Green-IT-Test

Stromfresser per IP-Netz abschalten

24.09.2008 von Jürgen Hill
Mit IP-Steckdosen lassen sich Stromverbraucher aus der Ferne, sogar via Internet, per Browser an- und abschalten. Wir haben ein Exemplar von Anel Elektronik getestet.

Drucker, Scanner, USB-Server, Netzfestplatten: Der Peripherie-Park in modernen IT-Arbeitsumgebungen wächst ständig. Damit auf die Geräte bei Bedarf auch sofort zugegriffen werden kann, bleiben sie natürlich immer eingeschaltet. Was eigentlich auch kein Problem sein sollte, denn wie von den Herstellern beworben, legen sie sich ja, wenn sie nichts mehr zu tun haben, in einen stromsparenden Schlafmodus - neudeutsch der als Mittel von Green IT viel diskutierte Standby-Modus. Allerdings hat die Sache einen Haken: Wie Messungen unserer Schwesterpublikation "PC-Welt" ergeben haben, verbrauchen beispielsweise selbst moderne Laserdrucker im Standby noch zehn bis 20 Watt. Auf das Jahr hochgerechnet, ergibt dies erkleckliche Kosten durch unnötigen Stromverbrauch. Zu erwarten, dass Mitarbeiter diese Geräte im Arbeitsalltag händisch ein- und ausschalten, ist praxisfremd - zumal, wenn gruppenweise genutzte Maschinen womöglich nicht direkt am Arbeitsplatz stehen.

Das können IP-Steckdosen

Über dir größere Net-PwrCtrl Pro können bis zu acht Stromverbraucher unabhängig von einander geschaltet werden.
Foto: Anel Elektronik

Eine Möglichkeit, solche Stromfresser aus der Ferne ein- und auszuschalten, offerieren so genannte IP-Steckdosen. Der Anwender kann sie über ein TCP/IP-Netz (LAN oder Internet) ansteuern, um elektrische Geräte per Browser oder andere Software zu schalten. Das gilt nicht nur für Drucker. IP-Steckdosen eignen sich etwa auch, um Rechner aus der Ferne kaltstarten zu können, wenn sie abgestürzt sind und auf andere Befehle nicht reagieren. Ist in diesen Rechnern im Bios die Option "Neustart nach Stromverlust" aktiviert, kann aus der Ferne mit Hilfe der IP-Steckdose ein Kaltstart ausgelöst werden. Andere Möglichkeiten wären das gezielte Steuern von Leuchtreklame oder Außenbeleuchtung. Im privaten Umfeld können die Dosen etwa im Umfeld der Home-Automation zum Einsatz kommen: Warum wird die Klimaanlage zu Hause nicht einfach via Internet vom Büro eingeschaltet, bevor abends der Arbeitsplatz verlassen wird?

Anbieter von IP-Steckdosen

Entsprechende IP-Steckdosen vermarkten beispielsweise Anel Elektronik, Gude Analog- und Digitalsysteme GmbH, Infratec AG, Allnet oder Leunig, um nur einige Hersteller zu nennen. Das Angebot reicht dabei von Schaltsteckdosen mit einem Anschluss bis hin zu Geräten, die bis zu acht oder noch mehr Stromverbraucher steuern und eine Strombelastung von 4600 Watt verkraften. Als Testgerät wählten wir die kleinste IP-Steckdose von Anel Eletronik. Über die 119 Euro teure "Net-PwrCtrl Home" lassen sich drei Stromverbraucher unabhängig voneinander via IP-Netz steuern. Dabei weist das Gerät laut Hersteller einen Eigenstromverbrauch von 1,9 Watt auf, was deutlich unter dem Standby-Verbrauch der oben angesprochenen IT-Peripheriegeräte wie etwa Laserdrucker liegt. Die Entscheidung zugunsten eines Anel-Produkts fiel unter anderem, weil diese IP-Steckdose ein interessantes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist und das kleine Forum auf der Web-Seite des Herstellers den Eindruck vermittelt, dass er sich auch nach dem Kauf noch um seine Kunden kümmert.

Der Testkandidat

Mit der IP-Steckdose Net-PwrCtrl Home lassen sich bis zu drei Geräte via Internet oder LAN ein und ausschalten.
Foto: Anel Elektronik

Technisch ist die Leiste als trapezförmiges Aluminiumgehäuse ausgeführt, wobei die Steckdosen mit einem 45-Millimeter-Klicksystem aufgebaut sind, so dass sich auch Dosen für andere Länder einsetzen lassen. Im Gehäuseinneren verbirgt sich ein Web-Server, über den die Steckdose mit dem Netz per Ethernet kommuniziert. Mit Hilfe des optional erhältlichen WLAN-Konverters ist zudem die Kommunikation via Funknetz möglich. Über den integrierten Web-Server können die Steckdosen ohne weitere Zusatzsoftware einzeln geschaltet werden. Zudem besteht die Möglichkeit, drei mal vier Timer sowie acht Zusatz-Timer zu programmieren. Windows-Benutzer erhalten noch ein zusätzliches Programm, mit dem sich die Steckdosensteuerung in das Betriebssystem einbinden lässt. Zur Einbindung der Leiste in eigene Softwareprojekte liefert Anel noch eine passende Windows-DLL mit. Während Strom- und Ethernet-Kabel sowie Software-CD zum Lieferumfang gehören, sucht der Benutzer dagegen eine ausführliche Dokumentation vergebens.

Die Konfiguration

Allerdings braucht er die auch nicht. Gibt er nach dem Anschluss der Leiste ans LAN im Browser den Host-Namen (im Auslieferungszustand http://net-control) oder die IP-Adresse der Leiste an, meldet sich direkt die Oberfläche des Web-Servers. Hier findet er unter "Hilfe" die notwendigen Erklärungen zur Konfiguration. Per Browser werden so etwa die Netzparameter wie IP-Adresse, Port oder der NTP-Zeit-Server, über den sich die Steckdose die Uhrzeit holt, konfiguriert. In Sachen User-Verwaltung gibt sich die Dose eher spartanisch: Sie identifiziert lediglich über zwei unterschiedliche Passwörter den Administrator und den User, der Steckdosen schalten darf. Bei der Konfiguration sollten einige Kleinigkeiten bedacht werden. Soll die Box später etwa auch via Internet erreichbar sein, empfiehlt es sich, die CGI-Skript-Unterstützung zu deaktivieren. Damit lässt sich zwar die Box direkt aus Web-Anwendungen ansteuern, das Verfahren ist allerdings unsicher, da kein Passwort abgefragt wird. Ferner sollte der standardmäßige Port 80 des Web-Servers geändert werden, wenn etwa der Einsatz in einer Filiale hinter einem NAT-Router geplant ist. Und last, but not least empfiehlt es sich, den einzelnen Steckdosen aussagekräftige, maximal 16 Zeichen lange Namen (beispielsweise Laserdrucker256, Außenlicht, Scanner) zuzuweisen, denn mit den Ziffern der Steckdosen werden die wenigsten User im Büroalltag konkrete Geräte verbinden.

Die Grundkonfiguration der IP-Steckdose erfolgt bequem per Browser, denn die Steckdosenleiste verfügt über einen integrierten Web-Server.

Nach diesen Vorarbeiten steht dem Schalten der Geräte per Browser nichts mehr im Weg. In unserem Testnetz waren dies ein Laserdrucker kombiniert mit einem Mini-Print-Server, ein bereits früher getesteter USB-Device-Server von Silex sowie ein Vista Media Center. Dessen hoher Stromverbrauch, bedingt durch mangelhafte Standby-Realisierung im Betriebssystem, sollte so reduziert werden. Alle Geräte ließen sich per Browser mit der Net-PwrCtrl Home problemlos steuern. Ist eine Steckdose an, so wird diese im Browser grün dargestellt, während Rot für den Schaltzustand Aus steht.

Automatische Steuerung unter Windows

Mehr Komfort als die Steuerung per Browser eröffnet ein Windows-Tool. Mit seiner Hilfe können Drucker etwa automatisch eingeschaltet werden, sobald ein Druck-Job abgesetzt wird.

Mehr Komfort als die Bedienung per Browser verspricht die direkte Ansteuerung mit den beiliegenden Windows-Tools. So lassen sich etwa die in Windows definierten Drucker direkt beim Versenden eines Druckjobs automatisch einschalten und nach einer vom Anwender definierten Zeitspanne wieder ausschalten. Ein Feature, das zu unserer Überraschung selbst dann problemlos funktionierte, als wir gleichzeitig den Mini-Print-Server ebenfalls aus der Ferne ein- ausschalteten: Die erwarteten Timeout-Fehlermeldungen blieben aus. Eine andere Option ist, die Steckdosen abhängig vom Aufruf eines Programms zu steuern. Das funktioniert grundsätzlich ebenfalls ohne Schwierigkeiten, doch sollte der User bei der Administration das Kleingedruckte beachten: Im Windows-Tool der Net-PwrCtrl Home lassen sich die Anwendungen nur dann mit der Steckdose verbinden, wenn sie bei der Konfiguration gestartet worden sind - ansonsten sucht der User nach der Applikation vergeblich.

Eine Enttäuschung offenbarte sich allerdings, als wir das Windows-Tool im Netz auf einem zweiten Rechner installierten: Es ist nicht Multiuser-fähig. Bei aller Begeisterung, per IP-Steckdose im Netz den Stromverbrauch der Peripheriegeräte in den Griff zu bekommen, sollten die Ein- und Ausschaltfunktionen sinnvoll genutzt werden. So gibt es in einer Büroumgebung wenig Sinn, einen Tintenstrahldrucker nach jedem Druckauftrag auszuschalten, wenn er bereits 20 Minuten später erneut genutzt wird. Zwar werden so einige Cent an Stromkosten gespart, die Reinigung der Druckköpfe, welche die meisten Drucker nach dem Einschalten vornehmen, kostet aber deutlich mehr Tinte. Ebenso sollte bei Laserdruckern eine genaue Abwägung erfolgen, denn die meisten Fixiereinheiten beantworten ein häufiges Ein- und Ausschalten mit einer reduzierten Lebensdauer.

Fazit

Grundsätzlich hat uns die Idee der IP-Steckdosen und ihre Realisierung in der Net-PwrCtrl Home überzeugt. Erlaubt sie es doch, versteckte Stromfresser komfortabel über das Netz auszuschalten oder die teilweise windig aufgebauten Netzteile mancher Peripheriegeräte vom Strom zu trennen. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, auf diese Weise via Internet aus der Ferne Rechner physikalisch neu zu starten. Positiv ist dabei zudem, dass die ganze Steuerung per Web-Browser erfolgen kann und somit theoretisch auch über ein Internet-fähiges Handy. Wäre das beiliegende Windows-Tool jetzt noch Multiuser-fähig, dann wäre die Lösung perfekt. Vielleicht holt Anel dies noch nach, zumal die Firma ja, wie das Web-Forum zeigt, für Anregungen offen ist.