Es geht auch ohne Intel x86

Stromsparende Highend-Server

17.03.2012 von Klaus Hauptfleisch
Geht es um den Stromverbrauch von Servern, scheint sich alles um Intels x86-Architektur zu drehen. Doch es gibt Alternativen.

Schon wegen der schieren Masse im Markt drängen sich x86-Server immer mehr in den Vordergrund. Das gilt auch für die momentan heiß diskutierten Themen Stromverbrauch und Energieeffizienz. Weil darüber schon viel berichtet wurde, geht es in diesem Artikel vor allem um Highend-Server, auch wenn Highend und x86er sich nicht ausschließen: Wie Gartner-Analyst Andrew Butler schon vor längerer Zeit kommentierte, ist beispielsweise der HP ProLiant DL980 mit 80 Kernen, 160 Threads und 3 Terabyte Speicherkapazität „in jeder Hinsicht ein Midrange-Server“.

Stromsparende Highend-Server im Überblick
HP ProLiant DL980
Wie der HP ProLiant DL980 mit bis zu 80 Kernen und 160 Threads zeigt, schießen sich x86er und High-End-Server nicht aus.
Fujitsu x86-Scale-Out Cloud
Mit 38 Cloud-Serverknoten kommt der x86-Scale-Out Cloud Serverinfrastrukturplattform Primergy CX1000 von Fujitsu daher.
Dell PowerEdge R810
Dells 8-Core-Rack-Server PowerEdge R810 kommt in der elften Generation unter anderem mit bedarfsoptimierter Low-Flow-Lüftertechnologie, die auch mal einen Gang herunterschaltet und dadurch auch die Geräuschbelästigung mindert.
IBM System z10
Der IBM-Mainframe z10 soll deutlich mehr Leistung pro Kilowatt versprechen als der z9-Vorgänger oder auch die Boliden der Konkurrenz.
IBM PS 780
Das Enterprise-Racksystem IBM Power 780 der neuesten Generation ist bei deutlich gestiegener Leistung wesentlich stromsparender als der Vorgänger.
HP EcoPod
Die mit „HP EcoPod“ bezeichneten wassergekühlten Containerlösungen sollen hohe HPC-Kapazitäten mit extrem günstigen Effizienzwerten versprechen.
SeaMicro SM10000-XE
Der SM10000-XE von SeaMicro ist mit 64 Xeon- statt Atom-Prozessoren bestückt und soll das System mit der höchsten Serverdichte der High-End- Klasse sein.
HP Redstone
HPs ARM-Antwort auf die Atom-basierenden Server von SeaMicro ist die Redstone-Plattform im Rahmen des „Project Moonshot“. Ende 2012 könnten schon erste kommerzielle Produkte auf den Markt kommen, denkt IDC-Analyst Nebuloni.
IDC-Analyst Giorgio Nebuloni verweist darauf, dass die zunehmende Verdichtung auch eine Energieverdichtung und neue Herausforderungen in puncto Klimatisierung und Wärmeabfuhr mit sich bringen.

Ein immer dringlicheres Problem für Server- und RZ-Verantwortliche in Unternehmen wird das der Wärmeabfuhr und Klimatisierung (Mehr zum Thema Kühlung erfahren Sie in unserem Artikel "Wie Pioniere das RZ kühlen"). Viele Serverräume sind gar nicht darauf vorbereitet, dass die zunehmende Leistungsverdichtung durch Blades oder Skinless-Server auch eine deutlich höhere Energiedichte mit sich bringt. Damit die Kosten für die Wärmeabfuhr nicht in den Himmel wachsen, gibt es verschiedene Lösungen. Schließlich kann nicht jedes Unternehmen dem von HP aufgezeichneten Trend folgen, das eigene Rechenzentrum nach Island oder in andere kalte Regionen zu verlegen. Angeboten werden Lösungen wie eine Wasserkühlung, die direkt am Rack-Kabinett ansetzt, damit nicht der ganze Raum abgekühlt werden muss. Hinzu kommen Power-Management-Systeme und Luftkühlung sowie Komponenten, die relativ schadfrei höheren Temperaturen ausgesetzt werden können. So müssen Klimaanlagen nicht ständig auf Hochtouren laufen. Dabei kommen laut IDC-Analyst Giorgio Nebuloni auch Solid State Disks (SSD) ins Spiel, obwohl das Interesse an diesen Speichern meist mehr der Performance gelte.

Fujitsu PRIMERGY CX1000
Foto: Fujitsu

Nach Einschätzung von Fujitsu-Manager Sascha Denz geht der Trend zwar eher dahin, viele schwache durch wenige leistungsfähige Server zu ersetzen, um die Konsolidierung voranzutreiben. Mit der CX- oder Cloud-Extension-Serie halte sein Unternehmen aber auch eine Antwort auf den eingeschränkten Markt parat, den SeaMicro und HP mit den Micro-Servern adressiere. Dabei setze Fujitsu wie beim CX1000-Rack mit 38 Server-Nodes auf ein innovatives Kühlkonzept, das die Abwärme kaminartig nach oben ableite, womit die Systeme auch Rücken an Rücken aufgestellt werden könnten.

Energieeffizienz: x86er-Systeme treiben die Entwicklung

Mit Intel als Speerspitze und den vielen Blade-Modellen geht die Entwicklung in Sachen Energieeffizienz im x86-Umfeld in der Regel schneller als bei Unix-, Midrange- und Mainframe-Systemen. IDC-Analyst Nebuloni und sein Experton-Kollege Wolfgang Schwab loben aber unisono, welche Fortschritte IBM mit den Power-Prozessoren gemacht habe. Der Energieeffizienzschritt von Power5 zu Power7 sei „schon gewaltig“ und durchaus vergleichbar mit der Entwicklung bei den x86ern, kommentiert Schwab. Aus der Ferne betrachtet spielten die Non-x86er angesichts der installierten Basis kaum noch eine Rolle. Sie seien auch zu weniger als 15 Prozent für den Stromverbrauch der weltweit betriebenen Rechenzentren verantwortlich, so Nebuloni. Je nach Leistung ließen sich der Verbrauch und die Energieeffizienz aber „natürlich verbessern“, wenn man einen großen Mainframe oder zwei bis fünf Power-Systeme durch 20, 50 oder gar 100 moderne x86er ersetze.

Einen schnellen Überblick über die neuen, auf der CeBIT vorgestellten Modelle der Hersteller bietet unsere Bilderstrecke. Für mehr Informationen lesen Sie: "Server-Hersteller setzen auf neue Intel-CPUs"

Server von IBM, Dell und Fujitsu auf der CeBIT
IBM System iDataPlex dx360 M4
IBM System x 3550 M4
IBM System x3500 M4
Dell EqualLogic PS6110
Dell EqualLogic PS6110
Primergy CX250
Primergy CX400 2.5-Zoll
Primergy CX400 3.5-Zoll
Primergy CX270

Stromverbrauch von Servern im 5-Jahresvergleich

Über die Fortschritte beim Energieverbrauch von Servern in den letzten fünf Jahren gibt es je nach Messwert unterschiedliche Aussagen. Während Schwab hier von 70 bis 80 Prozent spricht, eine Entwicklung, die sich in Folge auf 50, maximal 60 Prozent verlangsame, sieht Nebuloni beim durchschnittlichen Stromverbrauch nur Verbesserungen im 10- bis 20-Prozent-Bereich. Der Effizienzgrad der Netzteile habe sich in den zurückliegenden zwei Jahren von 70 auf 90 Prozent verbessert, lobt der Analyst.

Bei HP rechnet man demgegenüber in Generationsschritten. So sei der Verbrauch der 2HE-Rackserver ProLiant DL380 von Generation 5 zu Generation 6 um 200 Watt zurückgegangen, bei deutlich gestiegener Leistung. Die gerade vorgestellte achte Generation liefere sogar bis zu 1,7 Mal so viel Leistung pro Watt als die im Frühjahr 2010 präsentierte Vorgängerversion. Derselbe Trend sei auch im RISC/EPIC-Markt erkennbar.

Dells 8-Core-Rack-Server PowerEdge R810 kommt in der elften Generation unter anderem mit bedarfsoptimierter Low-Flow-Lüftertechnologie, die auch mal einen Gang herunterschaltet und dadurch auch die Geräuschbelästigung mindert.
Foto: Dell

Dell stellt ausschließlich x86-Server her und konzentriert sich bei der Optimierung daher auf diese Server, erläutert Field Product Manager Peter Dümig. Dabei verfolge man ein mehrstufiges Konzept aus System samt Komponenten, Energiemanagement und „Rightsizing“. Letzteres ist für den Dell-Manager ein wichtiges Thema, denn häufig würden Systeme überdimensioniert gekauft. Die PowerEdge-Server mit zwei Sockeln und Intel-Xeon-Prozessoren der Serie 5600 böten eine bis zu 70 Prozent höhere Performance und 45 Prozent mehr Energieeffizienz als vergleichbare Modelle mit Xeon-5500-CPUs.

Cloud-Provider drücken aufs Tempo

Die Energiekosten machen in Rechenzentren einen erheblichen Teil der Gesamtkosten aus. Doch während die Serverhersteller ständig an Verbesserungen arbeiten, ist der Leidensdruck in den meisten Unternehmen offenbar noch nicht groß genug, um für verbrauchsarme Geräte wirklich mehr zu bezahlen. Warum dann die Mühe? Druck kommt vor allem von den Telekommunikationsriesen, den Internet- und Cloud-Anbietern wie Google, Amazon oder Facebook mit Zigtausend Maschinen in ihren Rechenzentren. Um es mit Nebuloni zu sagen, kann die Entwicklung zu stromsparenden Systemen diesen Playern gar nicht schnell genug gehen. Sie warten mit dem Austausch von Servern oft gar nicht bis zum Ende des normalen Lebenszyklus. Für die meisten Unternehmen bleibe das Argument des günstigen Verbrauchs aber marginal, so der IDC-Experte. Deshalb würden neue Features wie „Power Capping“ auch nicht im gewünschten Maße honoriert, wenn damit Mehrkosten verbunden sind.

Im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise hatten die meisten Unternehmen andere Sorgen, weshalb das Interesse am Thema Stromverbrauch und Energieeffizienz im Server-Fuhrpark etwas nachgelassen habe, so Gartner-Experte Butler. Mit steigenden Energiekosten und Erreichen der Kapazitätsgrenzen in Großstädten wie London mit älterer Infrastruktur rufe es sich zwar wieder mehr ins Gedächtnis der Anwender. Aber es brauche wohl mehr an finanziellem Leidensdruck oder auch eine neue Gesetzgebung, damit Energieeffizienz dieselbe Priorität genieße wie andere Ziele.

Strom sparen „im großen Stil“

Der IBM-Mainframe z10 soll deutlich mehr Leistung pro Kilowatt versprechen als der z9-Vorgänger oder auch die Boliden der Konkurrenz.
Foto: IBM

IBM ist einer der wenigen Anbieter, der samt Midrange und Mainframes praktisch alle Server-Disziplinen beherrscht. Vor allem dank starker Verkäufe von Power-basierten Servern hat sich „Big Blue“ laut aktuellen Gartner-Zahlen gemessen an Umsätzen an HP vorbei auf Platz eins geschoben. Unter dem Motto „Power Your Planet“ unterstützen alle Power-Systeme EnergyScale. Dabei handelt es sich um ein ganzes Paket von Features, das IBM für die Server der Power6- und Power7-Familie zum Messen, Überwachen und Steuern der Energieeffizienz geschnürt hat. Dazu gehören Power Saver zum Reduzieren der CPU-Taktfrequenz, Power Capping zum Absenken des Server-Stromverbrauchs, das Schlafenlegen einzelner Kerne mit „Processor Core Nap“ und vieles mehr.

Das Enterprise-Racksystem IBM Power 780 der neuesten Generation ist bei deutlich gestiegener Leistung wesentlich stromsparender als der Vorgänger.
Foto: IBM

Der Enterprise-Server IBM Power 780 unterstützt bis zu 64 Power7-Prozessorkerne mit je 3,8 GHz und soll auf 25 Prozent weniger Stellfläche 70 Prozent weniger Energie verbrauchen als der Power6-Vorgänger, und das bei geringerer Taktfrequenz und mehr Leistung pro Kern. Im Mainframe-Bereich hat IBM mit dem System z10 BC (Business Class) nachgelegt und verspricht 113 Prozent mehr Performance pro Kilowattstunde gegenüber dem z9 BC. Der z10 EC (Enterprise Class) soll samt Kühlung bei gleicher Arbeitslast weniger als ein Drittel des Stroms verbrauchen als ein HP Superdome.

„Tukwila“ heißt Intels neueste Generation von Itanium-Prozessoren mit vier Kernen, 30 MB Cache und RAS-Features der Mainframe-Klasse, laut Intel der erste Mikroprozessor mit zwei Milliarden Transistoren.
Foto: Intel

Solche Vergleiche sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, zumal HP das neue Itanium-Flaggschiff Superdome II schon in der energieeffizienten Blade-Architektur anbietet. Noch entwickelt Intel fast ausschließlich für HP diese Prozessoren, und entsprechend kann sich IDC-Analyst Nebuloni vorstellen, dass auch im Itanium-Bereich früher oder später der im x86-Bereich lange ersehnte Wechsel zur 22nm-Technologie vollzogen wird.

Die mit „HP EcoPod“ bezeichneten wassergekühlten Containerlösungen sollen hohe HPC-Kapazitäten mit extrem günstigen Effizienzwerten versprechen.
Foto: HP

Ähnlich wie IBM oder Fujitsu mit „Primergy Cool Safe“ bietet HP mit „Thermal Logic“ für alle Server weitere Konzepte und Tools zum Senken des Energieverbrauchs an, etwa durch Herabsenken der Prozessor-Taktrate oder der Lüfterleistung. Während die Redstone-Plattform mit ARM-Prozessoren noch auf sich warten lässt, hat HP den Flugzeugbauer Airbus mit wassergekühlten Container-Rechenzentren beliefert, die dessen HPC-Kapazitäten verdoppelt haben und bei einer Leistung von 15 Kilowatt pro Quadratmeter einen günstigen Energieeffizienzwert von 1,25 aufweisen sollen.

Beispiele für die geschickte Optimierung von Software und Hardware durch das eigene „Engineered System“ kann auch Oracle für seine Exadata Database Machine oder den Unix-basierenden SPARC Supercluster beisteuern. Damit soll sich der Stromverbrauch gegenüber einer traditionellen Plattform bei Japans Provider SoftBank Mobile um den Faktor 10 reduziert haben.

SeaMicro und HP Moonshot

Wer hätte gedacht, dass AMD mal Intel-Produkte verkaufen würde! Aber genau das passiert jetzt mit der Übernahme des kalifornischen Start-up-Unternehmens SeaMicro, das zunächst auf Basis von Atom-Prozessoren Micro- oder Extreme Low Voltage Server entwickelt hat und damit im HPC-Umfeld für bestimmte Workloads zum Trendsetter wurde. Von Intel speziell entwickelte 64-Bit-Atom-Prozessoren mit 512 oder gar 768 Prozessorkernen in einem Rack bieten die Modelle SM1000-64 und SM10000-64HD. Abgesehen von der Platzersparnis sollen die Systeme nur ein Viertel der Energie der besten Volumen-Server beanspruchen.

Der SM10000-XE von SeaMicro ist mit 64 Xeon- statt Atom-Prozessoren bestückt und soll das System mit der höchsten Serverdichte der High-End- Klasse sein.
Foto: HP

Um Hunderte von Kernen anzusteuern, müsste aber bei Standardanwendungen die Software völlig neu geschrieben werden. Am besten eignen sich die Systeme deshalb für hoch parallelisierbare Applikationen wie Cloud-Services, Wetter-Simulation, Web 2.0, Hadoop und Extreme Analytics beziehungsweise den analytischen Bereich von BI-Lösungen. Kaum geeignet sind sie nach einhelliger Meinung von Analysten aber für Datenbanken. Neu im SeaMicro-Portfolio ist der mit 64 Xeon-Prozessoren bestückte SM10000-XE. Es soll eine besonders hohe Serverdichte bieten und halb so viel Energie verbrauchen wie die leistungsstärksten High-End-Server. Wie AMD bereits angekündigt hat, sollen hier künftig sparsame Opteron-Prozessoren Einzug halten, allerdings nicht vor der zweiten Jahreshälfte 2012.

HPs ARM-Antwort auf die Atom-basierenden Server von SeaMicro ist die Redstone-Plattform im Rahmen des „Project Moonshot“. Ende 2012 könnten schon erste kommerzielle Produkte auf den Markt kommen, denkt IDC-Analyst Nebuloni.
Foto: HP

Der Einsatz von ARM-Prozessoren wird auch bei SeaMicro schon diskutiert, soll aber erst 2014 erfolgen. HP ist mit der 2011 angekündigten Redstone-Plattform beziehungsweise mit dem noch laufenden „Project Moonshot“ schon ein Stück weiter. Dieses sieht vor, mehr als 2.800 Server auf Basis der Calxeda-Prozessoren EnergyCore ARM Cortex in einem einzigen Rack für Web-Dienstleister oder Social-Media-Anbieter wie Facebook bereitzustellen. Mit dem Path-Finder-Program arbeitet HP hier schon an einem ganzen Öko-System von Software- und Hardware-Lösungen. Zu den ersten Teilnehmern gehörte hier übrigens AMD. Während ARM auf dem Mobile World Congress in Barcelona bekräftigt hat, mit leistungsstärkeren Prozessoren auch den Servermarkt für mobile Netzwerke erobern zu wollen, ist der Softwareaufwand hier weit höher als bei Atom-Prozessoren, sagt Gartner-Analyst Butler. Er teilt daher nicht die Meinung von IDC-Kollege Nebuloni, dass ARM in den kommenden fünf Jahren auf einen Stückmarktanteil von fünf bis zehn Prozent kommen könnte.