht zwischen PC und Telefon die logische Verbindung auf Systemebene. Der PC und das Telefon sind nicht direkt miteinander verbunden, sondern es kommt eine weitere Komponente ins Spiel: ein Host oder Telefonieserver. Die Verbindung kommt via CTI-Link zwischen der TK-Anlage und dem Telefonieserver zustande. Der Preis hängt von der Zahl der auszustattenden Arbeitsplätze ab.

Die Teilnehmerverwaltung erfolgt bei der Third-Party-Telefonie auf dem Server. Im einfachsten Fall werden den physikalischen PC-Adressen im LAN die Rufnummern der beigestellten Telefone zugeordnet. Damit ist der Telefonieserver in der Lage, die Informationen aus der TK-Anlage gezielt im LAN zu verteilen.Bei abgehendenRufen kann die TK-Anlage feststellen, von welchem Telefonanschluss die gewünschte Verbindung angewählt wurde, und bei eingehenden Rufen wird ermittelt, auf welchem PC die Informationen des Anrufers erscheinen sollen. Kurz: Der PC steuert nicht, wie bei der First-Party-Telephony, das einzelne Telefon, sondern über den Telefonieserver die gesamte TK-Anlage. Auf dem Server, der mit der TK-Anlage verbunden ist, kann der Administrator den im Netz angemeldeten Anwendern das Recht zur Nutzung der TAPI freigeben oder verweigern. Von jedem Arbeitsplatz-PC aus kann sich der Mitarbeiter dann einloggen, um die für ihn nötigen Informationen zu erhalten. Und: Das Unternehmen hat freie Auswahl bei den Telefonen, Komforttelefone mit entsprechenden Schnittstellen sind nicht nötig. Experten zufolge lohnt sich der Mehraufwand in Sachen Installation und Konfiguration bereits, wenn mehr als fünf Arbeitsplätze CTI-fähig gemacht werden sollen.

Das A und O bei CTI-Programmen ist die Anbindung des jeweiligen Anwenders an die entsprechenden Unternehmensanwendungen und Datenbanken über Schnittstellen. Sie können damit die Basis für effizientes Customer-Relationship-Management (CRM) bilden, indem sich die Kundenansprache optimeren lässt. CTI-Programme erlauben beispielsweise, Anwendungen wie Excel zu integrieren, die Kontaktdaten und damit auch Telefonnummern enthalten. Bei einem ankommenden Anruf lässt sich dann automatisch Excel oder auch eine IBMDB2 mit den darin vorhandenen Datensätzen zum Gesprächspartner starten.

CTI-Software fungiert als Kontaktmanager, sie bietet zunächst die Rufnummernerkennung und präsentiert auch den Namen des Anrufers, falls dieser in der internen Adressdatenbank gespeichert ist, sowie die Anschrift und weitere vorhandene Infos zu diesem Kontakt.

Kosten pro Projekt abrufbar

Des Weiteren sind CTI-Programme in der Lage, dem Benutzer zu zeigen, welche Dokumente zu dieser Geschäftsbeziehung bereits existieren oder als E-Mail verschickt wurden. Außerdem lassen sich in entsprechenden Eingabefeldern oder in einer verbundenen Anwendung Gesprächsnotizen, die während eines Telefonates verfasst werden, dokumentieren und ablegen. Damit wird vermieden, dass Kunden beispielsweise bei wiederholten Anrufen immer wieder nach Standardinformationen gefragt werden müssen. Über die Software lassen sich auch Gesprächskosten unterschiedlichen Projekten und Kostenstellen zuordnen. Und sie liefert Informationen, wer wann versucht hat anzurufen: Detailliert aufgelistet in einem persönlichen Telefonjournal, dessen Daten beispielsweise im SQL-Server protokolliert werden.

CTI im Einsatz

Ratioform hat seine Franchise-Zentrale im bayrischen Pliening bei München und beschäftigt dort 60 Mitarbeiter. Zur Ratioform-Gruppe gehören zehn selbständige Unternehmen, die als Franchise- Partner und regionale Händler unter dem Namen „Ratioform Verpackungsmaterialien“ verkaufen. 30 Mitarbeiter in der Verwaltung inPliening erledigen ihre Aufgaben mit dem computergestützten Call-Management „IXI-Call“ von Servonic. Die Third-Party-Lösung arbeitet mit jeder TK-Anlage zusammen - herkömmlich oder IP-basierend -, die Tapi unterstützt. Die Software ist dabei in Microsoft Outlook integriert.Gekostet habe das System rund 2000 Euro. „Die Benutzer können Funktionen wie Makeln, Weiterleiten oder Konferenzschaltung jetzt bequem mit dem PC steuern. Anrufe lassen sich einfach vom PC aus starten - entweder aus Outlook-Kontakten oder per Hotkey über vorher definierte Tasten aus jeder beliebigen Anwendung heraus“, so Patrick Gantzhorn, Projektleiter im Bereich EDV bei Ratioform. Zudem lassen sich mit der Lösung Anrufe effizient organisieren, indem sie beispielsweise auf Wiedervorlage gelegt werden: Beim Führen eines Gesprächs können in einem Kontaktfenster nicht nur Notizen zum Gespräch gemacht werden, sondern es gibt auch einen Button „Anruf planen“. Dahinter liegt ein Fenster, in dem der Anwender eintragen kann, wann er ein weiteres Gespräch plant und wann er daran erinnert werden will. Zumfestgelegten Termin geht ein Fenster auf - mit Name und Telefonnummer, die dann per Mausklick angewählt wird.

Für ausgehende Anrufe unterstützt die Software Least Cost Routing: Je nach Zielort des Anrufs wird dabei automatisch aus einer Liste eine Vorwahl vor der eigentlichen Telefonnummer gewählt, durch die der Anruf günstiger wird.

Bei eingehenden Gesprächen öffnet sich auf dem Bildschirm des Anwenders automatisch das entsprechende Kontaktfenster. Sofern die Daten des Anrufers bereits in einer Kontaktdatenbank - bei Ratioform inOutlook - oder in einer anderen Datenbank vorhanden sind, weiß der Angerufene sofort, wer am anderen Ende der Leitung ist und was bereits besprochen wurde.

Ist der Anrufer noch unbekannt, öffnet sich eine Maske für die Kontakterfassung mit der Telefonnummer des Anrufenden, sofern diese mitgeliefert wird. Der Angerufene kann den Kontakt während des Telefongesprächs ausfüllen, anlegen undGesprächsnotizen eintragen.

Sämtliche Anrufe - eingegangene, ausgegangene und entgangene - werden in einem individuellen Telefonjournal festgehalten. Der Anwender kann sich Ansichten auf dieses Journal generieren, beispielsweise kann er sich nur die entgangenen Anrufe anzeigen lassen und direkt aus dieser Liste heraus die Rückrufe starten. Darüber hinaus lassen sich Gruppenfunktionen nutzen: Die Partnerleiste listet am Bildschirm die Kolleginnen und Kollegen auf - in Gruppen wie etwa die Vertriebsabteilung, unterteilt. Anhand dieser symbolischen Darstellung kann der einzelne Benutzer sehen, welcher „Partner“ gerade telefoniert, wessen Telefon klingelt oder wessen Anschluss gerade frei ist. Per Mausklick lässt sich dann ein Gespräch heranholen, wenn das Telefon eines Partners klingelt und dieser nicht am Platz ist. Ebenso per Mausklick auf das Symbol des entsprechenden Partners wird dieser angerufen oder per „Instant Message“ kontaktiert. Instant Message heißt: Eine kurze, prägnante Mitteilung; sie wird in Echtzeit übermittelt und beim Empfänger am Bildschirm angezeigt. Unter seinem eigenen Symbol kann der Anwender vermerken, wenn er nicht am Platz ist und - falls gewünscht den Grund der Abwesenheit.

Ein Netz für Sprache und Daten

Doch nicht nur das Telefon, auch E-Mail oder Fax sind Kommunikationsmedien, die den Büroalltag bestimmen. Nachrichten dieser Art fassen Unified-Messaging-(UM-) Systeme in einer Inbox zusammen. Je nachArt des UM-Systems ist das eine eigene Inbox oder die Inbox des Messaging Clients. Handelt es sich bei der UM-Lösung um eine so genannte „Add-On Software“, so ergänzt sie die Funktionen, die dem bereits vorhandenen Messaging-System, beispielsweise Microsoft Exchange oder Lotus Domino, fehlen: Fax, Anrufbeantworter, mobile Fernabfrage. E-Mail und der Messaging Client werden vom Messaging-System zur Verfügung gestellt. Die Benutzer erhalten alle Nachrichten in einer Inbox, beispielsweise MS-Outlook oder Notes-Client, und können diese Nachrichten nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch von unterwegs mit Handy oder Telefon abrufen, anhören und bearbeiten.

Sanfte Migration

Beim Einsatz von CTI und Unified Messaging werden alle Kommunikationsmedien auf einer Oberfläche bedient. Aber: Beide Lösungen nutzen verschiedene Netzwerke. Unified Messaging ist im LAN eingebunden und wird am Server administriert, während CTI zwar die Steuerung des Telefons vom PC aus ermöglicht, das Telefon selbst aber der TK-Welt angehört.

Per Voice over IP (VoIP) lassen sich beide Hälften zusammenfügen, indem das TK-Netz mit dem IP-Netz kombiniert wird. Voiceover- IP-Systeme leiten sowohl Sprachinformationen als auch Daten über dasselbe IP-gestützte Netzwerk. Der Vorteil: Eine separate TK-Infrastruktur ist nicht nötig.

Doch kein Unternehmen wird es sich erlauben, die vorhandene Telefonanlage in einem Zug gegen ein neues System auszutauschen. Vielmehr ist die langsame Annäherung - im TK-Fachjargon „sanfte Migration“ genannt - an Internet-Telefonie angeraten. Bei der stufenweisen Umstellung wird die VoIP-Technik schrittweise in bereits bestehende Netzwerkstrukturen integriert. Das installierte LAN und die noch funktionierende separate Telefonanlage bleiben zunächst unangetastet. Dieses Vorgehen bietet sich an, wenn langfristige Leasingverträge laufen oder neue Mitarbeiter eingebunden werden müssen, eine Erweiterung der vorhandenen Telefonanlage jedoch nicht mehr möglich oder mit hohen Kosten verbunden ist. Erst im letzten Schritt wird dann die bestehende TK-Anlage samt aller ISDN-Endgeräte durch neue Endgeräte und die VoIPTechnologie abgelöst.

So auch bei der Gemeinde Morsbach. Die Bauarbeiten zum An- und Umbau des Rathauses nahm man hier zum Anlass, das Datennetz und die 60 Telefonanschlüsse Telefonanschlüsse mit VoIP-Technik auszustatten. Mit ausschlaggebend für die Entscheidung war, dass der bestehende Telefonanlagen-Mietvertrag zumSommer 2003 ausläuft.

Bis dahin werden „Swyxware“ des Dortmunder Unternehmens Swyx und die bestehende Telefonanlage parallel betrieben. „Schon heute steht für uns allerdings fest, dass der Umstieg zur IP-Telefonie kein Fehler war“, sagt Uwe Ufer, Erster Beigeordneter der Gemeinde Morsbach. Insbesondere die Einbindung in Outlook erleichtere den Mitarbeitern die Arbeit.

35 000 Euro habe die Neuanschaffung des Swyx-Systems gekostet - „das Alt-System belastet die Gemeindekasse Jahr für Jahr mit rund 40 000 Euro“, so Ufer. Der Aufbau eines neuen LAN sei ohnehin geplant gewesen, sodass „künftig nahezu keine Zusatzausgaben mehr notwendig sind“, erklärt der Marktforscher.

*Heide Witte ist freie Journalistin inMünchen.