Amerikanischer Peripherie-Anbieter will sich Standbein im Großrechnermarkt schaffen:

STC geht ins IBM-kompatible CPU-Geschäft

16.12.1983

FRANKFURT/LOUISVILLE (ha) - Mit der Storage Technology Corporation wagt sich jetzt ein weiterer Anbieter in das von Preis- und Positionskämpfen gezeichnete PCM-Geschäft. Der amerikanische Peripheriehersteller wird voraussichtlich im Januar eine IBM-kompatible Großrechnerserie ankündigen, die auf CMOS/VLSI-Technik basiert und sich in der Leistungsklasse von zwei bis 16 Mips bewegt. Nach den Worten des deutschen STC-Geschäftsführers Hartmut Bödefeld will der Mainframe-Debütant nicht gegen die etablierten PCM-Vertreiber antreten, sondern sich durch eine "geschickte Nischenpolitik" ein einträgliches Zusatzgeschäft sichern.

Der Gedanke, sich neben dem Gerangel im 3380-Plattengeschäft nun auch im hartumkämpften Mainframe-Markt behaupten zu müssen, ist Bödefeld offensichtlich nicht ganz geheuer: "Wir werden uns nur schrittweise in den Jumbo-Markt hineinbewegen, aber primär ein Peripherie-Hersteller bleiben, der auch eine CPU anbietet." Eine Vermarktungschance sieht der STC-Manager aber dennoch im Leistungsbereich oberhalb des IBM-Systems 4381. So hat der amerikanische Platten-Produzent dem Vernehmen nach drei Maschinen im Köcher, von denen nach Aussagen Bödefelds selbst das deutsche Management nicht präzis weiß, welche zuerst angekündigt wird, welche Leistungsdaten ihnen zugrunde liegen und wieviel sie kosten werden. Sicher scheint indes, daß die STC-Entwickler sowohl Mono- und Doppel- als auch Quadro-Prozessoren auf dem Reißbrett hatten, In der Frankfurter GmbH wird vermutet, daß zunächst kleinere Modelle im Leistungssprektrum zwischen zwei und achts Mips vorgestellt werden. Das Announcement des Quadroprozessors solle dann im Frühjahr 1985 folgen.

Wie die STC-Verantwortlichen versichern, habe man bei der Konzeption der neuen Maschinen wirtschaftliche Aspekte in den Vordergrund gestellt. Bei einer hohen Packungsdichte entstehe nur eine geringe Wärmeentwicklung, die eine hohe Verfügbarkeit der Rechner garantiere. Die Systeme seien mit Luftkühlung ausgestattet und so kompakt gebaut, daß sie erheblich kleiner ausfallen als leistungsmäßig vergleichbare IBM-Prozessoren. Besonderheit bei den von STC und deren kalifornischer Tochter Micro Technology entwickelten Maschinen ist jedoch die verwendete CMOS-Technik. Auf diesem Gebiet sind inzwischen nahezu alle anderen Semiconductor-Hersteller und Computerbauer tätig geworden - allen voran Big Blue, der nach der Einstellung des Josephson-Projektes (CW vom 18. November 1983) in dem Bestreben, neue Technologien für die nächsten Jumbo-Generationen auszutüfteln, seine Aktivitäten jetzt weitgehend auf die CMOS-Entwicklung verlagert haben soll. Freut sich STC-Chef Bödefeld über die Vorturner-Position seines Unternehmens: "Als wir mit CMOS anfingen, haben uns andere Hersteller noch ausgelacht.

Ob jedoch der durch die Verzögerung bei der Auslieferung von 3380-Dünnfilmplatten ins Gerede gekommene Peripherieanbieter hierzulande mit seinen Großrechner-Ambitionen Furore machen könnte, wird von Kennern der PCM-Szene bezweifelt. In dem von "Grabenkämpfen" gezeichneten steckerkompatiblen Rechner-Geschäft müsse sich ein Newcomer, der weder über eine gestandene Mainframe-Crew noch über eine, ausgebildete Service-Mannschaft verfüge, zwangsläufig schwertun. Der deutsche Markt sei obendrein durch Anbieter wie Siemens oder BASF geprägt, die es bislang geschickt verstanden hätten, ihren "Heimvorteil" zu nutzen. Hinzu käme, daß IBM derzeit so aggressiv wie nie zuvor im Jumbo-Vertrieb agiere.

Mit dem amerikanischen PCM-Anbieter Magnuson schmiß erst im Frühjahr dieses Jahres ein Mitbewerber das Handtuch. Nachdem Magnuson in den USA Gläubigerschutz nach Kapitel elf des US-Konkursrechtes beantragte, zog sich das Unternehmen auch aus dem erst frisch angekurbelten deutschen Geschäft zurück. Ein halbes Jahr zuvor mußte bereits die Computer Machinery Deutschland GmbH (CMC) aufgeben, die sich sechs Monate vergeblich bemühte, IBM-kompatible Cambex-Rechner zu vermerkten und schließlich in Konkurs ging.

So pessimistisch wie einige PCM-Beobachter sieht STC-Geschäftsführer Bödefeld seine Marktchancen natürlich nicht. Er rechnet sich vornehmlich Möglichkeiten aus, die Prozessoren bei seinen bisherigen Plattenkunden unterzubringen, die zusätzlichen Kapazitätsbedarf haben. "Unser Ziel ist es nicht", konstatiert der Frankfurter, "bestehende Rechner abzulösen, sondern vielmehr weitere Maschinen dazuzustellen." Mit dieser Strategie will STC nach den Worten Bödefelds im ersten Jahr nach der Auslieferung weltweit eine Milliarde Dollar einnehmen.