Server-Virtualisierung und Green IT

Stromkosten runter, Leistung rauf - geht das?

04.09.2008 von Hadi Stiel
Leistungsfähigere und stromsparende Prozessoren, kombiniert mit umfassender Server-Virtualisierung machen vieles möglich. Allerdings sollte das Konzept durchdacht und die Bereitschaft zur Investition vorhanden sein.

Steigende Verarbeitungslasten bei steigenden Energiepreisen: Anwenderunternehmen sind bei ihren Servern mit immer höheren Stromkosten konfrontiert. Sie machen in vielen Unternehmensrechenzentren bereits 30 bis 40 Prozent der gesamten Server-Betriebskosten aus – Tendenz voraussichtlich weiter steigend. Angesichts dieser Entwicklung suchen die Anwender Kostenentlastung durch Virtualisierung der Server und den Einsatz von Green-IT-Komponenten.

Neue Entwicklungen

Die Ausgangssituation für die Unternehmen erscheint vielversprechend. Neue Server in Quad-Core-Prozessortechnologie warten gegenüber der Vorgängerversion mit einem verbesserten Watt-/Leistungsverhältnis von bis zu 1:3 auf. Für dedizierte Server (normaler Einsatzbereich) kommt das einer Leistungsaufnahme von 350W gleich. Bei Blade-Servern in Racks halbiert sich sogar die Leistungsaufnahme auf 175W.

Reduziert wurde auch der Energiehunger der neuen Peripheriegeräte für Stromversorgung und Klimatisierung, flankierend zum Server-Einsatz. Insider geben hier ein verbessertes Watt-/Leistungsverhältnis von 1:2 gegenüber der vorhergehenden Gerätegeneration an. Der verhältnismäßig hohe mechanische Anteil dieser Geräte steht einem ähnlich hohen Watt-/Leistungsoptimierungsgrad und Miniaturisierungsgrad wie bei den Servern entgegen.

Daneben warten die Hersteller mit Schalt- und Regeltechniken für Prozessoren und Klimageräte auf, die zusätzlich den Energiehunger der Server zügeln. Werden einzelne Prozessoren gerade nicht gebraucht, gehen sie zwischenzeitlich in den Stand-by-Modus. Komponenten zur Klimatisierung der Rechner achten ständig auf eine optimale Betriebstemperatur und gleichen 'feinfühlig' kleinste Temperaturschwankungen in die eine oder andere Richtung aus. Teils gehen Green-IT-Komponenten soweit, dass sie die Leistungsaufnahme der Server anhand der aktuellen Verarbeitungsauslastung steuern, bei weniger Last entsprechend reduzieren.

Genau nachrechnen

Inwieweit in der Praxis der Einsatz der neuen Server-Generation, flankierender Green-IT-Komponenten und der Server-Virtualisierung lohnt, wird vom bestehenden Server-Park abhängen. Wie alt sind die Rechner? Wann sind sie abgeschrieben? Wie hoch ist der Stromverbrauch der Server einschließlich der Peripherie für Power & Cooling? Welche der installierten Server sind virtualisierungsfähig, welche nicht? In welchem Maß werden voraussichtlich die Verarbeitungslasten im RZ innerhalb der nächsten fünf Jahre – dem Abschreibungshorizont für neue Server- und Peripheriegeräte – steigen? Welche Strompreissteigerung wird innerhalb dieses Zeitraums erwartet?

Das alles sind grundsätzliche Fragen, denen Entscheider vor Neuinvestitionen in Server sowie Power & Cooling nachgehen sollten. Inwieweit sich Neuinvestitionen aufgrund von Stromkosteneinsparungen rentieren, das ist auch von der installierten Hardware, den eingesetzten Betriebssystemen und den darauf laufenden Applikationen abhängig. So ist nicht jede virtuelle Maschine auf jedem Server-Betriebssystem lauffähig. Last but not least spielen auch die Lizenzkosten für die Virtualisierungs-Software eine Rolle für die Amortisierungsrechnung.

Resultate

Durch Virtualisierung kann die Anzahl der eingesetzten Server und Peripherie um etwa 30 Prozent reduziert werden, bei einem Zuwachs an Rechenleistung von 80 Prozent. Parallel kann der Stromverbrauch im Unternehmens-RZ um bis zu 60 Prozent gesenkt werden. Diese Werte setzen allerdings erhebliche Neuinvestitionen in Server und Green-IT-Komponenten voraus: etwa die Hälfte des neuen Server-Parks. Oftmals sind Investitionen dieses Umfangs erforderlich, weil viele der bestehenden Server im RZ nicht virtualisierungsfähig sind.

Server-Virtualisierung – also die optimale Ausschöpfung aller Verarbeitungskapazitäten im logischen Server-Verbund – macht mit Abstand den größten Effekt beim Stromsparen aus. Viele der Server können als Energieverbraucher abgeschaltet werden. Die neu hinzugekommenen Server überzeugen durch ein deutlich besseres Watt-/Leistungsverhältnis. Stromkosteneinsparungseffekte, wenn auch nicht in dieser Größenordnung, stecken für das Unternehmen auch in der Gerätereduzierung für Power & Cooling, einschließlich des geringeren Stromverbrauchs der neuen Zusatzgeräte. Dazu kommt gegebenenfalls die Einsparung an 19-Zoll-Schränken, die ebenfalls Strom konsumieren.

Eher gering werden dagegen die Energieverbrauchseinsparungen durch die neuen Schalt- und Regeltechniken für Prozessoren und Klimageräte ausfallen. Die Erklärung dafür liegt auf der Hand: Im virtualisierten Verbund werden alle Server und ihre Verarbeitungskapazitäten optimal ausgeschöpft. Viele Server mit geringer Auslastung und nur sporadischen Lastspitzen werden zu wenigen Servern mit einer gleichmäßig hohen Auslastung. Die Intervalle für eine stromsparende Schaltung von Prozessoren in den Stand-by-Modus werden somit im Betrieb meist kurz und damit weniger lohnend sein. Auch große Temperaturschwankungen werden bei Servern, die permanent gut ausgelastet sind, eher gering ausfallen. Dadurch wird die automatische Regelung von Schwankungen selten zur Abschaltung von Klimageräten, Luft- wie Wasserkühlung, führen.

Unter Power & Cooling-Managementdruck

Neben den Servern das gesamte Power & Cooling über eine zentrale Konsole zu überwachen, gegebenenfalls schnell gegenzusteuern, ist dennoch ratsam. Ausfälle im virtuellen Server-Verbund können sich die Unternehmen in Zeiten optimierter Geschäftsprozesse mit der IT als unmittelbaren Träger nicht mehr leisten. Die permanent hohe Auslastung des Server-Verbunds macht zwischenzeitliche Hotspots wahrscheinlicher. Auch ihnen muss, sobald sie sich abzeichnen, schnell und gezielt entgegengesteuert werden. Andernfalls würden die Geschäftsprozesse darunter leiden.

Teil der Amortisationsrechnung sollte demzufolge auch das Investment ins Power & Cooling-Management sein. Dafür gibt es ein dickes Einsparungspotenzial: Kosteneinsparungen winken den Unternehmen nicht nur durch einen deutlich geringeren Energieverbrauch. Erheblich gesenkt werden durch eine konsequente Server-Virtualisierung auch die Administrations- und Servicekosten.