Windows-7-Migration

Teil 1 - Die technischen Hürden

18.04.2012 von Andreas Kroschel
Ein großer Teil des Aufwands für Windows-7-Migrationsprojekte entfällt auf die Kompatibilität bestehender Anwendungen.
Den Agent für einen Kompatibilitäts-Scan auf den Clients passt man gemäß den eigenen Anforderungen an.

Der schlechte Ruf von Vista stammte nicht zuletzt daher, dass viele bestehende Anwendungen aufgrund weitreichender Systemänderungen dort nicht mehr liefen oder zumindest Schwierigkeiten bereiteten. Microsoft versuchte diese Probleme mit Windows 7 in den Griff zu bekommen. Da die beiden Windows-Versionen aber auf ein weitgehend identisches Fundament bauen, muss beim Umstieg von XP mit Inkompatibilitäten gerechnet werden. Allerdings stellt Microsoft mehr Tools und Konfigurationsmöglichkeiten zur Verfügung, um alte Programme zum Laufen zu bringen.

Windows-7-Migration

Lesen Sie hierzu auch den zweiten und dritten Teil unserer dreiteiligen Reihe zur Windows-7-Migration:

Bei Standard-Software können Unternehmen relativ leicht von den Erfahrungen anderer Anwender und von den Tests des Herstellers profitieren. Microsoft stellt daher eine Online-Datenbank zur Verfügung, die zwar relativ stark auf Consumer-Software ausgerichtet ist, aber auch Sicherheits- und Entwickler-Tools sowie Business-Anwendungen berücksichtigt. Die gesamte Liste kann zudem als Excel-Tabelle heruntergeladen werden. Sie enthält aktuell fast 20.000 Einträge.

Treiber unter Windows 7 (64 Bit)

Die Signatur von Treibern schützt unter anderem gegen nachträgliche Manipulationen der Datei.

Zu den von Microsoft immer wieder propagierten Vorzügen der 64-Bit-Version von Windows 7 als Client-System zählen im Gegensatz zum Server weniger die Möglichkeiten der besseren Ressourcennutzung oder Geschwindigkeit, sondern Robustheit und Sicherheit. Mit gutem Grund: Die Stabilität der Installation eines Betriebssystems steht und fällt mit der Qualität seiner Kernel-Treiber. Als privilegierte Software, die direkten Zugriff auf den Kernel hat, kann ein fehlerhafter Treiber Fehlfunktionen und Abstürze verursachen. Microsoft nutzt die mittel- und langfristige Umstellung auf 64-Bit-Betriebssysteme, um hier Treiber-Signaturen verpflichtend einzuführen. Treiber ohne Signatur kann man unter 64-Bit-Windows nicht mehr installieren. Technisch betreffen diese Anforderungen nur Kernel-Treiber. Um ein Windows-Logo für die Verpackung eines Gerätes zu erhalten, sind Hardware-Hersteller allerdings gefordert, generell jeden Treiber zu signieren.

Unsignierten Treiber trotzdem verwenden?

Über eine entsprechende Option beim Systemstart mit der Taste F8 kann man Windows so starten, dass es bis zum nächsten Herunterfahren auch unsignierte Treiber zur Installation akzeptiert. Praktikabel ist dies allerdings schon kaum für Heimanwender, erst recht nicht in einem professionellen Umfeld.

Besser: Treiber testen und selbst signieren

Der saubere Weg ist es, wirklich nur signierte Treiber zu verwenden und die Signatur zur Not selbst zu erstellen, wenn der Hersteller nicht bereit oder in der Lage dazu ist. Der Aufwand ist nicht allzu groß, erst recht, wenn man sowieso eine Zertifizierungsstelle betreibt. Microsoft beschreibt in einem Whitepaper, wie man Kernel-Treiber zertifiziert, auch wenn man als Administrator sonst über keine Erfahrung in der Treiberprogrammierung verfügt. Im Gegensatz zu den teilweise abenteuerlichen Tipps, die im Web kursieren, ist dies für ein Unternehmen die einzig richtige Lösung.

Umfangreiche Kompatibilitätslisten

In die Analyse des Application Compatibility Manager fließen eigene und fremde Bewertungen ein.

Mit ihrer Hilfe können sich Unternehmen darüber informieren, ob Anwendungen in einer bestimmten Version unter Windows 7 lauffähig sind und ob sie sich auch mit der 64-Bit-Version des Betriebssystems vertragen. Allerdings müssen sie bei inkompatiblen Programmen selbst sehen, ob und wie sie diese zum Laufen bringen. Wer hier weitergehende Unterstützung benötigt, kann etwa Changebase AOK vom gleichnamigen englischen Hersteller einsetzen. Das Programm versucht, die meisten gängigen Kompatibilitätsprobleme, etwa verursacht durch die Benutzerkontensteuerung (User Account Control, UAC), automatisch durch Repackaging zu lösen, soweit dies durch die Änderung von Einstellungen möglich ist.

COMPUTERWOCHE Marktstudie Windows 7

Schon die Tatsache, dass neue Rechner mit Windows 7 ausgeliefert werden, hat Microsoft und der ganzen PC-Branche einen echten Boom beschert. Umso erstaunlicher, dass die Euphorie einen Großteil der IT-Verantwortlichen in deutschen Unternehmen nicht erfasst hat.

Die Mehrheit hat Windows Vista ausgelassen und plant nun, von Windows XP aus zu wechseln. Doch zunächst wollen Anwendungen getestet und der Umstieg sauber vorbereitet sein. Dafür lassen sich die IT-Chefs Zeit.

Hier gelangen Sie zur Studie.

Microsoft selbst stellt ebenfalls Tools zur Verfügung, die Anwendern dabei helfen, ihre tatsächlich installierten Anwendungen zu erfassen, auf die Kompatibilität mit Windows 7 zu prüfen und die eventuell benötigten Einstellungen ("Shims") im Netz zu verteilen. Die zwei wichtigsten davon sind das Application Compatibility Toolkit (ACT) und das Microsoft Assessment and Planning Toolkit (MAP). Der Schwerpunkt von MAP liegt auf Performance, Hardwareausbau und Konsolidierungspotenzialen, wohingegen ACT alleine die Kompatibilität von Hard- und Software erfasst. Die beiden Tools sind als Ergänzung gedacht und werden daher häufig zusammen eingesetzt.

ACT versus MAP, welche Daten erfassen sie?

MAP

ACM

Datensammlung

• über das Netz per WMI, Remote-Registry-Zugriffe sowie für VMware-Hosts per VMware-Web-Zugriff.

• alle zu erfassenden Clients müssen für den Remote-Zugriff konfiguriert sein und der Zugriff muss über das ganze Netz in den Firewall-Regeln erlaubt sein.

• per Agent auf den Zielsystemen, Auslieferung als Windows-Installer-Paket etwa per GPO oder Logon-Script.

• Deinstallation nach der Datensammlung nicht nötig.

Erfasste Daten

• Hardware-Daten (Prozessor, Speicher, Grafik, Massenspeicher etc.)

• Performance-Daten

• Betriebssystem-Versionen

• Office-Installationen

• SQL-Installationen

• Rollen der Windows-Server

• Hosts für virtuelle Maschinen (Microsoft und VMware)

• Meldungen des Windows-Sicherheitszentrums

• Geräte und ihre Treiber

• installierte Programme mit Versionsnummern

Analyse und Darstellung der Bewertung

• Eignung der erfassten Computer für Windows 7, Server 2008 R2, Vista oder Server 2008, sowie notwendige Hardware-Aufrüstungen, um weitere Computer für die Systeme auszubauen; detallierte Reports und Vorschläge als Word-Dokumente exportierbar

• Inventar der Office-Installationen zum Zweck des Upgrades auf Office 2007

• Inventar der SQL-Server und -Komponenten zum Zwecke der Migration zu SQL Server 2008

• Inventar aller virtuellen Maschinen

• Bewertung der Energiesparmöglichkeiten durch alle Betriebssystem-Upgrades

• Bewertung der Sicherheit anhand der gesammelten Meldungen des Windows-Sicherheitszentrums

• Bewertung der Möglichkeiten der Applikationsvirtualisierung

• Bewertung der Möglichkeiten der Server-Konsolidierung inklusive ROI-Rechner

• nach Datenabgleich mit der ACT-Community Bewertung jeder Anwendung und jedes Gerätes hinsichtlich Kompatibilität mit Windows 7, Vista oder Windows XP

• Übersicht nach Geräten und darauf eventuell vorhandenen Problemen pro Ziel-Betriebssystem ebenfalls darstellbar

• Exportmöglichkeit nach Excel

Windows Zuverlässigkeit
Windows-Zuverlaessigkeit prüfen
Tagesübersicht über den Zuverlässigkeitsstatus des Betriebssystems.
Windows-Zuverlaessigkeit prüfen
Wochenübersicht über den Zuverlässigkeitsstatus des Betriebssystems.
Windows-Zuverlaessigkeit prüfen
Problembericht des Betriebssystems.
Windows-Zuverlaessigkeit prüfen
Lösungssuche.
Windows-Zuverlaessigkeit prüfen
Keine Lösung gefunden.

Windows 7 enthält zahlreiche Shims

Neben der Analyse bietet ACT über den integrierten "Compatibility Administrator" die Möglichkeit, die für bestimmte Programme benötigten Kompatibilitätseinstellungen auf alle PCs zu verteilen, auf denen diese Applikationen laufen sollen. Zu diesem Zweck ist es nicht nötig, das ACT auf allen Zielrechnern zu installieren. In kleineren Umgebungen kann man diese Optionen als Teil der Anwendungen ausliefern, bei einer größeren Client-Zahl empfiehlt sich das Einrichten einer zentralen Shim-Datenbank.

Allerdings ist es keineswegs so, dass die Kompatibilitätseinstellungen für jede ältere Software von den Beteiligten eines Migrationsprojekts selbst gesetzt werden müssen. Windows bringt derzeit die Shims für über 6000 Programme mit, die bereits in der System-Datenbank gespeichert sind. Ihr Einsatz erfordert keine Anpassung seitens der Benutzer, sondern erfolgt automatisch. Erfasst sind sowohl Anwendungen als auch deren Setup-Programme. Um sie einzusehen, ist der "Compatibility Administrator" aus dem ACT notwendig.

Windows 7 Godmodes
Windows 7 Godmodes
Der ursprüngliche Godmode verbirgt sich hinter dem String .{ED7BA470-8E54-465E-825C-99712043E01C} und bietet den schnellen Zugriff auf zahlreiche Funktionen.
Windows 7 Godmodes
Die standortbasierten Einstellungen sind eine Neuerung in Windows 7. String: .{00C6D95F-329C-409a-81D7-C46C66EA7F33}
Windows 7 Godmodes
Ist ein biometrisches Gerät in Windows angemeldet, können Sie über den String .{0142e4d0-fb7a-11dc-ba4a-000ffe7ab428} die passenden Einstellungen erreichen.
Windows 7 Godmodes
Der Zugriff auf die Energieeinstellungen. String: .{025A5937-A6BE-4686-A844-36FE4BEC8B6D}
Windows 7 Godmodes
Über diese Verknüpfung lassen sich die Benachrichtigungen in Windows schnell anpassen. String: .{05d7b0f4-2121-4eff-bf6b-ed3f69b894d9}
Windows 7 Godmodes
Ein schneller Einblick an alle gesicherten Anmeldeinformationen. String: .{1206F5F1-0569-412C-8FEC-3204630DFB70}
Windows 7 Godmodes
Über dieses Interface lassen sich Programme aus dem Netzwerk installieren. String: .{15eae92e-f17a-4431-9f28-805e482dafd4}
Windows 7 Godmodes
Die Standardprogramme. String: .{17cd9488-1228-4b2f-88ce-4298e93e0966}
Windows 7 Godmodes
Der Zugriff auf alle gespeicheren WLAN-Verbindungen. String: .{1FA9085F-25A2-489B-85D4-86326EEDCD87}
Windows 7 Godmodes
Der String .{208D2C60-3AEA-1069-A2D7-08002B30309D} zeigt alle sichtbaren Computer der aktuellen Arbeitsgruppe an.
Windows 7 Godmodes
Der String .{20D04FE0-3AEA-1069-A2D8-08002B30309D} liefert einen schnellen Überlblick zu den im Computer verbauten Laufwerke.
Windows 7 Godmodes
Die Verknüpfung hinter .{2227A280-3AEA-1069-A2DE-08002B30309D} zeigt alle auf dem System installierten Drucker.
Windows 7 Godmodes
Eine Verknüpfung zur Remote Desktopverbindung von Windows. String: .{241D7C96-F8BF-4F85-B01F-E2B043341A4B}
Windows 7 Godmodes
Die Daten zur Windows Firewall finden sich mit dem String .{4026492F-2F69-46B8-B9BF-5654FC07E423}
Windows 7 Godmodes
Mit dem String .{78F3955E-3B90-4184-BD14-5397C15F1EFC} legen Sie eine Verknüpfung zu den Einstellungen der Computerleistungen an.

Internet Explorer 6 als Altlast

Eine Ursache für Kompatibilitätsprobleme, mit der man eigentlich nicht rechnen würde, sind Web-Anwendungen, wenn sie speziell für den Internet Explorer 6 entwickelt wurden. Zum Lieferumfang von Windows 7 gehört der IE8, eine parallele Installation des IE6 ist nicht möglich.

Probleme entspringen der Tatsache, dass sich der neue Browser viel stärker an die Web-Standards hält und IE6-spezifische Websites nicht immer korrekt darstellt. Aus Kompatibilitätsgründen enthält er daher zusätzlich die Rendering-Engine des IE7 und im Quirks Mode verhält er sich sogar wie der IE5 - nur eine explizite Kompatibilität mit dem IE6 kennt er nicht. Ein weiterer Grund für Inkompatibilitäten sind Plug-ins, ActiveX-Controls und die IE6-spezifische Java Virtual Machine, falls eine Anwendung genau diese erfordert.

Wenn sich Web-Anwendungen nicht in einem neueren Browser ausführen lassen und der Hersteller der Software nicht bereit ist, dieselbe zu aktualisieren, bleibt als letzte Möglichkeit nur, den IE 6 in irgendeiner Form zu virtualisieren und auf diese Weise parallel zum IE8 auszuführen.

Die eleganteste Methode ist dabei die Applikationsvirtualisierung, bei der der IE6 nicht installiert wird und keinerlei Änderungen am System vornimmt. Microsoft selbst bietet dafür App-V an, das Teil des Desktop Optimization Pack (MDOP) ist. VMware erweiterte ThinApp 4.6 speziell für diesen um ein Feature namens ThinDirect, mit denen der Administrator bestimmte URLs auf den virtualisierten Browser umleiten kann, während die anderen Web-Seiten in einem moderneren Web-Client angezeigt werden. Gegen diesen Ansatz spricht nur, dass er nicht mit den Lizenzbedingungen von Microsoft in Einklang steht. Der Hersteller vertritt schon lange die Position, dass der IE ein Teil des Betriebssystems und keine eigenständige Anwendung ist. Als solcher darf er nicht virtualisiert werden.

Als Alternative bleibt daher die Möglichkeit, den IE6 auf einem Terminal-Server auszuführen und ihn auf dem Client nur anzuzeigen, so dass keine Versionskonflikte auftreten. Allerdings läuft der Internet Explorer 6 nicht unter Windows Server 2008 (R2), so dass dafür ein Windows Server 2003 (R2) erforderlich ist.

Ein Nachteil dieses Vorgehens besteht im inkonsistenten Benutzererlebnis, dass es keine definierbaren Zuständigkeiten des lokalen IE8 und des entfernten IE6 für bestimmte URLs gibt. Microsoft schlägt als Behelfslösung vor, im IE6 mit Hilfe von Content-Filtering alle URLs mit Ausnahme der Legacy-Anwendungen zu sperren.

Virtuelles XP als Ultima Ratio

Egal ob IE6 oder eine andere widerspenstige Altanwendung: Wenn keiner der von Windows 7 gebotenen Kompatibilitätsmechanismen hilft, dann besteht das letzte Mittel darin, ein komplettes XP inklusive der betroffenen Software in einer lokalen Maschine auszuführen. Für Privatanwender und kleine Firmen stellt Microsoft zu diesem Zweck den XP-Modus zur Verfügung. Mangels zentraler Management-Optionen eignet er sich aber nicht für größere Installationen.

Für diese empfiehlt Microsoft den Einsatz von Med-V, mit dessen Hilfe Programme, die in einer virtuellen Maschine unter dem Virtual PC laufen, nahtlos in das Windows-7-Host-System integriert und über Administrationsvorgaben gesteuert werden können. Med-V ist ebenfalls Teil von MDOP, das den Abschluss einer Software Assurance erfordert, die zudem die nötigen Lizenzrechte zur Ausführung von bis zu vier Windows-Instanzen in lokalen virtuellen Maschinen einräumt.

Der große Nachteil dieser Lösung besteht darin, dass Firmen pro Client zwei Betriebssysteme verwalten müssen. Das betrifft nicht nur Patches und Updates, sondern auch die Installation und Wartung von Virenscannern oder anderer Sicherheitssoftware. Darüber hinaus sollten die Benutzerprofile zwischen Host- und Gastsystem abgeglichen werden. Aus diesem Grund wählen nur sehr wenige Unternehmen diese Option zur Lösung von Kompatibilitätsproblemen. (ue)

Virtualisierung von Dateisystem und Registry

Die Dateisystem- und Registry-Virtualisierung erlaubt es, viele alte Anwendungen unter Windows 7 zu betreiben, ohne virtuelle Maschinen verwenden zu müssen. Dies betrifft vor allem Programme, die nicht fähig sind, ohne Administratorrechte abzulaufen, da sie Daten und Benutzereinstellungen in Systemverzeichnissen und System-Registrierschlüsseln ablegen.

Unter XP musste man sich, wenn man derart programmierte Software verwenden wollte, als Administrator anmelden, was dort ohnehin die Regel war, weil der Standardbenutzer zumeist die vollen Privilegien besaß. Die Dateisystem- und Registry-Virtualisierung erkennt, wenn Zugriffe verweigert werden, weil eine Anwendung nicht genügend Rechte besitzt und biegt sie so um, dass sie in einem benutzerlokalen Verzeichnis beziehungsweise Registry-Schlüssel landen - unbemerkt für die Anwendung, aus deren Sicht das virtualisierte Verzeichnis beziehungsweise der virtualisierte Registry-Schlüssel wie sein System-Pendant aussieht. Der Virtualisierungsstatus für einen Prozess wird zusammen mit den anderen Informationen wie Benutzerkontext, Gruppenmitgliedschaften und Privilegien in dessen Token gespeichert.