E-Mails und Meetings als große Zeitfresser

Tägliche Überstunden sind die Regel

27.11.2014 von Bettina Dobe
Jeder dritte Arbeitnehmer macht täglich Überstunden, wie eine Umfrage der Akademie der Führungskräfte ergab. Nur wenige halten sich Wochenende und das Zuhause frei.

Über zuviel Arbeit zu jammern ist geradezu ein Hobby der Deutschen. Doch sie haben allen Grund dazu, wie eine Studie der "Akademie für Führungskräfte" zutage bracht. Fach- und Führungskräfte leisten tatsächlich mehr Arbeit als in ihrem Arbeitsvertrag festgehalten ist. Und nicht alle werden dafür mit Urlaub oder Gehalt entlohnt.

Manager in Hektik: Überstunden sind an der Tagesordnung, die Trennung zwischen Beruf und Privatleben fällt vielen schwer, so ein Ergebnis der jüngsten Befragung der Akademie für Führungskräfte.
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Jeder fünfte Arbeitnehmer arbeitet mindestens einmal in der Woche mehr als im Arbeitsvertag vorgesehen. Fast 40 Prozent der Befragten machen an mindestens drei Tagen pro Woche Überstunden - und jeder dritte Arbeitnehmer leistet täglich Mehrarbeit. Von einem pünktlichen Feierabend an jedem Arbeitstag dürfen nur 1,8 Prozent der Befragten träumen.

Die Dauer der Mehrarbeit ist unterschiedlich: Jeder Zweite der über 1000 befragten Fach- und Führungskräfte sitzt täglich bis zu zwei Stunden länger im Büro, 29 Prozent arbeiten täglich bis zu einer Stunde mehr. Jeder Siebte arbeitet mehr als zwei Stunden über der Zeit, und das von Montag bis Freitag. Von Work-Life-Balance kann bei einem 11-Stunden-Tag nicht mehr die Rede sein.

Zwei Drittel arbeiten auch am Wochenende

Auch Abgrenzung von Privat- und Arbeitsleben scheint vielen Fach- und Führungskräften schwer zu fallen. Laut Umfrage arbeitet deutlich mehr als die Hälfte (59 Prozent) der Arbeitnehmer mindestens "gelegentlich" von zuhause aus. "11,6 Prozent sagen von sich, regelmäßig an mehreren Abenden pro Woche Arbeit mit nach Hause zu nehmen". Im Vergleich dazu gibt nur ein Viertel der Befragten an, zuhause grundsätzlich nicht zu arbeiten.

Luft nach oben gibt es auch bei den arbeitsfreien Wochenenden. 37,5 Prozent der Befragten geben an, am Wochenende nicht zu arbeiten. Doch knapp zwei Drittel befassen sich mindestens "von Zeit zu Zeit" am Wochenende mit der Arbeit. Darunter fallen höchst unterschiedliche Arten von Überstunden: Mehr als die Hälfte der Befragten arbeiten "gelegentlich" am Wochenende, jeder Zehnte regelmäßig und 0,5 Prozent der Befragten muss an jedem einzelnen Wochenende arbeiten.

Überstunden ansparen statt auszahlen

Zwar geben knapp zwei Drittel der Befragten an, ihre Überstunden erfassen zu lassen. Aber 36 Prozent können in ihrer Firma die Überstunden weder anrechnen noch ausgleichen lassen. Die meisten Befragten wünschen sich, die Überstunden ansparen zu können und sich dafür ein Sabbatical zu nehmen anstatt sie sich ausbezahlen zu lassen. Noch ist nicht jeder Arbeitgeber auf diesen Zug aufgesprungen. Die Möglichkeit, ein Sabbatical zu nehmen, bietet nur jede fünfte Firma an, obwohl sich 80 Prozent der Befragten dies sich wünscht.

Alternativen zur Gehaltserhöhung -
Alternativen zur Gehaltserhöhung
Sicher, über Gehaltserhöhungen freut sich jeder. Aber nicht immer ist eine Gehaltserhöhung sinnvoll:
Kalte Progression
Etwa, wenn die kalte Progression zuschlägt und der Arbeitnehmer wegen der erhöhten Abgabenlast nichts mehr vom Zuschlag hat. Doch es gibt jede Menge Möglichkeiten, dem Mitarbeiter Gutes zu tun.
Einmal volltanken
Lange waren Tankgutscheine in Mode - doch die Handhabung erwies sich als zu kompliziert. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt. Inzwischen darf der Arbeitgeber seinem Angestellten Sachzuwendungen in Höhe von 50 Euro zukommen lassen - jeden Monat.
Bloß nicht auszahlen!
Auszahlen darf das Unternehmen die 50 Euro nicht - sonst wären Steuern fällig.
Selbst kochen statt Essen gehen
Besonders praktisch: Essenschecks können auch im Supermarkt eingelöst werden.
Dienstwagen
Nach wie vor heißgeliebt: der Dienstwagen. Doch nicht jeder Mitarbeiter ist schon auf einer Gehaltsstufe, die einen Dienstwagen erlaubt - und nicht jeder will einen. Zudem müssen Unternehmen oft mit ihren Mitarbeitern komplizierte Verträge schließen. Wie wäre es stattdessen ...
Dienstrad
... mit einem Dienstrad? Gerade in großen Städten ist das Rad eine umweltfreundliche und schnelle Möglichkeit, zur Arbeit und zurück zu kommen. Vorteil: Die Nutzung des Dienstrads ist privat uneingeschränkt möglich, ohne dass komplizierte Verträge geschlossen werden müssen.
Kleine Geschenke
Ein Unternehmen kann über "anlassbezogene Zuwendungen" dem Mitarbeiter etwas schenken.
Leasingverträge für Smartphones
Wenn der Arbeitgeber keine Diensthandys zur Verfügung stellt, gibt es zudem die Möglichkeit, dass der Mitarbeiter über das Unternehmen ein Smartphone least. Das gilt natürlich für allerlei Elektrogeräte, etwa ...
Tablets
... iPads und andere Tablet-Computer. Für Wartung und Reparatur ist aber der Mitarbeiter selbst zuständig - und schenken darf die Firma dem Angestellten nach Ablauf des Leasingsvertrags das Gerät auch nicht.
Die Rechnung, bitte!
Alternativ kann der Arbeitgeber sich auch an der Telefonrechnung des Mitarbeiters beteiligen.
Prepaid-Kreditkarten
Einfach mit 50 Euro jeden Monat aufladen - und der Mitarbeiter kann sie ausgeben, wofür er möchte.
Karte für den ÖPNV
Vorsicht: Zahlt der Arbeitgeber einen Zuschuss zur Monatskarte für den ÖPNV, kann er seinem Mitarbeiter die 50 Euro nicht mehr auf die Prepaid-Kreditkarte laden. Doch auch da gibt es Alternativen.
Geburtstags- oder Jubiläumsgeschenke
Drei Mal im Jahr kann das Unternehmen so im Wert von 60 Euro ein Geschenk machen.
Fast wie Bargeld
Rabatte auf die eigenen Produkte für Mitarbeiter sind bis zu 1.080 Euro im Jahr steuerfrei.
Kantinenessen
Gern genommen sind auch Zuschüsse zum Essen. Dabei gibt es viele Möglichkeiten.
Schlauer als vorher
Ein Arbeitnehmer kann auch in Weiterbildungen für seine Mitarbeiter investieren und für sie keine Steuern oder Abgaben zahlen, solange klar ist, dass die Weiterbildung direkt für den Job anwendbar ist.
Leere Kita
Ein Unternehmen kann außerdem anbieten, dem Mitarbeiter einen Zuschuss zu den Betreuungskosten für die Kinder zu leisten. Er ist ebenfalls steuer- und sozialabgabenfrei und kann das Budget einer Familie entlasten.
Gesundheit!
Auch für die Gesundheit des Mitarbeiters kann ein Unternehmen für 600 Euro im Jahr Ausgaben tätigen.
Und was ist im Alter?
Alle On-top-Leistungen werden nicht in die Rentenkasse eingezahlt. Experten gehen nicht davon aus, dass der Rentenanspruch dadurch stark beeinflusst wird. Aber eine Rechnung aufstellen, schadet auf keinen Fall.

Woher die Mehrarbeit?

Die Ursachen für die Überstunden sind vielfältig. Die meisten Befragten geben als Gründe an:

Dass Überstunden aus Versehen oder aus Freude an der Aufgabe entstehen, ist eher selten: Nur 2,6 Prozent der Befragten geben an, Workaholics zu sein, denen die viele Arbeit Spaß macht. Nur 3,1 Prozent geraten ab und an in einen kreativen Flow und vergessen die Zeit um sich herum.

Die größten Zeitfresser

Viele der Befragten wissen offenbar genau, wie sie gegen die Überstunden ankommen können: Knapp die Hälfte gibt an, dass sie Aufgaben delegieren oder abgeben müssten, um weniger zu arbeiten. 27 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass sie ihr Zeitmanagement verbessern müssten. Dazu passen auch die in der Studie identifizierten Zeitfresser, die zu Mehrarbeit führen: Am meisten stören, wie viele Führungskräfte aus eigener Erfahrung wissen, im Tagesablauf die Bearbeitung von Mails, von Dokumenten und Tabellen sowie Meetings. "In puncto Meetings klagen die meisten über zu lange, zu häufige oder unstrukturierte Meetings. Auch Meetings mit großem Teilnehmerkreisfallen negativ auf", heißt es in der Studie.

10 Tipps für Meetings -
Meetings sind wie Eisberge
Auch wenn es um ein Sachthema (= Spitze des Eisbergs) geht, entscheidet die emotionale Kommunktion über Erfolg und Misserfolg einer Sitzung. Und letztere ist leider nicht sichtbar, ebenso wie der größte Teil des Eisbergs.
1. Lichten Sie Ihre Agenda ...
... sonst sehen Sie den Wald vor lauter Bäumen nicht. Beschränken Sie sich auf das Wesentliche und halten Sie sich an eine Struktur: Begrüßung und Vorstellung; Themenblock; Zusammenfassung; weiteres Vorgehen.
2. Bringen Sie alle an einen Tisch ...
... sonst fühlen sich einige übergangen. Bei schwierigen Themen bieten sich Vorgespräche an.
3. Videokonferenzen ...
... sparen Zeit und Geld. Sie eignen sich für Routine-Meetings. Bei Kick-offs oder Krisengesprächen ist der persönliche Kontakt dagegen ein Muss.
4. Der Zeitpunkt eines Meetings ...
... ist schon die halbe Miete. Wer ausschweifende Sitzungen vermeiden will, setzt sie vor der Mittagspause oder dann an, wenn der Berufsverkehr schon einsetzt.
5. Die Einladung ...
...ist die erste Möglichkeit mit den Teilnehmern in Kontakt zu treten. Dabei zeigen schon kleine Gesten grosse Wirkung: kann ein Parkplatz angeboten werden, gibt es gerade örtliche Besonderheiten bei der Anreise zu beachten.
6. Begrüßen Sie die Teilnehmer ...
... nicht erst im Sitzungsraum, sondern schon am Empfang.
7. Eine kleine Aufmerksamkeit aus der Teeküche ...
... erfreut besonders die weiter angereisten Teilnehmer der Besprechung.
8. Flipchart statt Powerpoint
Eine gemeinsam entwickelte Skizze am Flipchart fördert das offene Gesprächsklima und bringt oft mehr als eine vorgefertigte Präsentation, weil sich die Teilnehmer aktiv einbringen können.
9. Erfahrene Moderatoren ...
... fassen die Ergebnisse am Ende des Besprechungspunktes zusammen und haken noch einmal nach, ob es Einwände gibt.
10. Nach dem Meeting ist vor dem Meeting
Zu Ergebnissen kommen, ist die eine Sache. Die andere ist aber, die Ergebnisse auch umzusetzen beziehungsweise die Ziele zu verfolgen, und zwar möglichst zeitnah zur Besprechung.

"Am Punkt Mails stört vor allen Dingen der Erhalt von Spam-Mails und von Nachrichten, die für die eigene Person nicht interessant sind." Wie CIOs einige Zeitfresser bei Mails bekämpfen, ist hier nachzulesen.

Trotz der zahlreichen Überstunden kommen etliche Aufgaben immer noch zu kurz. Viele Teilnehmer gaben an, dass sie gern häufiger innovativ arbeiten würden, sich mit ihren Mitarbeitern mehr beschäftigen und häufiger über Ergebnisse oder Ziel nachdenken würden. Offenbar bleibt den Führungskräften für ihre eigentliche Aufgabe im Alltag an wenigsten Zeit.

Die Akademie für Führungskräfte - ein Management-Institut in Überlingen/Bad Harzburg - hat für die Studie "Arbeitszeit ist Lebenszeit oder die Frage: Work und Life in Balance?" 1.015 Fach- und Führungskräfte verschiedenster Branchen und Unternehmensgrößen befragt.

Strategien gegen die E-Mail-Flut
Schreiben Sie weniger E-Mails
Jede geschriebene elektronische Nachricht provoziert eine oder mehrere Antworten. Weniger, dafür durchdachter und pointierter formulierte E-Mails rufen weniger Nachfragen hervor.
Gewinnen Sie Zeit
Verlieren Sie kein Geld und konzentrieren Sie sich auf Ihre eigentlichen Aufgaben. Vermutlich steht in Ihrem Berufsprofil nicht "E-Mail-Schreiber". Nutzen Sie die E-Mail-Korrespondenz nur, um sich über wichtige Inhalte mit Kollegen und Kunden auszutauschen.
Keine Kritik in einer E-Mail
Auch sachlich gemeinte Verbesserungsvorschläge kommen per E-Mail vermutlich falsch an. Das persönliche Gespräch schafft schneller Klarheit und ist in den meisten Fällen weniger verletzend.
Feste Lesezeiten einhalten
Deaktivieren Sie alle akustischen und optischen Signale für eingehende Nachrichten. Die erste Stunde am Morgen sollten Sie für wichtige Aufgaben verwenden und keinesfalls für scheinbar witzige Ketten-Mails von Kollegen. Idealerweise sollten Sie nur dreimal täglich Nachrichten lesen und beantworten.
E-Mails am besten gleich bearbeiten
Am effektivsten ist es, E-Mails nur dann zu lesen, wenn man auch zum Antworten kommt. Die "Sofort-Regel" spart Zeit. Jedoch leidet darunter oft die Konzentration.
Richten Sie ein Ablagesystem ein
Bearbeitete und beantwortete E-Mails sollten Sie möglichst sofort ablegen. Ins Posteingangsfach gehören nur neu angekommene und ungelesene Nachrichten.
Löschen Sie großzügig
E-Mails löschen wirkt befreiend, selbst wenn der Speicherplatz Ihres E-Mail-Accounts besonders groß ist.